Die Concordien-Formel

Formula Concordiae - (Erster Theil)

Summarischer Begriff der streitigen Artikel zwischen den Theologen Augsburgischer Confession in nachfolgender Wiederholung nach Anleitung Gottes Worts christlich erkläret und verglichen.

Von dem summarischen Begriff, Regel und Richtschnur, nach welcher alle Lehre geurtheilet, und die eingefallene Irrungen christlich entscheiden und erkläret werden sollen.

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die einige Regel und Richtschnur, nach welcher zugleich alle Lehren und Lehrer gerichtet und geurtheilet werden sollen, seind allein die prophetischen und apostolischen Schriften altes und neues Testament, wie geschrieben stehet: Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege Ps. 119. Und St. Paulus: Wenn ein Engel vom Himmel käme, und predigte anders, der soll verflucht sein. Gal. 1.

Andere Schriften aber der alter oder neuen Lehrer, wie sie Namen haben, sollen der heiligen Schrift nicht gleich gehalten, sondern alle zumal mit einander derselben unterworfen, und anders oder weiter nicht angenommen werden, denn als Zeugen, welcher Gestalt nach der Apostel Zeit und an welchen Orten solche Lehre der Propheten und Apostel erhalten werde.

2. Und nachdem gleich nach der Apostel Zeit, auch noch bei ihrem Leben, falsche Lehrer und Ketzer eingreifen, und wider dieselbige in der ersten Kirchen Symbola, das ist kurze, runde Bekenntnisse, gestellet, welche für den einhelligen, allgemeinen christlichen Glauben und Bekenntnis der rechtgläubigen und wahrhaftigen Kirchen gehalten, als nämlich das Symbolum Apostolicum, Symbolum Nicaenum und Symbolum Athanasii:; bekennen wir uns zu denselben, und verwerfen hiemit alle Ketzereien und Lehre, so denselben zuwider in die Kirche Gottes eingeführet worden sind.

3. So viel aber die Trennung in Glaubenssachen belanget, zu unsern Zeiten eingefallen, halten wir vor den einhelligen Consens und Erklärung unsers christlichen Glaubens und Bekenntnis, besonders wider das Pabstthums und dessen falschen Gottesdienst, Abgötterei, Aberglauben, und andere Secten, als dieser Zeit unserm Symbolo, die erste, ungeänderte Augsburgische Confession, Kaiser Karolo V. zu Augsburg Anno 30 in der großen Reichsversammlung übergeben, sammt derselben Apologie und Artikeln zu Schmalkalden Anno 37 gestellet und von den vornehmsten Theologen damals unterschrieben worden.

Und weil solche Sachen auch den gemeinen Laien und derselben Seelen Seligkeit betreffen, bekennen wir uns auch zu dem kleinen und großen Katechismus Dr. Luthers, wie solche beide Katechismi in den tomis Lutheri verfaßet, als zu der Laienbibel, darin alles begriffen, was in heiliger Schrift weitläufig gehandelt, und einem Christenmenschen zu seiner Seligkeit zu wißen vonnöthen ist.

Nach dieser Anleitung, wie oben vermeldet, sollen alle Lehren angestellet, und was derselben zuwider, als unsers Glaubens einhelliger Erklärung entgegen, verworfen und verdammet werden.

Solcher Gestalt wird der Unterschied zwischen der heiligen Schrift altes und neues Testaments und allen anderen Schriften erhalten, und bleibt allein die heilige Schrift der einige Richter, Regel und Richtschnur, nach welcher als dem einigen Probierstein sollen und müßen alle Lehren erkannt und geurtheilet werden, ob sie gut oder bös, recht oder unrecht sein.

Die andere Symbola aber und angezogene Schriften sind nicht Richter wie die heilige Schrift, sondern allein Zeugnis und Erklärung des Glaubens, wie jederzeiit die heilige Schrift in streitigen Artikeln in der Kirchen Gottes von den damals Lebenden verstanden und ausgelegt, und derselben widerwärtige Lehre verworfen und verdammet werden.

I. Von der Erbsünde

Status Controversiae

Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt

Ob die Erbsünde sei eigentlich und ohn allen Unterschied des Menschen verderbte Natur, Substanz und Wesen, oder ja das fürnehmste und beste Theil seines Wesens, als die vernünftige Seele selbst in ihrem höchsten Grad und Kräften? Oder ob zwischen des Menschen Substanz, Natur, Wesen, Leib, seele auch nach dem Fall und der Erbsünde ein Unterschied sei, also daß ein anders die Natur, und ein anders die Erbsünde sei, welche in der verderbten Natur steckt und die Natur verderbet?

Affirmativa

Reine Lehre, Glaub und Bekenntnis, vermöge vorgesetzter Richtschnur und summarischer Erklärung

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß ein Unterschied sei zwischen der Natur des Menschen, nicht allein wie er Anfangs von Gott rein und heilig ohne Sünde erschaffen, sondern auch wie wir sie jetzunder nach dem Fall haben, nämlich zwischen der Natur, so auch nach dem Fall noch eine Kreatur Gottes ist und bleibet, und der Erbsünde, und daß solcher Unterschied zwischen Gottes und des Teufels Werk sei.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß über solchem Unterschied mit höchstem Fleiß zu halten, weil diese Lehre, daß zwischen unserer verderbten Menschennatur und der Erbsünde kein Unterschied sein sollte, wider die Hauptartikel unsers christlichen Glaubens von der Erschaffung, Erlösung, Heiligung und Auferstehung unsers Fleisches streitet und neben denselben nicht bestehen kann.

Dann nicht allein Adams und Eva Leib und Seel vor dem Fall, sondern auch unser Leib und Seel nach dem Fall, unangesehen daß sie verderbet, Gott geschaffen, welche auch Gott noch für sein Werk erkennet, wie geschrieben stehet Hiob 10: Deine Hände haben mich gearbeitet und gemacht alles, was ich um und um bin.

Es hat auch der Sohn Gottes in Einigkeit seiner Person solche menschliche Natur, doch ohne Sünde, und also nicht ein fremd, sondern unser Fleisch an sich genommen, und nach demselben unser wahrhaftiger Bruder worden, Hebr.2: Nachdem die Kinder Fleisch und Bluut haben, ist ers gleichermaß theilhaftig worden. Item: Er nimmt nirgend die Engel an sich, sondern den Samen Abraham nimmt er an sich; daher muß er allerdings seinen Brüdern, ausgenommen die Sünde, gleich werden. Also hat es auch Christus erlöset als sein Werk, heiliget es als sein Werk, erwecket es von den Todten und zieret es herrlich als sein Werk. Aber die Erbsünde hat er nicht erschaffen, nicht angenommen, nicht erlöset, nicht geheiliget, wird sie auch nicht erwecken, an den Auserwählten weder zieren noch selig machen, sondern in der Auferstehung gar vertilget sein wird.

Daraus der Unterschied zwischen der verderbten Natur und der Verderbung, so in der Natur stecket und die Natur dadurch verderbet werden, leichtlich zu erkennen.

3. Wir gläuben, lehren und bekennen aber hinwiederum, daß die Erbsünde nicht sein eine schlechte, sondern so tiefe Verderbung menschlicher Natur, daß nichts Gesundes oder unverderbet an Leib und Seele des Menschen, seinen innerlichen und äußerlichen Kräften geblieben, sondern wie die Kirche singet: Durch Adams Fall ist ganz verderbt menschlich Natur und Wesen. Welcher Schade unaussprechlich, nicht mit der Vernunft, sondern allein aus Gottes Wort erkennet werden mag, und daß die Natur und solch Verderbung der Natur niemand von einander scheiden könne denn allein Gott, welches durch den Tod in der Auferstehung gänzlich geschehen, da unser Natur, die wir itzt tragen, ohne die Erbsünde und von derselben abgesondert und abgescheiden, auferstehen und ewig leben wird, wie geschrieben stehet Hiob 19: Ich werde mit dieser meiner Haut umgeben werden, und werde in meinem Fleisch Gott sehen, denselben werde ich mir sehen, und meine Augen werden ihn schauen.

Negativa Verwerfung der falschen Gegenlehre

1. Demnach verwerfen und verdammen wir, wann gelehret wird, daß die Erbsünde allein ein reatus oder Schuld von wegen fremder Verwirkung, ohn einige unserer Natur Verderbung sei.

2. Item, daß die bösen Lüste nicht Sünde, sondern angeschaffene wesentliche Eigenschaften der Natur seien, oder als wäre der obgemeldte Mangel oder Schade nicht wahrhaftig Sünde, darum derMensch außerhalb Christo ein Kind des Zorns sein sollte.

3. Desgleichen verwerfven wir auch den Pelagianischen Irrthum, da vorgegeben wird, daß der Natur des Menschen auch nach dem Fall unverderbet und sonderlich in geistlichen Sachen ganz gut und rein in ihrem naturalibus, das ist in ihren natürlichen Kräften, geblieben sei.

4. Item, daß die Erbsünde nur von außen ein schlechter,ringschätziger, eingesprengter Fleck oder anfliegende Makel sei, darunter die Natur ihre gute Kräfte auch in geistlichen Sachen behalten habe.

5. Item, daß die Erbsünde sei nur ein äußerlich Hindernis der guten geistlichen Kräften und nicht eine Beraubung oder Mangel derselben, als wann ein Magnet mit Knoblochsaft bestrichen wird, dadurch seine natürliche Kraft nicht weggenommen, sondern allein gehindert wird; aber daß dieselbe Makel wie ein Fleck vom Angesicht oder Farbe von der Wand leichthin abgewischt werden könnte.

6. Item, daß im Menschen nicht gar verderbet sei menschlich Natur und Wesen, sondern der Mensch habe noch etwas Guts an ihm, auch in geistlichen Sachen, als nämlich Fähigkeit, Geschicklichkeit, Tüchtigkeit oder Vermögen in geistlichen Sachen etwas anzufahen, zu wirken oder mitzuwirken.

7. Dagegen verwerfen wir auch die falsche Lehre der Manichäer, wann gelehret wird, daß die Erbsünde als etwas Wesentliches und Selbständigs durch den Satan in die Natur eingegossen und mit derselben vermenget, wie Gift und Wein gemenget werden.

8. Item, daß nicht der natürliche Mensch, sondern etwas Anders und Fremdes im Menschen sündige, deswegen nicht die Natur, sondern allein die Erbsünde in der Natur angeklaget werde.

9. Wir verwerfen und verdammen auch als ein Manichöischen Irrthum, wenn gelehret wird, daß die Erbsünde sei eigentlich und ohne allen Unterscheid des verderbten Menschen Substanz, Natur und Wesen selbst, also daß kein Unterscheid zwischen der verderbten Natur nach dem Fall an ihr selbst und der Erbsünde sollte auch nicht gedacht, noch mit Gedanken von einander unterschieden werden können.

10. Es wird aber solche Erbsünde von Luthero Natursünde, Personensünde, wesentliche Sünde genennet, nicht daß die Natur, Person oder das Wesen des Menschen selbst ohne allen Unterscheid die Erbsünde sei, sondern daß mit solchen Worten der Unterscheid zwischen der Erbsünde, so in der menschlichen Natur stecket, und den andern Sünden, so man wirkliche Sünden nennet, angezeigt würde.

11. Denn die Erbsünde ist nicht eine Sünde, die man thut, sondern sie stecket in der Natur, Substanz und Wesen des Menschen, also. wenn gleich kein böser Gedank nimmer im Herzen des verderbte Menschen aufstiege, kein unnütz Wort geredet, noch böse That geschähe; so ist die Natur verderbet durch die Erbsünde, die uns im sündlichen Samen angeboren wird und ein Brunnquell ist aller anderer wirklichen Sünden, als böser Gedanken, Wort und Werke, wie geschrieben stehet: Aus dem Herzen kommen arge Gedanken. Item: Das Dichten des menschlichen Herzens ist bös von Jugend auf.

12. Es ist auch wol zu merken der ungleiche Verstand des Wortes Natur, dadurch die Manichäer ihren Irrthum bedecken und viel einfältiger Leute irre machen. Dann zu Zeiten heißet es des Menschen Wesen, als wann gesagt wird: Gott hat die menschliche Natur geschaffen. Zu Zeiten aber heißet es die Art und Unart eines Dinges, die in der Natur oder Wesen steckt, als wenn gesagt wird: Der Schlangen Natur ist stechen und des Menschen Natur und Art ist sündigen und Sünde; da das Wort Natur nicht die Substanz des Menschen, sondern etwas heißet, das in der Natur oder Substanz stecket.

13. Was aber die lateinische Wort substantia und accidens belangt, weil es nicht heiliger Schrift Wort sind, dazu dem gemeinen Mann unbekannt, sollen dieselbigen in den Predigten vor dem gemeinen unverständigen Volk nicht gebraucht, sondern des einfältigen Volks damit verschont werden.

Aber in der Schule bei den Gelehrten, weil sie wol bekannt und ohne allen Misverstand gebraucht, dadurch das Wesen eines jeden Dings, und was ihm zufälliger Weise anhanget, eigentlich unterschieden, werden solche Wort auch billig in der Disputation von der Erbsünde behalten.

Denn der Unterschied zwischen Gottes und des Teufels Werk auf das deutlichste dardurch angezeigt, weil der Teufel keine Substanz schaffen, sondern allein zufälliger Weise aus Gottes Verhängnis die von Gott erschaffene Substanz verderben kann.

II. Vom freien Willen

Status Controversiae Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt

Nachdem der Menschen Wille in vier gleichen Ständen gefunden, nämlich 1. vor dem Fall, 2. nach dem Fall, 3. nach der Wiedergeburt, 4. nach der Auferstehung des Fleisches: ist die Hauptfrage allein von dem Willen und Vermögen des Menschen in andern Stande, was derselbige nach dem Fall unser ersten Aeltern vor seiner Wiedergeburt aus ihm selbst in geistlichen Sachen vor Kräfte habe, und ob er vermöge aus seinen eigenen Kräften, zuvor und ehe er durch den Geist Gottes wiedergeboren, sich zur Gnade Gottes schicken und bereiten, und die durch den heiligen Geist im Wort und heiligen Sacramenten angebotene Gnade annehmen oder nicht?

Affirmativa

Reine Lehre vermöge Gottes Worts von diesem Artikel

1. Hiervon ist unser Lehre, Glaub und Bekenntnis, daß des Menschen Verstand und Vernunft in geistlichen Sachen blind, nichts verstehe aus seinen eigenen Kräften, wie geschrieben stehet: Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Thorheit und kann es nicht begreifen, wann er wird von geistlichen Sachen gefraget.

2. Desgleichen gläuben, lehren und bekennen wir, daß des Menschen unwiedergeborner Wille nicht allein von Gott abgewendet, sondern auch ein Feind Gottes worden, daß er nur Lust und Willen hat zum Bösen und was Gott zuwider ist, wie geschrieben stehet: Das Dichten des Menschen Herzen ist bös von Jugend auf. Item: Fleischlich gesinnet sein ist eine Feindschaft wider Gotte, sintemal es dem Gesetz nicht unterthan ist, denn es vermag es auch nicht. Ja so wenig ein todter Leib sich selbst lebendig machen kann zum leiblichen irdischen Leben, so wenig mag der Mensch, so durch die Sünde geistlich todt ist, sich selbst zum geistlichen Leben aufrichten, wie geschrieben stehet: Da wir todt waren in Sünden, hat er uns sammt Christo lebendig gemacht. Darum wir auch aus uns selbst, als aus uns, nicht tüchtig seind etwas Guts zu gedenken, sondern daß wir tüchtig sind, das ist von Gott. 2. Kor. 3

3. Die Bekehrung aber wirket Gott der heilige Geist nicht ohne Mittel, sondern gebraucht dazu die Predigt und das Gehör Gottes Worts, wie geschrieben stehet: Das Evangelium ist eine Kraft Gottes selig zu machen. Item: Der Glaube kommt aus dem Gehör Gottes Worts. Und ist Gottes Wille, daß man sein Wort hören, und nicht die Ohren verstopfen solle. Bei solchem Wort ist der heilige Geist gegenwärtig und thut auf die Herzen, daß sie, wie die Lydia in der Apostelgeschichte am 16. Kap., darauf merken und also bekehret werden allein durch die Gnade und Kraft des heiligen Geistes, dessen Werk allein ist die Bekehrung des Menschen. Dann ohne seine Gnade ist unser Wollen und Laufen, unser Pflanzen, Säen und Begießen alles nichts, wenn er nicht das Gedeihen darzu verleihet, wie Christus sagt: Ohne mich vermüget ihr nichtes. Mit welchen kurzen Worten er dem freien Willen seine Kräfte abspricht, und alles der Gnaden Gottes zuschreibet, damit sich nicht jemands vor Gott rühmen möchte. 1.Kor. 1

Negativa

Widerwärtige falsche Lehre

Demnach verwerfen und verdammen wir alle nachfolgende Irrthum als der Richtschnur Gottes Worts zuwider:

1. Den Schwarm der Philosophen, so man Stoices genennet hat, wie auch die Manichäer, die gelehret haben, daß alles, was geschähe, müße also geschehen und könne nicht anders geschehen, und daß der Mensch alles aus Zwang thue, was er auch in äußerlichen Dingen handele, und zu bösen Werken und Thaten, als Unzucht, Raub, Mord, Diebstahl und dergleichen, gezwungen werde.

2. Wir verwerfen auch der groben Pelagianer Irrthum, die gelehret haben, daß der Mensch aus eigenen Kräften ohne die Gnade des heiligen Geistes sich selbst zu Gott bekehren, dem Evangelio gläuben, dem Gesetz Gottes mit Herzen gehorsamen, und also Vergebung der Sünden und ewiges Leben verdienen könne.

3. Wir verwerfen auch der Halbpelagianer Irrthum, welche lehren, daß der Mensch aus eigenen Kräften den Anfang seiner Bekehrung machen, aber ohne die Gnad des heiligen Geistes nicht vollbringen möge.

4. Item, da gelehret wird, obwol der Mensch mit seinem freien Willen vor seiner Wiedergeburt zu schwach, den Anfang zu machen und sich selbst aus eigenen Kräften zu Gott zu bekehren und Gottes Gesetz von Herzen gehorsam zu sein: jedoch, wann der heilige Geist mit der Predigt des Worts den Anfang gemacht und seine Gnade darinne angeboten, daß alsdann der Wille des Menschen aus seinem eignen natürlichen Kräften etlichermaßen etwas, wiewol wenig und schwächlich, darzu thun, helfen und mitwirken, sich selbst zur Gnade schicken, bereiten, dieselbige ergreifen, annehmen und dem Evangelio gläuben könne.

5. Item, daß der Mensch, nachdem er wiedergeboren, das Gesetz Gottes vollkommen halten und gänzlich erfüllen könne, und daß solche Erfüllung unser Gerechtigkeit vor Gott sei, mit welcher wir das ewige Leben verdienen.

6. Item, wir verwerfen und verdammen auch den Irrthum der Enthusiasten, welche dichten, daß Gott ohne Mittel, ohne Gehör Gottes Worts, auch ohne Gebrauch der heiligen Sacramenten die Menschen zu sich ziehe, erleuchte, gerecht und selig mache. Enthusiasten heißen, die ohne die Predig Gottes Worts auf himmlische Erleuchtung warten.

7. Item, daß Gott in der Bekehrung und Widergeburt des alten Adams Substanz und Wesen und sonderlich die vernünftige Seele ganz vertilge, und ein neues Wesen der Seele aus Nichts in der Bekehrung un Wiedergeburt erschaffe.

8. Item, wann diese Reden ohne Erklärung gebraucht, daß des Menschen Wille vor, in und nach der Bekehrung dem heiligen Geist widerstrebe, und daß der heilige Geist gegeben werde denen, so ihm vorsätzlich und beharrlich widerstreben, dann Gott in der Bekehrung aus den Unwilligen Willige machet, und in den Willigen wohnet, wie Augustinus redet.

Was dann die Reden der alten und neuen Kirchenlehrer belanget, als da gesagt wird: Deus trabit, sed volentem trabit, das ist, Gott zeugt, zeucht aber, die da wöllen. Item: Hominis voluntas in eonversione non est otiosa, sed agit aliquid, das ist, des Menschen Wille ist nicht müßig in der Bekehrung, sondern wirket auch etwas. Weil solche Reden zu Bestätigung des natürlichen freien Willens in der Bekehrung des Menschen wider die Lehre von der Gnade Gottes eingeführt, halten wir, daß sie der Form der gesunden Lehre nicht ähnlich, und demnach, wann von der Bekehrung zu Gott geredet wird, billig zu meiden seien.

Dagegen aber wird recht geredet, daß Gott in der Belehrung durch das Ziehen des heiligen Geistes aus widerspänstigen, unwilligen willige Menschen mache, und daß nach solcher Bekehrung in täglicher Uebung der Buße des Menschen wiedergeborner Wille nicht müßig gehe, sondern in allem Wirken des heiligen Geistes, die er durch uns thut, auch mitwirke.

9. Item, das Doctor Luther geschrieben, daß des Menschen Wille in seiner Bekehrung sich halte pure passive, das ist, daß er ganz und gar nichts thue, daß solches zu verstehen sei respecta divinae gratia in accendendis novis motibus, das ist, wann der Geist Gottes durch das gehörte Wort oder durch den Brauch der heiligen Sacramenten des Menschen Willen angreift und wirket die neue Geburt und Bekehrung. Dann so der heilige Geist solches gewirket und ausgerichtet, und des Menschen Wille allein durch sein göttliche Kraft und Wirkung geändert und erneuert: alsdann ist der neue Wille des Menschen ein Instrument und Werkzeug Gottes des heiligen Geistes, daß er nicht allein die Gnade annimmt, sondern auch in folgenden Werken des heiligen Geistes mitwirket.

Daß also vor der Bekehrung des Menschen nur zwo wirklich Ursachen sich finden, nämlich der heilige Geist und das Wort Gottes, als das Instrument des heiligen Geistes, dadurch er die Bekehrung wirket, welches der Mensch hören soll, aber demselbigen nicht aus eignen Kräften, sondern allein durch die Gnade und Wirkung Gottes des heiligen Geistes Glauben geben und annehmen kann.

III. Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott

Status Controversiae

Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt

Weil einhellig vermöge Gottes Worts und nach Inhalt der Augsburgischen Confession in unsern Kirchen bekannt, daß wir arme Sünder allein durch den Glauben an Christum vor Gott gerecht und selig werden, und also Christus allein unser Gerechtigkeit sei, welcher wahrhaftiger Gott und Mensch ist, weil in ihm die göttliche und menschliche Natur mit einander persönlich vereiniget Jer. 23. 1.Kor. 1. 2.Kor. 5: ist eine Frage entstanden, nach welcher Natur Christus unsere Gerechtigkeit sei? und also zweene widerwärtige Irrthum in etlichen Kirchen eingefallen.

Dann der eine Theil hat gehalten, daß Christus allein nach der Gottheit unser Gerechtigkeit sei, wenn er durch den Glauben in uns wohnet, gegen welcher durch den Glauben einwohnender Gottheit aller Menschen Sünde wie ein Tropfen Wasser gegen dem großen Meer geachtet sei. Dargegen haben andere gehalten, Christus sei unser Gerechtigkeit vor Gott allein nach der menschlichen Natur.

Affirmativa

Reine Lehre der christlichen Kirchen wider beide jetzt gesetzte Irrthum.

1. Wider beide jetzt erzählte Irrthum gläuben, lehren und bekennen wir einhelliglich, daß Christus unser Gerechtigkeit weder nach der göttlichen Natur allein, noch auch nach der menschlichen Natur allein, sondern der ganze Christus nach beiden Naturen allein in seinem Gehorsam sei, den er als Gott und Mensch dem Vater bis in Tod geleistet und uns damit Vergebung der Sünden und das ewige Leben verdienet habe, wie geschrieben stehet: Gleichwie durch eines Menschen Ungehorsam viel Sünder worden: also durch eines Menschen Gehorsam werden viel gerecht. Röm. 5.

2. Demnach gläuben, lehren und bekennen wir, daß unsere Gerechtigkeit vor Gott sei, daß uns Gott die Sünde vergiebt aus lauter Gnaden ohne all unsere Vorhergehende, gegenwärtige oder nachfolgende Werk, Verdienst oder Würdigkeit, schenket und rechnet uns zu die Gerechtigkeit des Gehorsams Christi, um welcher Gerechtigkeit willen wir bei Gott zu Gnaden angenommen und für gerecht gehalten werden.

3. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß allein der Glaube das Mittel und der Werkzeug sei, damit wir Christum und also in Christo solche Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, ergreifen, um welches willen uns solcher Glauben zur Gerechtigkeit zugerechnet wird. Röm. 4.

4. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß dieser Glaube nicht sei eine bloße Erkenntnis der Historien von Christo, sondern eine solche Gabe Gottes, dadurch wir Christum, unsern Erlöser, im Wort des Evangelii recht erkennen und auf ihn vertrauen, daß wir allein um seines Gehorsams willen aus Gnaden Vergebung der Sünden haben, vor fromm und gerecht von Gott dem Vater gehalten und ewig selig werden.

5. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß nach Art heiliger Schrift das Wort rechtfertigen in diesem Artikel heißt absolviren, daß ist von Sünden frei sprechen. Wer den Gottlosen recht spricht und den Gerechten verdammet, der ist dem Herrn ein Gräuel. Item: Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der da gerecht machet.

Und da an desselben Statt die Worte regeneratio und vivificatio, das ist Lebendigmachung und Wiedergeburt, gebraucht, wie in der Apologia geschehe, , daß es auchin gleichem Verstand geschehe, dadurch sonst die Erneuerung des Menschen verstanden und von der Rechtfertigung des Glaubens unterscheiden wird.

6. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, unangesehen daß den Rechtgläubigen und wahrhaftig Wiedergebornen auch noch viel Schwachheit und Gebrechen anhangen bis in die Gruben, do sie doch der Ursach halben weder an ihrer Gerechtigkeit, so ihnen durch den Glauben zugerechnet, noch an ihrer Seelen Seligkeit zweifeln, sondern vor gewis halten sollen, daß sie um Christus willen vermöge der Verheißung und Wort des heiligen Evangelii einen gnädigen Gott haben.

7. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß zu Erhaltung reiner Lehre von der Gerechtigkeit des Glaubens für Gott über den particulis exclusivis, das ist über nachfolgende Wort des heiligen Apostels Pauli, dadurch der Verdienst Christi von unsern Werken gänzlich abgesondert und Christo die Ehre allein gegeben, mit besonderm Fleiß zu halten sei, da der heilige Apostel Paulus schreibt: Aus Gnaden, ohne Verdienst, ohne Gesetz, ohne Werk, nicht aus den Werken, welche Wort alle zugleich so viel heißen als allein durch den Glauben an Christum werden wir gerecht und selig.

8. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß, obwol vorgehende Reu und nachfolgende gute Werk nicht in den Artikel der Rechtfertigung vor Gott gehören, jedoch soll nicht ein solcher Glaub gedichtet werden, der bei und neben einem bösen Vorsatz zu sündigen, und wider das Gesißen zu handeln, sein und bleiben könnte. Sondern nachdem der Mensch durch den Glauben gerechtfertiget werden, alsdann ist ein wahrhaftiger lebendiger Glaube durch die Liebe thätig Gal. 5. Also, daß die gute Werk dem gerechtmachenden Glauben allzeit folgen und bei demselben, da er rechtschaffen und lebendig, gewislich erfunden werden; wie er dann nimmer allein ist, sondern allzeit Liebe und Hoffnung bei sich hat.

Antithesis oder Negativa

Gegenlehre verworfen

Demnach verwerfen und verdammen wir alle nachfolgende Irrthum:

1. Daß Christus unser Gerechtigkeit sei allein nach der göttlichen Natur.

2. Daß Christus unser Gerechtigkeit sei allein nach der menschlichen Natur.

3. Daß in den Sprüchen der Propheten und Aposteln, da von der Gerechtigkeit des Glaubens geredet wird, die Wort rechtfertigen und gerechtfertigt werden nicht sollen heißen von Sünden ledig sprechen oder gesprochen werden, und Vergebung der Sünden erlangen, sondern von wegen der durch den heiligen Geist eingegoßenen Liebe, Tugend und daraus folgender Werk mit der That vor Gott gerecht gemacht werden.

4. Daß der Glaube nicht allein ansehe den Gehorsam Christi, sondern seine göttliche Ntur, wie dieselbige in uns wohnet und wirket, und durch solche Einwohnung unser Sünde bedecket werden.

5. Daß der Glaub ein solch Vertrauen auf den Gehorsam Christi sei, welcher in einem Menschen sein und bleiben könne, der gleich keine wahrhaftige Buße habe, da auch keine Liebe folge, sondern wider sein Gewißen in Sünden verharret.

6. Daß nicht Gott selbst, sondern allein die Gaben Gottes in den Gläubigen wohnen.

7. Daß der Glaub darum selig mache, weil die Erneuerung, so in der Liebe gegen Gott und den Nähesten stehe, in uns durch den Glauben angefangen werde.

8. Daß der Glaub den Vorzug habe in der Rechtfertigung, gleichwol gehöre auch die Erneuerung und die Liebe zu unser Gerechtigkeit vor Gott, dergestalt daß sie wol nicht die vornehmste Ursach unser Gerechtigkeit vor Gott ohne solche Liebe und Erneuerung nicht ganz oder vollkommen sei.

9. Daß die Gläubigen vor Gott gerechtfertigt werden und selig sein zugleich durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi und durc h den empfangenen neuen Gehorsam, oder zum Theil durch die Zurechnung der Gerechtigkeit Christi, zum Theil aber durch den angefangenen neuen Gehorsam.

10. Daß uns die Verheißung der Gnaden zugeeignet werde durch den Glauben im Herzen, und durch die Bekenntnis, so mit dem Munde geschicht, und durch andere Tugend.

11. Daß der Glaube nicht rechtfertigt ohne die gute Werk, also daß die guten Werk nothwendig zur Gerechtigkeit erfordert, ohne derselben Gegenwärtigkeit der Mensc h nicht gerechtfertiget werden könne.

IV. Von guten Werken

Status Controversiaee

Die Hauptfrage im Streit von den guten Werken

Ueber der Lehre von guten Werken sind zeierlei Spaltungen in etlichen Kirchen enthalten:

1. Erstlich haben sich etzliche Theologen über nachfolgenden Reden getrennet, da der eine Theil geschrieben: Gute Werk sind nöthig zur Seligkeit, es ist unmöglich ohne gute Werk selig zu werden. Item: Es ist niemals jemand ohne gute Werk selig worden. Der andere aber dagegen geschrieben: Gute Werk sind schädlich zur Seligkeit.

2. Darnach hat sich auch zwischen etzlichen Theologen über den beiden Worten nöthig und frei eine Trennung erhoben, da der eine Theil gestritten, man soll das Wort nöthig nicht brauchen von dem neuen Gehorsam, der nicht aus Noth und Zwang, sondern aus freiwilligem Geist herfließe. Der andere Theil hat über dem Wort nöthig gehalten, weil solcher Gehorsam nicht in unser Willkühr stehe, sondern die wiedergebornen Menschen schuldig sein solchen Gehorsam zu leisten.

Aus welcher Disputation über den Worten nochmals ein Streit von der Sach an ihr selbst sich zugetragen, daß der eine Theil gestritten, man sollte ganz und gar unter den Christen das Gesetz nicht treiben, sondern allein aus dem heiligen Evangelii die Leute zu guten Werken vermahnen; der andere hat es widersprochen.

Affirmativa

Reine Lehre der christlichen Kirchen von diesem Streit

In gründlicher Erklärung und Hinlegung dieser Zwiespalt ist unser Lehre, Glauben und Bekenntnis:

1. Das gute Werke dem wahrhaftigen Glauben, wann derselbige nicht ein toter, sondern ein lebendiger Glaube ist, gewislich und ungezweifelt folgen als Früchte eines guten Baums.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß die gute Werke gleich so wol, wann von der Seligkeit gefraget wird, als im Artikel der Rechtfertigung vor Gott gänzlichen ausgeschlossen werden sollen, wie der Apostel mit klaren Worten bezeuget, da er also geschrieben: Nach welcher Weise auch David sagt, daß die Seligkeit sei allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit, ohne Zuthun der Werke, do er spricht: Selig sind die, welchen ihre Ungerechtigkeit nicht zugerechnet wird. Röm. 4. Und abermal: Aus Gnaden seid ihr selig worden; Gottes Gabe ist es, nicht aus den Werken, auf daß sich nicht jemands rühme. Ephes. 2.

3. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß alle Menschen, sonderlich aber die durch den heiligen Geist wiedergeboren und erneuert, schuldig sein gute Werk zu thun.

4. In welchem Verstande die Werke nöthig, sollen und müßen recht und christlich auch von den Wiedergebornen gebraucht werden, und keineswegs dem Vorbilde gesunder Worte und Reden zuwider sein.

5. Doch soll durch errmeldte Wort necessitas, necessarium, Noth und nothwendig, wann von den Wiedergebornen geredet, nicht ein Zwang, sondern allein der schuldige Gehorsam verstanden werden, welchen die Rechtgläubigen, so viel sie wiedergeboren, nicht aus Zwang oder Treiben des Gesetzes, sondern aus freiwilligem Geiste leisten: weil sie nicht mehr unter dem Gesetze, sondern unter der Gnade sein.

6. Demnach gläuben, lehren und bekennen wir auch, wann gesagt wird: Die Wiedergebornen thun gute Werk aus einem freien Geist, daß solches nicht verstanden werden soll, als ob es in des wiedergebornen Menschen Willkühr stehe Gutes zu thun oder zu laßen, wann er wölle, und gleichweol den Glauben behalten müge, wann er in Sünden vorsätzlich verharret.

7. Welches doch anderst nicht verstanden werden soll, dann wie es der Herr Christus und seine Apostel selbst erkläret, nämlich von dem freigemachten Geist, daß er solches nicht thue aus Furcht der Strafe wie ein Knecht, sondern aus Lieb der Gerechtigkeit, wie die Kinder Röm. 8.

8. Wiewol diese Freiwilligkeit in den auserwählten Kindern Gottes nicht vollkommen, sondern mit großer Schwachheit beladen ist, wie S. Paulus über sich selbst klaget. Röm. 7. Gal. 5.

9. Welche Schwachheit doch der Herr seinen Auserwählten nicht zurechnet um des Herrn Christi willen, wie geschrieben stehet: Es ist nun nichts Verdammliches in denen, so in Christo Jesu sind, Röm. 8.

10. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß den Glauben und die Seligkeit in uns nicht die Werk, sondern allein der Geist Gottes durch den Glauben enthalte, des Gegenwärtigkeit und Inwohnung die guten Werke Zeugen sein.

Negativa

Falsche Gegenlehre

Demnach verwerfen und verdammen wir diese Weise zu reden, wann gelehret und geschrieben wird, daß gute Werk nöthig sein zur Seligkeit. Item, daß niemand jemals ohne gute Werk sei selig worden. Item, daß es unmüglich sei ohne gute Werk selig zu werden.

2. Wir verwerfen und verdammen diese bloße Rede als ärgerlich und christlicher Zucht nachtheilig, wann geredet wird: Gute Werk sind schädlich zur Seligkeit.

Dann besonders zu dieser letzten Zeiten nicht weniger vonnöthen, die Leute zu christlicher Zucht und guten Werken zu vermahnen und zu erinnern, wie nöthig es sei, daß sie zu Anzeigung ihres Glaubens und Dankbarkeit bei Gott sich in guten Werken üben: als daß die Werk in den Artikel der Rechtfertigung nicht eingemenget werden, weil durch ein epikurischen Wahn vom Glauben die Menschen so wol, als durch das papistisch und pharisäisch Vertrauen auf eigene Werk und Verdienst verdammet werden können.

3. Wir verwerfen und verdammen auch, wann gelehret wird, daß der Glaube und Einwohnung des heiligen Geistes nicht durch muthwillige Sünde verloren werden, sondern daß die Heiligen und Auserwählten den heiligen Geist behalten, wann sie gleich in Ehebruch und andere Sünde fallen und darinnen verharren.

V. Vom Gesetz und Evangelio

Status Controversiae

Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt:

Ob die Predigt des heiligen Evangelii eigentlich sei nicht allein ein Gnadenpredigt, die Vergebung der Sünden verkündiget, sondern auch eine Buß- und Strafpredigt, welche den Unglauben strafet, der im Gesetz nicht gestrafet, sondern allein durch das Evangelium gestrafet werde.

Affirmative

Reine Lehre Gottes Worts.

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß der Unterscheid des Gesetzes und Evangelii als ein besonder herrlich Licht mit großem Fleiß in der Kirchen zu erhalten, dadurch das Wort Gottes nach der Vermahnung S. Pauli recht getheilet wird.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß das Gesetz eigentlich sei eine göttliche Lehre, welche lehret, was recht und Gott gefällig, und strafet alles, was Sünde und Gottes Willen zuwider ist.

3. Darum dann alles, was Sünde strafet, ist und gehöret zur Predigt des Gesetzes.

4. Das Evangelium aber sei eigentlich eine solche Lehre, die da lehret, was der Mensch gläuben soll, der das Gesetz nicht gehalten und durch dasselbige verdammt, nämlich daß Christus alle Sünde gebüßet und bezahlet, und ihme ohn allen seinen Verdienst erlanget und erworben habe Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und das ewige Leben.

5. Nachdem aber das Wort (Evangelium) nicht in einerlei Verstand in heiliger Schrift gebraucht, daher dann diese Zwiespalt ursprünglich entstanden, so gläuben, lehren und bekennen wir, wann durch das Wort (Evangelium) verstanden wird die ganze Lehre Christi, die er in seinem Lehramt, wie auch seine Aposteln geführet, (in welchem Verstande es dann Marci 1. Actor. 20 gebraucht) daß recht geredet und geschrieben, das Evangelium sei eine Predigt von der Buße und der Vergebung der Sünden.

6. Wann aber das Gesetz und Evangelium, wie auch Moses selbst ein Gesetzlehrer, und Christus als ein Prediger des Evangeliums gegen einander gehalten: gläuben, lehren und bekennen wir, daß das Evangelium nicht eine Buß- oder Strafpredigt, sondern eigentlich anders nichts, dann eine Trostpredigt und fröhliche Botschaft sei, die nicht strafet noch schrecket, sondern wider das Schrecken des Gesetzes die Gewißen tröstet, allein auf den Verdienst Christi weiset, und mit der lieblichen Predigt von der Gnade und Hulde gottes, durch Christus Verdienst erlanget, wieder aufrichtet.

7. Was dann die Offenbarung der Sünden belanget, weil die Decke Mosis allen Menschen vor den Augen hänget, so lange sie die bloße Predigt des Gesetzes und nichts von Christo hören, und also ihre sünde aus dem Gesetz nicht recht lernen erkennen, sondern entweder vermeßene Heuchler werden wie die Pharisäer, oder verzweifeln wie Judas: so nimmt Christus das Gesetz in seine Hände, und leget dasselbige geistlich aus. Matth. 5. Röm. 7. Und also wird Gottes Zorn vom Himmel herab geoffenbaret über alle Sünder, wie groß derselbe sei, dadurch sie in das Gesetz gewiesen werden, und alsdann aus demselben erst recht lernen ihre Sünde erkennen, welches Erkenntnis Mose nimmermehr aus ihnen hätte erzwingen können.

Demnach, obwol die Predigt vom Leiden und Sterben Christi, des Sohnes Gottes, eine ernstliche und schreckliche Predigt und Anzeigen Gottes Zorns ist, dadurch die Leute erst recht in das Gesetz geführet, nachdem ihnen die Decke Mosis hinweg gethan, daß sie erst recht erkennen, wie große Ding Gott im Gesetz von uns erfordert, deren wir keines halben können, und demnach alle unsere Gerechtigkeit in Christo suchen sollen:

8. Doch so lange dieses alles (nämlich Christus Leiden und Sterben) Gottes Zorn prediget und den Menschen schrecket, so ist es noch nicht des Evangelii eigentliche Predigt, sondern Moses und des Gesetzes Predigt, und demnach ein fremdes Werk Christi, dadurch er kömmt zu seinem eigenen Amt, das ist Gnade predigen, trösten und lebendig machen, welches eigentlich die Predigt des Evangelii ist.

Negativa

Gegenlehre, so verworfen

Demnach verwerfen wir und halten es vor unrecht und schädlich, wann gelehret wird, daß das Evangelium eigentlich eine Buß- oder eine Strafpredigt, und nicht allein eine Gnadenpredigt sei, dadurch das Evangelium wieder zu einer Gesetzlehre gemacht, der Verdienst Christi und heilige Schrift verdunkelt, die Christen des rechten Trosts beraubet und dem Pabstthum die Thür wiederum aufgethan wird.

VI. Vom dritten Brauch des Gesetzes

Status Controversiae

Die Hauptfrage von diesem Streit

Nachdem das Gesetz den Menschen um dreierlei Ursach willen gegeben, erstlich, daß dadurch äußerliche Zucht wider die wilden Ungehorsamen erhalten, zum andern, daß die Menschen dadurch zur Erkenntnis ihrer Sünden geführet, zum dritten, nachdem sie wiedergeboren, und gleichwol das Fleisch ihnen anhanget, daß sie um desselben willen eine gewisse Regel hätten, nach welcher sie ihr ganzes Leben anstellen und regieren sollen: hat sich ein Zwiespalt zwischen etzlichen wenigen Theologen über den dritten Brauch des Gesetzes zugetragen, ob nämlich auch bei den wiedergebornen Christen solches zu treiben sei oder nicht? Der eine Theil hat ja, der andere nein gesagt.

Affirmativa

Die rechte christliche Lehre von diesem Streit

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, obwol die rechtgläubige und wahrhaftig zu Gott bekehrte Menschen vom Fluch und Zwang des Gesetzes durch Christum gefreiet und ledig gemacht, daß sie doch der Ursach nicht ohne Gesetz sein, sondern darum von dem Sohn Gottes erlöset werden, daß sie sich in demselben Tag und Nacht über sollen Psalm 119. Wie dann unser erste Aeltern auch vor dem Fall nicht ohne Gesetz gelebet, welchen das Gesetz Gottes auch in das Herz geschrieben, da sie zum Ebenbild Gottes erschaffen worden.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die Predig des Gesetzes nicht allei nbei den Ungläubigen und Unbußfertigen, sondern auch bei den Rechtgläubigen, wahrhaftig Bekehrten, Wiedergebornen und durch den Glauben Gerechtfertigten mit Fleiß zu treiben sei.

3. Dann ob sie wol wiedergeboren und in dem Geist ihres Gemüths verneuert, so ist doch solche Wiedergeburt und Erneuerung in dieser Welt nicht vollkommen, sondern nur angefangen, und stehen die Gläubigen mit dem Geist ihres Gemüths in einem stetigen Kampf wider das Fleisch, das ist wider die verderbte Natur und Art, so uns bis in Tod anhanget. Um welches alten Adams willen, so im Verstande, Willen und allen Kräften des Menschen noch stecket, damit sie nicht aus menschlicher Andacht eigenwillige und erwählte Gottesdienste vornehmen, ist vonnöthen, daß ihnen das Gesetz des Herrn immer vorleuchte, desgleichen, daß auch der alte Adam nicht sein eigen Willen gebrauche, sondern wider sein Willen nicht allein durch Vermahnung und Dräuung des Gesetzes, sondern auch mit den Strafen und Plagen gezwungen, daß er dem Geist folge und sich gefangen gebe.

4. Was dann den Unterscheid der Werken des Gesetzes und der Früchte des Geistes belanget, gläuben, lehren und bekennen wir, daß die Werk, so nach dem Gesetz geschehen, so lange Werk des Gesetzes sein und genennet werden, so lange sie allein durch Treiben der Strafen und Dräuung Gottes Zorns aus den Menschen erzwungen werden.

5. Früchte aber des Geistes seind die Werk, welche der Geist Gottes, so in den Gläubigen wohnet, wirket durch die Wiedergebornen, und von den Gläubigen geschehen, so viel sie wiedergeboren sind, als wann sie von keinem Gebot, Dräuen oder Belohnung wüßten; dergestalt dann die Kinder Gottes im Gesetz leben und nach dem Gesetz Gottes wandeln, welches S. Paulus in sein Episteln das Gesetz Christi und das Gesetz des Gemüths nennet.

6. Also ist und bleibt das Gesetz beides bei den Bußfertigen und Unbußfertigen, bei wiedergeborenen und nicht wiedergeborenen Menschen ein einziges Gesetz, nämlich der unwandelbare Wille Gottes, und ist der Unterscheid, so viel den Gehorsam belanget, allein an den Menschen, da einer, so noch nicht wiedergeboren, dem Gesetz aus Zwang und unwillig (wie auch die Wiedergeborenen nach dem Fleisch) thut, was von ihm erfordert; der Gläubige aber, ohne Zwang mit willigem Geist, so viel er neu geborn, thut, das keine Dräuung des Gesetzes aus ihm nimmermehr erzwingen können.

Negativa

Falsche Gegenlehre

Demnach verwerfen wir als ein schädliche, christlicher Zucht und wahrhaftiger Gottseligkeit widerwärtige Lehre und Irrthum, wann gelehret wird, daß das Gesetz abgemeldter Weise und Maß nicht bei den Christen und Rechtgläubigen, sondern allein bei den Ungläubigen, Unchristen und Unbußfertigen getrieben werden soll.

VII. Vom heiligen Abendmahl Christi

Wiewol die Zwinglische Lehre nicht unter die Augsburgische Confessionsverwandte Theologen zu rechnen, als von denen sie sich gleich damals, als solche Confession übergeben werden, abgesondert jedoch, weil sie sich mit einbringen und ihren Irrthum unter derselben christlichen Confession Namen auszubringen unterstehen, haben wir von dieser Zwiespalt auch nothdürftigen Bericht thun wollen.

Status Controversiae

Der Hauptstreit zwischen unser und der Sacramentirer Lehre in diesem Artikel:

Ob in dem heiligen Abendmahl der wahrhaftige Leib und Blut unsers Herrn Jesu Christi wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig sei, mit Brot und Wein ausgetheilet und mit dem Munde empfangen werde von allen denen, so sich dieses Sacraments gebrauchen, sie sein würdig oder unwürdig, fromm oder unfromm, gläubig oder ungläubig, den Gläubigen zum Trost und Leben, den Ungläubigen zum Gericht? Die Sacramentierer sagen nein, wir sagen ja.

In Erklärung dieses Streits ist anfänglich zu merken, daß zweierlei Sacramentirer seien. Etzliche sein grobe Sacramentirer, welche mit deutschen klaren Worten vorgeben, wie sie im Herzen halten, daß im heiligen Abendmahl mehr nicht denn Brot und Wein gegenwärtig sei, ausgetheilet und mit dem Munde empfangen werde. Etzliche aber seind verschlagen und die allerschädlichste Sacramentirer, die zum Theil mit unsern Worten ganz scheinbar reden und vorgeben, sie gläuben auch eine wahrhaftige Gegenwärtigkeit des wahrhaftigen, wesentlichen, lebendigen Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmahl, doch solches geschehe geistlich, durch den Glauben. Welche doch unter diesem scheinbaren Worten eben die erste grobe Meinung behalten, daß nämlich nichts denn Brot und Wein im heiligen Abendmahl gegenwärtig sei und mit dem Munde empfangen werde. Dann geistlich heißet ihnen anders nichts, denn der Geist Christi oder die Kraft des abwesenden Leibes Christi und sein Verdienst, welcher gegenwärtig sei; der Leib Christi aber sei auf keinerlei Weise und Wege gegenwärtig, sondern allein daroben im öbersten Himmel, zu dem wir mit den Gedanken unsers Glaubens im Himmel auf erheben und daselbstten, aber gar nicht bei Brod und Wein des Abendmahls, solchen Leib und Blut suchen sollen.

Affirmativa

Bekenntnis reiner Lehre vom heiligen Abendmahl wider die Sacramentirer

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß im heiligen Abendmahl der Leib und Blut Christi wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig sei, mit Brot und Wein wahrhaftig ausgetheilet und empfangen werde.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die Wort des Testaments Christi nicht anders zu verstehen sein, dann wie sie nach dem Buchstaben lauten, also daß nicht das Brot den abwesenden Leib, und der Wein das abwesende Blut Christi bedeute, sondern daß es wahrhaftig um sacramentlicher Einigkeit willen der Leib und Blut Christi sei.

3. Was denn die Consecration belanget, gläuben, lehren und bekennen wir, daß solche Gegenwärtigkeit des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmahl nicht schaffe einiges Menschen Werk oder Sprechen des Dieneers, sondern daß solche einig und allein der allmächtigen Kraft unsers Herrn Jesu Christi zugeschrieben werden soll.

4. Darneben aber gläuben, lehren und halten wir auch einhellig, daß im Gebrauch des heiligen Abendmahls die Wort der Einsatzung Christi keineswegs zu unterlaßen, sondern offentlich gesprochen werden sollen, wie geschrieben stehet: Der gesegnete Kelch, den wir segnen etc 1.Kor. 10, Welches Segnen durch das Sprechen der Wort Christi geschieht.

5. Die Gründe aber, darauf wir in diesem Handel stehen wider die Sacramentirer, seind, wie D. Luther solche in seinem großen Bekenntnis gesetzet hat.

Der erste ist dieser Artikel unsers christlichen Glaubens: Jesus Christus ist wahrhaftiger, wesentlicher, natürlicher, völliger Gott und Mensch, in einer Person ungetrennt und ungetheilet.

Der ander: daß Gottes rechte Hand allenthalben ist, zu welcher Christus, nach seiner menschlichen Natur mit der That und Wahrheit gesetzet, gegenwärtig regieret, in seinen Händen und unter seinen Füßen hat alles, was im Himmel und auf Erden ist, dahin sonst kein Mensch noch Engel, sondern allein Mariä Sohn gesetzet ist, daher er auch solches vermag.

Der dritte: daß Gottes Wort nicht falsch ist oder lüge.

Das vierte: daß Gott mancherlei Weise hat und weiß etwa an einem Orte zu sein, und nicht allein die einige, welche die Philosophi localem oder raumlich nennen.

6. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß der Leib und Blut Christi nicht allein geistlich durch den Glauben, sondern auch mündlich, doch nicht auf kapernastische, sondern übernatürliche, himmliche Weise um der sacramentlichen Vereinigung willen, mit dem Brot und Wein empfangen werde, wie solches die Wort Christi klärlich ausweisen, da Christus heißet nehmen, eßen und trinken, die dann von den Aposteln geschehen; dann geschrieben steht: Und sie trunken alle daraus Marc. 14. Desgleichen Sanct Paulus sagt: Das Brot, das wir brechen, ist ein Gemeinschaft des Leibes Christi, das ist: Wer dies Brot ißet, der ißet den Leib Christi; welches auch einhellig die vornehmsten alten Kirchenlehrer, Chrysestemus, Cyprianus, Leo I., Gregorius, Ambrosius, Augustinus bezeugen.

7. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß nicht allein die Rechtgläubigen und Würdigen, sondern auch die Unwürdigen und Ungläubigen empfahen den wahrhaftigen Leib und Blut Christi; doch nicht zum Leben und Trost, sondern zum Gericht und Verdammnis, wann sie sich nicht bekehren und Buße thun.

Dann ob sie wol Christum als ein Seligmacher von sich stoßen, so müßen sie ihn doch auch wider ihren Willen als einen strengen Richter zulaßen, welcher so gegenwärtig das Gericht auch in den unbußfertigen Gästen über und erzeiget, als gegenwärtig er Leben und Trost in den Herzen der Rechtgläubigen und würdigen Gäste wirket.

8. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß daß nur einerlei unwürdige Gäste seind, nämlich die nicht gläuben, von welchen geschrieben stehet: Wer aber nicht gläubet, der ist schon gerichtet. Welches Gericht durch unwürdigen Brauch des heiligen Sacraments gehäufet, größer und schwerer wird. 1. Korinth. 1.

9. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß kein Rechtgläubiger, so lang er den lebendigen Glauben behält, wie schach er auch sein möchte, das heilige Abendmahl zum Gericht empfahe, welches sonderlich den schwachgläubigen, doch bußfertigen Christen zum Trost und Stärkung ihres schwachen Glaubens eingesetzet werden.

10. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß alle Würdigkeit der Tischgäste dieser himmlischen Mahlzeit sei und stehe allein in dem allerheiligsten Gehorsam und vollkommenen Verdienst Christi, welchen wir uns durch wahrhaftigen Glauben zueignen, und des durch das Sacrament versichert werden, und gar nicht in unsern Tügenden, innerlichen und äußerlichen Bereitungen.

Negativa

Widerwärtige verdammte Lehre der Sacramentirer

Dagegen verwerfen und verdammen wir einhellig alle nachfolgende irrige Artikel, so der jetzt gesetzten Lehre, einfältigem Glauben und Bekenntnis vom Abendmahl Christi entgegen und zuwider sein:

1. Die päbstliche Transsubstantiation, do im Pabstthum gelehret wird, das Brot und Wein im heiligen Abendmahl ihre Substanz und natürlich Wesen verlieren, und also zu nichts werden, daß es in den Leib Christi verwandelt werde, und allein die äußerliche Gestalt bleibe.

2. Die päbstliche Opfermess für die Sünder der Lebendigen und Todten.

3. Daß den Laien nur eine Gestalt des Sacraments gegeben, und wider die offenbare Wort des Testaments Christi der Kelch ihnen vorgehalten, und seines Bluts beraubet werden.

4. Wann gelehret wird, daß die Wort des Testaments Christi nicht einfältig verstanden oder geglaubet werden sollen, wie sie lauten, sondern daß es dunkele Reden sein, deren Verstand man erst an andern Orten suchen müße.

5. Daß der Leib Christi im heiligen Abendmahl nicht mündlich mit dem Brot, sondern allein Brot und Wein mit dem Munde, der Leib Christi aber allein geistlich durch den Glauben empfangen werde.

6. Daß Brot und Wein im heiligen Abendmahl nicht mehr dann Kennzeichen sein, dadurch die Christen einander erkennen.

8. Daß Brot und Wein nicht mehr dann Denkzeichen, Siegel und Pfand sein, durch welche wir versichert, wann sich der Glaub über sich in Himmel schwinge, daß er daselbsten so wahrhaftig des Leibs und Bluts Christi theilhaftig werde, so wahrhaftig wir im Abendmahl Brot und Wein eßen und trinken.

9. Daß die Versicherung und Bekräftigung unsers Glaubens im heiligen Abendmahl geschehe allein durch die äußerlichen Zeichen Brots und Weins, und nicht durch den wahrhaftigen gegenwärtigen Leib und Blut Christi.

10. Daß im heiligen Abendmahl allein die Kraft, Wirkung und Verdienst des abwesenden Leibs und Bluts Christi ausgetheilet werde.

11. Daß der Leib Christi also im Himmel bschloßen, daß er auf keinerlei Weise zumal und zu einer Zeit an vielen oder allen Orten gegenwärtig sein könne auf Erden, da sein heiliges Abendmahl gehalten wird.

12. Daß Christus die wesentliche Gegenwärtigkeit seines Leibs und Bluts im heiligen Abendmahl nicht habe verheißen, noch leisten können, weil die Natur und Eigenschaft seiner angenommenen menschlichen Natur solches nicht leiden noch zugeben könne.

13. Das Gott nach aller seiner Allmächtigkeit (welches erschrecklich zu hören) nicht vermöge zu verschaffen, daß sein Leib auf eine Zeit mehr dann an einem Ort wesentlich gegenwärtig sei.

14. Daß nicht die allmächtige Wort des Testaments Christi, sondern der Glaube die Gegenwärtigkeit des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmahl schaffe und mache.

15. Daß die Gläubigen den Leib Christi nicht bei dem Brot und Wein des heiligen Abendmahls suchen, sondern ihre Augen von dem Brod in Himmel erheben, und doselbst den Leib Christi suchen sollen.

16. Daß die ungläubige, unbußfertige Christen im heiligen Abendmahl nicht den wahrhaftigen Leib und Blut Christi, sondern allein Brot und Wein empfangen.

17. Daß die Würdigkeit der Gäste bei dieser himmlischen Mahlzeit nicht allein im wahrhaftigen Glauben an Christum, sondern auch auf der Menschen äußerlichen Bereitung stehe.

18. Daß auch die Rechtgläubigen, so einen wahrhaftigen, lebendigen, reinen Glauben an Christum haben und behalten, dies Sacrament zum Gericht empfangen können, darum daß sie im äußerlichen Wandel noch unvollkommen sind.

19. Daß die äußerliche sichtbaren Element Brots und Weins im heiligen Sacrament sollen angebetet werden.

20. Desgleichen befehlen wir auch dem rechten Gericht Gottes alle fürwitzige, spöttische, lästerlichen Fragen (so Zucht halben nicht zu erzählen), und Reden, so auf grobe, fleischliche, kapernaitische und abscheuliche Weise von den übernatürlichen, himmlischen Geheimnissen dieses Sacraments ganz lästerlich und mit großem Aergernis durch die Sacramentirer vorgeracht werden.

21. Wie wir dann hiermit das kapernaitische Eßen des Leibes Christi, als wann man sein Fleisch mit Zähnen zureiße und wie andere Speise verdauet, welches die Sacramentirer wider das Zeugnis ihres Gewißens, über all unser vielfältig Bezeugen, uns muthwillig aufdringen, und dergestalt unsere Lehr bei ihren Zuhörern vedrhaßet machen, gänzlich verdammen, und dargegen halten und gläuben, vermüge der einfältigen Wort des Testaments Christi, ein wahrhaftig, doch übernatürlich Eßen des Leibes Christi, wie auch Trinken seines Bluts, welches menschliche Sinne und Vernunft nicht begreifen, sondern unsern Verstand in den Gehorsam Christi, wie in allen andern Artikeln des Glaubens, gefangen genommen, und solch Geheimnis anders nicht, dann allein mit Glauben gefaßt und im Wort geoffenbaret wird.

VIII. Von der Person Christi

Aus dem Streit von dem heiligen Abendmahl ist zwischen den reinen Theologen Augsburgischer Confession und den Calvinisten (welche auch etliche andere Theologen irre gemacht) ein Uneinigkeit entstanden von der Person Christi, von beiden Naturen in Christo und ihren Eigenschaften.

Status Controversiae

Hauptstreit in dieser Zwiespalt

Die Hauptfrage aber ist gewesen, ob die göttliche und menschliche Natur um der persönlichen Vereinigung willen realiter, das ist mit That und Wahrheit, in der Person Christi, wie auch derselben Eigenschaften, mit einander Gemeinschaft haben, und wie weit sich solche Gemeinschaft erstrecke.

Die Sacramentirer haben vorgeben, die göttliche und menschliche Natur in Christo sei also persönlich vereiniget, daß keine mit der andern realiter, das ist mit der That und Wahrheit, was einer jeden Natur eigen ist, sondern mehr nicht denn allein den Namen gemein haben. Dann wäre, sagen sie schlacht, facit communis nomina, das ist, die persönliche Vereinigung machet mehr nicht dann die Namen gemein, das nämlich Gott Mensch, und Mensch Gott genennet wird, doch also, daß Gott nichts mit der Menschheit und die Menschheit nichts mit der Gottheit, derselben Majestät und Eigenschaften realiter, das ist mit der That und Wahrheit, gemein habe. Das Widerspiel des D. Luther und die es mit ihm gehalten, wider die Sacramentirer gestritten.

Affirmativa

Reine Lehre der christlichen Kirchen von der Person Christi

Solchen Streit zu erklären und nach Anleitung unsers christlichen Glaubens hinzulegen, ist unser Lehr, Glaub und Bekenntnis, wie folget:

1. Daß die göttliche und menschliche Natur in Christo persönlich vereiniget, also daß nicht zweene Christus, einer Gottes, der ander des Menschen Sohn, sondern ein einiger Sohn Gottes und des Menschen Sohn sei, Luc. 1, Röm.9.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die göttliche und menschliche Natur nicht in ein Wesen vermenget, keine in die andere verwandelt, sondern ein jede ihre wesentliche Eigenschaften behalte, welche der andern Natur Eigenschaften nimmermehr werden.

3. Die Eigenschaften göttlicher Natur sind: allmächtig, ewig, unendlich, nach Eigenschaft der Natur und ihres natürlichen Wesens, vor sich selbst, allenthalben gegenwärtig sein, alles wißen etc., welche der menschlichen Natur Eigenschaften nimmermehr werden.

4. Die Eigenschaften menschlicher Natur sind: ein leiblich Geschöpf oder Kreatur sein, Fleisch und Blut sein, leiden, sterben, auf- und niederfahren, von einem Ort zum andern sich bewegen, Hunger, Durst, Frost, Hitze leiden und dergleichen, welche der göttlichen Natur Eigenschaften nimmermehr werden.

5. Nachdem beide Naturen persönlich, das ist in einer Person, vereiniget: gläuben, lehren und bekennen wir, daß diese Vereinigung nicht eine solche Verknüpfung und Verbindung sei, daß keine Natur mit der andern persönlich, das ist um der persönlichen Vereinigung willen, etwas gemein haben soll, als wenn einer zwei Bretter zusammenleimet, do keines dem andern etwas gibet oder von dem andern nimmet, sondern die ist die höchste Gemeinschaft, welche Gott mit dem Menschen wahrhaftig hat, aus welcher persönlichen Vereinigung und der daraus erfolgenden höchsten und unaussprechlichen Gemeinschaft alles herfleußt, was menschlich von Gott, und göttlich vom Menschen Christo gesaget und gegläubet wird; wie solche Vereinigung und Gemeinschaft der Naturen die alten Kirchenlehrer durch die Gleichnis eines feurigen Eisens, wie auch der Vereinigung Leibes und der Seelen im Menschen erkläret haben.

6. Daher gläuben, lehren und bekennen wir, daß Gott Mensch, und Mensch Gott sei, welches nicht sein könnte, wann die göttliche und menschliche Natur allerdings keine Gemeinschaft in That und Wahrheit mit einander hätten.

Dann wie könnte der Mensch, Marien Sohn, Gott oder Gottes des Allerhöchsten Sohn mit Wahrheit genennet werden oder sein, wann seine Menschheit mit Gottes Sohn nicht persönlich vereiniget, und also realiter, das ist mit der That und Wahrheit, nichts, sondern nur den Namen Gottes mit ihm gemein hätte?

7. Daher gläuben, lehren und bekennen wir, daß Maria nicht ein bloßen, pur lautern Menschen, sondern den wahrhaftigen Sohn Gotten empfangen und geboren hab: darum sie auch recht die Mutter Gottes genennet wird und auch wahrhaftig ist.

8. Daher gläuben, lehren und bekennen wir auch, daß nicht ein pur lauter Mensch für uns gelitten, gestorben, begraben, gen Hölle gefahren, von Todten erstanden, gen Himmel gefahren und gesetzt zur Majestät und allmächtigen Kraft Gottes, sondern ein solcher Mensch, des menschliche Natur mit dem Sohn Gottes so eine tiefe unaussprechliche Vereinigung und Gemeinschaft hat, daß sie mit ihm ein Person ist.

9. Darum wahrhaftig der Sohn Gottes vor uns gelitten, doch nach Eigenschaft der menschlichen Natur, welche er in Einigkeit seiner göttlichen Person angenommen und ihm eigen gemacht, daß er leiden und unser Hoherpriester zu unserer Versühnung mit Gott sein könnte, wie geschrieben stehet: Sie haben den Herrn der Herrlichkeit gekreuziget. Und: Mit Gottes Blut seind wir erlöset worden. 1.Korinth. 2. Act. 20

10. Daher gläuben, lehren und bekennen wir, daß des Menschen Sohn zur Rechten der allmächtigen Majestät und Kraft Gottes realiter, das ist mit der Thau und Wahrheit, nach der menschlichen Natur erhöhet, weil er in Gott aufgenommen, als er von dem heiligen Geist in Mutterleib empfangen, und sein menschliche Natur mit dem Sohn des Allerhöchsten persönlich vereiniget.

11. Welche Majestät er nach der persönlichen Vereinigung allwegen gehabt, und sich doch derselben im Stande seiner Erniedrigung geäußert, und der Ursach wahrhaftig an aller Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen zugenommen; darum er solche Majestät nicht allezeit, sondern, wann es ihm gefallen, erzeiget, bis er die Knechtsgestalt, und nicht die Natur, nach seiner Auferstehung ganz und gar hingeleget, und in den völligen Gebrauch, Offenbarung und Erweisung der göttlichen Majestät gesetzet und also in sein Herrlichkeit eingegangen, daß er itzt nicht allein als Gott, sondern auch als Mensch alles weiß, alles vermag, allen Kreaturen gegenwärtig ist, und alles, was im Himmel, auf Erden und unter der Erden ist, unter seinen Füßen und in seinen Händen hat, wie er selbst zeuget: Mir ist gegeben aller Gewalt im Himmel und auf Erden. Und S. Paulus: Er ist über alle Himmel gefahren, auf daß er alles erfüllete; welchen seinen Gewalt er allenthalben gegenwärtig üben kann, und ihm alles müglich und alles wißend ist.

12. Daher er auch vermag und ihm ganz leicht ist, sein wahrhaftigen Leib und Blut im heiligen Abendmahl gegenwärtig mitzutheilen, nicht nach Art oder Eigenschaft der menschlichen Natur, sondern nach Art und Eigenschaft göttlicher Rechte, saket Doctor Luther aus unserm christlichen Kinderglauben; welche Gegenwärtigkeit nicht irdisch, noch kapernaitanisch, gleichwol wahrhaftig und wesentlich ist, wie die Wort seines Testaments lauten: Das ist; ist; ist mein Leib etc.

Durch diese unser Lehre, Glauben und Bekenntnis wird die Person Christi nicht getrennet, wie Nestorius gethan (welcher die communicationem idiomatum, das ist die wahrhaftige Gemeinschaft der Eigenschaften beider Naturen in Christo geläugnet und also die Person getrennet, wie solches Lutherus im Buch von den Conciliis erkläret); noch die Naturen samt ihren Eigenschaftem mit einander in ein Wesen vermischet (wie Eutychus geirret); noch die menschliche Natur in der Person Christi verläugnet oder abgetilget wird; auch keine Natur in die ander verwandelt; sondern Christus ist und bleibet in alle Ewigkeit Gott und Mensch in einer unzertrennten Person, welches nach der heiligen Dreifaltigkeit das höchste Geheimnis ist, wie der Apostel zeuget, in welchem unser einiger Trost, Leben und Seligkeit stehet.

Negativa

Widerwärtige falsche Lehre von der Person Christi

Demnach verwerfen und verdammen wir als Gottes Wort und unserm einfältigen christlichen Glauben zuwider alle nachfolgende irrige Artikel, wann gelehret wird:

1. Daß Gott und Mensch in Christi nicht eine Person, sondern ein anderer Gottes, und ein anderer des Menschen Sohn sei, wie Nestorius narret.

2. Daß die göttliche und menschliche Natur mit einander in ein Wesen vermischet, und die menschliche Natur in die Gottheit verwandelt, wie Eutychus geschwärmet.

3. Daß Christus nicht wahrhaftiger, natürlicher, ewiger Gott sei, wie Arius gehalten.

4. Daß Christus nicht eine wahrhaftige menschliche Natur gehabt, von Leib und Seele, wie Marcion gedichtet hat.

5. Quod unio personalis faciat tantum communia nomina, das ist, daß die persönliche Vereinigung mache allein die Titel und Namen gemein.

6. Daß es nur ein phrasis und modus loquendi, das ist, nur Wort und eine Weise zu reden sei, wann man saget: Gott ist Mensch, Mensch ist Gott; dann die Gottheit habe nichts mit der Menschheit, wie auch die Menschheit mit der Gottheit realitur, das ist mit der That, gemein.

7. Daß es nur communicatio verbalis, das ist nichts dann Wort sei, wann gesagt wird, Gottes Sohn sei für der Welt Sünde gestorben, des Menschen Sohn sei allmächtig worden.

8. Daß die menschliche Natur in Christo auf solche Weise wie die Gottheit ein unendlich Wesen worden, und aus solcher wesentlicher, mitgetheilter, in die menschliche Natur ausgegeben, und von Gott abgesonderte Kraft und Eigenschaft auf solche Weise wie die göttliche Natur allenthalben gegenwärtig sei.

9. Daß die menschliche Natur der göttlichen Natur an ihrer Substanz und Wesen oder an derselben wesentlichen Eigenschaften eräquiret und gleich worden sei.

10. Daß die menschliche Natur Christi in alle Ort des Himmels und der Erden raumlich ausgespannet, welches auch der göttlichen Natur nicht zugemeßen werden soll.

11. Daß Christus unmüglich sei von wegen der Eigenschaft menschlicher Natur, daß er zumal mehr dann an einem Ort, noch viel weniger allenthalben mit seinem Leib sein könnte.

12. Daß allein die bloße Menschheit für uns gelitten und uns erlöset habe, und daß der Sohn Gottes im Leiden mit derselben keine Gemeinschaft mit der That gehabt, als wann es ihn nichts angegangen hätte.

13. Daß Christus allein nach seiner Gottheit bei uns auf Erden im Wort, Sacramenten und allen unsern Nöthen gegenwärtig sei, und solche Gegenwärtigkeit seine menschliche Natur ganz und gar nichts angehe, nach welcher er auch mit uns auf Erden, nachdem er uns durch sein Leiden und Sterben erlöset, nicht mehr zu schaffen habe.

14. Daß der Sohn Gottes, so die menschliche Natur angenommen, nachdem er Knechtsgestalt abgeleget, nicht alle Werk seiner Allmächtigkeit in, durch und mit seiner menschlichen Natur verrichte, sondern nur etzliche, und allein an dem Ort, da die menschliche Natur raumlich sei.

15. Daß er nach der menschlichen Natur der Allmächtigkeit und anderer Eigenschaften göttlicher Natur aller Ding nicht fähig sei, wider den ausgedruckten Spruch Christi: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Und S. Paulus: In ihm wohnet alle Fülle der Gottheit leibhaftig. Koloss. 2

16. Daß ihm größer Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben, nämlich größer und mehr denn allen Engeln und anderen Kreaturen, aber mit der Allmächtigkeit Gottes habe er keine Gemeinschaft, sei ihm auch dieselbige nicht gegeben. Daher sie ein mediam potentiam, das ist eine solche Gewalt zwischen Gottes allmächtigen Gewalt und anderer Kreaturen Gewalt dichten, die Christo nach seiner Menschheit durch die Erhöhung gegeben, die weniger dann Gottes allmächtige Gewalt, und größer dann anderer Kreaturen Gewalt sei.

17. Daß Christus nach seinem menschlichen Geist ein gewiße Maß habe, wie viel er wißen soll, und daß er nicht mehr wiße, dann ihm gebühret und vonnöthen sei zu seinem Richteramt zu wißen.

18. Daß Christus noch nicht vollkommene Erkenntnis Gottes und aller seiner Werk habe,, von dem doch geschrieben stehet: daß in ihm alle Schätze der Weisheit und des Erkenntnis verborgen seien.

19. Daß Christo nach seinem menschlichen Geist unmüglich sei zu wißen, was von Ewigkeit gewesen, was jetzunder allenthalben geschehe, und noch in Ewigkeit sein werde.

20. Da gelehret, und der Spruch Matth. 28: Mir ist gegeben alle Gewalt etc., also gedeutet und lästerlich verkehret wird, daß Christo nach der göttlichen Natur in der Auferstehung und seiner Himmelfahrt restituiret, das ist, wiederum zugestellet worden sei alle Gewalt im Himmel und auf Erden, als hätte er im Stand seiner Erniedrigung auch nach der Gottheit solche abgeleget und verlassen. Durch welche Lehre nicht allein die Worte des Testaments Christi verkehret, sondern auch der verdammten arianischen Ketzerei der Weg bereitet, daß endlich Christus ewige Gottheit verleugnet, und also Christus ganz und gar samt unserer Seligkeit verloren, da solcher falschen Lehre aus beständigem Grund göttliches Worts und unsers einfältigen christlichen Glaubens nicht widersprochen würde.

IX. Von der Höllenfahrt Christi

Status Controversiae

Hauptstreit über diesen Artikel

Es ist auch unter etzlichen Theologen, so der Augsburgischen Confession zugethan, über diesem Artikel gestritten worden: wann und auf was Weise der Herr Christus, vermüge unsers einfältigen christlichen Glaubens, gen Hölle gefahren, ob es geschehen sei vor oder nach seinem Tode. Item, ob es nach der Seel allein, oder nach der Gottheit allein, oder mit Leib und Seele, geistlich oder leiblich zugegangen. Item, ob dieser Artikel gehöre zum Leiden oder zum herrlichen Sieg und Triumph Christi.

Nachdem aber dieser Artikel, wie auch der vorhergehende, nicht mit den Sinnen, noch mit der Vernunft begriffen werden kann, sondern muß allein mit dem Glauben gefaßet werden: ist unser einhellig Bedenken, daß solches nicht zu disputiren, sondern nur aufs einfältigste geglaubet und gelehret werden solle; inmaßen D. Luther seliger in der Predigt zu Torgan Anno 33. etc. solchen Artikel ganz christlich erkläret, alle unnützliche, unnothwendige Fragen abgeschnitten, und zu christlichen Einfalt des Glaubens alle frommen Christen vermahnet.

Dann ist es gnug, daß wir wißen, daß Christus in die Hölle gefahren, die Hölle allen Gläubigen zerstöret, und sie aus der Gewalt des Todes, Teufels, ewiger Verdamnis des höllischen Rachens erlöset habe. Wie aber solches zugangen, sollen wir sparen bis in die andre Welt, da uns nicht allein dies Stück, sondern auch noch anders mehr geoffenbaret, das wir die einfältig geglaubt, und mit unser blinden Vernunft nicht begreifen können.

X. Von Kirchengebräuchen

so man Adiophora oder Mitteldinge nennet

Von Ceremonien oder Kirchengebräuchen, welche in Gottes Wort weder geboten noch verboten, sondern von guter Ordnung und Wolstands willen in die Kirche eingeführet, das sich auch zwischen den Theologen Augsburgischer Confession ein Zwiespalt zugetragen.

Status Controversiae

Der Hauptstreit von diesem Artikel

Die Hauptfrage aber ist gewesen, ob man zur Zeit der Verfolgung und im Fall der Bekenntnis, wann die Feinde des Evangelii sich gleich nicht mit uns in der Lehre vergleichen, dennoch mit unverletztem Gewissen etzliche gefallene Ceremonien, so an ihm selbst Mitteldinge und von Gott weder geboten noch verboten, auf der Widersacher Dringen und Erfordern wiederum aufrichten, und sich also mit ihnen in solchen Ceremonien und Mitteldingen vergleichen möge? Der eine Theil hat ja, der andere hat nein darzu gesagt.

Affirmativa

Die rechte wahrhaftige Lehre und Bekenntnis von diesem Artikel

1. In Hinlegung auch dieser Zwiespalt gläuben, lehren und bekennen wir einhellig, daß die Ceremonien oder Kirchengebräuche, welche in Gottes Wort weder geboten noch verboten, sondern allein um Wolstands und guter Ordnung willen angestellt, an ihnen und für sich selbst kein Gottesdienst, auch kein Theil desselben seien. Matth. 15. Sie ehren mich umsonst mit menschlichen Geboten.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die Gemeine Gottes jedes Orts und jederzeit nach derselben Gelegenheit Macht habe solche Ceremonien zu ändern, wie es der Gemeine Gottes am nützlichsten und erbaulichsten sein mag.

3. Doch das hierinnen alle Leichtfertigkeit und Aergernis gemieden, und sonderlich der Schwachgläubigen mit allem Fleiß verschonet werde.

4. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß zur Zeit der Verfolgung, wann eine runde Bekenntnis des Glaubens von uns erfordert, in solchen Mitteldingen den Feinden nicht zu weichen, wie der Apostel geschrieben: So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und laßt euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen. Item: Ziehet nicht am fremden Joch; was hat das Licht vor Gemeinschaft mit der Finsternis? Item: Auf daß die Wahrheit den Evangelii bei euch bestünde, wichen wir denselben nicht eine Stunde unterthänig zu sein. Denn in solchem Falle ist es nicht mehr um Mittelding, sondern um die Wahrheit des Evangelii, um die christliche Freiheit und um die Bestätigung öffentlicher Abgötterei, wie auch um Verhütung des Aergernis der Schwachgläubigen zu thun, darin wir nichts zu vergeben haben, sondern rund bekennen und darüber leiden sollen, was uns Gott zugeschickt und über uns den Feinden seines Worts verhängt.

5. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß keine Kirch die ander verdammen soll, daß eine weniger oder mehr äußerlicher von Gott ungebotenen Ceremonien dann die andere hat, wann sonst in der Lehre und allen derselben Artikeln, wie auch im rechten Gebrauch der heiligen Sacramenten mit einander Einigkeit gehalten, nach dem wol bekannten Spruch: Dissionantia ielunti non dissolvit consonantiam fidei, Ungleichheit des Fastens soll die Einigkeit im Glauben nicht trennen.

Negativa

Falsche Lehre von diesem Artikel

Demnach verwerfen und verdammen wir als unrecht und dem Worte Gottes zuwider, wann gelehret wird:

1. Daß Menschengebot und Satzungen in der Kirchen vor sich selbst als ein Gottesdienst oder Theil desselbigen gehalten werden sollen.

2. Wann solche Ceremonien, Gebot und Satzungen mit Zwang als nothwendig der Gemein Gottes wider ihre christliche Freiheit, so sie in äußerlichen Dingen hat, aufgedrungen werden.

3. Item, daß man zur Zeit der Verfolgung und öffentlicher Bekenntnis den Feinden des heiligen Evangelii (welches zu Abbruch der Wahrheit dienet) in dergleichen Mitteldingen und Ceremonien möge willfahren, oder sich mit ihnen vergleichen.

4. Item, wann solche äußerliche Ceremonien und Mitteldinge also abgeschaffet werden, als sollte es der Gemein Gottes nicht frei stehen, nach ihrer guten Gelegenheit, wie es jederzeit der Kirchen am nützlichsten, sich eines oder mehr in christlicher Freiheit zu gebrauchen.

XI. Von der ewigen Vorsehung und Wahl Gottes.

Von diesem Artikel ist kein offentliche Zwiepsalt unter den Theologen Augsburgischer Confession eingefallen. Dieweil es aber ein tröstlicher Artikel, wann er recht gehandelt, und deshalben nicht künftiglich ärgerliche Disputation eingeführet werden möchte, ist derselbe in dieser Schrift auch erkläret worden.

Affirmativa

Reine wahrhaftige Lehre von diesem Artikel

1. Anfänglich ist der Unterschied zwischen der praescientie et praedentinatione, das ist zwischen der Vorsehung und ewigen Wahl Gottes, mit Fleiß zu merken.

2. Denn die Vorsehung Gottes ist anders nichts, denn daß Gott alle Ding weiß, ehe sie geschehen, wie geschrieben stehet: Gott im Himmel kann verborgen Ding offenbaren; der hat dem König Nebucadnezar angezeiget, was in künftigen Zeiten geschehen soll.

3. Diese Vorsehung gehet zugleich über die Frommen und Bösen, ist aber keine Ursach des Bösen, weder der Sünden, daß man unrecht thue, (welche ursprünglich aus dem Teufel und des Menschen bösen verkehrten Willen herkömmt) noch ihres Verderbens, daran sie selbst schuldig, sondern ordnet allein dasselbig und steckt ihm ein Ziel, wie lang es währen, und alles, unangesehen daß es an ihm selbst böse, seinen Auserwählten zu ihrem Heil dienen solle.

4. Die Prädestination aber oder ewige Wahl Gottes gehet allein über die Frommen, wolgefälligen Kinder gottes, die eine Ursach ist ihrer Seligkeit, welche er auch schaffet, und was zur selbigen gehöret, verordnet, darauf unser Seligkeit so steif gegründet, daß sie die Pforten der Hölle nicht überwältigen können.

5. Solche ist nicht in dem heimlichen Rath Gottes zu erfroschen, sondern in dem Wort zu suchen, da sie auch geoffenbaret worden ist.

6. Das Wort Gottes aber führet uns zu Christo, der das Buch des Lebens ist, in welchem alle die geschrieben und erwählet seind, welche da ewig selig werden sollen, wie geschrieben stehet: Er hat uns durch denselben (Christum) erwählet, ehe der Welt Grund geleget war.

7. Dieser Christus rufet zu ihm alle Sünder und verheißet ihnen Erquickung, und ist ihme Ernst, daß alle Menschen zu ihm kommen und ihnen helfen laßen sollen, denen er sich im Wort anbeut und will, daß man es höre, und nicht die Ohren verstopfen oder das Werk verachten soll; verheißt darzu die Kraft und Wirkung des heiligen Geistes, göttlichen Beistand zur Beständigkeit und ewiger Seligkeit.

8. Derhalben wir von solcher unser Wahl zum ewigen Leben weder aus der Vernunft noch aus dem Gesetz Gottes urtheilen sollen, welche uns entweder in ein wild, wüst, epikurisch Leben, oder in Verzweifelung führen, und schädliche Gedanken in den Herzen der Menschen erwecken, daß sie bei sich selbst gedenken, auch solcher Gedanken sich nicht recht erwehren können, so lange sie ihrer Vernunft folgen: Hat mich Gott erwählet zur Seligkeit, so kann ich nicht verdammet werden, ich thue, was ich wölle; und widerum: Bin ich nicht erwählet zum ewigen Leben, so hilfts nichts, was ich Gutes thue, es ist doch alles umsunst.

9. Sondern es muß allein aus dem heiligen Evangelio von Christo gelernet werden, in welchem klar bezeuget wird, wie Gott alles unter den Unglauben beschloßen, auf daß er sich aller erbarme, und nicht will, daß jemand verloren werde, sondern sich jedermann zur Buße bekehre, und an den Herrn Christum glaube.

10. Wer nun sich also mit dem geoffenbarten Willen Gottes bekümmert, und der Ordnung nachgehet, welche S. Paulus in der Epistel an die Römer gehalten, derr zuvor die Menschen zur Buße, Erkenntnis der Sünden, zum Glauben an Christum, zum göttlichen Gehorsam weiset, ehe er vom Geheimnis der ewigen Wahl Gottes redet, dem sit solche Lehre nützlich und tröstlich.

11. Daß aber viel berufen und wenig auserwählet sind, hat es nicht diese Meinung, als wölle Gott nicht jedermann selig machen, sondern die Ursach ist, daß sie Gottes Wort entweder gar nicht hören, sondern muthwillig verachten, die Ohren und ihr Herz verstecken, und also dem heiligen Geist den ordentlichen Weg verstellen, daß er sein Werk in ihnen nicht haben kann, oder do sie es gehöret haben, wiederum in Wind schlahen und nicht achten, daran nicht Gott oder seine Wahl, sondern ihre Bosheit schuldig ist.

12. Und so fern soll sich ein Christ des Artikels von der ewigen Wahl Gottes annehmen, wie sich im Wort Gottes geoffenbaret, welches uns Christum als das Buch des Lebens vorhält, daß er uns durch die Preddigt des heiligen Evangelii aufschleußt und offenbaret, wie geschrieben stehet: Welche er erwählet hat, die hat er auch berufen, in dem wir die ewige Wahl des Vaters suchen sollen, der in seinem ewigen göttlichen Rath beschloßen, daß er außerhalb denen, so seinen Sohn Christum erkennen und wahrhaftig an ihn gläuben, niemand wolle selig machen, und sich anderer Gedanken entschlahen, welche nicht aus Gott, sondern aus Eingeben des bösen Feindes herfließen, dadurch er sich unterstehet und den herrlichen Trost zu schwächen oder gar zu nehmen, den wir in dieser heilsamen Lehre haben: daß wir wißen, wie wir aus lauterer Gnade ohne allen unsern Verdienst in Christo zum ewigen Leben erwählet sein, und daß uns niemand aus seiner Hand reißen könne; wie er dann solche gnädige Erwählung nicht allein mit bloßen Worten zusaget, sondern auch mit dem Eide betheuret und mit den heiligen Sacramenten versiegelt hat, deren wir uns in unsern höchsten Anfechtungen erinnern und trösten, und damit die feurigen Pfeile des Teufels auslöschen können.

13. Darneben sollen wir uns zum höchsten befleißigen nach dem Willen Gottes zu leben, und unsern Beruf, wie S. Paulus vermahnet, feste zu machen, und sonderlich an das geoffenbarte Wort uns halten; das kann und wird uns nicht fehlen.

14. Durch diese kurze Erklärung der ewigen Wahl Gottes wird Gott seine Ehre ganz und völlig gegeben, daß er allein aus lauter Barmherzigkeit ohne allen unsern Verdienst uns selig mache nach dem Vorsatz seines Willens; darneben auch niemands einige Ursach zur Kleinmüthigkeit oder rohem, wildem Leben gegeben.

Antithesis oder Negativa

Falsche Lehre von diesem Artikel

Demnach gläuben und halten wir: welche die Lehre von der gnädigen Wahl Gottes zum ewigen Leben also führen, daß sich die betrübten Christen derselben nicht trösten künnen, sondern dadurch zur Kleinmüthigkeit oder Verzweiflung verursachet, oder die Unbußfertigen in ihrem Muthwillen gestärket werden, daß solche Lehren nicht nach dem Wort und Willen Gottes, sondern nach der Vernunft und Anstifung des leidigen Satans getrieben werde. Weil alles, was geschrieben ist, wie der Apostel zeuget, uns zur Lehre geschrieben, auf daß wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben. Demnach verwerfen wir folgende Irrthum:

1. Als wann gelehret wird, daß Gott nicht wölle, daß alle Menschen Buße thun und dem Evangelio gläuben.

2. Item, wann Gott uns zu sich berufe, daß es nicht sein Ernst sei, daß alle Menschen zu ihm kommen sollen.

3. Item, daß Gott nicht wölle, daß jedermann selig werde, sondern unangesehen ihrer Sünde, allein aus dem bloßen Rath, Vorsatz und Willen Gottes zum Verdamnis verordnet, daß sie nicht können selig werden.

4. Item, daß nicht allein die Barmherzigkeit Gottes und das allerheiligste Verdienst Christi, sondern auch in uns eine Ursach sei der Wahl Gottes, um welcher willen Gott uns zum ewigen Leben erwählet habe.

Welches alles lästerliche und erschreckliche irrige Lehren sein, dadurch den Christen aller Trost genommen, den sie im heiligen Evangelio und Gebrauch der heiligen Sacrament haben, und derwegen in der Kirchen Gottes nicht sollten geduldet werden.

Dies ist die kurze und einfältige Erklärung der streitigen Artikel, so eine Zeitlang von den Theologen Augsburgischer Confession widerwärtig disputirt und gelehret worden. Daraus ein jeder einfältiger Christ nach Anleitung Gottes Worts und seines einfältigen Katechismi vernehmen kann, was recht oder unrecht sei, do nicht allein die reine Lehre gesetzt, sondern auch derselbigen widerwärtige irrige Lehre ausgesetzt, verworfen, und also die eingefallene ärgerlichen Spaltungen gründlich entscheiden seind.

Der allmächtige Gott und Vater unsers Herrn Jesu verleihe die Gnade seines heiligen Geistes, daß wir alle in ihm seinig sein und in solcher christlichen und ihme wolgefälligen Einigkeit beständiglich bleiben. Amen.

Von andern Rotten und Sekten, so sich niemals zu der Augsburgischen Konfession bekannt.

Damit uns auch nicht stillschweigend solche zugemessen, weil wir derselben in vorgesetzter Erklärung keine Meldung getan, haben wir zu Ende allein die bloßen Artikel erzählen wollen, darin sie sich irren und vielgedachtem unserm Christlichen Glauben und Bekenntnis zuwider lehren.

Irrige Artikel der Wiedertäufer.

Die Wiedertäufer sind unter sich selbst in viele Haufen geteilt, da einer viel, der andere wenig Irrtümer bestreitet; insgemein aber führen sie solche Lehre, die weder in der Kirche noch in der Polizei und weltlichem Regiment noch in der Haushaltung zu dulden noch zu leiden. Unleidliche Artikel in der Kirche.

  1. Das Christus seinen Leib und Blut nicht von Maria der Jungfrau angenommen, sondern vom Himmel mit sich gebracht.
  2. Das Christus nicht wahrhaftiger Gott, sondern nur mehr Gaben des Heiligen Geistes habe denn sonst ein heiliger Mensch.
  3. Dass unsere Gerechtigkeit vor Gott nicht allein auf dem einigen Verdienst Christi, sondern in der Erneuerung und also in unserer eigenen Frömmigkeit stehe, in der wir wandeln. Welche zum großen Teil auf eigene, sonderliche, selbsterwählte Geistlichkeit gesetzt und im Grunde anderes nichts denn eine neue Möncherei ist.
  4. Das die Kinder, so nicht getauft, vor Gott nicht Sünder, sondern gerecht und unschuldig seien, welche in ihrer Unschuld, weil sie noch nicht zu ihrem Verstand kommen, ohne die Taufe (deren, ihrem Vorgeben nach, sie nicht bedürfen) selig werden. Verwerfen also die ganze Lehre von der Erbsünde, und was derselben anhanget.
  5. Das die Kinder nicht sollen getauft werden, bis sie zu ihrem Verstand kommen und ihren Glauben selbst bekennen können.
  6. Dass der Christen Kinder darum, weil sie von christlichen und gläubigen Eltern geboren, auch ohne und vor der Taufe heilig und Gottes Kinder seien; auch der Ursache der Kinder Taufe weder hochhalten noch befördern, wider die ausgedrückten Worte der Verheißung Gottes, die sich allein auf die erstreckt, welche seinen Bund halten und denselben nicht verachten, Gen. 17.
  7. Dass dies keine rechte christliche Gemeinde sei, darin noch Sünder gefunden werden.
  8. Dass man keine Predigt hören noch in den Tempeln besuchen solle, darin zuvor päpstische Messe gehalten und gelesen worden.
  9. Das man nichts mit den Kirchendienern, so das Evangelium vermöge Augsburgischer Konfession predigen und der Wiedertäufer predigen und Irrtümer strafen, zu schaffen haben, ihnen auch weder dienen noch etwas arbeiten, sondern als die Verkehrer Gottes Worts fliehen und meiden soll.

Unleidliche Artikel in der Polizei.

  1. Dass die Obrigkeit kein gottgefälliger Stand im Neuen Testament sei.
  2. Dass ein Christenmensch mit gutem, unverletztem Gewissen das Amt der Obrigkeit nicht tragen noch verwalten könne.
  3. Dass ein Christ mit unverletztem Gewissen das Amt der Obrigkeit in zufälligen Sachen wider die Bösen nicht gebrauchen, noch derselben Untertanen ihre habende und von Gott empfangene Gewalt zum Schutz und Schirm anrufen mögen.
  4. Dass ein Christenmensch mit gutem Gewissen keinen Eid schwören noch mit Eid seinem Landesfürsten oder Oberherrn die Erbhuldung tun könne.
  5. Dass die Obrigkeit im neuen Testament in unverletztem Gewissen die Übeltäter am Leben nicht strafen könne.

Unleidliche Artikel in der Haushaltung.

  1. Dass ein Christ mit gutem Gewissen nichts Eigenes behalten noch besitzen könne, sondern schuldig sei, dasselbe in die Gemein zu geben.
  2. Dass ein Christ mit gutem Gewissen kein Gastgeber, Kaufmann oder Messerschmied sein könne.
  3. Das Eheleute um des Glaubens willen sich voneinander scheiden und eins das andere verlassen und mit einem andern, das seines Glaubens ist, sich Verehelichen möge.

Irrige Artikel der Schwenkfeldianer.

  1. Das alle die keine rechte Erkenntnis des regierenden Himmelskönigs Christi haben, welche Christum nach dem Fleisch für eine Kreatur halten.
  2. Dass das Fleisch Christi durch die Erhöhung also alle göttlichen Eigenschaften angenommen, das er, Christus, als Mensch an Macht, Kraft, Majestät, Herrlichkeit dem Vater und dem Wort allenthalben im Grad und Stelle des Wesens gleich, das nunmehr einerlei Wesen, Eigenschaft, Wille und Glorie beider Naturen in Christo seien, und dass das Fleisch Christ zu dem Wesen der heiligen Dreifaltigkeit gehöre.
  3. Dass der Kirchendienst, das gepredigte und gehörte Wort, nicht sei ein Mittel, dadurch Gott der Heilige Geist die Menschen lehre, die seligmachende Erkenntnis Christi, Bekehrung, Buße, Glauben und neuen Gehorsam in ihnen wirke.
  4. Dass das Taufwasser nicht sei ein Mittel, dadurch Gott der Her die Kindschaft versiegele und die Wiedergeburt wirke.
  5. Das Brot und Wein im heiligen Abendmahl nicht Mittel seien, dadurch und damit Christus seinen Leib und Blut austeile.
  6. Dass ein Christenmensch, der wahrhaftig durch den Geist Gottes wiedergeboren, das Gesetz Gottes in diesem Leben vollkommen halten und erfüllen könne.
  7. Dass keine rechte christliche Gemeinde sei, da kein öffentlicher Ausschluß oder ordentlicher Prozeß des Bannes gehalten werde.
  8. Dass der Diener der Kirche andere Leute nicht nützlich lehren oder rechte, wahrhaftige Sakramente austeilen könne, welcher nicht auch für seine Person wahrhaftig verneuert, wiedergeboren, gerecht und fromm sei.

Irrtum der neuen Arianer.

Dass Christus nicht ein wahrhaftiger, wesentlicher, natürlicher Gott, eines ewigen göttlichen Wesens mit Gott dem Vater und dem Heiligen Geist, sondern allein mit göttlicher Majestät, unter und neben Gott dem Vater, geziert sei.

Irrtum der Antitrinitarier.

Das ist gar eine neue Sekte, zuvor in der Christenheit nicht erhört, welche glauben, lehren und bekennen, dass nicht ein einig, ewig göttlich Wesen sei des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes; sondern wie Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist drei unterschiedliche Personen seien, also habe auch eine jede Person ihr unterschiedlich und von andern Personen der Gottheit abgesondert Wesen, die doch entweder alle drei, wie sonst drei unterschiedene und voneinander in ihrem Wesen abgesonderte Menschen, gleicher Gewalt, Weisheit, Majestät und Herrlichkeit, oder am Wesen und Eigenschaften einander ungleich, das allein der Vater rechter wahrer Gott sei.

Diese und dergleichen Artikel allzumal, und was denselben mehr Irrtums anhängig und daraus erfolgt, verwerfen und verdammen wir als unrecht, falsch, ketzerisch, dem Worte Gottes, den dreien Symbolis, der Augsburgischen Konfession und Apologie, den Schmalkaldischen Artikeln und Katechismis Lutheri zuwider, vor welchen alle frommen Christen hohen und niedrigen Standes sich hüten sollen, so lieb ihnen ihrer Seelen Heil und Seligkeit ist.

Das dies unser aller Lehre, Glaube und Bekenntnis sei, wie wir solches am Jüngsten Tage vor dem gerechten Richter, unserm Hern Jeu Christo, verantworten, dawider auch nichts heimlich noch öffentlich reden oder schreiben wollen, sondern gedenken vermittelst der Gnade Gottes dabei zu bleiben, haben wir wohlbedächtig in wahrer Furcht und Anrufung Gottes mit eigenen Händen unterschrieben.

Actum Bergae. den 29. Mai, Anno l577. Iacobus Andreä D., Nicolaus Selneccerus D., Andreas Musculus D., Christophorus Cornerus D., David Chyträus D., Martinus Chemnitius D.


 

Die Konkordienformel.

(Zweiter Teil.)

Gründliche, lautere, richtige und endliche

Wiederholung und Erklärung etlicher Artikel Augsburgischer Konfession

in welchen eine Zeitlang

Unter etlichen Theologen, derselben zugetan, Streit vorgefallen, nach Anleitung Gottes Worts und summarischem Inhalt unserer christlichen Lehre beigelegt und verglichen.

Mit Kurfl. Gn zu Sachsen Befreiung. Dresden Anno 1579 sonderen Gnaden und Barmherzigkeit des Allmächtigen die Lehre von den vornehmsten Artikeln unserer christlichen Religion (welche durch Menschenlehre und Fassungen unter dem Papsttum greulich verfinstert gewesen) durch D. Luther, seligen und heiligen Gedächtnisses, wiederum aus Gottes Wort erläutert und gereinigt, die päpstischen Irrtümer, Mißbräuche und Abgöttereien gestraft, und aber solche reine Reformation von dem Gegenteil für eine neue Lehre geachtet, auch, als ob sie dem Wort Gottes und den christlichen Ordnungen gänzlich zuwider, heftig (gleichwohl mit Ungrund) angezogen, dazu mit unerfindlichen, haben die christlichen Kur= und Fürsten, auch Stände, welche damals die reine Lehre des heiligen Evangelii angenommen und ihre Kirchen christlich, dem Worte Gottes gemäß reformieren lassen, auf der großen Reichsversammlung zu Augsburg Anno 30 usw. eine christliche Konfession aus Gottes Wort stehen lassen und dieselbe Kaiser Carolo V. überantwortet, darin sie lauter und rund ihr christliches Bekenntnis getan, was von den vornehmsten Artikeln (sonderlich denen, so zwischen ihnen und den Päpstischen streitig worden) in den christlichen evangelischen Kirchen gehalten and gelehrt werde, welche von dem Gegenteil gleichwohl sauer angesehen, aber, Gott Lob, bis auf diesen Tag unwiderlegt und unumgestoßen geblieben.

Zu derselben christlichen und in Gottes Wort wohlbegründeten Augsburgischen Konfession bekennen wir uns nochmals hiermit von Grund unsers Herzens, bleiben bei derselben einfältigem, hellem und lauterem Verstand, wie solchen die Worte mit sich bringen, und halten gedachte Konfession für ein rein christlich Symbolum, bei dem sich dieser Zeit rechte Christen nächst Gottes Wort sollen finden lassen; wie denn auch vorzeiten in der Kirche Gottes über etliche vorgefallene große Streite christliche Symbola und Bekenntnisse gesteIlt worden, zu denen sich die reinen Lehrer und Zuhörer mit Herzen und Munde damals bekannt haben. Wir gedenken auch vermittelst der Gnade des Allmächtigen bei mehrgemeldeter christlicher Konfession, wie sie Kaiser Carolo Anno 30 usw. übergeben, bis an unser Ende beständig zu verharren; und ist unser Vorhaben nicht, weder in diesem noch andern Schriften von vielgedachter Konfession im wenigsten abzuweichen, noch eine andere und neue Konfession zu stellen.

Wiewohl aber die christliche Lehre in derselben Konfession mehrernteils (außerhalb was von den Papisten geschehen) unangefochten geblieben, so kann gleichwohl nicht geleugnet werden, dass etliche Theologi von etlichen hohen und vornehmen Artikeln gemeldeter Konfession abgewichen und den rechten Verstand derselben entweder nicht erreicht oder ja nicht dabei bestanden, etwa auch deren einen fremden Verstand anzudeuten sich unterwunden und doch neben dem allem der Augsburgischen Konfession sein und sich derselben behelfen und rühmen wollen; daraus denn beschwerliche und schädliche Spaltungen in den reinen evangelischen Kirchen entstanden; wie denn auch noch bei Lebzeiten der heiligen Apostel unter denen, so Christen heißen wollten und sich der Lehre Christi berühmten gleichfalls erschreckliche Irrtümer eingefallen, daher etliche durch die Werke des Gesetzes wollten gerecht und selig werden, Art. 15, etliche die Auferstehung der Toten widersprochen, 1 Kor. 15, etliche nicht glaubten, dass Christus wahrer ewiger Gott wäre; wider welche sich die heiligen Apostel in ihren Predigten und Schriften heftig legen müssen; obwohl solche hochwichtige Irrtümer und ernstliche Streite damals auch nicht ohne großes Ërgernis beide der Ungläubigen und Schwachgläubigen abgangen, inmaßen heutigestages unsere Widersacher, die Papisten, über den Spaltungen, so unter uns entstanden, der unchristlichen und vergeblichen Hoffnung, als sollten diese Uneinigkeiten zu endlichem Untergang der reinen Lehre gereichen; die Schwachgläubigen aber sich darob ärgern und eines Teils zweifeln, ob die reine Lehre bei uns unter so großen Spaltungen sei, eines Teils nicht wissen, welchem Teil sie in den streitigen Artikeln beifallen sollen. Denn die eingefallenen Streite nicht nur Mißverstände oder Wortgezänke sind, dafür es etliche halten möchten, da ein Teil des andern Meinung nicht genugsam eingenommen allein in etlichen wenig Worten, an welchen nicht viel gelegen, hielte; sondern es sind wichtige und große Sachen, darüber gestritten worden, und also geschaffen, dass des einen und irrenden Teils Meinung in der Kirche Gottes nicht kann noch soll geduldet, noch viel weniger entschuldigt oder bestritten werden.

Derwegen die Notdurft erfordert, solche streitigen Artikel aus Gottes Wort und bewährten Schriften also zu erklären, dass männiglich, merken könne, welche Meinung in den streitigen Punkten dem Wort Gottes und der christlichen Augsburgischen Konfession gemäß sei oder nicht, und sich also gutherzige Christen, denen die Wahrheit angelegen, vor den eingerissenen Irrtümern und Korruptelen haben zu verhüten und zu verwahren.

Von dem summarischen Begriff, Grund, Regel und Richtschnur. wie alle Lehre nach Gottes Wort geurteilt, und die eingefallenen Irrungen christlich erklärt und entschieden werden sollen.

Weil zu gründlicher, beständiger Einigkeit in der Kirche vor allen Dingen vonnöten ist, dass man einen summarischen, einhelligen Begriff und Form habe, darin die allgemeine summarische Lehre (dazu die Kirchen, so der wahrhaftigen christlichen Religion sind, sich bekennen) aus Gottes Wort zusammengezogen ; wie denn die alte Kirche allewege zu solchem Brauch ihre gewissen Symbola gehabt; und aber solches nicht also Privatschriften, sondern auf solche Bücher gesetzt werden solle, beim Namen der Kirchen, so zu einer Lehre und Religion sich bekennen, gestellt, approbiert und angenommen : so haben wir uns gegeneinander mit Herzen und Mund erklärt, dass wir kein sonderliches oder neues Bekenntnis unsers Glaubens machen oder annehmen wollen, sondern uns zu den öffentlichen allgemeinen Schriften bekennen, so für solche Symbola oder gemeine Bekenntnisse in allen Kirchen der Augsburgischen Konfession je und allewege, ehe denn die Zwiespalt unter denen, so sich zur Augsburgischen Konfession bekannt, entstanden, und solange man einhelliglich allenthalben in allen Artikeln bei der reinen Lehre göttliches Worts (wie sie D. Luther seliger erkläret) geblieben, gehalten und gebraucht worden:

  1. Als erstlich: zu den prophetischen und apostolischen Schriften Alten und Neuen Testaments, als zu dem reinen, lautern Brunnen Isrälis, welche allein die einige, wahrhaftige Richtschnur ist, nach der alle Lehrer und Lehre zu richten und zu urteilen sind.

  2. Und weil vor alters die wahre christliche Lehre, in reinen, gesunden Verstande, aus Gottes Wort in kurze Artikel oder Hauptstücke wider der Ketzer Verfälschung zusammengezogen ist, bekennen wir uns zum andern zu den drei allgemeinen Symbolis, nämlich dem Apostolischen, Nizäischen und des heiligen Athanasi, als zu den kurzen, christlichen und in Gottes Wort gegründeten herrlichen Bekenntnissen des Glaubens, in welchen allen den Ketzereien, so zur selben Zeit sich in der christlichen Kirche erhoben, unter und beständig widersprochen wird.

  3. Zum dritten, dieweil in diesen letzten Zeiten der gütige Gott aus sondern Gnaden die Wahrheit seines Wortes aus der greulichen Finsternis des Papsttums durch den getreuen Dienst des teuren Mannes Gottes, D. Luthers, wieder ans Licht gebracht hat, und dieselbe Lehre aus und nach Gottes Wort wider des Papsttums und auch anderer Sekten Verfälschung in die Artikel und Hauptstücke der Augsburgischen Konfession zusammengezogen ist, so bekennen wir uns auch zu derselben Ersten, ungeänderten Augsburgischen Konfession, nicht derwegen, dass sie von unsern Theologis gestellt, sondern weil sie aus Gottes Wort genommen und darin fest und wohl gegründet ist, allermaßen, wie sie Anno 30 usw. in Schriften verfasst und dem Kaiser Carolo V. von etlichen christlichen Kurfürsten und Ständen des Römischen Reichs als ein allgemeimes Bekenntnis der reformierten Kirchen zu Augsburg übergeben, als dieser Zeit unserm Symbolo, durch welches unsere reformierten Kirchen voll der Papisten und andern verworfenen und verdammten Sekten und Ketzereien abgesondert worden, inmaßen denn solches in der alten Kirche also her kommen und gebräuchliche gewesen dass die folgenden Synoden, christlichen Bischöfe und Lehrer sich aus das Nizäische Symbolum gezogen und dazu bekannt haben.

  4. Zum vierten, was denn vielgemeldeter Augsburgischer Konfession eigentlichen und wahrhaftigen Verstand belangt, damit man sich gegen die Papisten ausführlicher erklärete und verwahrete, und nicht unter dem Namen der Augsburgischen Konfession verdammte Irrtümer in der Kirche Gottes einschleichen, und derselben sich zu behelfen unterstehen möchten, ist nach übergebener Konfession eine ausführliche Apologia gestellt und Anno 1531 durch öffentlichen Druck publiziert. Zu derselben bekennen wir uns auch einhellig, darin gedachte Augsburgische Konfession nicht allein notdürftiglich ausgeführt und verwahrt, sondern auch mit hellen, unwidersprechlichen Zeugnissen der Heiligen Schrift erwiesen worden.

  5. Zum fünften bekennen wir uns auch zu den Artikeln, zu Schmalkalden in großer Versammlung der Theologen Anno 1537 gestellt, approbiert und angenommen, inmaßen dieselben erstlich begriffen und gedruckt worden, so auf dem Concilio zu Mantua, oder wo es gehalten im Namen höchst und hochermeldeter Kurfürsten, Fürsten und Stände als vorgemeldeter Augsburgischer Konfession und Bekenntnis Erklärung, darauf sie durch Gottes Gnade zu verharren entschlossen, überantwortet hat werden sollen; in welchen ermeldete Lehre Augsburgischer Konfession wiederholt, und etliche Artikel aus Gottes Wort weiter erklärt, auch daneben Ursache und Grund, warum man von papistischen Irrtümern und Abgöttereien abgetreten und mit denselben keine Gemeinschaft zu haben, sich auch über solchen mit dem Papst nicht zu vergleichen wisse noch gedenke, notdürftiglich angezeigt worden.

  6. Und dann zum sechsten, weil diese hochwichtigen Sachen auch den gemeinen Mann und Laien belangen, welche, ihrer Seligkeit zugut, dennoch als Christen zwischen reiner und falscher Lehre unterscheiden müssen, bekennen wir uns auch einhellig zu dem Kleinen und Großen Katechismus D. Luthers, wie solche von ihm geschrieben und seinen Tomis einverleibt worden, weil dieselben von allen der Augsburgischen Konfession verwandten Kirchen einhellig approbiert, angenommen und öffentlich in Kirchen, Schulen und Häusern gebraucht worden sind, und weil auch in den christliche Lehre aus Gottes Wort für einfältigen Laien aus das richtigste und einfältigste begriffen und gleidergestalt notdürftiglich erklärt worden.

Diese öffentlichen gemeinen Schriften sind in den reinen Kirchen und Schulen allewege gehalten worden als die Summa und Vorbild der Lehre, welche D. Luther seliger in seinen Schriften aus Gottes Wort wider das Papsttum und andere Sekten stattlich ausgeführt und wohl gegründet hat, auf welches ausführliche Erklärungen in seinen Lehr= und Streitschriften wir uns gezogen haben wollen, auf Weise und Maß wie D. Luther in der lateinischen Vorrede über seine zusammengedruckten Bücher von seinen Schriften selbst notdürftige und christliche Erinnerung getan und diesen Unterschied aus drücklich gesetzt hat, dass allein Gottes Wort die einige Richtschnur und Regel aller Lehre sein und bleiben solle, welchem keines Menschen Schriften gleich geachtet, sondern demselben alles unterworfen werden soll.

Es werden aber hiermit andere gute, nützliche, reine Bücher, Auslegungen der Heiligen Schrift, Widerlegungen der Irrtümer, Erklärungen der Lehrartikel nicht verworfen, welche, wofern sie dem jetzt gemeldeten Vorbild der Lehre gemäß, als nützliche Auslegungen und Erklärungen gehalten und nützlich gebraucht können werden; sondern was bisher von der Summa unserer christlichen Lehre gesagt, wird allein dahin gemeint, dass man habe eine einhellige, gewisse, allgemeine Form der Lehre, dazu sich unsere evangelischen Kirchen sämtlich und insgemein bekennen, aus und nach welcher, weil sie aus Gottes Wort genommen, alle andern Schriften, wiefern sie zu probieret und anzunehmen, geurteilt und reguliert sollen werden.

Denn dass wir oberzählte Schriften, nämlich die Ausburgische Konfession, Apologie, Schmalkaldischen Artikel, Großen und Kleinen Katechismus Lutheri, vielgedachter Summa unserer christlichen Lehre einverleibt, ist der Ursache geschehen, dass solche für den gemeinen, einhelligen Verstand unserer Kirchen je und allewege gehalten worden, als die auch von den vornehmsten, hocherleuchteten Theologen dieselbe Zeit unterschrieben und alle evangelischen Kirchen und Schulen innegehabt; wie sie auch, inmaßen hievor vermeldet, alle geschrieben und aus gangen, ehe die Zwiespaltungen unter den Theologen Augsburgischer Konfession entstanden; und dann, weil sie für unparteiisch gehalten und von keinem Teil derer, so sich in Streit eingelassen, können oder sollen verworfen werden, auch keiner, so ohne Falsch der Augsburgischen Konfession ist, sich dieser Schriften beschweren, sondern sie als Zeugen gerne annehmen und gedulden wird: so kann uns niemand verdenken, dass wir auch aus denselben Erläuterung und Entscheid der streitigen Artikel nehmen und, wie wir Gottes Wort als die ewige Wahrheit, zum Grunde legen, also auch diese Schriften zum Zeugnis der Wahrheit und für den einhelligen rechten Verstand unserer Vorfahren, so bei der reinen Lehre standhaftig gehalten, einführen und anziehen.

Von streitigen Artikeln. was die Antithesis oder Gegenlehre belangt.

Weil auch zur Erhaltung reiner Lehre und zu gründlicher, beständiger, gottseliger Einigkeit in der Kirche vonnöten ist, dass nicht allein die reine heilsame Lehre recht geführt, sondern dass auch die Widersprecher, so anders lehren, gestraft werden, 1 Tim. 3; Tit. 1; denn treue Hirten, wie Lutherus redet, sollen beides tun, die Schäflein weiden oder nähren und den Wölfen wehren, dass sie vor den fremden Stimmen fliehen mögen, Joh. 10, und das Köstliche von dem Schnöden scheiden, Jer. 15:

So haben wir uns alle darüber und davon gegeneinander grundlich und deutlich erklärt, also dass in alle Wege ein Unterschied soll und muss gehalten werden zwischen unnötigem und unnützem Gezänk, damit, weil es mehr verstört als baut, die Kirche billig nicht soll verwirrt werden, und zwischen nötigem Streit, wenn nämlich solcher Streit vorfällt, welcher die Artikel des Glaubens oder die vornehmen Hauptstücke der christlichen Lehre angeht, da zur Rettung der Wahrheit falsche Gegenlehre gestraft werden muss.

Wiewohl nun obgemeldete Schriften dem christlichen Leser, welcher Lust und Liebe zu der göttlichen Wahrheit trägt, einen lauteren, richtigen Bescheid von allen und jeden streitigen Artikeln unserer christlichen Religion geben, was er vermöge Gottes Worts, der Propheten und Apostel Schriften, für recht und wahr halten und annehmen, und was er als falsch und unrecht verwerfen, stehen und meiden solle: so haben wir doch, damit die Wahrheit desto deutlicher und klarer behalten und von allen Irrtümern unterschieden, und nicht unter gemeinen Worten etwas versteckt und verborgen möchte werden, uns von den vornehmsten und hochwichtigsten Artikeln, so dieser Zeit in Streit gezogen, von jedem insonderheit hierüber deutlich und ausdrücklich gegen einander erklärt, dass es ein öffentliches gewisses Zeugnis nicht allein bei den jetzt lebenden, sondern auch bei unsern Nachkommen sein möge, was unserer Kirchen einhellige Meinung und Urteil von den streitigen Artikeln sei und bleiben solle, nämlich:

  1. Zum ersten, dass wir verwerfen und verdammen alle Ketzereien und lrrtümer, so in der ersten, alten, rechtgläubigen Kirche aus wahrem, beständigem Grunde der heiligen göttlichen Schrift verworfen und verdammt sind.

  2. Zum andern verwerfen und verdammen wir alle Sekten und Ketzereien, so in jetztgemeldeten Schriften des Summarischen Begriffs der Bekenntnis unserer Kirchen verworfen sind.

  3. Zum dritten, weil innerhalb dreißig Jahren von wegen des Interims und sonsten etliche Spaltungen unter etlichen Theologen Augsburgischer Konfession entstanden, haben wir von denselben allen und einem jeden insonderheit unsern Glauben und Bekenntnis rund, lauter und klar in thesi et antithesi, das ist, die rechte Lehre und Gegenlehre, setzen und erklären wollen, damit der Grund göttlicher Wahrheit in allen Artikeln offenbar, und alle unrechtmäßige, zweifelhaftige, verdächtige und verdammte Lehre, wo auch dieselbe und in was Buchern sie gefunden, und wer gleich dieselben geschrieben oder sich noch derselben annehmen wollte, ausgesetzt werde, damit männiglich vor den Irrtümern, so hin und wieder in etlicher Theologen Schriften ausgebreitet, treulich verwarnt sei, und hierin durch keines Menschen Ansehen verführt werde. In welcher Erklärung sich der christliche Leser nach aller Notdurft ersehen und solche gegen oberzählte Schriften halten möge, daraus er eigentlich befinden wird, was von einem jeden Artikel in dem Summarischen Begriff unserer Religion und Glaubens anfangs bekannt, nachmals zu unterschiedlichen Zeiten erklärt und durch uns in dieser Schrift wiederholt, keineswegs widereinander, sondern die einfältige, unwandelbare, beständige Wahrheit sei, und dass wir demnach nicht von einer Lehre zu der andern fallen, wie unsere Widersacher fälschlich ausgeben, sondern bei der einmal übergebenen Augsburgischen Konfession und in einhelligem, christlichem Verstande derselben begehren uns finden zu lassen und dabei durch Gottes Gnade standhaftig und beständig wider alle eingefallenen Verfälschungen zu verharren.

I. Von der Erbsünde.

Und erstlich hat sich unter etlichen Theologen Augsburgischer Konfession ein Zwiespalt von der Erbsünde zugetragen, was eigentlich dieselbe sei. Denn ein Teil hat gestritten weil durch Adams Fall ist ganz verderbt menschlich Natur und Wesen, dass nunmehr nach dem Fall des verderbten Menschen Natur, Substanz, Wesen oder ja das vornehmste, höchste Teil seines Wesens, als die vernünftige Seele in ihrem höchsten Grad oder vornehmsten Kräften, die Erbsünde selbst sei, welche Natur oder Personsünde genennet worden, darum dass es nicht ein Gedanke, Wort oder Werk, sondern die Natur selbst sei, daraus als der Wurzel alle andern Sünden entspringen, und sei derwegen jetzund nach dem Fall, weil die Natur durch die Sünde verderbt, ganz und gar kein Unterschied zwischen des Menschen Natur oder Wesen und zwischen der Erbsünde.

Der andere Teil aber hat dagegen gelehrt, dass die Erbsünde eigentlich nicht sei des Menschen Natur, Substanz oder Wesen, das ist, des Menschen Leib oder Seele, welche auch jetzund nach dem Fall in uns Gottes Geschöpf und Kreaturen sind und bleiben, sondern sei etwas in des Menschen Natur, Leib, Seele und allen seinen Kräften, nämlich eine greuliche, tiefe, unaussprechliche Verderbung derselben, also dass der Mensch der Gerechtigkeit, darin er anfangs erschaffen, mangelt und in geistlichen Sachen zum Guten erstorben; und zu allem Bösen verkehrt, und dass von wegen solcher Verderbung und angeborner Sünde, so in der Natur steckt, aus dem Herzen alle wirklichen Sünden herfließen, und müsse also ein Unterschied gehalten werden zwischen des verderbten Menschen Natur und Wesen oder seinem Leib und Seele, welches Gottes Geschöpf und Kreaturen an uns auch nach dem Fall sind, und zwischen der Erbsünde, welche ein Werk des Teufels ist, dadurch die Natur verderbt worden.

Nun ist dieser Streit von der Erbsünde nicht ein unnötiges Gezänk, sondern wenn diese Lehre aus und nach Gottes Wort recht geführt und von allen pelagianischen und manichäischen Irrtümern abgesondert wird, so werden wie die Apologia spricht) des Hern Christi Wohltaten und sein teures Verdienst, auch die Gnadenwirkung des Heiligen Geistes desto besser erkannt und mehr gepreiset; es wird auch Gott seine Ehre gegeben, wenn Gottes Werk und Geschöpf am Menschen von des Teufels Werk, dadurch die Natur verderbt, recht unterschieden wird. Derwegen, diesen Zwiespalt christlich und nach Gottes Wort zu erklären und die rechte, reine Lehre von der Erbsünde zu erhalten, wollen wir aus vorgemeldeten Schriften die thesin und antithesin, das ist. rechte Lehre und Gegenlehre, in kurze Hauptstücke fassen.

  1. Und erstlich ist's wahr, dass Christen für Sünde halten und erkennen nicht allein die wirkliche Übertretung der Gebote Gottes, sondern dass auch die greuliche, schreckliche Erbsünde, durch welche die ganze Natur verderbt, vor allen Dingen wahrhaftig für Sünde soll gehalten und erkennet werden, ja für die Hauptsünde. welche eine Wurzel und Brunnqüll ist aller wirklichen Sünden; und wird von D. Luthero eine Natur oder Personsünde genennet der Mensch nichts Böses gedächte, redete over wirkte, welches doch nach dem Fall unserer ersten Eltern in diesem Leben menschlicher Natur unmöglich, dass gleich wohl seine Natur und Person sündig, das ist, durch die Erbsünde als mit einem geistlichen Aussatz durch und durch, ganz und gar, vor Gott vergiftet und verderbt sei; um welcher Verderbung willen und von wegen des Falles des ersten Menschen die Natur oder Person von Gottes Gesetz beklagt und verdammt wird, also dass wir von Natur Kinder des Zorns, des Todes und der Verdammnis sind, wo wir nicht durch das: Verdienst Christi davon erlöst werden.:

  2. Zum andern ist das auch klar und wahr, wie der neunzehnte Artikel in der Augsburgischen Konfession lehrt, dass Gott nicht ist ein Schöpfer, Stifter oder Ursache der Sünde, sondern aus Anstiftung des Teufels durch eine n Menschen ist die Sünde (welche ist ein Werk des Teufels) in die Welt kommen. Röm. 5; 1 Joh. 3. Und noch heutzutage in dieser Verderbung schafft und macht Gott in uns die Sünde nicht, sondern mit der Natur, welche Gott heutzutage an den Menschen schafft und macht, wird die Erbsünde durch fleischliche Empfängnis und Geburt von Vater und Mutter als sündlichem Samen mit fortgepflanzt.

  3. Zum dritten, was dieser Erbschade sei, weiß und kennt keine Vernunft nicht, sondern es muss, wie die Schmalkaldischen Artikel reden, aus der Schrift Offenbarung gelernt und geglaubt werden. Und in der Apologia wird dasselbe kürzlich in diese Hauptstücke gefasst:

    1. Dass dieser Erbschade sei die schuld, dass wir allesamt von wegen des ungehorsams Adams und Evas in Gottes Ungnade und Kinder des Zorns von Natur sind, wie der Apostel zu den Römern am 5 Kapitel zeugt.

    2. Zum andern, dass es auch eine gänzliche Darbung oder Mangelung der angeschaffenen Erbgerechtigkeit im Paradies oder des Bildes Gottes, nach welchem der Mensch anfänglich in Wahrheit, Heiligkeit und Gerechtigkeit geschaffen, und zugleich ein Unvermögen und Untüchtigkeit zu allen Gottessachen, oder wie die lateinischen Worte lauten. Descriptio peccati originalis detrahit naturae non renovatae et dona et vim seu facuItatem et actus inchoandi et efficiendi spiritualia. Das ist: die Beschreibung der Erbsünde benimmt der unverneuerten Natur die Gaben, Kraft und alle Wirkung, in geistlichen Dingen etwas anzufangen und zu wirken.

    3. Dass die Erbsünde (an der menschlichen Natur) nicht allein sei ein solcher gänzlicher Mangel alles Guten in geistlichen, göttlichen Sachen, sondern dass sie zugleich auch sei anstatt des verlornen Bildes Gottes in dem Menschen eine tiefe, böse, greuliche, grundlose, unerforschliche und unaussprechliche Verderbung der ganzen Natur und aller Kräfte, sonderlich der höchsten, vornehmsten Kräfte der Seele im Verstand, Herzen und Willen, dass dem Menschen nunmehr nach dem Fall angeerbt wird eine angeborne böse Art und inwendige Unreinigkeit des Herzens, böse Lust und Neigung, dass wir alle von Art und Natur solch Herz, Sinn und Gedanken aus Adam ererben, welches nach seinen höchsten Kräften und Licht der Vernunft natürlich stracks wider Gott und seine höchsten Gebote gestellt und geartet, ja eine Feindschaft wider Gott ist, was sonderlich göttliche, geistliche Sachen belangt. Denn sonst in natürlichen, äußerlichen Sachen, so der Vernunft unterworfen, hat der Mensch noch etlichermaßen Verstand, Kraft und Vermögen, wiewohl gar sehr geschwächt, welches doch alles auch durch die Erbsünde vergiftet und verunreinigt wird, dass es vor Gott nichts taugt.

    4. Die Strafe und Pön der Erbsünde, so Gott auf Adams Kinder und auf die Erbsünde gelegt, ist der Tod, die ewige Verdammnis, auch ander leiblich und geistlich, zeitlich und ewig Elend, Tyrannei und Herrschaft des Teufels, dass die menschliche Natur dem Reich des Teufels unterworfen und unter des Teufels Gewalt dahingegeben und unter seinem Reich gefangen. der manchen großen, weisen Menschen in der Welt schrecklichem Irrtum, Ketzerei und anderer Blindheit betäubt und verführt und sonst die Menschen zu allerlei Lastern dahinreisst.

    5. Zum fünften, derselbe Erbschade ist so groß und greulich, dass er allein um des Hern Christi willen in den Getauften und Gläubigen vor Gott zugedeckt und vergeben muss werden. Es muss auch und kann die dadurch verrückte, verderbte menschliche Natur allein durch des Heiligen Geistes Wiedergeburt und Erneurung geheilt werden, welches doch in diesem Leben nur angefangen, aber allererst in jenem Leben VolIkommen sein wird.

Diese Punkte, so allhier allein summarischer Weise abgezogen, werden in obgemeldeten Schriften der gemeinen Bekenntnis unserer christlichen Lehre ausführlicher erklärt.

Solche Lehre aber muss nun also erhalten und verwahrt werden, dass sie nicht abweiche entweder auf die pelagianische oder auf die manichäische Seite. Derhalben soll auch kürzlich gemeldet werden, welche Gegenlehre von diesem Artikel in unsern Kirchen ausgesetzt und verworfen werde.

  1. Und erstlich, wider die alten und neuen Pelagianer, werden gestraft und verworfen diese falschen opiniones und Lehren, als wäre die Erbsünde allein ein reatus oder Schuld von wegen fremder Verwirkung, ohne einige unserer Natur Verderbung.

  2. Item, als wären die sündlichen bösen Lüste nicht Sünde, sondern conditiones oder angeschaffene und wesentliche Eigenschaften der Natur.

  3. Oder als wäre der obgemeldete Mangel und Schade nicht eigentlich und wahrhaftig vor Gott solche Sünde, darum der Mensch außer Christo ein Kind des Zorns und der Verdammnis, auch im Reich und unter der Gewalt des Satans sein müsste.

  4. Es werden auch ausgesetzt und verworfen diese und dergleichen pelagianische Irrtümer, als dass die Natur auch nach dem Fall unverderbt und sonderlich in geistlichen Sachen ganz gut und rein und in ihren naturalibus, das ist, in ihren natürlichen Kräften, vollkommen sein solle.

  5. Oder dass die Erbsünde nur von außen ein schlechter, ringschätziger, eingesprengter Fleck oder anstiegender Makel, vel corruptio tantum accidentium aut qualitatum, das ist, eine Verderbung allein etlicher zufälligen Dinge, an des Menschen Natur wäre, dabei und darunter die Natur gleichwohl ihre Güte und Kraft auch zu geistlichen Sachen habe und behalte.

  6. Oder dass die Erbsünde nicht eine Beraubung oder Mangelung, sondern nur ein äußerliches Hindernis solcher geistlichen guten Kräfte wäre, als wenn ein Magnet mit Knoblauchsaft bestrichen wird, dadurch seine natürliche Kraft nicht weggenommen, sondern allein gehindert wird; oder dass dieselbige Makel wie ein Fleck vom Angesicht oder Farbe von der Wand leichtlich könne abgewischt werden.

  7. Gleichfalls werden auch gestraft und verworfen, so da lehren, es sei wohl die Natur durch den Fall sehr geschwächt und verderbt, habe aber gleichwohl nicht ganz und gar alles Gute, was zu göttlichen, geistlichen Sachen gehört, verloren, sei auch nicht, wie man in unsern Kirchen singt: "Durch Adams Fall ist ganz verderbt menschlich Natur und Wesen", sondern habe noch aus und von der natürlichen Geburt, wie klein, wenig und gering es auch sei, dennoch etwas Gutes, als Fähigkeit, Geschicklichkeit, Tüchtigkeit oder Vermögen, in geistlichen Sachen etwas anzufangen, wirken oder mit wirken. Denn was äußerliche, zeitliche, weltliche Sachen und Händel, so der Vernunft unterworfen, belangt, davon soll im nachfolgenden Artikel Erklärung geschehen.

Diese und dergleichen Gegenlehre wird darum gestraft und verworfen; denn Gottes Wort lehrt, dass die verderbte Natur aus und von ihr selbst in geistlichen, göttlichen Sachen nichts Gutes, auch nicht das wenigste, als gute Gedanken, vermöge, und nicht allein das, sondern dass sie aus und für sich selbst vor Gott nichts anderes denn sündigen könne. Gen. 6 und 8.

Also muss auch diese Lehre auf der andern Seite vor dem manichäischen Irrtum verwahrt werden. Derhalben werden auch diese und dergleichen irrige Lehren verworfen, als dass jetzt, nach dem Fall, die menschliche Natur anfangs rein und gut geschaffen, und danach von außen die Erbsünde (als etwas Wesentliches) durch den Satan in die Natur eingegossen und eingemengt werde, wie Gift unter Wein gemengt wird.

Denn obwohl in Adam und Eva die Natur erstlich rein, gut und heilig geschaffen, so ist doch durch den Fall die Sünde nicht also in ihre Natur kommen, wie die Manichäer geschwärmt haben, als hätte der Satan etwas wesentliches Böses geschaffen oder gemacht und mit ihrer Natur vermengt; sondern da aus Verleitung des Satans durch den Fall, nach Gottes Gericht und Urteil, der Mensch zur Strafe die angeschaffene Erbgerechtigkeit verloren, ist durch solche Privation oder Mangel, Darbung und Verwundung, so durch den Satan geschehen, die menschliche Natur also, wie droben gesagt, verkehrt und verderbt, dass mit demselben Mangel und Verderbung jetzund die Natur allen Menschen, so natürlicherweise von Vater und Mutter empfangen und geboren werden, angeerbt wird. Denn nach dem Fall wird die menschliche Natur nicht erstlich rein und gut geschaffen und danach allererst durch die Erbsünde verderbt, sondern im ersten Augenblick unserer Empfängnis ist der Same, daraus der Mensch formiert wird, sündig und verderbt. So ist auch die Erbsünde nicht etwas für sich selbst, in oder außer des verderbten Menschen Natur selbständig, wie sie auch des verderbten Menschen eigen Wesen, Leib oder Seele oder der Mensch selber nicht ist. Es kann und soll auch die Erbsünde und die dadurch verderbte menschliche Natur nicht also unterschieden werden, als wäre die Natur vor Gott rein, gut, heilig und unverderbt, aber allein die Erbsünde, so darin wohnt, wäre böse.

Item, wie Augustinus von den Manichäern schreibt, als ob nicht der verderbte Mensch selber von wegen der angebornen Erbsünde sündigte, sondern etwas anderes und Fremdes im Menschen, und dass also Gott durchs Gesetz nicht die Natur, als durch die Sünde verderbt, sondern nur allein die Erbsünde darin anklage und verdamme. Denn wie droben in thesi, das ist, in Erklärung der reinen Lehre von der Erbsünde, gesetzt, ist die ganze Natur des Menschen, so natürlicherweise von Vater und Mutter geboren wird, an Leib und Seele, in allen Kräften durch und durch auf das alleräußerste (was ihre im Paradies angeschaffene Güte, Wahrheit, Heiligkeit und Gerechtigkeit betrifft und anlangt) durch die Erbsünde verderbt und verkehrt. Non tamen in aliam substantiam genere aut specie diversam, priori aboIit, transmutata est. Das ist. Jedoch ist sie nicht ganz und gar vertilgt oder in eine andere Substanz verwandelt, welche nach ihrem Wesen unserer Natur nicht gleich und also mit uns nicht eines Wesens sein sollte.

Es wird auch von wegen solcher Verderbung die ganze verderbte Natur des Menschen durchs Gesetz angeklagt und verdammt, wo nicht die Sünde um Christi willen vergeben wird.

Es beklagt aber und verdammt das Gesetz unsere Natur nicht darum, dass wir Menschen von Gott erschaffen sind, sondern darum, dass wir sündig und böse sind, wie auch nicht darum und sofern die Natur und das Wesen auch nach dem Fall in uns ein Werk, Geschöpf und Kreatur Gottes ist, sondern darum und sofern sie durch die Sünde vergiftet und verderbt ist.

Wiewohl aber die Erbsünde die ganze menschliche Natur wie ein geistlich Gift und Aussatz (wie Lutherus redet) vergiftet und verderbt hat, dass man in unserer verderbten Natur augenscheinlich nicht zeigen und weisen kann die Natur besonders für sich und die Erbsünde auch besonders für sich, so ist doch gleichwohl nicht ein Ding die verderbte Natur oder das Wesen des verderbten Menschen, Leib und Seele oder der Mensch selber, von Gott erschaffen (darin die Erbsünde wohnt, dadurch auch Natur, Wesen oder der ganze Mensch verderbet); wie auch in dem äußerlichen Aussatz der Menschen Natur oder Wesen wohnt und dieselbe verderbt; wie auch in dem äußerlichen Aussatz der Leib, so aussätzig ist, und der Aussatz an oder im Leibe nicht ein Ding sind, wenn man eigentlich reden will, sondern es muss ein Unterschied gehalten werden auch zwischen unserer Natur, wie sie von Gott erschaffen und erhalten wird, darin die Sünde wohnt, und zwischen der Erbsünde, so in der Natur wohnt die beiden müssen und können auch unterschiedlich nach der Heiligen Schrift betrachtet, gelehrt und geglaubt werden.

Und solchen Unterschied zu erhalten, dringen und zwingen die vornehmsten Artikel unsers christlichen Glaubens. Als erstlich im Artikel von der Schöpfung zeugt die Schrift, dass Gott nicht allein vor dem Fall menschliche Natur geschaffen habe, sondern dass sie auch nach dem Fall eine Kreatur und Werk Gottes sei. Deut. 32; Jes. 45. 54. 64; Act. 17; Apok. 4.

"Deine Hände" (spricht Hiob): "haben mich gearbeitet und gemacht alles, was ich um und um bin; und versenkest mich so gar. Gedenke doch, dass du mich aus Leimen gemacht hast und würdest mich wieder zur Erde machen. Hast du mich nicht wie Milch gemolken und wie Käse lassen gerinnen? Du hast mir Haut und Fleisch angezogen, mit Beinen und Adern hast du mich zusammengefüget. Leben und Wohltat hast du an mir getan, und dein Aussehen bewahret meinen Atem", Hiob 10.

"Ich danke dir" (spricht David), "dass ich wunderbarlich gemacht bin; wunderbarlich sind deine Werke, und das erkennet meine Seele wohl. Es war dir mein Gebein nicht verhohlen, da ich im Verborgenen gemacht ward, da ich gebildet ward unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und waren alle Tage auf dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und derselben keiner da war", Psalm 139.

Im Prediger Salomonis steht geschrieben: "Denn der Staub muss wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat", Eccl. 12.

Diese Sprüche zeugen lauter, dass Gott auch nach dem Fall des Menschen Schöpfer sei und ihm Leib und Seele erschaffe. Darum kann der verderbte Mensch nicht ohne allen Unterschied die Sünde selbst sein, sonst wäre Gott ein Schöpfer der Sünde; wie auch unser Kleiner Katechismus in der Auslegung des ersten Artikels bekennt, da geschrieben : "Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und imd Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält." Desgleichen im Großen Katechismo steht also geschrieben : "Das meine und glaube ich, dass ich Gottes Geschöpf bin, das ist, dass er mir gegeben hat und ohne Unterlaß erhält Leib, Seele und Leben, Gliedmaßen klein und groß, alle Sinne, Vernunft und Verstand" usw. Wiewohl dieselbe Kreatur und das Werk Gottes durch die Sünde jämmerlich verderbt ist; denn die Massa, daraus Gott jetzund den Menschen formiert und macht, ist in Adam verderbt und verkehrt und wird also auf uns geerbt.

Und hier sollen billig fromme, christliche Herzen die unaussprechliche Güte Gottes bedenken, dass solche Verderbte, Verkehrte, sündliche Massam Gott nicht alsbald von sich wirft ins höllische Feuer, sondern daraus formiert und macht die jetzige menschliche Natur, so durch die Sünde jämmerlich verderbt, auf dass er sie durch seinen lieben Sohn von Sünden reinigen, heiligen und selig machen möge.

Aus diesem Artikel findet sich nun der Unterschied unwidersprechlich und klar. Denn die Erbsünde kommt nicht von Gott her; Gott ist nicht ein Schöpfer oder Stifter der Sünde. Es ist auch die Erbsünde nicht eine Kreatur oder Werk Gottes, sondern sie ist des Teufels Werk.

Wenn nun ganz und gar kein Unterschied sein sollte zwischen der Natur und dem Wesen unsers Leibes und Seele, so durch die Erbsünde verderbt, und zwischen der Erbsünde, dadurch die Natur verderbt ist, so würde folgen, dass entweder Gott, weil er ist ein Schöpfer dieser unserer Natur, auch die Erbsünde schaffte und machte, welche auch also sein Werk und Kreatur sein würde, oder, weil die Sünde ein Werk Des Teufels ist, dass der Satan ein Schöpfer wäre dieser unserer Natur, unsers Leibes und Seele, welche auch ein Werk oder Geschöpf des Satans sein müsste, wenn ohne allen Unterschied unsere verderbte Natur die Sünde selbst sein sollte; welches beides wider den Artikel unsers christlichen Glaubens ist. Derwegen und auf dass Gottes Geschöpf und Werk am Menschen von des Teufels Werk unterschieden möge werden, sagen wir, dass es Gottes Geschöpf sei, dass der Mensch Leib und Seele hat; item, dass es Gottes Werk sei, dass der Mensch etwas gedenken, reden, tun und wirken könne; denn: "in ihm leben, weben und sind wir", Act. 17. Dass aber die Natur verderbt, Gedanken, Worte und Werke böse sind, das ist anfänglich ein Werk des Satans, der durch die Sünde Gottes Werk in Adam also verderbt hat, welches daher auf uns geerbt wird.

Zum andern, im Artikel von der Erlösung zeugt die Schrift gewaltig, dass Gottes Sohn unsere menschliche Natur ohne Sünde angenommen, also dass er uns, seinen Brüdern, allenthalben gleich worden sei, ausgenommen die Sünde, Hebr. 2. Unde veteres dixerunt Christum nobis, fratribus suis, consubstantialem esse secundum assumptam naturam, quia naturam, quae, excepto peccato, eiusdem generis, speciei et substantiae cum nostra est, assumpsit et contrariam sententiam manifeste haereseos damnarunt. Das ist, daher alle alten rechtgläubigen Lehrer gehalten, dass Christus nach der angenommenen Menschheit mit uns, seinen Brüdern, eines Wesens sei; denn er hat seine menschliche Natur, welche unserer menschlichen Natur in ihrem Wesen und allen wesentlichen Eigenschaften durchaus (allein die Sünde ausgenommen) gleich ist, an sich genommen, und haben die Gegenlehre als öffentliche Ketzerei verdammt.

Wenn nun kein Unterschied wäre zwischen der Natur oder dem Wesen des verderbten Menschen und zwischen der Erbsünde, so müsste folgen, dass Christus entweder unsere Natur nicht angenommen, weil er die Sünde nicht hätte angenommen, oder, weil er unsere Natur angenommen, dass er auch die Sünde hätte angenommen, welches beides wider die Schrift ist. Weil aber Gottes Sohn unsere menschliche Natur und nicht die Erbsünde an sich genommen, so ist hieraus klar, dass die menschliche Natur (auch nach dem Fall) und die Erbsünde nicht ein Ding sei, sondern unterschieden werden müssen.

Zum dritten, im Artikel von der Heiligung zeugt die Schrift, dass Gott den Menschen von der Sünde abwasche, reinige, heilige, und dass Christus sein Volk von ihren Sünden selig mache. So kann ja die Sünde der Mensch selber nicht sein; denn den Menschen nimmt Gott um Christus willen zu Gnaden aus, aber der Sünde bleibt er in Ewigkeit Feind. Ist derhalben unchristlich und abscheulich, zu hören, dass die Erbsünde im Namen der heiligen Dreifaltigkeit getauft, geheiligt und selig gemacht werde, und dergleichen Reden mehr (damit wir einfältige Leute nicht verärgern wollen), so in der neuen Manichäer Schriften zu finden.

Zum vierten, im Artikel von der Auserstehung zeugt die Schrift, dass eben dieses unsers Fleisches Substanz, aber ohne Sünde, auferstehen, und dass wir im ewigen Leben eben diese Seele, aber ohne Sünde, haben und behalten werden.

Wenn nun ganz und gar kein Unterschied wäre zwischen unserm verderbten Leib und Seele und zwischen der Erbsünde, so würde wider diesen Artikel des christlichen Glaubens folgen, dass entweder dies unser Fleisch am Jüngsten Tage nicht auferstehen, und dass wir im ewigen Leben nicht dies Wesen unsers Leibes und Seele, sondern eine andere Substanz (oder eine andere Seele) haben würden, weil wir da werden ohne Sünde sein; oder dass auch die Sünde auferstehen und im ewigen Leben in den Auserwählten sein und bleiben würde.

Hieraus ist klar, dass diese Lehre (mit allem, so ihr anhängt und daraus folgt), müsse verworfen werden, da vorgegeben und gelehrt wird, dass die Erbsünde des verderbten Menschen Natur, Substanz, Wesen, Leib oder Seele selbst sei, also dass ganz und gar kein Unterschied zwischen unserer verderbten Natur, Substanz und Wesen und zwischen der Erbsünde sein solle. Denn die vornehmsten Artikel unsers christlichen Glaubens zeugen stark und gewaltig, warum ein Unterschied zwischen der Natur oder Substanz des Menschen, so durch die Sünde verderbt, und zwischen der Sünde, damit und dadurch der Mensch verderbt ist, soll und muss gehalten werden. Und dies sei genug zur einfältigen Erklärung der Lehre und Gegenlehre (in thesi et antithesi) von diesem Streit, soviel die Hauptsache an ihr selbst belangt, an diesem Ort, da nicht ausführlich disputiert, sondern artikelweise nur die vornehmsten Hauptstücke gehandelt werden.

Was aber die Wörter und Weise zu reden anlangt, ist das Beste und Sicherste, dass man das Vorbild der gesunden Worte, wie in der Heiligen Schrift und in den obgemeldeten Büchern von diesem Artikel geredet wird, brauche und behalte.

Es sollen auch aequivocationes vocabuIorum, das ist, die Wörter und Reden, so in mancherlei Verstand gezogen und gebraucht werden, Wortgezänke zu verhüten, fleissig und unterschiedlich erklärt werden. Als, wenn man sagt Gott schafft die Natur der Menschen, da wird durch das Wort: "Natur" verstanden das Wesen, Leib und Seele der Menschen. Oft aber nennt man die Art oder Unart eines Dinges seine Natur, als wenn man sagt der Schlange Natur ist, dass sie sticht und vergiftet. Also spricht Lutherus, dass Sünde und sündigen des verderbten Menschen Art und Natur sei.

Also heisst Erbsünde eigentlich die tiefe Verderbung unserer Natur, wie sie in Schmalkaldischen Artikeln beschrieben wird. Zuzeiten aber wird das Konkretum oder Subjektum, das ist, der Mensch selber mit Leib und Seele, darin die Sünde ist und steckt, mitbegriffen, darum dass der Mensch durch die Sünde verderbt, vergiftet und sündig ist, als wenn Lutherus spricht: "Deine Geburt, deine Natur und dein ganzes Wesen ist Sünde", das ist, sündig und unrein.

Natursünde, personsünde, wesentliche Sünde erklärt Lutherus selber, dass er es also meine, dass nicht allein die Worte, Gedanken und Werke Sünde sei, sondern dass die ganze Natur, Person und Wesen des Menschen durch die Erbsünde zu Grund gänzlich verderbt sei.

Was aber die lateinischen Worte substantia und accidens anlangt, soll der einfältigen Kirche, weil solche Worte dem gemeinen Manne unbekannt, mit denselben in öffentlichen Predigten billig verschont werden. Wenn aber die Gelehrten unter sich oder bei andern, welchen solche Worte nicht unbekannt, sich derselben in diesem Handel gebrauchen, inmaßen Eusebius, Ambrosius und sonderlich Augustinus, wie auch andere vornehme Kirchenlehrer mehr, aus Not, diese Lehre wider die Ketzer zu erklären, getan, so nehmen sie vor eine immediatam divisionem, das ist, vor eine solche Teilung, dazwischen kein Mittel ist, dass alles, was da ist, müsse entweder substantia, das ist, ein selbständig Wesen, oder accidens, das ist, ein zufälliges Ding, sein, das nicht für sich selbst wesentlich besteht, sondern in einem andern selbständigen Wesen ist und davon kann unterschieden werden; welche Teilung auch Cyrillus und Basilius gebrauchen.

Und dieweil unter andern dieses auch ein ungezweifelter, unwidersprechlicher Grundspruch in der Theologia ist, dass eine jede substantia oder selbständiges Wesen, sofern es eine Substanz ist, entweder Gott selber oder ein Werk und Geschöpf Gottes sei, so hat Augustinus in vielen Schriften wider die Manichäer mit allen wahrhaftigen Lehrern wohlbedacht und mit Ernst die Rede peccatum originis est substantia vel natura, das ist, die Erbsünde ist des Menschen Natur oder Wesen, verdammt und verworfen; nach welchem alle Gelehrten und Verständigen allezeit gehalten, dass dasjenige, so nicht für sich selbst besteht, noch ein Teil ist eines andern selbständigen Wesens, sondern in einem andern Ding wandelbarlich ist, nicht eine substantla, das ist, etwas Selbständiges, sondern ein accidens, das ist, etwas Zufälliges, sei. Also pflegt Augustinus beständig auf diese Weise zu reden die Erbsünde sei nicht die Natur selbst, sondern ein accidens vitium in natura, das ist, ein zufälliger Mangel und Schaden in der Natur. Wie man denn auf solche Weise auch in unsern Schulen und Kirchen nach der Dialektika vor diesem Zank frei und unverdächtig geredet hat und deswegen weder von D. Luther noch einigem rechtschaffenen Lehrer unserer reinen evangelischen Kirchen jemals gestraft worden.

Weil denn die unwidersprechliche Wahrheit ist, dass alles, was da ist, entweder eine Substanz oder ein accidens, das ist, entweder ein selbständiges Wesen oder etwas zufälliges in demselben ist, inmaßen kurz hiervor mit Zeugnissen der Kirchenlehrer angezeigt und erwiesen, und kein Rechtverständiger jemals daran gezweifelt, so dringet die Not, und kann hier keiner vorüber, wenn jemand fragen wollte, ob die Erbsünde eine Substanz, das ist, ein solches Ding, das für sich selbst bestehe und nicht in einem andern ist, oder ein accidens, das ist, ein solch Ding sei, das nicht für sich besteht, sondern in einem andern ist und für sich nicht bestehen noch sein kann so muss er und heraus bekennen, dass die Erbsünde keine Substanz, sondern ein Akzidens sei.

Darum auch der Kirche Gottes zum beständigen Frieden in dieser Zwiespaltung nimmermehr geholfen, sondern die Uneinigkeit vielmehr gestärkt und erhalten, wenn die Kirchendiener im Zweifel stecken bleiben, ob die Erbsünde eine Substanz oder Akzidens sei und also recht und eigentlich genennet werde.

Demnach, soll den Kirchen und Schulen dieses ärgerlichen und hochschädlichen Streits zu Grund ist vonnöten, dass männiglich deshalben eigentlich berichtet werde.

Wenn aber weiter gefragt wird, was denn die Erbsünde für ein Akzidens sei, das ist eine andere Frage, darauf kein Philosophus, kein Papist, kein Sophist, ja keine menschliche Vernunft, wie scharf auch dieselbe immermehr sein mag, die rechte Erklärung geben kann, sondern aller Verstand und Erklärung muss allein aus Heiliger Schrift genommen werden, welche bezeugt, dass die Erbsünde sei ein unaussprechlicher Schaden und eine solche Verderbung menschlicher Natur, dass an derselben und allen ihren innerlichen und äußerlichen Kräften nichts Reines noch Gutes geblieben, sondern alles zumal verderbet, dass der Mensch durch die Erbsünde wahrhaftig vor Gott geistlich tot und zum Guten mit allen seinen Kräften erstorben sei.

Dergestalt denn durch das Wort accidens die Erbsünde nicht verkleinert, wenn es nach Gottes Wort also erklärt wird, in maßen D. Luther in seiner lateinischen Auslegung über das dritte Kapitel des ersten Buchs Mose wider die Verkleinerung der Erbsünde mit großem Ernst geschrieben hat; sondern solch Wort dient allein dazu, den Unterschied zwischen dem Werk Gottes (welches ist unsere Natur, unangesehen, dass sie verderbt ist) und zwischen des Teufels Werk (welches ist die Sünde, die im Werk Gottes steckt und desselben allertiefste und unaussprechliche Verderbung ist) anzuzeigen.

Also hat auch Lutherus in diesem Handel das Wort quaIitas gebraucht und nicht verworfen, daneben aber auch mit besonderem Ernst und großem Eifer auf das allerfleißigste erklärt und männiglich eingebildet, was es für eine greuliche Qualität und accidens sei, dadurch die menschliche Natur nicht schlecht verunreinigt, sondern so tief verderbt ist, dass nichts Reines noch unverderbt in derselben geblieben; wie seine Worte über den 90. Psalm lauten: Sive igitur peccatum originis qualitatem sive morbum vocaverimus, profecto extremum malum est non solum pati aeternam iram et mortem, sed ne agnoscere quidem, quae pateris. Das ist, wir nennen die Erbsünde eine Qualität oder Seuche, so ist sie fürwahr der äußerste schaden, dass wir nicht allein den ewigen Zorn Gottes und den ewigen Tod leiden sollen, sondern auch nicht verstehen was wir leiden. Und abermals über das erste Buch Mose, Kap. 3: Qui isto veneno peccati originis a planta pedis usque ad verticem infecti sumus, siquidem in natura adhuc integra accidere. Das ist, wir sind durch das Gift der Erbsünde von der Fußsohle an bis auf die Scheitel vergiftet, dieweil solches noch in der vollkommenen Natur uns zugefallen.

II. Vom freien Willen oder menschlichen Kräften.

Nachdem ein Zwiespalt nicht allein zwischen den Papisten und den unsern, sondern auch unter etlichen Theologen der Augsburgischen Konfession selbst von dem freien Willen eingefallen, wollen wir zuvörderst, worüber der Streit gewesen, eigentlich anzeigen.

Denn weil der Mensch mit seinem freien Willen in vier unterschiedlichen, ungleichen Ständen gefunden und betrachtet werden kann, ist jetzund die Frage nicht, wie es um denselben vor dem Fall geschaffen, oder was er nach dem Fall vor seiner Bekehrung in äußerlichen Sachen, dies zeitliche Leben belangend, vermöge; wie auch nicht, was er in geistlichen Sachen, nachdem er durch den Geist Gottes wiedergeboren und von demselben regiert wird, oder wenn er von den Toten ersteht, für einen freien Willen haben werde; sondern die Hauptfrage ist einig und allein, was des unwiedergebornen Menschen Verstand und Wille in seiner Bekehrung und Wiedergeburt aus eigenen und nach dem Fall übergebliebenen Kräften vermöge wenn das Wort Gottes gepredigt, und uns die Gnade Gottes angeboten wird, ob er sich zu solcher Gnade bereiten, dieselbe annehmen und das Jawort dazu sagen könnte, Dies ist die Frage, darüber nun etliche viel Jahre in den Kirchen Augsburgischer Konfession unter etlichen Theologen gestritten worden.

Denn der eine Teil hat gehalten und gelehrt obwohl der Mensch aus eigenen Kräften nicht vermöge, Gottes Gebote zu erfüllen, Gott wahrhaftig trauen, fürchten und lieben ohne die Gnade des Heiligen Geistes, doch habe er noch so viel natürlicher Kräfte vor der Wiedergeburt übrig, dass er etlichermaßen sich zur Gnade bereiten und das Jawort, doch schwächlich, geben, aber, wenn die Gnade des Heiligen Geistes nicht dazukomme, damit nichts ausrichten könnte, sondern im Kampf daniederliegen musste.

So haben auch die alten und neuen Enthusiasten gelehrt, dass Gott die Menschen ohne alle Mittel und Instrument der Kreatur, das ist, ohne die äußerliche Predigt und Gehör Gottes Worts, durch seinen Geist bekehre und zu der seligmachenden Erkenntnis Christi ziehe.

Wider diese beiden Teile haben die reinen Lehrer Augsburgischer Konfession gelehrt und gestritten, dass der Mensch durch den Fall unserer ersten Eltern also verderbt, dass er in göttlichen Sachen, unsere Bekehrung und Seelen Seligkeit belangend, von Natur blind, wenn Gottes Wort gepredigt wird, dasselbe nicht verstehe noch Verstehen könnte, sondern für eine Torheit halte, auch aus ihm selbst sich nicht zu Gott nähere, sondern ein Feind Gottes sei und bleibe, bis er mit der Kraft des Heiligen Geistes durch das gepredigte und gehörte Wort aus lauter Gnade ohne alles sein Zutun bekehrt, gläubig, wiedergeboren und erneuert werde.

Diesen Zwiespalt nach Anleitung Gottes Worts christlich zu erklären und durch seine Gnade hinzulegen, ist unsere Lehre, Glaube und, Bekenntnis, wie nachfolgt:

Dass nämlich in geistlichen und göttlichen Sachen des unwiedergebornen Menschen Verstand, Herz und Wille aus eigenen natürlichen Kräften ganz und gar nichts verstehen, glauben, annehmen, gedenken, wollen, anfangen, verrichten, tun, wirken oder mitwirken könne, sondern sei ganz und gar zum Guten erstorben und verdorben, also dass in des Menschen Natur nach dem Fall vor der Wiedergeburt nicht ein Fünklein der geistlichen Kräfte übriggeblieben noch vorhanden, mit welchem er aus ihm selber sich zur Gnade Gottes bereiten oder die angebotene Gnade annehmen, noch derselben für und von sich selbst fähig sein oder sich dazu applizieren oder schicken könne oder aus seinen eigenen Kräften etwas zu seiner Bekehrung, weder zum ganzen noch zum halben oder zu einigem dem wenigsten oder geringsten Teil, helfen, tun, wirken oder mit selbst als von ihm selbst, sondern sei der Sünde Knecht, Joh. 8, und; des Teufels Gefangener, davon er getrieben wird, Eph. 2; 2 Tim. 2. Daher der natürliche freie Wille seiner verkehrten Art und Natur nach allein zu demjenigen, das Gott missfällig und zuwider ist, kräftig und tätig ist.

Diese Erklärung und Hauptantwort auf die im Eingang dieses Artikels gesetzte Hauptfrage und statum controversiae bestätigen und bekräftigen folgende Gründe des göttlichen Worts, welche, ob sie wohl der hoffärtigen Vernunft und Philosophie zuwider sind, so wissen wir doch, dass dieser verkehrten Welt Weisheit nur Torheit vor Gott ist, und dass don den Artikeln des Glaubens allein aus Gottes Wort soll geurteilt werden.

Denn erstlich des Menschen Vernunft oder natürlicher Verstand, ob er gleich noch wohl ein dunkel Fünklein des Erkenntnis, dass ein Gott sei, wie auch, Röm. 1, von der Lehre des Gesetzes hat, dennoch also unwissend, blind und verkehrt ist, dass, wenn schon die allersinnreichsten und gelehrtesten Leute auf Erden das Evangelium vom Sohn Gottes und Verheissung der ewigen Seligkeit lesen oder hören, dennoch dasselbe aus eigenen Kräften nicht vernehmen, fassen, verstehen noch glauben und für Wahrheit halten können, sondern je größeren Fleiß und Ernst sie anwenden und diese geistlichen Sachen mit ihrer Vernunft begreifen wollen, je weniger sie verstehen oder glauben und solches alles allein für Torheit oder Fabeln halten, ehe sie durch den Heiligen Geist erleuchtet und gelehrt werden. 1 Kor. 2: "Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes; denn es ist ihm eine Torheit, und kann es nicht begreifen, denn es wird geistlich ergründet." 1 Kor. 1: "Dieweil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, hat es Gott also gefallen, durch die Predigt des Evangelii, welches die Welt für Torheit hält, die Gläubigen selig zu machen." Eph. 4: "Die andern Menschen" (die nicht durch Gottes Geist Wiedergeboren sind): "wandeln in der Eitelkeit ihres Sinnes, welcher Verstand verfinstert ist und sind fremde von dem Leben, das aus Gott ist, durch die Unwissenheit, die in ihnen ist, durch die Blindheit ihres Herzens." Matth. 13: "Mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren hören sie nicht; denn sie verstehen es nicht. Euch aber ist gegeben, dass ihr das Geheimnis des Himmelreichs vernehmet." Röm. 3: "Da ist nicht, der verständig sei, da ist nicht, der nach Gott frage; sie sind allesamt abgewichen und allesamt untüchtig worden; da ist niemand, der Gutes tü, auch nicht einer." Also nennt die Schrift den natürlichen Menschen in geistlichen und göttlichen Sachen stracks eine Finsternis, Eph. 5; Act. 26. Joh. 1: "Das Licht leuchtet in der Finsternis" (das ist, in der finsteren, blinden Welt, die Gott nicht erkennt noch achtet), "und die Finsternis haben's nicht begriffen." Item, die Schrift lehrt, dass der Mensch in Sünden nicht allein schwach und krank, sondern ganz erstorben und tot sei, Eph. 2; Kol. 2.

Wie nun der Mensch, so leiblich tot ist, sich nicht kann aus eigenen Kräften bereiten oder schicken, dass er das zeitliche Leben wieder bekomme, also kann der Mensch, so geistlich tot ist in den Sünden, sich nicht aus eigener Macht zur Erlangung der geistlichen und himmlischen Gerechtigkeit und Lebens schicken oder wenden, wo er nicht durch den Sohn Gottes vom Tode der Sünde frei und lebendig gemacht wird.

Also nimmt die Schrift des natürlichen Menschen Verstand, Herzen und willen alle Tüchtigkeit, Geschicklichkeit, Fähigkeit und Vermögen, in geistlichen Sachen etwas Gutes und Rechtes zu gedenken, zu verstehen, können, anfangen, wollen, vornehmen, tun, wirken oder mitwirken, als von ihm selbst. 2 Kor. 3: "wir sind nicht tüchtig, etwas zu gedenken als von uns selber, sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott." Röm. 3: "sie sind allesamt untüchtig." Joh. 8: "Meine Rede fähet nicht in euch." Joh. 1: "Die Finsternis haben's nicht begriffen oder angenommen." 1 Kor. 2: "Der natürliche Mensch vernimmt nicht" oder, wie das griechische Wort eigentlich lautet, fähet oder fasst nicht, nimmt nicht an, "was des Geistes ist", oder ist nicht fähig der geistlichen Sachen;: "denn er hält es für Torheit und kann's nicht verstehen." Viel weniger wird er dem Evangelio wahrhaftig glauben oder das Jawort dazu geben und für Wahrheit halten können. Röm. 8: "Des Fleisches" oder natürlichen Menschen: "Sinn ist eine Feindschaft wider Gott, sintemal er dem Gesetz Gottes nicht untertan ist; denn er vermag es auch nicht." Und in Summa bleibt's ewig wahr, das der Sohn Gottes spricht: "ohne mich könnt ihr nichts tun." Und Paulus Phil. 2: "Gott ist's, der in euch wirket beide das wollen und das vollbringen nach seinem Wohlgefallen." welcher liebliche Spruch allen frommen Christen, die ein kleines Fünklein und sehnen nach Gottes Gnade und der ewigen Seligkeit in ihrem Herzen und ewigen Seligkeit in ihrem Herzen fühlen und empfinden, sehr tröstlich ist, dass sie wissen, dass Gott diesen Anfang der wahren Gottseligkeit in ihrem Herzen angezündet hat und wolle sie in der großen Schwachheit ferner stärken und ihnen helfen, dass sie in wahrem Glauben bis ans Ende beharren.

Hierher gehören auch alle Gebete der Heiligen darin sie bitten, dass sie von Gott gelehrt, erleuchtet und geheiligt werden, und eben damit anzeigen, dass sie dasjenige, so sie von Gott bitten, aus eigenen natürlichen Kräften nicht haben mögen; wie allein im 119. Psalm David mehr als zehnmal bittet, dass ihm Gott wolle Verstand mitteilen, dass er seine göttliche Lehre recht fassen und lernen möge. Dergleichen Gebete sind im Paulo Eph 1, Kol. 1; Phil. 1. Welche Gebete und Sprüche von unserer Unwissenheit und Unvermögen uns nicht der Ursache halben vorgeschrieben sind, dass wir faul und träge werden sollen, Gottes Wort zu lesen, hören und betrachten, sondern dass wir erstlich Gott von Herzen danken, dass er uns aus der Finsternis der Unwissenheit und Gefängnis der Sünde und des Todes durch seinen Sohn freigemacht und durch die Taufe und Heiligen Geist wiedergeboren und erleuchtet hat.

Und nachdem Gott den Anfang durch seinen Heiligen Geist in der Taufe, rechte Erkenntnis Gottes und Glauben, angezündet und gewirkt ihn ohne Unterlass bitten, dass er durch denselben Geist und seine Gnade, vermittelst täglicher Übung Gottes Wort zu lesen und zu üben, in uns den Glauben und seine himmlischen Gaben bewahren, von Tag zu Tag stärken und bis an das Ende erhalten wolle. Denn wo Gott nicht selber Schulmeister ist, so kann man nichts, das ihm angenehm und uns und andern heilsam ist, studieren und lernen.

Zum andern zeugt Gottes Wort, dass des natürlichen, unwiedergebornen Menschen Verstand, Herz und Wille in Gottes Sachen ganz und gar nicht allein von Gott abgewandt, sondern auch wider Gott zu allem Bösen gewendet und verkehrt sei; item, nicht alleine schwach, unvermöglich, untüchtig und zum Guten erstorben, sondern auch durch die Erbsünde also jämmerlich verkehrt, durchgiftet und verderbt sei, dass er von Art und Natur ganz böse und Gott widerspenstig und feind und zu allem, das Gott missfällig und zuwider ist, allzu kräftig, lebendig und tätig sei. Gen. 8: "Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist nur böse von Jugend auf." Jer. 17: "Des Menschen Herz ist trotzig und verzagt" oder verkehret und voll Elends, "das nicht auszugründen ist." Diesen Spruch erklärt St. Paulus Röm. 3: "Des Fleisches Sinn ist eine Feindschaft wider Gott." Gal. 5: "Das Fleisch gelüstet wider den Geist; dieselbigen sind widereinander." Röm. 7: "Wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist, ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft." Und bald hernach: "Ich weiss, dass in mir, das ist, in meinem Fleisch, nichts Guts wohnet; denn ich habe Lust an dem Gesetz Gottes nach dem inwendigen Menschen", so durch den Heiligen Geist Wiedergeboren ist;: "ich sehe aber ein ander Gesetz in meinen Gliedern, das widerstrebet dem Gesetz in meinem Gemüt und nimmt mich gefangen in der Sünden Gesetz."

So nun im heiligen Paulo und andern Wiedergebornen der natürliche oder fleischliche freie Wille auch nach der Wiedergeburt Gottes Gesetz widerstrebt, viel mehr wird er vor der Wiedergeburt Gottes Gesetz und willen widerspenstig und feind sein; daraus offenbar ist (wie in dem Artikel von der Erbsünde weiter erklärt, darauf wir uns geliebter Kürze halben gezogen haben wollen), dass der freie Wille aus seinen eigenen natürlichen Kräften nicht allein nichts zu seiner selbst Bekehrung, Gerechtigkeit und Seligkeit wirken oder mitwirken noch dem Heiligen Geist, so ihm durch das Evangelium Gottes Gnade und die Seligkeit anbeut, folgen, glauben oder das Jawort dazu geben kann, sondern aus angeborner, böser, widerspenstiger Art Gott und seinem Willen feindlich widerstrebt, wo er nicht durch Gottes Geist erleuchtet und regiert wird.

Derhalben auch die Heilige Schrift des unwiedergebornen Menschen Herz einem harten Stein, so dem, der ihn anrührt, nicht weicht, sondern widersteht, und einem ungehobelten Block und wildem, unbändigem Tier vergleicht; nicht dass der Mensch nach dem Fall nicht mehr eine vernünftige Kreatur sei, oder ohne Gehör und Betrachtung des göttlichen Wortes zu Gott bekehrt werde, oder in äußerlichen, weltlichen Sachen nichts Gutes oder Böses verstehen, oder freiwillig tun oder lassen könne.

Denn wie Doktor Luther im 90. Psalm spricht in weltlichen und äußerlichen Geschäften, was die und leibliche Notdurft betrifft, ist der Mensch witzig, vernünftig und fast geschäftig; aber in geistlichen und göttlichen Sachen, was der Seelen Heil betrifft, da ist der Mensch wie eine Salssäule, wie Lots Weib, ja wie Klotz und Stein, wie ein tot Bild, das weder Augen noch Mund, weder Sinn noch Herz braucht; sintemal der Mensch den grausamen, grimmigen Zorn Gottes über die Sünde und Tod nicht steht noch erkennt, sondern fährt immer fort in seiner Sicherheit, auch wissentlich und willig, und kommt darüber in tausend Gefährlichkeit, endlich in den ewigen Tod und Verdammnis und da hilft kein Bitten, kein Flehen, kein Vermahnen, ja auch kein Dräün, Schelten, ja alles Lehren und Predigen ist bei ihm verloren, ehe er durch den Heiligen Geist erleuchtet, bekehrt und wiedergeboren wird, dazu denn kein Stein oder Block, sondern allein der Mensch erschaffen ist. Und da Gott nach seinem gerechten, gestrengen Gericht die gefallenen bösen Geister gänzlich in Ewigkeit verworfen, hat er doch aus besonderer lauter Barmherzigkeit gewollt, dass die arme, gefallene menschliche Natur wiederum der Bekehrung, der Gnade Gottes und des ewigen Lebens fähig und teilhaftig werden und sein möchte, nicht aus eigener, natürlicher, wirklicher Geschicklichkeit, Tüchtigkeit oder Fähigkeit (denn es ist eine widerspenstige Feindschaft wider Gott), sondern aus lauter Gnade, durch gnädige, kräftige Wirkung des Heiligen Geistes. Und das heisst D. Luther capacitatem, die er also erklärt, Quando patres liberum arbitrium defendunt, capacitatum libertatis eius praedicant, quod scilicet verti potest ad bonum per gratiam Dei et fieri revera Iiberum, ad quod creatum est. Das ist, wenn die Väter den freien willen verteidigen, reden sie davon, dass er der Freiheit fähig sei dergestalt, dass er durch Gottes Gnade zum Guten bekehrt und wahrhaftig frei könnte werden, dazu er anfangs erschaffen ist. (Tom. 1, p. 236.) Der gleichen auch Augustinus, Iib. 2, contra Iulianum, geschrieben. (Luther über das 6. Kapitel Hoseas; item, in der Kirchenpostille über die Epistel am Christtag, Tit. 3; item, über das Evangelium Dom. 3. post Epiphaniae.)

Aber zuvor und ehe der Mensch durch den Heiligen Geist erleuchtet, bekehrt, wiedergeboren, verneuert und gezogen wird, kann er für sich selbst und aus seinen eigenen natürlichen Kräften in geistlichen Sachen und seiner selbst Bekehrung oder Wiedergeburt etwas anzufangen, wirken oder mitzuwirken gleich so wenig als ein Stein oder Block oder Ton. Denn ob er wohl die äußerlichen Gliedmaßen regieren und das Evangelium hören und etlichermaßen betrachten, auch davon reden kann, wie in den Pharisäern und Heuchlern zu sehen ist, so hält er es doch für Torheit und kann es nicht glauben, hält sich auch in dem Fall ärger als ein Block, dass er Gottes willen widerspenstig und feind ist, und nicht der Heilige Geist in ihm kräftig ist und den Glauben und andere gottgefällige Tugenden und Gehorsam in ihm anzündet und wirkt.

Wie denn zum dritten die Heilige Schrift die Bekehrung, den Glauben an Christum, die Wiedergeburt, Erneurung und alles, was zu derselben wirklichen Anfang und Vollziehung gehört, nicht den menschlichen Kräften des natürlichen freien Willens, weder zum ganzen noch zum halben noch zu einigem, den wenigsten oder geringsten Teil zugeleget, sondern in solidum, das ist, ganz und gar, allein der göttlichen Wirkung und dem Heiligen Geist zuschreibt, wie auch die Apologia sagt.

Die Vernunft und freier Wille vermag etlichermaßen äußerlich ehrbar zu leben; aber neugeboren werden, inwendig ander Herz, Sinn und Mut bekommen, das wirkt allein der Heilige Geist. Der öffnet den Verstand und das Herz, die Schrift zu verstehen und aufs Wort achtzugeben, wie Luk. 24 geschrieben: "Er öffenete ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstunden." Item Act. 16: "Lydia hörte zu, welcher tat der Her das Herz auf, dass sie darauf acht hatte, was von Paulo geredet ward." Er wirkt in uns beide das Wollen und das Vollbringen, Phil. 2; gibt Buße, Act. 5; 2 Tim. 2; wirkt den Glauben, Phil. 1: "Euch ist von Gott gegeben, dass ihr an ihn glaubet." Eph 2: "Gottes Gabe ist es." Joh. 6: "Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubet, den er gesandt hat." Gibt ein Verständig Herz, sehende Augen und hörende Ohren, Deut. 29; Matth. 13. Ist ein Geist der Wiedergeburt und Erneurung, Tit. 3. Nimmt das harte, steinerne Herz weg und gibt ein neues, weiches, fleischern Herz, dass wir in seinen Geboten wandeln, Ezech. 11. 36; Deut. 30; Ps. 51. Schafft uns in Christo Jeu zu guten Werken, Eph. 2, und zu neuen Kreaturen, 2 Kor. 5; Gal. 6. Und in Summa: "Alle gute Gabe ist von Gott", Jak. 1. "Niemand kann zu Christo kommen, der Vater ziehe ihn denn", Joh. 6: "Niemand kennet den Vater, denn wem es der Sohn offenbaren will", Matth. 11: "Niemand kann Christum einen Hern nennen ohne durch den Heiligen Geist", 1 Kor. 12. Und: "ohne mich", spricht Christus, "könnt ihr nichts tun", Joh. 16. Denn: "alle unsere Tüchtigkeit ist von Gott", 2 Kor. 3. Und: "was haft du, das du nicht empfangen hast? Was rühmest du dich denn, als der es nicht empfangen hätte?" 1 Kor. 4. Wie denn sonderlich von diesem Spruch St. Augustinus schreibt, dass er dadurch überzeugt sei, seine vorige irrige Meinung fallen zu lassen, da er gehalten habe, De Praedestinatione, cap. 3 Gratiam Dei in eo tantum consistere, quod ln praeconio veritatis Dei voIuntas nobis revelatur; ut autrm praedicato nobis evangelio consentiremus, nostrum esse proprium et ex nobis esse. Item erravi (inquit), cum dicerem, nostrum esse credere et velle; Dei autem, dare credentibns et volentibus facuItatem operandi. Das ist: "In dem habe ich geirrt, dass ich gehalten habe, die Gnade Gottes stehe allein darin, dass Gott in der Predigt der Wahrheit seinen Willen offenbare; aber dass wir dem gepredigten Evangelio Beifall tun, das sei unser eigen Werk und stehe in unsern Kräften." Item spricht St. Augustinus weiter: "Ich habe geirrt, da ich sagte, es stehe in unserer Macht, dem Evangelio zu glauben und wollen; aber Gottes Werk sei es, zu geben die Kraft denen, die da glauben und wollen, dass sie etwas wirken könnten."

Diese Lehre ist in Gottes Wort gegründet und der Augsburgischen Konfession, auch andern Schriften, droben vermeldet, gemäß, wie die nachfolgenden Zeugnisse ausweisen.

Im XX. Artikel sagt die Konfession also: "Dieweil durch den Glauben der Heilige Geist gegeben wird, so wird auch das Herz geschickt, gute Werke zu tun. Denn zuvor, dieweil es ohne den Heiligen Geist, so ist es zu schwach, dazu ist es in des Teufels Gewalt, der die arme menschliche Natur zu viel Sünden treibt."

Diese Sprüche zeugen klar, dass die Augsburg Konfession des Menschen willen in geistlichen Sachen gar nicht für frei erkennt, sondern sagt, er sei des Teufels Gefangener; wie sollte er sich denn können aus eigenen Kräften zum Evangelio oder Christo wenden?

Die Apologia (über den 18. Artikel) lehrt vom freien willen also: "Und wir sagen auch, dass die Vernunft etlichermaßen einen freien Willen habe; denn in den Dingen, welche mit der Vernunft zu fassen, haben wir einen freien willen." Und bald danach: "Solche Herzen, die ohne den Heiligen Geist sind, die sind ohne Gottesfurcht, ohne Glauben, Vertrauen, glauben nicht, dass Gott sie erhöre, dass er ihre Sünden vergebe, und dass er ihnen in Nöten helfe; darum sind sie gottlos. Nun kann ein böser Baum nicht gute Früchte tragen, und ohne Glauben kann Gott niemand gefassen. Darum ob wir gleich nachgeben, dass in unserm Vermögen sei, solche äußerliche Werke zu tun, so sagen wir doch, dass der freie Wille und Vernunft in geistlichen Sachen nichts vermöge" usw. Hieraus lauter zu sehen, dass die Apologia des Menschen Willen kein Vermögen zuschreibt, weder das Gute anzufangen noch für sich selbst mitzuwirken.

In den schmalkaldischen Artikeln (von der Sünde) werden auch nachfolgende Irrtümer vom freien willen verworfen: "Dass der Mensch habe einen freien Willen, Gutes zu tun und Böses zu lassen" usw. Und bald danach wird auch als ein Irrtum verworfen, wenn gelehrt wird: "Es sei nicht in der Schrift gegründet, dass zu den guten Werken vonnöten sei der Heilige Geist mit seiner Gnade" usw.

Ferner steht in den Schmalkaldischen Artikeln (von der Buße) also: "und diese Buße wahrt bei den Christen bis in den Tod; denn sie beisst sich mit der übrigen Sünde im Fleisch durchs ganze Leben, wie St. Paulus Röm. 7 zeugt, dass er Kämpfe mit dem Gesetz seiner Glieder, und das nicht durch eigene Kräfte, sondern durch die Gabe des Heiligen Geistes, welche folgt auf die Vergebung der Sünden. Dieselbe Gabe reinigt und fegt täglich die übrigen Sünden aus und arbeitet, den Menschen recht rein und heilig zu machen." Diese Worte sagen gar nichts von unserm Willen, oder dass derselbe auch in den neugebornen Menschen etwas aus ihm selbst Wirke, sondern schreiben es zu der Gabe des Heiligen Geistes, welche den Menschen reinige und ihn täglich frömmer und heiliger mache, und werden hiervon unsere eigenen Kräfte gänzlich ausgeschlossen.

Im Großen Katechismo D. Luthers steht also geschrieben (über den 3. Artikel des christlichen Glaubens): "Derselben christlichen Kirche bin ich auch ein Stück und Glied, aller Güter, so sie hat, teilhaftig und Mitgenoss, durch den Heiligen Geist dahin gebracht und eingeleibt dadurch, dass ich Gottes Wort gehört habe und noch höre, welches ist der Anfang hineinzukommen. Denn vorhin, ehe wir dazu", zur christlichen Kirche, kommen, sind wir gar des Teufels gewesen, als die von Gott und Christo nichts gewusst haben. So bleibt der Heilige Geist bei der heiligen Gemeinde der Christenheit bis auf den Jüngsten Tag, dadurch er uns heilet, und braucht sie dazu das Wort zu führen und treiben, dadurch er die Heiligung macht und mehrt, dass wir täglich zunehmen und stark werden im Glauben und seinen Früchten, so er schaffet" usw. In diesen Worten gedenkt der Katechismus unsers freien Willens oder Zutuns mit keinem Wort, sondern gibt's alles dem Heiligen Geist, dass er durchs Predigtamt uns in die Christenheit bringe, darinnen heilige und verschaffe, da wir täglich zunehmen im Glauben und guten Werken.

Und obwohl die Neugebornen auch in diesem Leben so fern kommen, dass sie das Gute wollen, und es ihnen liebet, auch Gutes tun und in demselben zunehmen, so ist doch solches (wie droben vermeldet) nicht aus unserm Willen und unserm Vermögen, sondern der Heilige Geist, wie Paulus selbst davon redet, wirkt solch Wollen und Vollbringen, Phil. 2. Wie er auch zu 2. solch Werk allein Gott zuschreibt, da er sagt: "Wir sind sein Werk, geschaffen in Christo Jeu zu guten Werken, zu welchen uns Gott zuvor bereitet hat, dass wir darinnen wandeln sollen."

Im Kleinen Katechismo D. Luthers steht also geschrieben: "Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jeum Christum, meinen Hern, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jeu Christo erhält im rechtem einigen Glauben" usw.

Und in der Auslegung des Vaterunsers, in der andern Bitte, sind diese Worte: "Wie geschieht das?" nämlich dass Gottes Reich zu uns komme. Antwort: "Wenn der himmlische Vater uns seinen Heiligen Geist gibt, dass wir seinem heiligen Wort durch seine Gnade glauben und göttlich leben" usw.

Diese Zeugnisse sagen, dass wir aus eigenen Kräften zu Christo nicht kommen mögen, sondern Gott müsse uns seinen Heiligen Geist geben, dadurch wir erleuchtet, geheiligt und also zu Christo durch den Glauben gebracht und bei ihm erhalten werden, und wird weder unsers Willens noch Mitwirkens gedacht.

Hierauf wollen wir einen Spruch setzen, da sich D. Luther nachmals mit einer Protestation, dass er bei solcher Lehre bis an sein Ende zu verharren gedenke, erklärt im Großen Bekenntnis vom heiligen Abendmahl, da er also sagt: "Hiemit verwerfe und verdamme ich als eitel Irrtum alle Lehren, so unsern freien Willen preisen, als die stracks wider solche Hilfe und Gnade unsers Heilandes Jeu Christi strebet Denn weil außerhalb Christo der Tod und die Sünde unsere Herren und der Teufel unser Gott und Fürst ist, kann da keine Kraft noch Macht, kein Witz noch Verstand sein, damit wir zu der Gerechtigkeit und Leben uns könnten schicken oder trachten, sondern müssen Verblendete und Gefangene der Sünde und des Teufels eigen sein, zu tun und zu gedenken, was ihnen gefällt, und Gott mit seinen Geboten wider ist"

In diesen Worten gibt D. Luther, seligen und heiligen Gedächtnisses, unserm freien Willen keine einige Kraft, sich zur Gerechtigkeit zu schicken oder danach zu trachten, sondern sagt, dass der Mensch, verblendet und gefangen, allein des Teufels Willen, und was Gott dem Hern zuwider ist, tü. Darum ist hier kein Mitwirken unsers Willens in der Bekehrung des Menschen, und muss der Mensch gezogen und aus Gott neugeboren werden; sonst ist kein Gedanke in unsern Herzen, der sich zu dem heiligen Evangelio, dasselbe anzunehmen, von sich selbst wenden möchte wie auch D. Luther von diesem Handel im Buch De Servo Arbitrio, das ist, Von dem gefangenen Willen des Menschen, wider Erasmum geschrieben und diese Sache wohl und gründlich ausgeführt und erhalten und nachmals in der herrlichen Auslegung des ersten Buchs Mose, und sonderlich über das 26. Kapitel, wiederholt und erklärt hat; inmaßen daselbst er auch etliche andere sonderbare durch Erasmum neben eingeführte Disputationen, als de absoluta necessitate etc., wie er solches gemeint und verstanden haben wolle, wider allen Missverstand und Verkehrung zum besten und fleissigsten verwahrt hat; darauf wir uns auch gezogen und andere dahin weisen.

Derhalben ist es unrecht gelehrt, wenn man vorgibt, dass der unwiedergeborne Mensch noch so viel Kräfte habe, dass er begehre, das Evangelium anzunehmen, sich mit demselben zu trösten, und also der natürliche menschliche Wille in der Bekehrung etwas mitwirke. Denn solche irrige Meinung ist der heiligen göttlichen Schrift, der christlichen Augsburgischen Konfession, derselben Apologia, den Schmalkaldischen Artikeln, dem Großen und Kleinen Katechismo Lutheri und andern dieses vortrefflichen, hocherleuchteten Theologen Schriften zuwider.

Dieweil aber diese Lehre vom unvermögen und Bosheit unsers natürlichen freien Willens und von unserer Bekehrung und Wiebergeburt, dass sie allein Gottes und nicht unserer Kräfte Werk sei, beides von Enthusiasten und Epikurern unchristlich missbraucht wird, und viele Leute durch solche Reden wüst und wild und zu allen christlichen Übungen im Beten, Lesen und christlicher Betrachtung faul und träge werden, indem sie sagen weil sie aus ihren eigenen natürlichen Kräften sich nicht vermögen, zu Gott bekehren, wollen sie Gott immerzu gänzlich widerstreben oder warten, bis sie Gott mit Gewalt wider ihren Willen bekehre; oder weil sie in diesen geistlichen Sachen nichts tun können, sondern alles allein des Heiligen Geistes Wirkung sei, so wollen sie weder Wort noch Sakrament achten, hören oder lesen, sondern warten, bis ihnen Gott vom Himmel ohne Mittel seine Gaben eingiesse, dass sie eigentlich bei sich selbst fühlen und merken können, dass sie Gott bekehrt habe;

Andere, kleinmütige Herzen auch in schwere Gedanken und Zweifel fallen möchten, ob sie Gott erwählt habe und durch den Heiligen Geist solche seine Gaben in ihnen auch wirken wolle, dieweil sie keinen starken, brennenden Glauben und herzlichen Gehorsam, sondern eitel Schwachheit, Angst und Elend empfinden:

So wollen wir jetzt ferner aus Gottes Wort berichten, wie der Mensch zu Gott bekehrt werde, wie und durch was Mittel (nämlich durch das mündliche Wort und die heiligen Sakramente) der Heilige Geist in uns kräftig sein und wahre Buße, Glauben und neue geistliche Kraft und Vermögen zum Guten in unsern Herzen wirken und geben wolle, und wie wir uns gegen solche Mittel verhalten und dieselben brauchen sollen.

Gottes Wille ist's nicht, dass jemand verdammt werde, sondern dass alle Menschen sich zu ihm bekehren und ewig selig werden. Hesek. 33: "So wahr ich lebe, will ich nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe." Denn: "also hat Gott die Welt geliebet, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben".

Derhalben lässt Gott aus unermesslicher Güte und Barmherzigkeit sein göttlich ewig Gesetz und den wunderbarlichen Rat von unserer Erlösung, nämlich das heilige, alleinseligmachende Evangelium von seinem ewigen Sohn, unserm einigen Heiland und Seligmacher Jeu Christo, öffentlich predigen, dadurch er ihm eine ewige Kirche aus dem menschlichen Geschlecht sammelt und in der Menschen Herzen wahre Buße und Erkenntnis der Sünden, wahren Glauben an den Sohn Gottes, Jeum Christum, wirkt; und will Gott durch dieses Mittel, und nicht anders, nämlich durch sein heiliges Wort, so man dasselbe predigen hört oder liest und die Sakramente nach seinem Wort gebraucht, die Menschen zur ewigen Seligkeit berufen, zu sich ziehen, bekehren, wiedergebären und heiligen. 1 Kor. 1: "Dieweil die Welt durch ihre Weisheit Gott nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben." Act. 10: "Petrus wird dir das Wort sagen, dadurch du und dein ganzes Haus selig wirst." Röm. 10: "Der Glaube kommt aus der predigt, das predigen aber durch Gottes Wort." Joh. 17: "Heilige sie, Vater, in deiner Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit. Ich bitte aber für alle, die durch ihr Wort an mich glauben werden." Derhalben der ewige Vater vom Himmel herab von seinem lieben Sohn und allen, so in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden predigen, ruft: "Den sollt ihr hören", Matth. 17.

Diese predigt sollen nun alle die hören, die da wollen selig werden. Denn die Predigt Gottes Worts und das Gehör desselben sind des Heiligen Geistes Werkzeuge, bei, mit und durch welche er kräftig wirken und die Menschen zu Gott bekehren und in ihnen beides das Wollen und das Vollbringen wirken will.

Dieses Wort kann der Mensch, so auch noch nicht zu Gott bekehrt und wiedergeboren ist, äußerlich hören und lesen; denn in diesen äußerlichen Dingen, wie oben gesagt, hat der Mensch auch nach dem Fall etlichermaßen einen freien Willen, dass er zur Kirche gehen, der Predigt zuhören oder nicht zuhören mag.

Durch dieses Mittel, nämlich die predigt und Gehör :seines Wortes, wirkt Gott und bricht unsere Herzen und zeucht den Menschen, dass er durch die Predigt des Gesetzes seine Sünde und Gottes Zorn erkennt und wahrhaftiges Schrecken, Reue und Leid im Herzen empfindet, und durch die Predigt und Betrachtung des heiligen Evangelii von der gnadenreichen Vergebung der Sünden in Christo ein Fünklein des Glaubens in ihm angezündet wird, die Vergebung der Sünden um Christi willen annimmt und sich mit der Verheissung des Evangelii tröstet; und wird also der Heilige Geist (welcher dieses alles wirkt) in das Herz gegeben.

Wiewohl nun beides, des Predigers Pflanzen und Begiessen und des Zuhörers Laufen und Wollen, umsonst wäre, und keine Bekehrung darauf folgen würde, wo nicht des Heiligen Geistes Kraft und Wirkung dazukäme, welcher durch das gepredigte, gehörte Wort die Herzen erleuchtet und bekehrt, dass die Menschen solchem Wort glauben und das Jawort dazu geben, so soll doch weder Prediger noch Zuhörer an dieser Gnade und Wirkung des Heiligen Geistes zweifeln, sondern gewiss sein, wenn das Wort Gottes nach dem Befehl und Willen Gottes rein und lauter gepredigt, und die Menschen mit Fleiss und Ernst zuhören und dasselbe betrachten, dass gewisslich Gott mit seiner Gnade gegenwärtig sei und gebe, wie gemeldet, das der Mensch sonst aus seinen eigenen Kräften weder nehmen noch geben kann. Denn von der Gegenwärtigkeit, Wirkung und Gaben des Heiligen Geistes soll und kann man nicht allewege ex sensu, wie und wann man's im Herzen empfindet, urteilen, sondern, weil es oft mit großer Schwachheit verdeckt wird und zugeht, sollen wir aus und nach der Verheissung gewiss sein, dass das gepredigte, gehörte Wort Gottes sei ein Amt und Werk des Heiligen Geistes, dadurch er in unsern Herzen gewisslich kräftig ist und wirkt, 2 Kor. 2.

Da aber ein Mensch die predigt nicht hören noch Gottes Wort lesen will, sondern das Wort und die Gemeinde Gottes verachtet und stirbt also und verdirbt in seinen Sünden, der kann weder Gottes ewiger Wahl sich trösten noch seine Barmherzigkeit erlangen; denn Christus, in dem wir erwählt sind, allen Menschen seine Gnade im Wort und heiligen Sakramenten anbeut und ernstlich will, dass man es hören soll, und hat verheissen, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind und mit seinem heiligen Wort umgehen, will er mitten unter ihnen sein.

Da aber ein solcher Mensch Verachtet des Heiligen Geistes Werkzeug und will nicht hören, so geschieht ihm nicht unrecht, wenn der Heilige Geist ihn nicht erleuchtet, sondern in der Finsternis seines Unglaubens stecken und verderben lässt, davon geschrieben steht: "Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Jungen unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt." Matth. 23.

Und in diesem Fall mag man wohl sagen, dass der Mensch nicht sei ein Stein oder Block. Denn ein Stein oder Block widerstrebt dem nicht, der ihn bewegt, versteht auch nicht und empfindet nicht, was mit ihm gehandelt wird, wie ein Mensch Gott dem Hern widerstrebt mit seinem Willen so lange, bis er bekehrt wird. Und ist gleichwohl wahr, dass ein Mensch vor der Bekehrung dennoch eine vernünftige Kreatur ist, welche einen Verstand und Willen hat, doch nicht einen Verstand in göttlichen Sachen oder einen Willen, etwas Gutes und Heilsames zu wollen. Jedoch kann er zu seiner Bekehrung (wie droben auch gemeldet) ganz und gar nichts tun und ist in solchem Fall viel ärger denn ein Stein und Block; denn er widerstrebt dem Wort und Willen Gottes, bis Gott ihn vom Tode der Sünde erweckt, erleuchtet und verneuert.

Und wiewohl Gott den Menschen nicht zwingt, dass er müsse fromm werden (denn welche allezeit dem Heiligen Geist widerstreben und sich für und für auch der erkannten Wahrheit widersetzen, wie Stephanus von den verstockten Juden redet Act. 7, die werden nicht bekehrt), jedoch zeucht Gott der Her den Menschen, welchen er bekehren will, und zeucht ihn also, dass aus einem verfinsterten Verstand ein erleuchteter Verstand und aus einem widerspenstigen Willen ein gehorsamer Wille wird. Und das nennt die Schrift: "ein neues Herz erschaffen".

Derhalben kann auch nicht recht gesagt werden, dass der Mensch vor seiner Bekehrung einen modum agendi oder eine Weise, nämlich etwas Gutes und Heilsames in göttlichen Sachen zu wirken, habe. Denn weil der Mensch vor der Bekehrung "tot ist in Sünden", Eph 2, so kann in ihm seine Kraft sein, etwas Gutes in göttlichen Sachen zu wirken, und hat also auch keinen modum agendi oder Weise, in göttlichen Sachen zu wirken. Wenn man aber davon redet, wie Gott in dem Menschen wirke, so hat gleichwohl Gott der Her einen modum agendi oder Weise zu wirken in einem Menschen, als in einer vernünftigen Kreatur, und eine andere zu wirken in einer andern, unvernünftigen Kreatur oder in einem Stein und Block. Jedoch kann nichtsdestoweniger dem Menschen vor seiner Bekehrung kein modus agendi oder einige Weise, in geistlichen Sachen etwas Gutes zu wirken, zugeschrieben werden.

Wenn aber der Mensch bekehrt worden und also erleuchtet ist und sein Wille verneuert, alsdann so will der Mensch Gutes (sofern er neugeboren oder ein neuer Mensch ist) und "hat Lust am Gesetz Gottes nach dem innerlichen Menschen", Röm. 7, und tut forthin so viel und so lange Gutes, soviel und lange er vom Geist Gottes getrieben wird, wie Paulus sagt: "Die vom Geist Gottes getrieben werden, die sind Gottes Kinder." Und ist solcher Trieb des Heiligen Geistes nicht eine coactio oder ein Zwang, sondern der bekehrte Mensch tut freiwillig Gutes, wie David sagt: "Nach deinem Sieg wird dein Volk williglich opfern." Und bleibt gleichwohl auch in wiedergebornen, das St. Paulus geschrieben Röm. 7: "Ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen; ich sehe aber einander Gesetz in meinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und nimmt mich gefangen in der Sünde Gesetz, welches ist in meinen Gliedern." Item: "So diene ich nun mit dem Gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde," Item Gal. 5: "Das Fleisch gelüstet wider den Geist und den Geist wider das Fleisch; dieselbigen sind widereinander, dass ihr nicht tut, was ihr wollt."

Daraus denn folgt, alsbald der Heilige Geist, wie gesagt, durchs Wort und heiligen Sakramente solch sein Werk der Wiedergeburt und Erneurung in uns angefangen hat, so ist es gewiss, dass wir durch die Kraft des Heiligen Geistes mitwirken können und sollen, wiewohl noch in grosser Schwachheit; solches aber nicht aus unsern fleischlichen, natürlichen Kräften, sondern aus den neuen Kräften und Gaben, so der Heilige Geist in der Bekehrung in uns angefangen hat; wie St. Paulus ausdrücklich und ernstlich vermahnt, dass wir: "als Mithelfer die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen"; welches denn anders nicht denn also soll verstanden werden, das der bekehrte Mensch so viel und lange Gutes tü, soviel und lange ihn Gott mit seinem Heiligen Geist regiert, leitet und führt; und sobald Gott seine gnädige Hand von ihm abzöge, könnte er nicht einen Augenblick in Gottes gehorsam bestehen. Da es aber also wollte verstanden werden, dass der bekehrte Mensch neben dem Heiligen Geist dergestalt mitwirkte, wie zwei Pferde miteinander einen Wagen ziehen, könnte solches ohne Nachteil der göttlichen Wahrheit keineswegs zugegeben werden.

Darum ist ein großer Unterschied zwischen den getauften und ungetauften Menschen. Denn weil nach der Lehre St. Pauli, Gal. 3: "alle die, so getauft sind, Christum angezogen", haben sie nun arbitrium liberatum, das ist, wie Christus sagt, sie sind wiederum freigemacht, der Ursache: denn sie nicht allein das Wort hören, sondern auch demselben, wiewohl in grosser Schwachheit, Beifall tun und annehmen können.

Denn weil wir in diesem Leben allein die Erstlinge des Geistes empfangen, sind die Wiedergeburt nicht vollkommen, sondern in uns allein angefangen, bleibt der Streit und Kampf des Fleisches wider den Geist auch in den Auserwählten und wahrhaftig wiedergebornen Menschen, da unter den Christen nicht allein ein grosser Unterschied gespürt, das einer schwach, der andere stark im Geist, sondern es befindet's auch ein jeder Christ bei sich selbst, das er zu einer Zeit freudig im Geist, zur andern Zeit furchtsam und erschrocken, zu einer Zeit brünstig in der Liebe, stark im Glauben und in der Hoffnung, zur andern Zeit kalt und schwach sich befindet.

Da aber die Getauften wider das Gewissen gehandelt, die Sünde in ihnen herrschen lassen und also den Heiligen Geist in ihnen selbst betrübt und verloren, dürfen sie zwar nicht wieder getauft, sondern müssen wiederum belehrt werden, inmaßen hievor notdürftig vermeldet worden.

Denn das ist einmal wahr, dass in wahrhaftige Bekehrung müsse eine Ënderung, neue Regung und Bewegung im Verstand, Willen und Herzen geschehen, dass nämlich das Herz die Sünde erkenne, vor Gottes Zorn sich fürchte, von der Sünde sich abwende, die Verheissung der Gnade in Christ erkenne und annehme, gute geistliche Gedanken, christlichen Vorsatz und Fleiss habe und wider da Fleisch streite. Denn wo der keines geschieht oder ist, da ist auch keine wahre Bekehrung. Weil aber die Frage ist de causa efficiente, das ist, wer solches in uns wirke, und woher der Mensch das habe und wie er dazu komme, so berichtet diese Lehre dieweil die natürlichen Kräfte des Menschen dass nichts tun oder helfen können, 1 Kor. 2; 2 Kor. 3, dass Gott aus unermesslicher Güte und Barmherzigkeit uns zuvorkomme und sein heilige Evangelium, dadurch der Heilige Geist solche Bekehrung und Verneurung in uns wirken und ausrichten will, predigen lasse und durch die Predigt und Betrachtung seines Wortes den Glauben und andere gottselige Tugenden in uns anzündet, da es Gaben und Wirkungen des Heiligen Geistes allein seien; und weist uns diese Lehre zu den Mitteln, dadurch der Heilige Geist solches anfangen und wirken will, erinnert auch, wie dieselben Gaben erhalten, gestärkt und gemehrt werden, und vermahnt, dass wir dieselbe Gnade Gottes an uns nicht sollen lassen vergeblich sein, sondern fleissig üben, in Betrachtung, wie schwere Sünde es sei, solche Wirkung des Heiligen Geistes widerstreben.

Aus dieser gründlichen Erklärung der ganzen Lehre vom freien Willen können nun auch zum letzten die eingefallenen Fragen, darüber nun etliche viel Jahre in den Kirchen Augsburgischer Konfession gestritten worden (An homo ante, in, post conversionem Spiritui Sancta repugnet veI pure passive sie habeat; an homo convertatur ut truncus; an Spiritus Sanctus detur repugnantibus, et an conversio hominis fiat per modum coactionis; das ist: ob der Mensch vor, in oder nach seiner Bekehrung dem Heiligen Geist widerstrebe, und ob er ganz und gar nichts tü, sondern allein leide, was Gott in ihm wirkt; item, ob der Mensch in der Verkehrung sich halte und sei wie ein Bloch; item, ob der Heilige Geist gegeben werde denen, die ihm widerstreben; item ob die Bekehrung geschehe durch einen Zwang, dass Gott die Menschen wider ihren Willen zu ihrer Bekehrung mit Gewalt zwinge, geurteilt und die Gegenlehre und Irrtümer erkannt, ausgesetzt, gestraft und verworfen werden, als:

  1. Erstlich der Stoicorum und Manichäer Unsinnigkeit, das alles, was geschieht, müsse also geschehen, et hominem coactum omnia facere, das ist, das der Mensch alles aus Zwang tü, und dass des Menschen Wille auch in äusserlichen Werken keine Freiheit oder Vermögen habe, äusserliche Gerechtigkeit und ehrliche Zucht etlichermaßen zu leisten und die äußerlichen Sünden und Laster zu meiden, oder das der Menschen Wille, zu bösen äußerlichen Taten, Unzucht, Raub und Mord usw. gezwungen werde.

  2. Danach der groben Pelagianer Irrtum, das der freie Wille aus eigenen natürlichen Kräften, ohne den Heiligen Geist, sich selbst zu Gott bekehren, dem Evangelio glauben und Gottes Gesetz mit Herzen gehorsam sein und mit diesem seinem freiwilligen Gehorsam Vergebung der Sünden und ewiges Leben verdienen könne.

  3. Zum dritten der Papisten und Schullehrer Irrtum, die es ein wenig subtiler gemacht und gelehrt haben, dass der Mensch aus seinen natürlichen Kräften könne den Anfang zum Guten und zu seiner selbst Bekehrung machen, und dass alsdann der Heilige Geist, weil der Mensch zum Vollbringen zu schwach, dem aus eigenen natürlichen Kräften angefangenen Guten zu Hilfe komme.

  4. Zum vierten der Synergisten Lehre, welche vorgeben, dass der Mensch nicht allerdings in geistlichen Sachen zum Guten erstorben, sondern übel verwumdet und halb tot. Derhalben, obwohl der freie Wille zu schwach sei, den Anfang zu machen und sich selbst aus eigenen Kräften zu Gott zu bekehren und dem Gesetz Gottes mit Herzen gehorsam zu sein, dennoch, wenn der Heilige Geist den Anfang macht und uns durch das Evangelium beruft und seine Gnade, Vergebung der Sünden und ewige Seligkeit anbeut, dass alsdann der freie Wille aus seinen eigenen natürlichen Kräften Gott begegnen und etlichermasen etwas, wiewohl wenig und schwächlich, dazu tun, helfen und mitwirken, sich zur Gnade Gottes schicken und applizieren und dieselbe ergreifen, annehmen und dem Evangelio glauben, auch in Fortsetzung und Erhaltung dieses Werks aus seinen eigenen Kräften neben dem Heiligen Geist mitwirken könne.
    Dagegen aber ist oben nach der Länge erwiesen, das solche Kraft, nämlich facultas applicandi sie ad gratiam, das ist, natürlich sich zur Gnade zu schicken, nicht aus unsern eigenen natürlichen Kräften, sondern allein durch des Heiligen Geistes Wirkung herkomme.

  5. Item, diese der Päpste und Mönche Lehren, dass der Mensch könne nach der Wiedergeburt das Gesetz Gottes in diesem Leben gänzlich erfüllen und durch diese Erfüllung des Gesetzes vor Gott gerecht sei und das ewige Leben verdiene.

  6. Dagegen sind auch mit allem Ernst und Eisen die Enthusiasten zu strafen und keineswegs in der Kirche Gottes zu dulden, welche dichten, dass Gott ohne alle Mittel, ohne Gehör des göttlichen Wortes und ohne Gebrauch der heiligen Sakramente, den Menschen zu sich ziehe, erleuchte, gerecht und selig mache.

  7. Item, die da dichten, das Gott in der Bekehrung und Wiedergeburt ein neues Herz und neuen Menschen also schaffe, das des alten Adams Substanz und Wesen und sonderlich die vernünftige Seele ganz vertilgt, und ein neues Wesen der Seele aus nichts erschaffen werde. Diesen Irrtum straft St. Augustinus ausdrücklich im 25. Psalm, da er den Spruch Pauli: Disponite veterem hominem, "Leget den alten Menschen ab" usw., anzeucht und erklärt mit diesen Worten: Ne aliquis arbitretur, deponendam esse aIiquam substantiam, exposuit, quid esset : Deponite veterem homininem et induite novum, cum dicit in consequentibus : quapropter deponentes mendacium, loquimini veritatem. Ecce, hoc est deponere veterem hominem et induere novum etc. Das ist: "Damit nicht jemand dafürhalten möchte, als müsste die Substanz oder Wesen des Menschen abgelegt werden, hat er selbst erklärt, was da sei, den alten Menschen ablegen und den neuen anziehen, da er in nachfolgenden Worten sagt: ‘Darum leget ab die Lügen und redet die Wahrheit.' Siehe, das ist den alten Menschen ablegen und den neuen anziehen."

  8. Item, wo diese Reden unerklärt gebraucht werden, dass des Menschen Wille vor, in und nach der Bekehrung dem Heiligen Geist widerstrebe, und dass der Heilige Geist werde gegeben denen, so ihm widerstreben.

Denn aus vorgehender Erklärung ist öffentlich, wo durch den Heiligen Geist gar keine Veränderung zum Guten im Verstande, Willen und Herzen geschieht, und der Mensch der Verheissung ganz nicht glaubt und von Gott zur Gnade nicht geschickt gemacht wird, sondern ganz und gar dem Wort widerstrebt, dass da keine Bekehrung geschehe oder sein könne. Denn die Bekehrung ist eine solche Veränderung durch des Heiligen Geistes Wirkung in des Menschen Verstand, Willen und Herzen, dass der Mensch durch solche Wirkung des Heiligen Geistes könne die angebotene Gnade annehmen. Und zwar alle die, so des Heiligen Geistes Wirkungen und Bewegungen, die durchs Wort geschehen, widerspenstig, verharrlich widerstreben, die empfangen nicht, sondern betrüben und verlieren den Heiligen Geist.

Nun bleibt gleichwohl auch in den Wiedergebornen eine Widerspenstigkeit, davon die Schrift meldet, dass: "das Fleisch gelüstet wider den Geist", item: "die fleischlichen Lüste wider die Seele streiten", und dass "das Gesetz in den Gliedern widerstrebe dem Gesetz im Gemüte", Röm. 7.

Derhalben der Mensch, so nicht wiedergeboren ist, Gott gänzlich widerstrebt und ist ganz und gar ein Knecht der Sünde. Der Wiedergeborne aber hat Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen, steht aber gleichwohl in seinen Gliedern der Sünde Gesetz, welches widerstrebt dem Gesetz im Gemüt; derhalben so dient er mit dem Gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde, Röm. 7. Auf solche Weise kann und soll die rechte Meinung gründlich, deutlich und bescheidentlich erklärt und gelehrt werden.

Was dann belangt die Reden Chrysostomi und Basil:Trahit Deus, sed Volentem trahit; tantum velis, et Deus praeoccurrit; item der Schullehrer Rede: Hominis voluntas in conversione non est otiosa, Sed agit aliquid, das ist: "Gott zeucht, er zeucht aber den, der da will"; item: "Wolle allein, so wird dir Gott vorkommen"; item: "Des Menschen Wille ist nicht müssig in der Bekehrung, sondern wirkt etwas", welche Reden zur Bestätigung des natürlichen freien Willens in der Bekehrung des Menschen wider die Lehre von der Gnade Gottes eingeführt : ist aus hiebevor gesetzter Erklärung offenbar, dass sie der Form gesunder Lehre nicht ähnlich, sondern derselben zuwider und demnach, wenn von der Bekehrung zu Gott geredet.

Denn die Bekehrung unsers verderbten Willens, welche anders nichts denn eine Erweckung desselben von dem geistlichen Tode, ist einig und allein Gottes Werk (wie auch die Auserweckung in der leiblichen Auferstehung des Fleisches allein Gott zugeschrieben werden soll), inmaßen droben ausführlich angezeigt und mit offenbarlichen Zeugnissen der Heiligen Schrift erwiesen worden.

Wie aber Gott in der Bekehrung aus Wderspenstigen und Unwilligen durch das Ziehen des Heiligen Geistes Willige mache, und dass nach solcher Bekehrung des Menschen wiedergeborner Wille in täglicher Übung der Buße nicht müßig gehe sondern in allen Werken des Heiligen Geistes, die er durch uns tut, auch mitwirke, ist droben genugsam erklärt worden.

Also auch, wenn Lutherus spricht, dass sich der Mensch zu seiner Bekehrung pure passive halte, das ist, ganz und gar nichts dazu tü, sondern nur leide, was Gott in ihm wirkt, ist seine Meinung nicht, dass die Bekehrung geschehe ohne die Predigt und Gehör des göttlichen Wortes, ist auch die Meinung nicht, dass in der Bekehrung vom Heiligen Geist gar keine neue Bewegung in uns erweckt und keine geistliche Wirkung angefangen werden; sondern er meint, dass der Mensch von sich selbst oder aus seinen natürlichen Kräften nichts vermöge oder helfen könne zu seiner Bekehrung, und dass die Bekehrung nicht allein zum Teil, sondern ganz und gar sei eine Wirkung, Gabe und Geschenk und Werk des Heiligen Geistes allein, der sie durch seine Kraft und Macht, durchs Wort, im Verstand, Willen und Herzen des Menschen, tamquam in subiecto patiente, das ist, da der Mensch nichts tut oder wirkt, sondern nur leidet, ausrichte und wirke; nicht als ein Bild in einen Stein gehauen oder ein Siegel ins Wachs, welches nichts drum weiß, solches auch nicht empfindet noch will, gedrückt wird, sondern also und auf die Weise, wie kurz zuvor erzählt und erklärt ist.

Weil auch in den Schulen die Jugend de tribus causis efficientibus, concurrentibus in conversione hominis non renati, das ist, mit der Lehre von den drei wirklichen Ursachen der Bekehrung des unwiedergebornen Menschen zu Gott, heftig irregemacht worden, welchergestalt dieselben nämlich das gepredigte und gehörte Wort Gottes, der Heilige Geist und des Menschen Wille zusammenkommen, ist abermals aus hiervor gesetzter Erklärung offenbar, dass die Bekehrung zu Gott allein Gottes des Heiligen Geistes Werk sei, welcher der rechte Meister ist, der allein solches in uns wirkt, dazu er die Predigt und das Gehör seines heiligen Wortes als sein ordentlich Mittel und Werkzeug gebraucht. Des unwiedergebornen Menschen Verstand aber und Wille ist anders nichts denn allein subiectum convertendum, das ist, der bekehrt werden soll, als eines geistlich toten Menschen Verstand und Wille, in dem der Heilige Geist die Bekehrung und Erneurung wirkt, zu welchem Werk des Menschen Wille, so bekehrt soll werden, nichts tut, sondern lasst allein Gott in ihm wirken, bis er wiedergeboren und alsdann auch mit dem Heiligen Geist in andern nachfolgenden guten Werken wirkt, was Gott gefällig ist, aus Weise und Maß, wie droben ausführlich erklärt worden.

III. Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott.

Die dritte Zwiespalt, unter etlichen Theologen der Augsburgischen Konfession entstanden, ist von der Gerechtigkeit Christi oder des Glaubens, die von Gott durch den Glauben den armen Sündern aus Gnaden zur Gerechtigkeit zugerechnet wird.

Denn ein Teil hat gestritten, dass die Gerechtigkeit des Glaubens, welche der Apostel die Gerechtigkeit Gottes nennt, sei die wesentliche Gerechtigkeit Gottes, welche Christus als der wahrhaftige, natürliche, wesentliche Sohn Gottes selbst sei, der durch den Glauben in den Auserwählten wohne und sie treibe, recht zu tun, und also ihre Gerechtigkeit sei, gegen welcher Gerechtigkeit aller Menschen Sünde sei wie ein Tropfen Wasser gegen dem großen Meer.

Dagegen haben etliche gehalten und gelehrt, das Christus unsere Gerechtigkeit sei allein nach seiner menschlichen Natur.

Wider welche beide Teile einhellig von den andere Lehrern der Augsburgischen Konfession gepredigt, das Christus unsere Gerechtigkeit nicht allein nach der göttlichen Natur, auch nicht allein nach der menschlichen Natur, sondern nach beiden Naturen sei, welcher, als Gott und Mensch, uns von unsern Sünden durch seinen vollkommenen Gehorsam erlöst, gerecht und selig gemacht hat, das also die Gerechtigkeit des Glaubens sei Vergebung der Sünden, Versöhnung mit Gott, und dass wir zu Kindern Gottes angenommen werden um des einigen Gehorsams Christi willen, welcher allein durch den Glauben, aus lauter Gnade, allen Rechtgläubigen zur Gerechtigkeit zugerechnet, und sie um desselben willen voll aIler ihrer Ungerechtigkeit absolviert werden.

Über das sind alle den Interim und sonst andere mehr Disputationes voll dem Artikel der Rechtfertigung verursacht und erregt, die hernach in antithesi, das ist, in Erzählung derjenigen, so der reinen Lehre in diesem Artikel zuwider, sollen erklärt werden.

Dieser Artikel von die Rechtfertigung des Glaubens wie die Apologia sagt ist der vornehmste der ganzen christlichen Lehre, ohne welchen kein arm Gewissen einigen beständigen Trost haben oder den Reichtum der Gnade Christi recht erkennen mag ; wie auch D. Luther geschrieben: "Wo dieser einige Artikel rein auf dem Plan bleibt, so bleibt die Christenheit auch rein und sein einträchtig und ohne alle Rotten; wo er aber nicht rein bleibt, da ist's nicht möglich, das man einigem Irrtum oder Rottengeist wehren möge." (Tom. 5, Ienens., p. 159.) Und von diesem Artikel sagt Paulus insonderheit, dass "ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäure". Darum er die particulas exclusivas, das ist, die Worte, nämlich: "ohne Gesetz, ohne Werke, aus Gnaden", dadurch die Werke der Menschen ausgeschlossen, in diesem Artikel mit so großem Eifer und Ernst treibt, damit anzuzeigen, wie hoch es vonnöten sei, das in diesem Artikel neben reiner Lehre die antithesis. das ist, aIle Gegenlehre, dadurch abgesondert, ausgesetzt und verworfen werde.

Derwegen diesen Zwiespalt christlich vermöge Gottes Worts zu erklären und durch seine Gnade hinzulegen, ist unsere Lehre, Glaube und Bekenntnis, wie folgt:

Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott glauben, lehren und bekennen wir einhellig vermöge hievorgesetzten summarischen Begriffs unsers christlichen Glaubens und Bekenntnisses, dass ein armer sündiger Mensch vor Gott gerechtfertigt, das ist, absolviert, los und ledig gesprochen werde von aIlen seinen Sünden und von dem Urteil der wohlverdienten Verdammnis, auch angenommen werde zur Kindschaft und Erbschaft des ewigen Lebens, ohne einig unser Verdienst oder Würdigkeit, auch ohne aIle vor gehenden, gegenwärtigen oder auch folgenden Werke, aus lauter Gnade, allein um des einigen Verdienstes, des ganzen Gehorsams, bitteren Leidens, Sterbens und Auferstehung unsers Hern Christi willen, des Gehorsam uns zur Gerechtigkeit zugerechnet wird.

Welche Güter uns in der Verheissung des heiligen Evangelii durch den Heiligen Geist vorgetragen werden, und ist allein der Glaube das einige Mittel, dadurch wir sie ergreifen, annehmen und uns applizieren und züignen; welcher ist eine Gabe Gottes, dadurch wir Christum, unsern Erlöser, im Wort des Evangelii recht erkennen und auf ihn vertrauen, dass wir allein um seines Gehorsams wiIlen, aus Gnaden, Vergebung der Sünden haben, für fromm und gerecht von Gott dem Vater gehalten und ewig selig werden. Demnach für eins gehalten und genommen, wenn Paulus spricht, dass wir "durch den Glauben gerecht werden", Röm. 3, oder dass "der Glaube uns zur Gerechtigkeit zugerechnet werde", Röm. 4, und wenn er spricht, "dass wir durch des einigen Mittlers Christi Gehorsam gerecht werden", oder "dass durch eines Gerechtfertigkeit die Rechtfertigung des Glaubens über aIle Menschen komme", Röm. 5. Denn der Glaube macht gerecht nicht darum und daher, dass er so ein gut Werk und schöne Tugend, sondern weil er in der Verheissung des heiligen Evangelii den Verdienst Christi ergreift und annimmt; denn derselbe muss uns durch den Glauben appliziert und zugeeignet werden, wenn wir dadurch gerecht sollen werden; dass also die Gerechtigkeit, die vor Gott dem Glauben oder den Gläubigen aus lauter Gnade zugerechnet wird, ist der Gehorsam, Leiden und Auferstehung Christi, da er für uns dem Gesetzgenuggetan und für unsere Sünde bezahlt hat. Denn weil Christus nicht allein Mensch, sondern Gott und Mensch in einer unzertrennten Person, so ist er ebensowenig unter dem Gesetzgewesen (weil er ein Her des Gesetzes), als dass er für seine Person leiden und sterben soIlen. Darum uns denn sein Gehorsam nicht allein im Leiden und Sterben, sondern auch dass er freiwiIlig an unserer Statt unter das Gesetzgetan und dasselbe mit solchem Gehorsam erfüllt, dass uns Gott um solches ganzen Gehorsams wiIlen, so er im Tun und Leiden, im Leben und Sterben für uns seinem himmlischen Vater geleistet, die Sünde vergibt, uns für fromm und gerecht hält und ewig selig macht. Solche Gerechtigkeit wird durchs Evangelium und in den Sakramenten von dem Heiligen Geist uns vorgetragen und durch den Glauben appliziert, zugeeignet und angenommen, daher die Gläubigen haben Versöhnung mit Gott, Vergebung der Sünden, Gottes Gnade, die Kindschaft und Erbschaft des ewigen Lebens.

Demnach das Wort "rechtfertigen" hier heist gerecht und ledig von Sünden sprechen und derselben ewigen Strafe ledig zählen um der Gerechtigkeit Christi willen, welche von Gott dem Glauben zugerechnet wird, Phil. 3. Wie denn solcher Gebrauch und Verstand dieses Worts in Heiliger Schrift Alten und Neuen Testaments gemein ist. Prov. 17: "Wer den Gottlosen recht spricht und den Gerechten verdammet, die sind beide dem Hern ein Greuel." Jes. 5: "Wehe denen, die den Gottlosen recht sprechen um Geschenke wollen und das Recht der Gerechten von ihnen wenden." Röm. 8: "Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der rechtfertigt", das ist, von Sünden absolviert und ledig spricht.

Dieweil aber zuzeiten das Wort regeneratio, Wiedergeburt, für das Wort iustificatio, Rechtfertigung, gebraucht, ist vonnöten, das solch Wort eigentlich erklärt, damit die Verneurung, so der Rechtfertigung des Glaubens nachfolgt, nicht mit der Rechtfertigung des Glaubens vermengt, sondern eigentlich voneinander unterschieden werden.

Denn das Wort regeneratio, das ist, Wiedergeburt, erstlich also gebraucht wird, dass es zugleich die Vergebung der Sünden allein um Christus' wilIen und die nachfolgende Verneurung begreift, welche der Heilige Geist wirkt in denen, so durch den Glauben gerechtfertigt sind. Danach wird es gebraucht allein pro remissione peccatorum et adoptione in filios Dei, das ist, dass es heißt allein Vergebung der Sünden, und dass wir zu Kindern Gottes angenommen werden. Und in diesem andern Verstand wird in der Apologia viel und oft dieses Wort gebraucht, da geschrieben: iustificatio est regeneratio, das ist, die Rechtfertigung vor Gott ist die Wiedergeburt; wie auch St. Paulus solche Worte unterschiedlich gesetzt Tit. 3: "Er hat uns selig gemacht durch das Bad der Wiedergeburt und Erneurung des Heiligen Geistes." Wie denn auch das Wort vivificatio, das ist, Lebendigmachung, zuzeiten in gleichem Verstand gebraucht worden. Denn so der Mensch durch den Glauben welchen allein der Heilige Geist wirkt gerechtfertigt, solches wahrhaftig eine Wiedergeburt ist, weil aus einem Kind des Zorns ein Kind Gottes und also aus dem Tod in das Leben gesetzt wird, wie geschrieben steht: "Da wir tot waren in Sünden, hat er uns samt Christo lebendig gemacht", Eph. 2, Item: "Der Gerechte wird seines Glaubens leben", Röm. 1. In welchem Verstand dies Wort in der Apologia viel und oft gebraucht wird.

Danach aber wird es auch oft für die Heiligung und Erneurung genommen, welche der Gerechtigkeit des Glaubens nachfolgt, wie es D. Luther im Buch von der Kirche und Konzilien und anderswo also gebraucht hat.

Wenn wir aber lehren, dass durch die Wirkung des Heiligen Geistes wir neugeboren und gerecht werden, hat es nicht die Meinung, das den Gerechtfertigten und Wiedergebornen keine Ungerechtigkeit nach der Wiedergeburt im Wesen und Leben mehr sollte anhangen, sondern dass Christus mit seinem vollkommenen Gehorsam alle ihre Sünden zudeckt, die doch in der Natur in diesem Leben noch stecken. Aber solches unangesehen, werden sie durch den Glauben und um solches Gehorsams Christi willen den Christus dem Vater von seiner Geburt an bis in den allerschmählichsten Tod des Kreuzes für uns geleistet hat für fromm und gerecht gesprochen und gehalten, ob sie gleich ihrer verderbten Natur halben noch Sünder sind und bleiben bis in die Grube. Wie es denn hinwiederum die Meinung nicht hat, als dürften oder sollten wir ohne Buße, Bekehrung und Besserung den Sünden folgen, darin bleiben und fortfahren.

Denn wahre Reue muss vorhergehen; und die also, wie gesagt, aus lauter Gnade, um des einigen Mittlers Christi willen, allein durch den Glauben, ohne alle Werke und Verdienst vor Gott gerecht, das ist, zu Gnaden angenommen werden, denen wird auch der Heilige Geist gegeben, der sie verneuert und heiligt, in ihnen wirkt Liebe gegen Gott und gegen den Nächsten. Sondern weil die angefangene Verneurung in diesem Leben unvollkommen, und die Sünde noch im Fleisch auch bei den Wiedergebornen wohnt, so steht die Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott in gnädiger Zurechnung der Gerechtigkeit Christi, ohne Zutun unserer Werke, dass uns unsere Sünden vergeben und zugedeckt sind und nicht zugerechnet werden, Röm. 4.

Aber hier muss mit sonderem Fleiß darauf gar gute Acht gegeben werden, wenn der Artikel der Rechtfertigung rein bleiben soll, dass nicht dasjenige, was vor dem Glauben hergeht, und was demselben nachfolgt, zugleich mit in den Artikel der Rechtfertigung, als dazu nötig und gehörig, eingemengt oder eingeschoben werde, weil nicht eins oder gleich ist, von der Bekehrung und von der Rechtfertigung zu reden.

Denn nicht alles, was zur Bekehrung gehört, auch zugleich in den Artikel der Rechtfertigung gehört: in und zu welchem allein gehört und vonnöten ist Gottes Gnade, der Verdienst Christi, der Glaube, so solches in der Verheissung des Evangelii annimmt, dadurch uns die Gerechtigkeit Christi zugerechnet wird, daher wir erlangen und haben Vergebung der Sünden, Versöhnung mit Gott, die Kindschaft und Erbschaft des ewigen Lebens.

Also ist ein wahrer, seligmachender Glaube nicht in denen, so ohne Reue und Leid und einen bösen Vorsatz haben, in Sünden zu bleiben und beharren, sondern wahre Reue geht vorher, und rechter Glaube ist in oder bei wahrer Buße.

Es ist auch die Liebe eine Frucht, so dem wahren Glauben gewißlich notwendig folgt. Denn wer nicht liebt, das ist eine gewisse Anzeigung, dass er nicht gerechtfertigt, sondern noch im Tode sei oder die Gerechtigkeit des Glaubens wiederum verloren habe; wie Joh.annes sagt I Joh. 3. Aber wenn Paulus spricht: "Wir werden durch den Glauben gerecht ohne Werke", gehende Reue noch folgende Werke in den Artikel oder Handel der Rechtfertigung des Glaubens gehören. Denn gute Werke gehen nicht vor der Rechtfertigung her, sondern folgen derselben, und die Person muss erst gerecht sein, ehe sie gute Werke tun kann.

Gleichfalls auch, wiewohl die Verneurung und Heiligung auch eine Wohltat des Mittlers Christi und ein Werk des.Heiligen Geistes ist, gehört sie doch nicht in den Artikel oder in den Handel der Rechtfertigung vor Gott, sondern folgt derselben, weil sie von wegen unsers verderbten Fleisches in diesem Leben nicht ganz rein und vollkommen ist; wie D. Luther hiervon wohl schreibt in seiner schönen und langen Auslegung der Epistel an die Galater, da er also sagt: "Wir geben's wohl zu, das man von der Liebe und guten Werken auch lehren solle, doch also, das es geschehe, wann und wo es vonnöten ist, als nämlich, wenn man außerhalb dieser Sache von der Rechtfertigung von Werken sonst zu tun hat. Hier aber ist dieses die Hauptsache, damit man zu tun hat, dass man frage, nicht, ob man auch gute Werke tun und lieben solle, sondern wodurch man doch gerecht vor Gott und selig werden möge. Und da antworten wir mit St. Paulo also, das wir allein durch den Glauben an Christum gerecht werden und nicht durch des Gesetzes Werke oder durch die Liebe; nicht also, das wir hiermit die Werke und Liebe gar verwerfen, wie die Widersacher uns mit Unwahrheit lästern und schuld geben, sondern auf dass wir uns allein von der.Hauptsache, damit man hier zu tun hast, nicht auf einen andern, fremden Handel, der in diese Sache gar nichts gehört, abführen lassen, wie es der Satan gerne haben wollte. Derhalben, alldieweil und solange wir in diesem Artikel von der Rechtfertigung zu tun haben, verwerfen und verdammen wir die Werke, sintemal es um diesen Artikel also getan ist, das er keinerlei Disputation oder Handlung von den Werken nicht leiden kann; darum schneiden wir in dieser Sache alle Gesetze und Gesetzeswerke kurz ab." Bis daher Lutherus.

Derwegen und auf dass betrübte Herzen einen beständigen, gewissen Trost haben, auch dem Verdienst Christi und der Gnade Gottes seine gebührliche Ehre gegeben werde, so lehrt die Schrift, das die Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott bestehe allein in gnädiger Versöhnung oder Vergebung der Sünden, welche aus lauter Gnade um des einigen Verdienstes des Mittlers Christi willen uns geschenkt und allein durch den Glauben in der Verheissung des Evangelii empfangen wird. Also auch verlässt sich der Glaube in der Rechtfertigung vor Gott weder auf die Reue noch auf die Liebe oder andere Tugenden, sondern allein auf Christum und in demselben auf seinen vollkommenen Gehorsam, damit er für uns das Gesetz erfüllt, welcher den Gläubigen zur Gerechtigkeit zugerechnet wird.

Es ist auch weder Reue oder Liebe oder andere Tugend, sondern allein der Glaube das einige Mittel und Werkzeug, damit und dadurch wir Gottes Gnade, das Verdienst Christi und Vergebung der Sünden, so uns in der Verheissung des Evangelii vorgetragen werden, empfangen und annehmen können.

Es wird auch recht gesagt, dass die Gläubigen, so durch den Glauben an Christum gerecht worden sind, in diesem Leben erstlich die zugerechnete Gerechtigkeit des Glaubens, danach auch die angefangene Gerechtigkeit des neuen Gehorsams oder der guten Werke haben. Aber diese beiden müssen nicht ineinandergemengt oder zugleich in den Artikel der Rechtfertigung des Glaubens vor Gott eingeschoben werden. Denn weil diese angefangene Gerechtigkeit oder Verneurung in uns von wegen des Fleisches in diesem Leben unvollkommen und unrein, kann damit und dadurch die Person vor Gottes Gericht nicht bestehen, sondern allein die Gerechtigkeit des Gehorsams, Leidens und Sterbens Christi, so dem Glauben zugerechnet wird, kann vor Gottes Gericht bestehen; also dass allein um dieses Gehorsams willen die Person (auch nach ihrer Verneurung, wenn sie schon viel guter Werke hat und im besten Leben ist) Gott gefalle und angenehm werde und sei zur Kindschaft und Erbschaft des ewigen Lebens angenommen.

Hierher gehört auch, das St. Paulus schreibt Röm. 4, dass Abraham vor Gott gerecht sei worden allein durch den Glauben um des Mittlers willen, ohne Zutun seiner Werke, nicht allein, da er erstlich von der Abgötterei bekehrt und keine guten Werke hatte, sondern auch, da er hernach durch den Heiligen Geist verneuert und mit vielen herrlichen guten Werken geziert war, Gen. 15; Hebr. 11. Und setzt Paulus diese Frage Röm. 4 worauf alsdann Abrahams Gerechtigkeit vor Gott, dadurch er einen gnädigen Gott gehabt, ihm gefällig und angenehm gewesen, zum ewigen Leben, gestanden sei.

Darauf er antwortet: "Dem, der nicht mit Werken umgehet, glaubet aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit; wie auch David sagt, dass die Seligkeit sei allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit ohne Zutun der Werke." Also, wenngleich die Bekehren und Gläubigen haben angefangene Verneurung, Heiligung, Liebe, Tugend und gute Werke, so können doch, sollen und müssen dieselben nicht eingezogen oder eingemengt werden in den Artikel der Rechtfertigung vor Gott, auf das dem Erlöser Christo seine Ehre bleibe, und, weil unser neuer Gehorsam unvollkommen und unrein, die angefochtenen Gewissen einen beständigen Trost haben mögen.

Und das ist des Apostels Pauli Meinung, wenn er in diesem Artikel die particulas exclusivas, das ist, die Worte, dadurch die Werke in dem Artikel der Gerechtigkeit des Glaubens ausgeschlossen werden, so fleißig und emsig treibt: absque operibus, sine Iege, gratis, non ex operibus, das ist, "aus Gnaden, ohne Verdienst, ohne Gesetz, ohne Werke, nicht aus den Werken" usw; welche exclusivae alle zusammengefaßt werden, wenn man sagt: "Allein durch den Glauben werden wir vor Gott gerecht und selig." Denn dadurch werden die Werke ausgeschlossen, nicht der Meinung, als könnte ein wahrer Glaube wohl sein ohne Reue, oder als sollten, müßten und dürften die guten Werke dem wahren Glauben als die gewissen, ungezweifelten Früchte nicht folgen, oder als ob die Gläubigen nicht dürften noch müßten etwas Gutes tun; sondern von dem Artikel der Rechtfertigung vor Gott werden die guten Werke ausgeschlossen, dass sie in die Handlung der Rechtfertigung des armen Sünders vor Gott, als dazu nötig oder gehörig, nicht sollen mit eingezogen, eingefochten oder eingemengt werden; und steht der rechte Verstand particuIarum exclusivarum in articulo iustificationis, das ist, oberzählter Wörter im Artikel der Rechtfertigung, darin, sollen auch mit allem Fleiß und Ernst bei diesem Artikel getrieben werden:

  1. Dass dadurch alle eigenen Werke, Verdienst, Würdigkeit, Ruhm und Vertrauen aller unserer Werke in dem Artikel der Rechtfertigung ganz und gar ausgeschlossen werden, also dass unsere Werke weder Verdienst der Rechtfertigung, daraus Gott in diesem Artikel und Handlung sehen, oder wir uns daraus verlassen möchten oder sollten, noch zum ganzen noch zum halben noch zum wenigsten Teil gesetzt und gehalten sollen werden.

  2. Dass das Amt und die Eigenschaft des Glaubens allein bleibe, dass er allein, und sonst nichts anderes, sei das Mittel oder Werkzeug, damit und dadurch Gottes Gnade und Verdienst Christi in der Verheissung des Evangelii empfangen, ergriffen, angenommen, uns appliziert und zugeeignet werde; und das von demselben Amt und Eigenschaft solcher Applikation oder Züignung die Liebe und alle andern Tugenden oder Werke ausgeschlossen werden.

  3. Das weder Neurung, Heiligung, Tugenden oder gute Werke tamquam forma aut pars aut causa iustificationis, das ist, unsere Gerechtigkeit vor Gott sei, noch für einen Teil oder Ursache unserer Gerechtigkeit gemacht und gesetzt oder sonst unter einigerlei Schein, Titel oder Namen in den Artikel der Rechtfertigung, als dazu nötig und gehörig, eingemengt werden sollen; sondern dass die Gerechtigkeit des Glaubens allein stehe in Vergebung der Sünden, lauter aus Gnaden, allein um des Verdienstes Christi willen, welche Güter in der Verheissung des Evangelii uns vorgetragen und allein durch den Glauben empfangen, angenommen, uns appliziert und zugeeignet werden.

Also muss auch bleiben und erhalten werden die Ordnung zwischen dem Glauben und guten Werken, item zwischen der Rechtfertigung und Erneurung oder Heiligung.

Denn gute Werke gehen nicht vor dem Glauben her, auch nicht die Heiligung vor der Rechtfertigung; sondern erstlich wird in der Bekehrung durch den Heiligen Geist der Glaube als dem Gehör des Evangelii in uns angezündet; derselbe ergreift Gottes Gnade in Christo, dadurch die Person gerechtfertigt wird; danach, wenn die Person gerechtfertigt ist, so wird sie auch durch den Heiligen Geist verneuert und geheiligt; aus welcher Verneurung und Heiligung alsdann die Früchte der guten Werke folgen. Et haec non ita divelluntur, quasi vera fides aliquando et aIiquamdiu stare possit cum malo proposito, sed ordlne causarum et effectuum, antecedentium et consequentium, ita distribuuntur, Manet enim, quod Lutherus recte dicit: Bene conveniunt et sunt connexa inseparabiliter fides et opera; sed sola fides est, quae apprehendit benedictionem sine operibus, et tamen nun quam est sola. Das ist: Welches nicht also verstanden werden soll, als ob die Rechtfertigung und Erneurung voneinander geschieden dermassen, dass ein wahrhaftiger Glaube unterweilen eine Zeitlang neben einem bösen Vorsatz sein und bestehen könnte, sondern es wird hiermit allein die Ordnung angezeigt, wie eines dem andern vorgehe oder nachfolge. Denn es bleibt doch wahr, das D. Luther recht gesagt hat: "Es reimen und schicken sich fein zusammen der Glaube und die guten Werke; aber der Glaube ist es allein, der den Segen ergreift, ohne die Werke, doch nimmer und zu keiner Zeit allein ist"; wie denn oben erklärt worden.

Es werden auch Viele Disputationes durch diesen wahrhaftigen Unterschied nützlich und wohl erklärt, welchen die Apologia über den Spruch Jak. 2 handelt. Denn wenn man von dem Glauben redet, wie der gerecht mache, so ist St., Pauli Lehre, dass der Glaube allein gerecht mache ohne Werke, indem er uns das Verdienst Christi, wie gesagt, appliziert und züignet. Wenn man aber fragt, woran und wobei ein Christ entweder bei sich selbst oder an andern erkennen und unterscheiden möge einen wahren, lebendigen Glauben von einem gefärbten, toten Glauben, weil viel faule, sichere Christen ihnen einen Wahn vom Glauben einbilden, da sie doch keinen wahren Glauben haben, daraus gibt die Apologia diese Antwort: Iakobus nennt toten Glauben, wo nicht allerlei gute Werke und Früchte des Geistes folgen. Und auf solche Meinung sagt die lateinische Apologia: Iacobus recte negat, nos tali fide iustificari, quae est sine operibus, hoc est, quae mortua est; das ist: St. Jakob lehrt recht, da er verneint, dass wir durch einen solchen Glauben gerechtfertigt werden, der ohne die Werke ist, welches ein toter Glaube ist.

Es redet aber Jakobus, wie die Apologia sagt, von Werken derjenigen, welche schon durch Christum gerecht und Vergebung der Sünden durch Christum erlangt haben. Wenn man aber fragt, woraus und woher der Glaube das habe, und was dazu gehöre, das er gerecht und selig mache, ist's falsch und unrecht, wer da sagt: fidem non posse iustificare sine operibus; Vel fidem, quatenus caritatem, qua formetur, coniunctam habet, iustificare; Vel fidei, ut iustificet, necessariam esse praesentiam bonorum operum; aut ad iustificationem vel in articulo iustificationis esse necessariam praesentiam bonorum operum; vel bona opera esse causam sine qua non, quae per partlculas exclusivas ex articulo iustificationis non excludantur. Das ist: dass der Glaube nicht könnte rechtfertigen ohne die Werke, oder dass der Glaube dergestalt rechtfertige oder gerecht mache, dieweil er die Liebe bei sich habe, um welcher Liebe willen solches dem Glauben zugeschrieben ; oder dass die Gegenwärtigkeit der Werke bei dem Glauben notwendig sei, soll anders der Mensch dadurch vor Gott gerechtfertigt werden; oder dass die Gegenwärtigkeit der guten Werke im Artikel der Rechtfertigung oder zu der Rechtfertigung vonnöten sei, also dass die guten Werke eine Ursache sein sollen, ohne welche der Mensch nicht könnte gerechtfertigt werden, welche auch durch die particulas exclusivas: absque operibus etc., das ist, wenn St. Paul spricht: "ohne Werke", aus dem Artikel der Rechtfertigung nicht ausgeschlossen werden. Denn der Glaube macht gerecht allein darum and daher, weil er Gottes Gnade und das Verdienst Christi in der Verheissung des Evangelii als ein Mittel und Werkzeug ergreift und annimmt.

Und das sei nach Gelegenheit dieser Schrift genug zu einer summarischen Erklärung der Lehre von der Rechtfertigung des Glaubens, welche in den obgemeldeten Schriften ausführlicher gehandelt wird. Daraus auch die antithesis, das ist, falsche Gegenlehre, klar erzählten auch diese und dergleichen Irrtümer, so wider die jetzt gemeldete Erklärung streiten, gestraft, ausgesetzt und verworfen werden müssen; als, da gelehrt wird:

  1. Dass unsere Liebe oder guten Werke Verdienst oder Ursache seien der Rechtfertigung vor Gott, entweder gänzlich oder ja zum Teil.

  2. Oder dass durch gute Werke der Mensch sich dazu würdig und geschickt machen müsse, dass ihm das Verdienst Christi mitgeteilt möge werden.

  3. Vel formalem nostram iustitiam coram Deo esse inhaerentem nostram novitatem seu caritatem; das ist: das unsere wahrhaftige Gerechtigkeit vor Gott sei die Liebe oder die Erneurung, welche der Heilige Geist in uns wirkt und in uns ist.

  4. Oder dass zwei Stücke oder Teile zu der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott gehören, darin sie bestehe, nämlich die gnädige Vergebung der Sünden und dann zum andern auch die Verneurung oder Heiligung.

  5. Item, fidem iustificare tantum initialiter, vel partialiter, vel principaIiter; et novitatem vel caritatem nostram iustificare etiam coram Deo vel completive, vel minus principaliter.

  6. Item, credentes coram Deo iustificari vel coram Deo iustos esse simuI et imputatione et inchoatione, vel partim imputatione, partim inchoatione novae obedientiae.

  7. Item, applicationem promissionis gratiae fieri et fide cordis et confessione oris ac reliquis virtutibus. Das ist: der Glaube mache allein darum gerecht, dass die Gerechtigkeit durch den Glauben in uns angefangen, oder also, dass der Glaube den Vorzug habe in der Rechtfertigung; gleichwohl gehöre auch die Erneurung und die Liebe zu unserer Gerechtigkeit vor Gott, doch dergestalt, dass sie nicht die vornehmste Ursache unserer Gerechtigkeit, sondern dass unsere Gerechtigkeit vor Gott ohne solche Liebe und Erneurung nicht ganz oder vollkommen sei. Item, dass die Gläubigen vor Gott gerechtfertigt werden und gerecht seien zugleich durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi und durch den angefangenen neuen Gehorsam oder zum Teil durch die Zurechnung der Gerechtigkeit Christi, zum Teil durch den angefangenen neuen Gehorsam. Item, dass uns die Verheissung der Gnade zugeeignet werde durch den Glauben im Herzen und durch das Bekenntnis, so mit dem Munde geschieht, und durch andere Tugenden.

Es ist auch das unrecht, wenn gelehrt wird, dass der Mensch anderergestalt oder durch etwas anderes selig müsse werden, denn wie er vor Gott gerechtfertigt wird, also dass wir wohl allein durch den Glauben, ohne Werke gerecht werden, aber ohne Werke selig zu werden oder die Seligkeit ohne Werke zu erlangen, sei unmöglich.

Dieses ist darum falsch, denn es ist stracks wider den Spruch Pauli Röm. 4: "Die Seligkeit ist des Menschen, welchem Gott die Gerechtigkeit zurechnet ohne Werke." und Pauli Grund ist, dass wir auf eine Weise wie die Gerechtigkeit, also auch die Seligkeit erlangen, ja, dass wir eben damit, wenn wir durch den Glauben gerecht werden, auch zugleich empfangen die Kindschaft und Erbschaft des ewigen Lebens und Seligkeit; und derhalben Paulus die particuIas exclusivas, das ist, solche Worte, dadurch die Werke und eigenes Verdienst gänzlich ausgeschlossen wird, nämlich: "aus Gnaden, ohne Werke", ja so stark bei dem Artikel der Seligkeit als bei dem Artikel der Gerechtigkeit setzt und treibt.

Gleichfalls muss auch die Disputation von der Einwohnung der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes in uns recht erklärt werden. Denn obwohl durch den Glauben in den Auserwählten, so durch Christum gerecht worden und mit Gott versöhnt sind, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, der die ewige und wesentliche Gerechtigkeit ist, wohnt (denn alle Christen sind Tempel Gottes des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes, welcher sie auch treibt, recht zu tun), so ist doch solche Einwohnung Gottes nicht die Gerechtigkeit des Glaubens, davon St., Paulus handelt und sie iustitiam Dei, das ist, die Gerechtigkeit Gottes, nennt, um welcher willen wir vor Gott gerecht gesprochen werden, sondern sie folgt auf die vor gehende Gerechtigkeit des Glaubens, welche anders nichts ist denn die Vergebung der Sünden und gnädige Annehmung der armen Sünder allein um Christus' Gehorsams und Verdienstes willen.

Demnach, weil in unsern Kirchen zwischen den Theologen Augsburgischer Konfession bekannt, das alle unsere Gerechtigkeit außerhalb unser und aller Menschen Verdienst, Werk, Tugend und Würdigkeit zu suchen und allein auf dem Hern Christo steht, so ist Wohl zu betrachten, welchergestalt Christus in diesem Handel der Rechtfertigung unsere Gerechtigkeit genennet wird, nämlich, dass unsere Gerechtigkeit nicht auf die eine oder die andere Natur, sondern auf die ganze Person Christi gesetzt, welcher als Gott und Mensch in seinem einigen, ganzen, vollkommenen Gehorsam unsere Gerechtigkeit ist.

Denn da Christus gleich vom Heiligen Geist ohne Sünde empfangen und geboren und in menschlicher Natur allein alle Gerechtigkeit erfüllt hätte und aber nicht wahrer ewiger Gott gewesen, möchte uns solcher der menschlichen Natur Gehorsam und Leiden auch nicht zur Gerechtigkeit gerechnet werden; wie denn auch, da der Sohn Gottes nicht Mensch worden, die bloße göttliche Natur unsere Gerechtigkeit nicht sein können. Demnach so glauben, lehren und bekennen wir, dass der ganzen Person Christi ganzer Gehorsam, welchen er für uns dem Vater bis in den allerschmählichsten Tod des Kreuzes geleistet hat, uns zur Gerechtigkeit zugerechnet werde, Denn die menschliche Natur allein, ohne die göttliche, dem ewigen, allmächtigen Gott weder mit Gehorsam noch Leiden für aller Welt Sünde genugtun, die Gottheit aber allein, ohne die Menschheit, zwischen Gott und uns nicht mitteln mögen.

Weil aber, wie oben vermeldet, der Gehorsam der ganzen Person ist, so ist er eine vollkommene Genugtuung und Versöhnung des menschlichen Geschlechts (dadurch der ewigen, unwandelbaren Gerechtigkeit Gottes, so im Gesetz geoffenbart, genug geschehen) und also unsere Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, so im Evangelio geoffenbart wird, darauf sich der Glaube vor Gott verlässt, welche Gott dem Glauben zurechnet, wie geschrieben steht Röm. 5: "Gleichwie durch eines Menschen Ungehorsam viel Sünder worden sind, also auch durch eines Gehorsam werden viele gerecht", und 1 Joh. I: "Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reinigt uns von allen Sünden"; item: "Der Gerechte wird seines Glaubens leben", Hab. 2.

Solchergestalt wird uns weder die göttliche noch die menschliche Natur Christi für sich selbst zur Gerechtigkeit zugerechnet, sondern allein der Gehorsam der Person, welche zumal. Und steht also der Glaube auf die Person Christi, wie dieselbe für uns unter das Gesetz getan, unsere Sünde getragen und in seinem Gang zum Vater den ganzen vollkommenen Gehorsam, von seiner heiligen Geburt an bis in den Tod, seinem himmlischen Vater für uns arme Sünder geleistet und damit allen unsern Ungehorsam, der in unserer Natur, derselben Gedanken, Worten und Werken steckt, zugedeckt, das er uns zur Verdamnis nicht zugerechnet, sondern aus lauter Gnade, allein um Christus' willen, verziehen und vergeben wird.

Demnach verwerfen und verdammen wir einhellig über die vorgesetzten auch nachfolgende und alle dergleichen Irrtümer, als die Gottes Wort, der Lehre der Propheten und Apostel, und unserm christlichen Glauben zuwider sind:

  1. Da gelehrt wird, dass Christus unsere Gerechtigkeit sei vor Gott allein nach seiner göttlichen Natur.

  2. Das Christus unsere Gerechtigkeit sei allein nach der menschlichen Natur.

  3. Dass in den Sprüchen der Propheten und Apostel, wenn von der Gerechtigkeit des Glaubens geredet wird, die Worte "rechtfertigen" und "gerechtfertigt werden" nicht sollen heißen von Sünden ledig sprechen und Vergebung der Sünden erlangen, sondern von wegen der durch den Heiligen Geist eingegossenen Liebe, Tugenden und daraus folgenden Werke mit der Tat und Wahrheit gerecht gemacht werden.

  4. Dass der Glaube nicht allein ansehe den Gehorsam Christi, sondern seine göttliche Natur, wie dieselbe in uns wohnt und wirkt, und durch solche Einwohnung unsere Sünden vor Gott zugedeckt werden.

  5. Das der Glaube ein solch Vertrauen sei auf den Gehorsam Christi, welcher in einem Menschen sein und bleiben könne, der gleich keine wahrhaftige Buße habe, da auch keine Liebe folge, sondern wider sein Gewissen in Sünden verharre.

  6. Dass nicht Gott, sondern allein die Gaben Gottes in den Gläubigen wohnen.

Diese Irrtümer und dergleiehen allzumal verwerfen wir einhellig als dem klaren Wort Gottes zuwider und verharren durch Gottes Gnade standhaft und beständig auf der Lehre von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott, wie dieselbe in der Augsburgischen Konfession und darauf erfolgter Apologia gesetzt, ausgeführt und mit Gottes Wort erwiesen ist.

Was dann ferner zur eigentlichen Erklärung dieses hohen und vornehmen Artikels der Rechtfertigung vor Gott vonnöten, daran unserer Seelen Seligkeit gelegen, wollen wir männiglich auf die schöne und herrliche Auslegung D. Luthers über die Epistel St. Pauli an die Galater gewiesen und um geliebter Kürze willen hiermit gezogen haben.

IV. Von guten Werken

Es hat sich auch ein Zweispalt von den guten Werken unter den Theologen Augsburgischer Konfession zugetragen, dass ein Teil sich nachfolgender Worte und Art zu reden gebraucht : Gute Werke sind nötig zur Seligkeit; es ist unmöglich, ohne gute Werke selig werden; item: Es ist niemand ohne gute Werke selig worden; weil von den Rechtgläubigen gute Werke als Früchte des Glaubens erfordert, obgleich solche Liebe keine Ursache der Seligkeit sei.

Das andere Teil aber hat dagegen gestritten, dass gute Werke wohl nötig seien, aber nicht zur Seligkeit, sondern um anderer Ursachen willen, und das derwegen vor gehende propositiones oder gebrauchte Reden (als die dem Vorbild der gesunden Lehre und Worte ungemäß und von den Papisten allewege und noch der Lehre unsers christlichen Glaubens entgegengesetzt, da wir bekennen, dass allein der Glaube gerecht und selig mache) in der Kirche nicht zu dulden Verdienst Christi, unsers Seligmachers, nicht geschmälert werde, und die VerheißUng der Seligkeit den Gläubigen fest und gewiß sein und bleiben möge.

In diesem Streit ist auch von etlichen wenigen diese streitige Proposition oder Rede geführt, dass gute Werke zur Seligkeit schädlich seien. Es ist auch von etlichen disputiert worden, dass gute Werke nicht nötig, sondern freiwillig seien, dieweil sie nicht durch Furcht und Strafe des Gesetzes erzwungen, sondern aus freiwilligem Geist und fröhlichem Herzen geschehen sollen. Dagegen hat der andere Teil gestritten, dass gute Werke nötig seien.

Solcher Streit hat sich anfangs über den Worten necessitas und Iibertas, das ist, "notwendig" und: "frei", zugetragen, weil besonders das Wort necessitas, "nötig", nicht allein die ewige, unwandelbare Ordnung, nach welcher alle Menschen Gott zu gehorsamen schuldig und pflichtig sind, sondern auch zuzeiten einen Zwang heißt, damit das Gesetz die Leute zu den guten Werken dringt.

Nachmals aber hat man nicht allein von den Worten disputiert, sondern auf das heftigste die Lehre an ihr selbst angefochten und gestritten dass der neue Gehorsam in den Wiedergebornen von wegen obvermeldeter Gottes Ordnung nicht nötig sei.

Diese Uneinigkeit christlich und nach Anleitung Gottes Worts zu erklären und durch seine Gnade gänzlich hinzulegen, ist unsere Lehre Glaube und Bekenntnis, wie folgt:

Erstlich ist in diesem Artikel von folgende Punkten unter den unsern kein Streit: als, dass Gottes Wille, Ordnung und Befehl sei, das die Gläubigen in guten Werken wandeln sollen und das rechtschaffene gute Werke nicht seien, die ihm ein jeder guter Meinung selbst erdenkt oder die nach Menschensatzungen geschehen sondern die Gott selber in seinem Wort vorgeschrieben und befohlen hat; dass auch rechtschaffene gute Werke nicht aus eigenen natürlichen Kräften, sondern also geschehen: wenn die Person durch den Glauben mit Gott versöhnt und durch den Heiligen Geist verneuert, oder, wie Paulus redet: "in Christo Jeu neugeschaffen wird zu guten Werken".

Es ist auch ohne Streit, wie und warum der Gläubigen gute Werke, ob sie gleich in diesem Fleisch unrein und unvollkommen, Gott gefällig und angenehm seien, nämlich um des Hern Christi willen, durch den Glauben, weil die Person Gott angenehm ist. Denn die Werke, so zur Erhaltung äuserlicher Zucht gehören, welche auch von den Ungläubigen und Unbekehrten geschehen und erfordert werden, obwohl vor der Welt dieselben löblich, dazu auch von Gott in dieser Welt mit zeitlichen Gütern belohnt werden, jedoch, weil sie nicht aus rechtem Glauben gehen, sind sie vor Gott Sünde, das ist, mit Sünden befleckt, und werden vor Gott für Sünde und unrein um der verderbten Natur willen, und weil die Person mit Gott nicht versöhnt ist, gehalten. Denn "ein böser Baum kann nicht gute Früchte bringen", wie auch geschrieben steht Röm. 14: "Was nicht aus Glauben gehet, das ist Sünde." Denn es muss zuvor die Person Gott gefällig sein, und das allein um Christus' willen, sollen ihm anders auch derselben Person Werke gefallen.

Derhalben der recht guten und Gott wohlgefälligen Werke, die Gott in dieser und zukünftiger Welt belohnen will, Mutter und Ursprung muss der Glaube sein, darum sie denn rechte Früchte des Glaubens wie auch des Geistes von St., Paulo genannt werden. Denn wie D. Luther schreibt in der Vorrede über die Epistel St. Pauli an die Römer: "So ist der Glaube ein göttlich Werk in uns, das uns verwandelt und neugebiert aus Gott und tötet den alten Adam, macht uns ganz andere Menschen von Herzen, Mut, Sinn und allen Kräften und bringt den Heiligen Geist mit sich. O! es ist ein lebendig, geschäftig, tätig, mächtig Ding um den Glauben, das unmöglich, dass er nicht ohne Unterlaß sollte Gutes wirken. Er fragt auch nicht, ob gute Werte zu tun sind, sondern ehe man fragt, hat er sie getan und ist immer im Tun. Wer aber nicht solche Werke tut, der ist ein glaubloser Mensch, tappt und steht um sich nach dem Glauben und guten Werken und weiß weder was Glaube oder gute Werke seien, wäscht und schwatzt doch viel Worte vom Glauben und guten Werken. Glaube ist eine lebendige, erwegene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiß, das er tausendmal darüber stürbe. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen; welches der Heilige Geist tut im Glauben, daher der Mensch ohne Zwang willig und lustig wird, jedermann Gutes zu tun, jedermann zu dienen, allerlei zu leiden, Gott zu Liebe und Lob, der ihm solche Gnade erzeigt hat, also das unmöglich ist, Werke vom Glauben scheiden, ja, so unmöglich, als brennen und leuchten vom Feuer mag geschieden werden."

Aber weil von diesen Punkten unter den Unsern kein Streit, wollen wir dieselben hier nach der Länge nicht handeln, sondern allein von den streitigen Punkten uns einfältig und deutlich gegeneinander erklären.

Und erstlich, was belangt Notwendigkeit oder Freiwilligkeit der guten Werke, ist offenbar, dass in der Augsburgischen Konfession und derselben Apologia gebraucht und oft wiederholt werden diese Reden, das gute Werke nötig seien; item, dass es nötig sei, gute Werke zu tun, welche auch notwendig dem Glauben und der Versöhnung folgen sollen; item, das wir notwendig gute Werke, so Gott geboten, tun sollen und tun müssen, So wird auch in der Heiligen Geist selber das Wort "not" "nötig" und "notwendig", item "sollen" und "müssen" also gebraucht: was wir von wegen Gottes Ordnung, Befehl und Willen zu tun schuldig sind, als Röm. 13; 1 Kor, 9; Act. 5; Joh. 15; 1 Joh. 4.

Werden derhalben gemeldete Reden oder Propositiones in diesem christlichen und eigentlichen Verstand unbillig von etlichen gestraft und verworfen, welche billig, den sicheren, epikurischen Wahn zu strafen und zu verwerfen, geführt und gebraucht werden, da viele ihnen einen toten Glauben oder Wahn, der da Buße und ohne gute Werke ist, dichten, als könnte wohl zugleich in einem Herzen sein rechter Glaube und böser Vorsatz, in Sünden zu verharren und fortzufahrem, welches unmöglich ist; oder als könnte wohl einer wahren Glauben, Gerechtigkeit und Seligkeit haben und behalten,.wenn er gleich ein fauler und unfruchtbarer Baum ist und bleibt, da gar keine guten Früchte folgen; ja, wenn er gleich in Sünden wider das Gewissen verharrt oder wiederum sich auf solche Sünden vorfäIlich begibt; welches unrecht und falsch ist.

Es muss aber auch die Erinnerung von diesem Unterschied hierbei gemerkt werden, dass nämlich verstanden werden solle necessitas ordinis, mandati et voluntatis Christi ac debiti nostri, non autem necessitas coactionis. Das ist: wenn dies Wort "nötig" gebraucht, soll es nicht von einem Zwang, sondern allein von der Ordnung des unwandelbaren Willens Gottes, des Schuldner wir sind, verstanden werden, dahin auch sein Gebot weist, das die Kreatur ihrem Schöpfer gehorsam sei; denn sonst (wie 2 Kor. 9 und in der Epistel St. Pauli an Philemon, item l Petr. 5) "aus Not" genannt wird, was einem wider seinen Willen, durch Zwang oder sonst abgenötigt wird, das er äußerlich zum Schein, aber doch ohne und wider seinen Willen tü. Denn solche Scheinwerke will Gott nicht haben, sondern das Volk des Neuen Testaments soll sein ein "williges Volk", Ps. 110, und "willig opfern", Ps. 54, "nicht mit Unwillen oder aus Zwang, sondern von Herzen gehorsam sein", 2 Kor. 9; Röm. 6. Denn "einen Willigen Geber hat Gott lieb", 2 Kor. 9. In diesem Verstand und solcher Meinung ist, recht geredet und gelehrt, dass rechte gute Werke willig oder aus freiwilligem Geist von denen, die der Sohn Gottes gefreiet, geschehen sollen; wie denn auf diese Meinung vornehmlich die Disputation von Freiwilligkeit der guten Werke von etlichen geführt ist.

Aber hier ist wiederum der Unterschied auch wohl zu merken, davon Paulus sagt Röm. 7: "Ich bin willig und habe Lust zu Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen, aber in meinem Fleisch finde ich ein ander Gesetz, welches" nicht allein unwillig oder unlustig ist, sondern auch: "dem Gesetz meines Gemüts widerstrebet." Und was das unwillige und widerspenstige Fleisch belangt, da sagt Paulus 1Kor. 9: "Ich betäube und zähme meinen Leib", und Gal. 5; Röm. 8: "Welche Christo angehören, die kreuzigen, ja töten ihr Fleisch samt seinen Lüsten, Begierden und Geschäften." Das aber ist falsch und muss gestraft werden, wenn vorgegeben und gelehrt wird, als wären die guten Werke den Gläubigen also frei, dass es in ihrer freien Willkür stünde, das sie solche tun oder lassen oder dawider handeln wollten oder möchten, und sie nichtsdestoweniger den Glauben, Gottes Huld und Gnade behalten könnten.

Zum andern, wenn gelehrt wird, das gute Werke vonnöten seien, muss auch erklärt werden, warum und aus was Ursachen sie vonnöten sind, wie die Ursachen in der Augsburgischen Konfession und Apologia erzählt werden.

Aber hier muss man sich gar wohl vorsehen, dass die Werke nicht in den Artikel der Rechtfertigung und Seligmachung gezogen und eingemengt werden. Derhalben werden billig die Propositiones verworfen, dass den Gläubigen gute Werte zur Seligkeit vonnöten seien, also dass es unmöglich sei, ohne gute Werke selig werden. Denn sie sind stracks wider die Lehre de particulis excIusivis in articuIo justificationis et saIvationis, das ist, sie streiten wider die Worte, mit welchen St., Paulus unsere Werke und Verdienst aus dem Artikel der Rechtfertigung und Seligmachung gänzlich ausgeschlossen und alles allein der Gnade Gottes und dem Verdienst Christi zugeschrieben hat, wie in dem vor. Item, sie nehmen den angefochtenen, betrübten Gewissen den Trost des Evangelii, geben Ursache zum Zweifel, sind in viel Wege gefährlich, stärken die Vermessenheit eigener Gerechtigkeit und das Vertrauen auf eigene Werke, werden dazu von den Papisten angenommen und zu ihrem Vorteil wider die reine Lehre von dem alleinseligmachenden Glauben geführt. So sind sie auch wider das Vorbild der gefunden Worte, da geschrieben steht: "die Seligkeit sei allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit, ohne Zutun der Werke", Röm. 4. Item, in der Augsburgischen Konfession, im sechsten Artikel, steht geschrieben, man werde selig ohne die Werke, allein durch den Glauben. So hat auch D. Luther diese Propositiones verworfen und verdammt.

  1. An den falschen Propheten bei den Galatern.

  2. An den Papisten in gar viel Orten.

  3. An den Wiedertäufern, da sie also glossieren: man solle wohl den Glauben auf der Werke Verdienst nicht setzen, aber man müsse sie dennoch gleichwohl haben als nötige Dinge zur Seligkeit.

  4. Auch an etlichen andern unter den Seinen, so diese propositionem also glossieren wollten: ob wir gleich die Werke erfordern als nötig zur Seligkeit, so lehren wir doch nicht, das Vertrauen auf die Werke setzen, in Gen., Kap. 22,

Demnach und aus jetzt erzählten Ursachen soll es billig in unsern Kirchen dabei bleiben, dass nämlich gemeldete Weisen zu reden nicht gelehrt, verteidigt oder beschönet, sondern aus unsern Kirchen als falsch und unrecht ausgesetzt und verworfen werden, als die zur Zeit der Verfolgung, da am meisten klares, richtiges Bekenntnis wider allerlei corruptelas und Verfälschungen des Artikels der Rechtfertigung vonnöten war, aus dem Interim wiederum verneuert, hergeflossen und in Disputation gezogen sind.

Zum dritten, weil auch disputiert wird, ob gute Werke die Seligkeit erhalten, oder ob sie nötig seien, den Glauben, Gerechtigkeit und Seligkeit zu erhalten, und aber hieran hoch und viel gelegen (denn: "wer verharret bis ans Ende, wird selig werden", Matth. 24; item Hebr. 3 "Wir sind Christus' teilhaftig worden, so wir anders das angefangene Wesen bis ans Ende festbehalten"), muss auch gar wohl und eigentlich erklärt werden, wie die Gerechtigkeit und Seligkeit in uns erhalten, dass sie nicht wiederum verloren werden.

Und ist derhalben erstlich dieser falsche epikurische Wahn ernstlich zu strafen und zu verwerken, dass etliche dichten, es könne der Glaube und die empfangene Gerechtigkeit und Seligkeit durch keine, auch mutwilligen und vorsätzlichen Sünden oder bösen Werke verloren werden, sondern wenn ein Christ gleich ohne Furcht und Scham den bösen Lüsten folge, dem Heiligen Geist widerstrebe und auf Sünden wider das Gewissen vorsätzlich sich begebe, das er gleichwohl nichtsdestoweniger Glauben, Gottes Gnade, Gerechtigkeit und Seligkeit behalte.

Wider diesen schädlichen Wahn sollen mit allem Fleiß und Ernst diese wahrhaftigen, unwandelbaren göttlichen Dräuungen und ernstlichen Strafen Vermahnungen den Christen, so durch den Glauben gerecht worden sind, oft wiederholt und eingebildet werden1 Kor. 6: "Irret nicht; kein Hurer, kein Ehebrecher, kein Geiziger usw. wird das Reich Gottes ererben." Gal. 5; Eph. 5: "Die solches tun, werden das Reich Gottes nicht besitzen." Röm. 9: "So ihr nach dem Fleisch lebet, so werdet ihr sterben." Kol. 3: "Um solcher willen kommt der Zorn Gottes über die Ungehorsamen."

Wann aber und welchergestalt aus diesem Grunde die Vermahnung zu guten Werken, ohne Verdunkelung der Lehre vom Glauben und des Artikels der Rechtfertigung, könne geschärft werden, zeigt die Apologia ein sein Vorbild, da sie Articulo 20. über den Spruch 2 Petr. 1: "Fleißiget euch, euren Beruf festzumachen", also sagt: "Petrus lehrt, warum man gute Werke tun soll, nämlich dass wir unsern Beruf festmachen, das ist, das wir nicht aus unserm Beruf fallen, wenn wir wiederum sündigen. Tut gute Werke, spricht er, dass ihr bei eurem himmlischen Beruf bleibt, dass ihr nicht wieder abfallt und verliert Geist und Gaben, die euch nicht um der folgenden Werke willen, sondern aus Gnaden durch Christum widerfahren sind und nun erhalten werden durch den Glauben. Der Glaube aber bleibt nicht in denen, die sündlich Leben führen, den Heiligen Geist verlieren, die Buße von sich stoßen." Bis daher die Worte aus der Apologia.

Dagegen aber hat es die Meinung nicht, dass der Glaube allein im Anfang die Gerechtigkeit und Seligkeit ergreife und danach sein Amt den Werken übergebe, dass dieselben hinfürder den Glauben, die empfangene Gerechtigkeit und Seligkeit erhalten müßten, sondern, auf dass die Verheissung der Gerechtigkeit und Seligkeit nicht allein zu empfangen, sondern auch zu behalten, uns fest und gewiß sein mögen, gibt Paulus Röm. 5 dem Glauben nicht allein den Eingang zur Gnade, sondern auch dass wir in der Gnade stehen und uns rühmen der zukünftigen Herrlichkeit, das ist: Anfang, Mittel und Ende gibt er alles dem Glauben allein. Item Röm. 11: "Sie sind abgebrochen um ihres Unglaubens willen, du aber siehest durch den Glauben," Kol. 1: "Er wird euch darstellen heilig und unsträflich vor ihm selbst, so ihr anders bleibet im Glauben." I Petr 1: "Wir werden aus Gottes Macht durch den Glauben bewahret zur Seligkeit." Item: "Ihr werdet das Ende eures Glaubens davonbringen, nämlich der Seelen Seligkeit."

Weil denn aus Gottes Wort offenbar, dass der Glaube das eigentliche einige Mittel ist, dadurch Gerechtigkeit und Seligkeit nicht allein empfangen, sondern auch von Gott erhalten wird, soll billig verworfen werden, das im Trientischen Concilio geschlossen, und was sonst mehr auf dieselbe Meinung ist gerichtet worden, dass unsere guten Werke die Seligkeit erhalten, oder dass die empfangene Gerechtigkeit des Glaubens oder auch der Glaube selbst durch unsere Werke entweder gänzlich oder ja zum Teil erhalten und bewahrt werden.

Denn obwohl vor diesem Streit etliche viel reine Lehrer solche und dergleichen Reden in Auslegung der Heiligen Schrift gebraucht, hiermit aber keineswegs gesinnt, obvermeldete Irrtümer der Papisten zu bestätigen: jedoch, weil nachmals über solcher Weise zu reden Streit entstanden, daraus allerlei ärgerliche Weiterung erfolget, ist es am allersichersten, nach der Vermahnung St. Pauli, über "dem Vorbilde der gesunden Worte" sowohl als über der reinen Lehre selbst zu halten, dadurch viel unnötiges Gezänk abgeschnitten und die Kirche vor vielem Ërgernis behütet werden mag.

Zum vierten, was die Proposition belangt, dass gute Werke zur Seligkeit schädlich sein sollten, erklären wir uns deutlich also wenn jemand die guten Werke in den Artikel der Rechtfertigung ziehen, seine Gerechtigkeit oder das Vertrauen der Seligkeit darauf setzen, damit die Gnade Gottes verdienen und dadurch selig werden wolle, hierauf sagen nicht wir, sondern sagt Paulus selbst, und wiederholt's zum drittenmal Phil. 3, dass einem solchen Menschen seine Werke nicht allein unnützlich und hinderlich, sondern auch schädlich seien. Es ist aber die Schuld nicht der guten Werke an ihnen selbst, sondern des falschen Vertrauens, so wider das ausgedrückte Wort Gottes auf die Werke gesetzt wird.

Aber hieraus folgt keineswegs, dass man simpliciter und also bloß dahinsagen solle: Gute Werke sind den Gläubigen zu oder an ihrer Seligkeit schädlich; denn in den Gläubigen sind gute Werke, wenn sie propter veras causas et ad veros fines, das ist, der Meinung geschehen, wie sie Gott von den Wiedergebornen erfordert, Anzeigung der Seligkeit, Phil. 1. Wie denn Gottes Wille und ausdrücklicher Befehl ist, dass die Gläubigen gute Werke tun sollen, welche der Heilige Geist wirkt in den Gläubigen, die ihm auch Gott um Christi Willen gefallen lässt, ihnen herrliche Belohnung in diesem und künftigem Leben verheißt.

Derwegen auch diese Proposition in unsern Kirchen gestraft und verworfen wird, dieweil sie, also bloß gesetzt, falsch und ärgerlich ist, dadurch Zucht und Ehrbarkeit geschwächt, das rohe, wilde, sichere, epikurische Leben eingeführt und gestärkt werden möchte. Denn was einem zu seiner Seligkeit schädlich ist, davor soll er sich ja mit höchstem Fleiß hüten.

Weil aber die Christen von den guten Werken nicht abgehalten, sondern zum fleisigsten dazu vermahnt und angehalten werden sollen, so kann und soll diese bloße Proposition in der Kirche nicht geduldet, geführt noch verteidigt werden.

V. Vom Gesetz und Evangelio.

Nachdem der Unterschied des Gesetzes und Evangelii ein besonder herrlich Licht ist, welches dazu dient, das Gottes Wort recht geteilt und der heiligen Propheten und Apostel Schriften eigentlich erklärt und verstanden, ist mit besonderem Fleiß über demselben zu halten, damit diese zwei Lehren nicht miteinander vermischt oder aus dem Evangelio ein Gesetz gemacht, dadurch der Verdienst Christi verdunkelt und die betrübten Gewissen ihres Trostes beraubt, den sie sonst in dem heiligen Evangelio haben, wenn dasselbe lauter und rein gepredigt, und sich in ihren höchsten Anfechtungen wider das Schrecken des Gesetzes aufhalten können.

Nun ist hier gleichergestalt zwischen etlichen Theologen Augsburgischer Konfession Zwiespalt eingefallen, da der eine Teil vor geben, das Evangelium sei eigentlich nicht allein eine Gnadenpredigt, sondern auch zugleich eine Predigt der Buße, welche die größte Sünde, nämlich den Unglauben, straft. Der andere Teil aber hat gehalten und gestritten, dass das Evangelium nicht eigentlich sei eine Buß= oder Strafpredigt, welches eigentlich dem Gesetz Gottes zugehöre, das alle Sünde und also auch den Unglauben strafe; sondern das Evangelium sei eigentlich eine Predigt von der Gnade und Huld Gottes um Christus' willen, durch welchen den Bekehrten zu Christo der Unglaube, in dem sie zuvor gesteckt, den auch das Gesetz Gottes gestraft hat, verziehen und vergeben worden.

Da wir nun diesen Zwiespalt recht bedenken, ist solcher vornehmlich daher verursacht worden, dass das Wörtlein "Evangelium" nicht in einerlei und gleichem Verstande alIwege, sondern auf zweierlei Weise in heiliger göttlicher Schrift wie auch von den alten und neuen Kirchenlehrern gebraucht und verstanden worden. Denn einmal wird es gebraucht, dass dadurch verstanden die ganze Lehre Christi, unsers Hern, die er auf Erden in seinem predigtamt geführt und im neuen Testament zu führen befohlen und also damit die Erklärung des Gesetzes und Verkündigung der Huld und Gnade Gottes, seines himmlischen Vaters, begriffen hat, wie Mark. 1 geschrieben steht: "Das ist der Anfang des Evangelii von Jeu Christo, dem Sohne Gottes." Und bald darauf werden die summarischen Hauptstücke gesetzt, Buße und Vergebung der Sünden. Also, da Christus nach seiner Auferstehung den Aposteln befohlen, "das Evangelium in alIer Welt zu predigen", Mark. 16, faßt er die Summa solcher seiner Lehre mit wenig Worten zusammen, da er Luk. 24 sagt: "Also ist's geschrieben, und also musste Christus leiden und auferstehen von den Toten am dritten Tage und predigen lassen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Heiden." Gleichfalls auch nennt Paulus seine ganze Lehre das Evangelium, Act. 20. Er faßt aber die Summa solcher seiner Lehre in diese Hauptstücke: Buße zu Gott und den Glauben an Christum. Und in dem Verstande ist die generaIis definitio, das ist, die Beschreibung des Wortes "Evangelii", wenn es in weitläuftigem Verstand und außerhalb dem eigentlichen Unterschied des Gesetzes und Evangelii gebraucht wird, recht, wenn gesagt wird, das Evangelium sei eine Predigt von der Buße und Vergebung der Sünden. Denn es haben Johannes, Christus und die Apostel ihre Predigt von ber Buße angefangen und also nicht alIein die gnadenreiche Verheissung von Vergebung der Sünden, sondern auch das Gesetz Gottes ausgelegt und getrieben. Danach wird das Wort "Evangelium" in einem andern, nämlich in seinem eigentlichen Verstand gebraucht, da es nicht die Predigt von der Buße, sondern alIein die Predigt von der Gnade Gottes begreift, wie gleich hernach folgt Mark. 1, da Christus sagt: "Tut Buße und glaubet dem Evangelio!"

Wie denn auch das Wörtlein "Buße" nicht in einerlei Verstand in Heiliger Schrift gebraucht wird. Denn an etlichen Orten der Heiligen Schrift wird es gebraucht und genommen für die ganze Bekehrung des Menschen, als Luk. 13: "Werdet ihr nicht Buße tun, so werdet ihr alIe auch also umkommen." Und im 15. Kapitel: "Also wird Freude sein über einen Sünder, der Buße tut." Aber in diesem Ort, Mark. 1, wie auch anderswo, da unterschiedlich gesetzt wird die Buße und der Glaube an Christum, Act. 20, oder Buße und Ver- gebung der Sünden, Luk. 24, heißt Buße tun anders nichts, denn die Sünde wahrhaftig erkennen, herzlich bereuen und davon abstehen; welche Erkenntnis aus dem Gesetz kommt, aber zu heilsamer Bekehrung zu Gott nicht genug ist, wenn nicht der Glaube an Christum dazukommt, dessen Verdienst die tröstliche Predigt des heiligen Evangelii allen bußfertigen Sündern anbeut, so durch die Predigt des Gesetzes erschreckt sind. Denn das Evangelium predigt Vergebung der Sünden nicht den rohen, sicheren Herzen, sondern den Zerschlagenen oder Bußfertigen, Luk 4. Und dass aus der Reue oder Schrecken des Gesetzes nicht möge eine Verzweiflung werden, muss die Predigt des Evangelii dazukommen, dass es möge sein eine Reue zur Seligkeit, 2 Kor. 7.

Denn weil die bloße Predigt des Gesetzes ohne Christum entweder vermessene Leute macht, die sich dafürhalten, dass sie das Gesetz mit äußerlichen Werken erfüllen können, oder ganz und gar in Verzweiflung geraten, so nimmt Christus das Gesetz in seine Hände und legt dasselbe geistlich aus, Matth. 5; Röm. 7 und 1, und offenbart also seinen Zorn vom Himmel herab über alle Sünder, wie groß derselbe sei, dadurch sie in das Gesetz gewiesen werden und aus demselben erst recht lernen ihre Sünde erkennen, welche Erkenntnis Moses nimmermehr aus ihnen hätte erzwingen können. Denn wie der Apostel zeugt, 2 Kor. 3, da gleich Moses gelesen wird, so bleibt doch immer die "Decke", so er vor sein Angesicht hing, unaufgedeckt, dass sie das Gesetz geistlich, und wie große Dinge es von uns erfordert, und weil wir solches nicht halten noch erfüllen können, wie tief es uns verfluche und verdamme, nicht erkennen. "Wenn sie sich aber zum Hern bekehrt haben, alsdann wird solche Decke abgetan", 2 Kor. 3.

Darum muss der Geist Christi nicht allein trösten, sondern auch durch das Amt des Gesetzes "strafen die Welt um die Sünde" und also im neuen Testament tun, wie der prophet sagt, opus alienum, ut faciat opus proprium, das ist, er muss: "ein fremd Amt" verrichten (welches ist strafen), bis er komme zu seinem eignen Werk, das ist, trösten und von der Gnade predigen, darum er denn uns durch Christum erworben und gesandt und der Ursache auch der Tröster genennet D. Luther in der Auslegung des Evangelii Dom. 5. nach Trinitatis mit nachfolgenden Worten erklärt hat:

"Es ist alles des Gesetzes Predigt, was da von unsern Sünden und Gottes Zorn predigt, es geschehe, wie oder wann es wolle. Wiederum ist das Evangelium eine solche Predigt, die nichts anderes denn Gnade und Vergebung in Christo zeigt und gibt; wiewohl es wahr und recht ist, dass die Apostel und Prediger des Evangelii (wie auch Christus selbst getan hat) die Predigt des Gesetzes bestätigen und anfangen bei denen, die noch nicht ihre Sünde erkennen noch vor Gottes Zorn erschrocken sind, wie er Joh. 16 sagt: ‘Der Heilige Geist wird die Welt strafen um die Sünde, darum das sie nicht an mich glauben.' Ja, was ist für eine ernstlichere, schrecklichere Anzeigung und Predigt Gottes Zorns über die Sünde denn eben das Leiden und Sterben Christi, seines Sohnes? Aber solange dieses alles Gottes Zorn predigt und den Menschen schreckt, so ist es noch nicht des Evangelii noch Christi eigene Predigt, sondern Moses und das Gesetz über die Unbußfertigen. Denn das Evangelium und Christus ist je nicht geordnet und gegeben zu schrecken noch zu verdammen, sondern die, so erschreckt und blöde sind, zu trösten und aufzurichten." Und abermals: "Christus spricht Joh. 16: ‘Der Heilige Geist wird die Welt strafen um die Sünde'; welches mag nicht geschehen ohne durch's Gesetzes Erklärung." (Tom. 2, Ienens., foI. 455.)

Also sagen auch die Schmalkaldischen Artikel: "Das neue Testament behält und treibt das Amt des Gesetzes, das die Sünde und Gottes Zorn offenbart; aber zu solchem Amt tut es flugs die Verheissung der Gnade durchs Evangelium."

Und die Apologia spricht: Zu einer rechten, heilsamen Buße ist nicht genug, allein das Gesetz predigen, sondern "es muss dazu auch kommen das Evangelium". Also sind beide Lehren beieinander und müssen auch nebeneinander getrieben werden, aber in gewisser Ordnung und mit gebührlichem Unterschied, und werden die Antinomi oder Gesetzesstürmer billig verdammt, welche die Predigt des Gesetzes aus der Kirche werfen und wollen, dass man Sünde strafen, Reue und Leid nicht aus dem Gesetze, sondern allein aus dem Evangelio lehren solle.

Auf dass aber männiglich sehen möge, dass wir in angeregtem Zwiespalt nichts verschlagen, sondern dem christlichen Leser den Handel fein lauter unter Augen stellen:

Demnach glauben, lehren und bekennen wir einhellig, dass das Gesetz eigentlich sei eine göttliche Lehre, darin der gerechte, unwandelbare Wille Gottes geoffenbart, wie der Mensch in seiner Natur, Gedanken, Worten und Werken geschaffen sein sollte, dass er Gott gefällig und angenehm sei, und dräut den Übertretern desselben Gottes Zorn, zeitliche und ewige strafen. Denn, wie Lutherus wider die Gesetzesstürmer redet: "Alles, was die Sünde straft, ist und gehört zum Gesetz, dessen eigen Amt ist, Sünde strafen und zur Erkenntnis der Sünden führen", Röm. 3 und 7; und nachdem der Unglaube eine Wurzel und Brunnqüll aller sträflichen Sünden ist, so straft das Gesetz auch den Unglauben.

Es ist aber gleichwohl dies auch wahr, dass das Gesetz mit seiner Lehre durchs Evangelium illustriert und erklärt wird, und bleibt dennoch des Gesetzes eigentlich Amt, die Sünde strafen und von guten Werken lehren.

Also straft das Gesetz den Unglauben, wenn man Gottes Wort nicht glaubt. Weil nun das Evangelium, welches allein eigentlich lehrt und befiehlt, an Christum Glauben, Gottes Wort ist, so straft der Heilige Geist durch das Amt des Gesetzes auch den Unglauben, dass sie nicht an Christum Glauben, welches Evangelium doch allein eigentlich lehrt von dem seligmachenden Glauben an Christum.

Das Evangelium aber ist eigentlich eine Lehre (nachdem der Mensch das Gesetz Gottes nicht gehalten, sondern dasselbe übertreten, dawider seine verderbte Natur, Gedanken, Worte und Werke streiten, und der Ursachen dem Zorn Gottes, dem Tod, allen zeitlichen Plagen und der Strafe des höllischen Feuers unterworfen ), die da lehrt, was der Mensch Glauben solle, dass er bei Gott die Vergebung der Sünden erlange, nämlich, dass der Sohn Gottes, unser Her Christus, den Fluch des Gesetzes auf sich genommen und getragen, alle unsere Sünden gebüßt und bezahlt, durch welchen allein wir bei Gott wieder zu Gnaden kommen, Vergebung der Sünden durch den Glauben erlangen, aus dem Tod und allen Strafen der Sünden erledigt und ewig selig werden.

Denn alles, was tröstet, die Huld und Gnade Gottes den Übertretern des Gesetzes anbeut, ist und heißt eigentlich das Evangelium, eine gute und fröhliche Botschaft, dass Gott die Sünde nicht strafen, sondern um Christus' willen vergeben wolle.

Demnach ein jeder bußfertiger Sünder glauben, das ist, sein Vertrauen allein auf den Hern Christum setzen soll, dass er um unserer Sünden willen sei dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen wieder auferstanden, Röm. 4; welcher um unsertwillen zur Sünde worden, der von reiner Sünde wußte, auf dass wir in ihm würden die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, 2 Kor. 5; der uns zur Gerechtigkeit gemacht, 1 Kor. 1, des Gehorsam uns zur Gerechtigkeit vor Gott an seinem strengen Gericht zugerechnet wird; das also das Gesetz, inmaßen hier oben erklärt, ein Amt ist, das durch den Buchstaben tötet und die Verdammnis predigt, 2 Kor. 3; das Evangelium aber ist eine Kraft Gottes, selig zu machen alle die, so daran glauben, Röm. 1; 1 Kor. 1; das die Gerechtigkeit predigt und den Geist gibt, Gal. 3. Wie denn D. Luther den Unterschied mit besonderem Fleiß schier in allen seinen Schriften getrieben und eigentlich angezeigt, dass viel eine andere Erkenntnis Gottes sei, die aus dem Evangelio kommt, denn die aus dem Gesetz gelehrt und gelernt wird; weil auch die Heiden aus dem natürlichen Gesetz etlichermaßen eine Erkenntnis Gottes gehabt, gleichwohl ihn aber weder recht erkannt noch recht geehrt haben, Röm. 1.

Diese zwei Predigten sind von Anfang der Welt her in der Kirche Gottes nebeneinander je und allwege mit gebührendem Unterschied getrieben worden. Denn die Nachkommen der lieben Altväter, wie denn auch die Altväter selbst, sich nicht allein stetig erinnert, wie der Mensch anfangs von Gott gerecht und heilig erschaffen und durch Betrug der Schlange Gottes Gebot übertreten, zum Sünder worden und sich selbst samt allen ihren Nachkommen verderbt, in den Tod und ewige Verdammnis gestürzt haben, sondern auch sich wiederum aufgerichtet und getröstet durch die Predigt von "des Weibes Samen, welcher der Schlange den Kopf zertreten solle", Gen. 3; item von "Abrahams Samen, in welchem alle Völker gesegnet werden sollen", Gen. 22 und 27; item von "Davids Sohn, der das Reich Isräl wiederum aufrichten und ein Licht der Heiden sein soll", Ps. 110; Jes. 49; Luk. I; "welcher um unserer Sünde willen geschlagen und um unserer Missetat willen verwundet, durch des Wunden wir heil worden sind", Jes. 53.

Solche beide Lehren glauben und bekennen wir, dass sie für und für bis an das Ende der Welt fleißig, doch mit gehörtem guten Unterschied in der Kirche Gottes zu treiben seien, damit durch die Predigt des Gesetzes und desselben Dräuung im Amt des neuen Testaments die Herzen der unbußfertigen Menschen geschreckt und zur Erkenntnis ihrer Sünden und zur Buße gebracht ; aber nicht also, dass sie darin verzagen und verzweifeln, sondern weil das Gesetz ein Zuchtmeister auf Christum, dass wir durch den Glauben gerecht werden, Gal. 3, und also nicht von Christo, sondern auf Christum, der "des Gesetzes Ende" ist, weist und führt, Röm. 10, dass sie durch die Predigt des heiligen Evangelii von unserm Hern Christo wiederum also getröstet und gestärkt, dass nämlich ihnen, so sie dem Evangelio glauben, Gott alle ihre Sünden durch Christum vergeben, sie um seinetwillen an Kindes Statt annehmen und aus lauter Gnade, ohne all ihren ; aber doch nicht also, dass sie sich der Gnade Gottes mißbrauchen und auf dieselbe sündigen; wie Paulus 2 Kor. 3 den Unterschied zwischen dem Gesetz und Evangelio gründlich und gewaltig erweist.

Demnach, und auf dass beide Lehren, des Gesetzes und Evangelii, nicht ineinandergemengt und vermischt, und der einen zugeschrieben werde, was der andern zugehört, dadurch dann leichtlich der Verdienst und die Guttaten Christi verdunkelt und das Evangelium wiederum zu einer Gesetzeslehre gemacht, wie im Papsttum geschehen, und also die Christen des rechten Trosts beraubt, den sie im Evangelio wider das Schrecken des Gesetzes haben, und dem Papsttum wiederum die Tür in der Kirche Gottes aufgetan werde: so muss mit allem Fleiß der wahre, eigentliche Unterschied zwischen dem Gesetz und Evangelio getrieben und erhalten, und was zur Konfusion inter legem et evangelium (das ist, dadurch die beiden Lehren, Gesetz und Evangelium, verwirrt und in eine Lehre gemengt) Ursache geben möchte, fleißig verhütet werden. Ist derhalben gefährlich und unrecht, das man aus dem Evangelio, wenn es eigentlich also genennet, wie es vom Gesetz unterschieden wird, eine Buß= oder Strafpredigt machen wolle. Denn sonst, wenn es ingemein verstanden wird von der ganzen Lehre, so sagt auch die Apologia etliche Male, das Evangelium sei eine Predigt von der Buße und Vergebung der Sünden. Es zeigt aber daneben die Apologia auch das an, dass Evangelium eigentlich sei die Verheissung der Vergebung der Sünden und der Rechtfertigung durch Christum, das Gesetz aber sei ein Wort, das die Sünde straft und verdammt.

die Sünde straft und verdammt.

VI. Vom dritten Brauch des Gesetzes Gottes.

Nachdem das Gesetz Gottes nicht allein dazu nützt, dass dadurch äußerliche Zucht und Ehrbarkeit wider die wilden, ungehorsamen Leute erhalten, 2. desgleichen, dass durch solches die Menschen zur Erkenntnis ihrer Sünden gebracht, 3. sondern auch, wenn sie durch den Geist Gottes neugeboren, zu dem Hern bekehrt und also ihnen die Decke Moss aufgedeckt, in dem Gesetz leben und wandeln: hat sich über diesen dritten und letzten Brauch des Gesetzes ein Zwiespalt etlicher wenig Theologen zugetragen, da der eine Teil gelehrt und gehalten, dass die Wiedergebornen den neuen Gehorsam, oder in welchen guten Werken sie wandeln sollen, nicht aus dem Gesetz lernen, noch daraus dieselbe Lehre zu treiben sei, weil sie durch den Sohn Gottes freigemacht, seines Geistes Tempel worden und also frei, gleichwie die Sonne ohne einigen Trieb für sich selbst ihren ordentlichen Lauf vollbringt, also auch sie für sich selbst, aus Eingeben und Trieb des Heiligen Geistes, tun, was Gott von ihnen erfordert. Dagegen hat der andere Teil gelehrt: obwohl die Rechtgläubigen wahrhaftig durch den Geist Gottes getrieben werden und also nach dem inwendigen Menschen aus einem freien Geist den Willen Gottes tun, so gebrauche doch eben der Heilige Geist das geschriebene Gesetz bei ihnen zur Lehre, dadurch auch die Rechtgläubigen lernen, Gott nicht nach ihren eigenen Gedanken, sondern nach seinem geschriebenen Gesetz und Wort zu dienen, welches eine gewisse Regel und Richtschnur sei eines gottseligen Lebens und Wandels, nach dem ewigen und unwandelbaren Willen Gottes anzurichten.

Zur Erklärung und endlichen Hinlegung dieses Zwiespalts glauben, lehren und bekennen wir einhellig, dass, obwohl die rechtgläubigen und wahrhaftig zu Gott bekehrten und gerechtfertigten Christen vom Fluch des Gesetzes erledigt und freigemacht sind, dass sie sich doch im Gesetz des Hern täglich üben sollen; wie geschrieben steht Ps. 1 und 119: "Wohl dem, der Lust zum Gesetz des Hern hat und redet von seinem Gesetz Tag und Nacht." Denn das Gesetz ist ein Spiegel, in welchem der Wille Gottes, und was ihm gefälIig, eigentlich abgemalt ist, das man den Gläubigen stets vorhalten und bei ihnen ohne Unterlaß fleißig treiben soll.

Denn obwohl dem Gerechten kein Gesetz gegeben ist, wie der Apostel zeugt, sondern den Ungerechten, so ist doch solches nicht also bloß zu verstehen, dass die Gerechten ohne Gesetz leben sollen. Denn das Gesetz Gottes ihnen in das Herz geschrieben, und dem ersten Menschen gleich nach seiner Erschaffung auch ein Gesetz gegeben, danach er sich verhalten sollte. Sondern die Meinung St. Pauli ist, dass das Gesetz diejenigen, so durch Christum mit Gott versöhnt, mit seinem Fluch nicht beschweren kann, auch die Wiedergebornen mit seinem Zwang nicht quälen dürfe, weil sie nach dem inwendigen Menschen Lust haben an Gottes Gesetz.

Und zwar, wenn die gläubigen und auserwählten Kinder Gottes durch den einwohnenden Geist in diesem Leben vollkömmlich verneuert würden, also dass sie in ihrer Natur und allen derselben Kräften ganz und gar der Sünden ledig wären, bedürften sie keines Gesetzes und also auch keines Treibers, sondern sie täten für sich selbst und ganz freiwillig ohne alle Lehre, Vermahnung, Anhalten oder Treiben des Gesetzes, was sie nach Gottes Willen zu tun schuldig sind, gleichwie die Sonne, der Mond und das ganze himmlische Gestirn seinen ordentlichen Lauf ohne Vermahnung, ohne Anhalten, Treiben, Zwang oder Nötigung für sich selbst unverhindert hat, nach der Ordnung Gottes, die ihnen Gott einmal gegeben hat, ja, wie die lieben Engel einen ganz freiwilligen Gehorsam leisten.

Nachdem aber die Gläubigen in diesem Leben nicht vollkömmlich, ganz und gar, compIetive vel consummative, verneuert werden; denn obwohl ihre Sünde durch den vollkommenen Gehorsam Christi bedeckt, dass sie den Gläubigen zur Verdammnis nicht zugerechnet wird, auch durch den Heiligen Geist die Abtötung des alten Adams und die Verneurung im Geist ihres Gemüts angefangen so hängt ihnen doch noch immer der alte Adam in ihrer Natur und allen desselben innerlichen und äußerlichen Kräften an; davon der Apostel geschrieben Röm. 7: "Ich weiß, das in mir, das ist, in meinem Fleisch, wohnet nichts Gutes." Und abermals: "Ich weiß nicht, was ich tü; denn ich tü nicht, was ich will, sondern das ich hasse, das tü ich." Item: "Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern, das da widerstrebet dem Gesetz in meinem Gemüte und nimmt mich gefangen in der Sünde Gesetz." Item: "Das Fleisch gelüstet wider den Geist und den Geist wider das Fleisch; dieselbigen sind widereinander, dass ihr nicht tut, was ihr wollet."

Darum so bedürfen in diesem Leben die rechtgläubigen, auserwählten und wiedergebornen Kinder Gottes von wegen solcher Gelüste des Fleisches nicht allein des Gesetzes täglicher Lehre und Vermahnung, Warnung und Dräuung, sondern auch oftermals der Strafen, damit sie aufgemuntert und dem Geist Gottes folgen, wie geschrieben steht Ps. 119: "Es ist mir gut, Her, dass du mich demütigest, auf dass ich deine Rechte lerne." Und abermals, 1 Kor. 9: "Ich betäube meinen Leib und zähme ihn, dass ich nicht den andern predige und selbst verwerflich werde." Und abermals, Hebr. 12: "Seid ihr ohne Züchtigung, welcher sie alle sind teilhaftig worden, so seid ihr Bastarde und nicht Kinder," wie D. Luther solches mit mehr Worten in der Kirchenpostille, im Sommerteil, über die Epistel am 19. Sonntag nach Trinitatis ausführlich erklärt hat.

Es muss aber auch u1nterschiedlich erklärt werden, was das Evangelium zu dem neuen Gehorsam der Gläubigen tü, schaffe und wirke, und was hierin, soviel die guten Werke der Gläubigen anlangt, des Gesetzes Amt sei.

Denn das Gesetz sagt wohl, es sei Gottes Wille und Befehl, das wir im neuen Leben wandeln sollen, es gibt aber die Kraft und Vermögen nicht, dass wir's anfangen und tun können, sondern der Heilige Geist, welcher nicht durch das Gesetz, sondern durch die Predigt des Evangelii gegeben und empfangen wird, Gal. 3, erneuert das Herz. Danach braucht der Heilige Geist das Gesetz dazu, dass er aus demselben die Wiedergebornen lehrt und in den zehn Geboten ihnen zeigt und weist, welches da sei "der wohlgefällige Wille Gottes", Röm. 12 "in welchen guten Werken sie wandeln sollen, die Gott zuvor bereitet hat," Eph. 2; vermahnt sie dazu, und da sie in dem von wegen des Fleisches faul, nachlässig und widerspenstig sind, straft er sie darum durchs Gesetz, also dass er beide Ëmter zusammen führt: er tötet und macht lebendig, er führt in die Hölle und führt wieder heraus; welches Amt ist nicht allein trösten, sondern auch strafen, wie geschrieben steht: "Wenn der Heilige Geist kommt, der wird die Welt" darunter auch der alte Adam ist): "strafen um die Sünde und um die Gerechtigkeit und um das Gericht." Sünde aber ist alles, das wider das Gesetz Gottes ist. Und St. Paulus sagt: "Alle Schrift, von Gott gegeben, ist nütze zur Lehre, zur Strafe" usw., und strafen ist das eigentliche Amt des Gesetzes. Darum, sooft die Gläubigen straucheln, werden sie gestraft durch den Heiligen Geist aus dem Gesetz und durch denselben Geist wieder aufgerichtet und getröstet mit der Predigt des heiligen Evangelii.

Damit aber, soviel möglich, aller Mißverstand verhütet, und der Unterschied zwischen den Werken des Gesetzes und des Geistes eigentlich gelehrt und erhalten werde, ist mit sonderem Fleiß zu merken: wenn von guten Werken geredet wird, die dem Gesetz Gottes gemäß sind (denn sonst sind es nicht gute Werke), das hier das Wort: "Gesetz" einerlei heißet, nämlich den unwandelbaren Willen Gottes, nach welchem sich die Menschen in ihrem Leben verhalten sollen.

Der Unterschied aber ist in den Werken von wegen des Unterschieds der Menschen, die nach solchem Gesetz und Willen Gottes sich befleißigen zu halten. Denn solange der Mensch nicht wiedergeboren ist und sich nach dem Gesetz hält und tut die Werke darum, dass sie also geboten sind, aus Furcht der Strafe oder Gesuch des Lohns der ist noch unter dem Gesetz, und seine Werke werden von St. Paulo eigentlich Werke des Gesetzes genennet, denn sie werden von dem Gesetz erzwungen wie die Knechte; und das sind kainische Heilige.

Wenn aber der Mensch durch den Geist Gottes neugeboren und vom Gesetz freigemacht, das ist von diesem Treiber ledig worden und von den Geist Christi getrieben wird, so lebt er nach den unwandelbaren Willen Gottes, im Gesetz begriffen und tut alles, soviel er neugeboren ist, aus freiem lustigem Geist, 1 Tim. 1; Röm. 6. 8; und solches heißen nicht eigentlich Werke des Gesetzes, sondern Werke und Früchte des Geistes oder, wie es St. Paulus nennt, "das Gesetz des Gemüts und Gesetz Christi". Denn solche Leute sind nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade, wie St. Paulus sagt Röm. 8.

Nachdem aber die Gläubigen in dieser Welt nicht vollkommen erneuert, sondern der alte Adam hängt ihnen an bis in die Grube so bleibt auch in ihnen der Kampf zwischen den Geist und Fleisch. Darum haben sie wohl Lust an Gottes Gesetz nach dem innerlichen Menschen aber das Gesetz in ihren Gliedern widerstrebt den Gesetz in ihrem Gemüte; dergestalt sie denn nimmer ohne Gesetz und gleichwohl nicht unter, sondern im Gesetz sind, im Gesetz des Herrn leben und wandeln und doch aus Trieb des Gesetzes nichts tun.

Soviel aber den alten Adam belangt, der ihnen noch anhängt, muss derselbe nicht allein mit Gesetz, sondern auch mit Plagen getrieben werden, der doch alles wider seinen Willen und gezwungen tut, nicht weniger als die Gottlosen durch Dräuungen des Gesetzes getrieben und im Gehorsam gehalten werden, 1 Kor. 9; Röm. 7.

So ist auch solche Lehre des Gesetzes den Gläubigen darum nötig, auf das sie nicht auf eigene Heiligkeit und Andacht fallen und unter dem Schein des Geistes Gottes eigenerwählten Gottesdienst, ohne Gottes Wort und Befehl, anrichten, wie geschrieben steht Deut. I2: "Ihr sollt deren keins tun, ein jeder, was ihn recht dünket, sondern höret die Gebote und Rechte, die ich euch gebiete, und sollet auch nichts dazutun noch davontun."

So ist auch die Lehre des Gesetzes in und bei den guten Werken der Gläubigen darum vonnöten: denn sonst kann ihm der Mensch gar leicht einbilden, dass sein Werk und Leben ganz rein und vollkommen sei. Aber das Gesetz Gottes schreibt den Gläubigen die guten Werke also vor, das es zugleich wie in einem Spiegel zeigt und weist, das sie in uns in diesem Leben noch unvollkommen und unrein seien, dass wir mit dem lieben Paulo sagen müssen: "Wenn ich mir gleich nichts bewußt bin, so bin ich darum nicht gerechtfertiget." Also, da Paulus die Neugebornen zu guten Werken vermahnt, hält er ihnen ausdrücklich vor die zehn Gebote, Röm. 13; und dass seine guten Werke unvollkommen und unrein seien, erkennt er aus dem Gesetz, Röm. 7; und David spricht Ps. 119: viam mandatorum tuorum cucurri, "ich wandle auf dem Wege deiner Gebote"; aber "gehe mit deinem Knecht nicht ins Gericht, denn sonst wird kein Lebendiger vor dir gerecht sein", Ps. 143.

Wie aber und warum die guten Werke der Gläubigen, ob sie gleich in diesem Leben von wegen der Sünde im Fleisch unvollkommen und unrein sind, dennoch Gott angenehm und wohlgefällig sind, solches lehrt nicht das Gesetz, welches einen ganz vollkommenen, reinen Gehorsam, wo er Gott gefallen soll, erfordert. Sondern das Evangelium lehrt, dass unsere geistlichen Opfer Gott angenehm seien durch den Glauben um Christus' willen, 1 Petr. 2; Hebr. 11. Solchergestalt sind die Christen nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade, weil die Person von dem Fluch und Verdammnis des Gesetzes durch den Glauben an Christum gefreiet, und weil ihre guten Werke, ob sie gleich noch unvollkommen und unrein, durch Christum Gott angenehm sind, weil sie auch nicht aus Zwang des Gesetzes, sondern aus Verneuerung des Heiligen Geistes, von Herzen, willig und Ungezwungen tun, was Gott gefäIlig ist, soviel sie nach den innerlichen Menschen neugeboren sind; gleichwohl aber führen sie einen stetigen Kampf wider den alten Adam.

Denn der alte Adam, als der unstallige, streitige Esel, ist auch noch ein Stück an ihnen, das nicht allein mit des Gesetzes Lehre, Vermahnung, Treiben und Dräün, sondern auch öftermals mit dem Knüttel der Strafen und Plagen in den Gehorsam Christi zu zwingen, bis das Fleisch der Sünde ganz und gar ausgezogen und der Mensch vollkömmlich in der Auferstehung erneuert, da er weder der Predigt des Gesetzes noch seiner Dräuung und Strafen wie auch des Evangelii nicht mehr bedürfen wird, die in dies unvollkommene Leben gehören. Sondern wie sie Gott von Angesicht zu Angesicht anschauen, also werden sie durch Kraft des einwohnenden Geistes Gottes freiwillig, ungezwungen, ungehindert, ganz rein und völlig mit eitel Freuden den Willen Gottes zu tun und sich an demselben ewig zu erfreuen.

Demnach verwerfen und verdammen wir als einen schädlichen und christlicher Zucht, auch wahrer Gottseligkeit nachteiligen Irrtum, wenn gelehrt wird, dass das Gesetz obgemeldeter Weise und Maß nicht bei den Christen und Rechtgläubigen, sondern allein bei den Ungläubigen, Unchristen und Unbußfertigen getrieben werden soll.

VII. Vom heiligen Abendmahl.

Wiewohl die Erklärung dieses Artikels vielleicht etlicher Bedünken nach nicht in diese Schrift sollte gesetzt werden, darin wir die Artikel, so unter den Theologen Augsburgischer Konfession (von welcher sich die Sakramentierer bald anfänglich, als die Konfession zu Augsburg Anno 1530 erstlich gestellt und dem Kaiser übergeben, gänzlich geäußert und abgesondert und ihre eigene Konfession übergeben haben) in Zwiespalt gezogen, zu erklären Vorhabens sind, so haben wir doch (nachdem leider etliche Theologen und andere, so sich der Augsburgischen Konfession rühmen, die nächsten Jahre den Sakramentierern in diesem Artikel nicht mehr heimlich, sondern zum Teil öffentlich Beifall getan und wider ihr eigen Gewissen die Augsburgische Konfession, als die mit der Sakramentierer Lehre in diesem Artikel ganz übereinstimme, mit Gewalt anziehen und verkehren wollen) nicht unterlassen können noch sollen, auch in dieser Schrift mit unserm Bekenntnis der göttlichen Wahrheit Zeugnis zu geben und die rechte Meinung und eigentlichen Verstand der Worte Christi und der Augsburgischen Konfession von diesem Artikel wiederum zu erholen und, soviel an uns ist, durch Gottes Hilfe auch auf die Nachkommen zu erhalten und unsere Zuhörer samt andern frommen Christen vor diesem schädlichen und dem heiligen göttlichen Wort und der Augsburgischen Konfession ganz widerwärtigen und vielmals verdammten Irrtum treulich zu verwarnen.

STATUS CONTROVERSIAE.

Der Hauptstreit zwischen unserer und der Sakramentierer Lehre in diesem Artikel.

Obwohl etliche Sakramentierer sich befleißen, mit Worten auf das allernächste der Augsburgischen Konfession und dieser Kirchen Form oder Weise zu reden zu gebrauchen, und bekennen, dass im heiligen Abendmahl der Leib Christi wahrhaftig von den Gläubigen empfangen werde; dennoch, wenn man sie ihre Meinung eigentlich, aufrichtig und deutlich anzuzeigen dringt, so erklären sie sich alle einträchtig also: dass der wahre, wesentliche Leib und Blut Christi vom gesegneten Brot und Wein im Abendmahl ja so weit als der höchste Himmel von der Erde abwesend sei. Denn also lauten ihre eigenen Worte: Abesse Christi corpus et sanguinem a signis tanto intervallo dicimus, quanto abest terra ab altissimis coelis. Das ist: "Wir sagen, dass der Leib und Blut Christi so weit von den Zeichen sei, so weit und fern die Erde von dem allerhöchsten Himmel ist." Verstehen derhalben solche Gegenwärtigkeit des Leibes Christi nicht allhier auf Erden, sondern allein respectu fidei, das ist, dass unser Glaube, durch die sichtbarlichen Zeichen, gleichwie durchs gepredigte Wort, erinnert und erweckt, sich erhebe und über alle Himmel hinaufsteige und den allda im Himmel gegenwärtigen Leib Christi, ja Christum selbst samt allen seinen Guttaten wahrhaftig und wesentlich, aber doch nur geistlich empfange und genieße; denn wie das Brot und Wein allhier auf Erden und nicht im Himmel, also sei der Leib Christi jetzund im Himmel und nicht auf Erden; werde derhalben mit dem Munde nichts anderes im Abendmahl als Brot und Wein empfangen.

Nun haben sie erstlich geben, des Hern Abendmahl sei nur ein äußerlich Zeichen, dabei man die Christen kenne, und werde darin nichts anderes als schlecht Brot und Wein (die des abwesenden Leibes Christi bloße Zeichen seien) gereicht. Als dieses den Stich nicht halten wollen, haben sie bekannt, der Her Christus sei wahrhaftig in seinen Abendmahl gegenwärtig, nämlich per communicationem idiomatum, das ist, allein nach seiner göttlichen Natur, aber nicht mit seinem Leib und Blut.

Danach, als man sie mit Christi Worten gedrungen zu bekennen, dass der Leib Christi im Abendmahl zugegen sei, haben die es doch nicht anders verstanden und erklärt als geistlich, das ist, mit seiner Kraft, Wirkung und Guttat, durch den Glauben zu genießen, weil durch den Geist Christi, der allenthalben ist, unsere Leiber, darin der Geist Christi allhier auf Erden wohnt, mit dem Leibe Christi, der im Himmel ist, vereinigt werden.

Daher denn durch diese herrlichen, scheinlichen Worte viel hoher Leute betrogen worden, wenn sie vorge ben und gerühmt, sie seien keiner andern Meinung, denn dass der Her Christus wahrhaftig, wesentlich, lebendig in seinem Abendmahl gegenwärtig sei, verstehen aber solches allein nach seiner göttlichen Natur und nicht von seinem Leib und Blut, der nun im Himmel und nirgend anders sei; und gibt uns mit Brot und Wein seinen wahren Leib und Blut zu essen geistlich, durch den Glauben, aber nicht leiblich, mit dem Munde, zu genießen.

Denn sie die Worte des Abendmahls: "Esset, das ist mein Leib", nicht eigentlich, wie sie lauten, nach dem Buchstaben, sondern als verblümte Reden (figurate) verstehen, also dass essen den Leib Christi nichts anderes heiße als Glauben und Leib so viel als Symbolum, das ist, ein Zeichen oder Figur des Leibes Christi, welcher nicht im Abendmahl auf Erden, sondern allein im Himmel sei; das Wort ist sacramentaliter seu modo significativo deuten, ne quls rem cum signis ita putet copulari, ut Christi quoque caro nunc in terris adsit modo quodam invisibili et incomprehensibili; das ist, der Leib Christi sei mit dem Brot sakramentlich oder bedeutlich vereinigt, also dass die gläubigen, frommen Christen, so gewiß als sie das Brot mit dem Munde essen, so gewiß auch den Leib Christi, so droben im Himmel ist, mit dem Glauben geistlich genießen. Aber dass der Leib Christi im Abendmahl allhier auf Erden wesentlich, wiewohl unsichtbarlich und unbegreiflich, gegenwärtig und mit dem gesegneten Brot mündlich, auch von Heuchlern oder Scheinchristen, empfangen werde, das pflegen sie als eine grausame Gotteslästerung zu verfluchen und verdammen.

Dagegen wird vom Abendmahl des Hern in der Augsburgischen Konfession aus Gottes Wort also gelehrt, dass der wahre Leib und Blut Christi wahrhaftig unter der Gestalt des Brotes und Weines im heiligen Abendmahl gegenwärtig sei und da ausgeteilt und genommen werde, und wird die Gegenlehre (nämlich der Sakramentierer, so eben zur selben Zeit zu Augsburg ihr eigen Bekenntnis, dass der Leib Christi, dieweil er gen Himmel gefahren, nicht wahrhaftig und wesentlich allhier auf Erden im Sakrament gegenwärtig sei, übergeben haben) verworfen; wie denn diese Meinung im Kleinen Katechismo D. Luthers deutlich mit nachfolgenden Worten gesetzt ist: "Das Sakrament des Altars ist der wahre Leib und Blut unsers Hern Jesu Christi, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken, von Christo selbst eingesetzt"; und noch deutlicher in der Apologia nicht allein erkläret, sondern auch mit dem Spruch Pauli 1 Kor. 10 und Cyrilli bestätigt wird mit diesen Worten: "Der zehnte Artikel ist angenommen, darin wir bekennen, dass im Abendmahl des Hern der Leib und Blut Christi wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig sind und mit den sichtbaren Elementen, Brot und Wein, wahrhaftig gereicht werden denen, die das Sakrament empfangen. Denn dieweil Paulus sagt, das Brot, das wir brechen, sei die Gemeinschaft des Leibes Christi usw., würde folgen, dass das Brot nicht des Leibes, sondern des Geistes Christi Gemeinschaft wäre, wenn der Leib Christi nicht, sondern allein der Heilige Geist wahrhaftig gegenwärtig wäre. So wissen wir, dass nicht allein die römische, sondern auch die griechische Kirche die leibliche Gegenwart Christi im heiligen Abendmahl gelehrt". Und wird aus Cyrillo angezogen, dass Christus auch leiblich im Abendmahl durch Mitteilung seines Fleisches in uns wohnt.

Danach, als diejenigen, so zu Augsburg ihr eigen Bekenntnis von diesem Artikel übergeben, sich unserer Kirchen Konfession verwandt gemacht, ist zu Wittenberg Anno 1536 nachfolgende Formula Concordiae, das ist, Artikel einer christlichen Vergleichung, zwischen den sächsischen und oberländischen Theologen gestellt und von D. Martino Luthero und andern beiderseits Theologen unterschrieben worden:

"Wir haben gehört, wie Herr Martinus Bucer seine und der andern Prädikanten Meinung, so mit ihm aus den Städten kommen sind, von dem heiligen Sakrament des Leibes und Blutes Christi erklärt haben, nämlich also:

"Sie bekennen, laut der Worte Irenäi, dass in diesem Sakrament zwei Dinge sind, ein himmlisches und ein irdisches. Demnach halten und lehren sie, dass mit dem Brot und Wein wahrhaftig und wesentlich zugegen sei, gereicht und empfangen werde der Leib und das Blut Christi. Und wiewohl sie keine Transsubstantiation, das ist, eine wesentliche Verwandlung Brotes und Weines in den Leib und Blut Christi, glauben, auch nicht halten, dass der Leib und Blut Christi localiter, das ist, räumlich, ins Brot eingeschlossen oder sonst beharrlich damit vereinigt werde außer der Nießung des Sakraments, doch so lassen sie zu, dass durch sakramentliche Einigkeit das Brot sei der Leib Christi usw. Denn außer der Nießung, so man das Brot beiseitelegt und behält's im Sakramenthäuslein oder in der Prozession umträgt und zeigt, wie im Papsttum geschieht, halten sie nicht, dass Christus' Leib zugegen sei.

"Zum andern halten sie, dass die Einsetzung dieses Sakraments, durch Christum geschehen, kräftig sei in der Christenheit, und dass es nicht liege an der Würdigkeit oder Unwürdigkeit des Dieners, so das Sakrament reicht, oder des, der es empfängt, darum, wie St. Paulus sagt, dass auch die Unwürdigen das Sakrament nießen: also halten sie, dass auch den Unwürdigen wahrhaftig dargereicht werde der Leib und das Blut Christi, und die Unwürdigen wahrhaftig dasselbe empfangen, so man des Hern Christi Einsetzung und Befehl hält. Aber solche empfangen's zum Gericht, wie St. Paulus sagt; denn sie mißbrauchen des heiligen Sakraments, weil sie es ohne wahre Buße und ohne Glauben empfangen. Denn es ist darum eingesetzt, dass es zeuge, dass denen die Gnade und Wohltaten Christi allda zugeeignet werden, und dass die Christo eingeleibt und durch Christi Blut gewaschen werden, so da wahre Buße tun und sich durch den Glauben an Christum trösten."

In folgendem Jahr, als die vornehmsten der Augsburgischen Konfession zugetanen Theologi aus ganzem deutschen Lande zu Schmalkalden versammelt, und, was im Concilio dieser Kirchenlehre halben vorzulegen, sind mit gemeinem Rat von D. Luthero die Schmalkaldischen Artikel gestellt und von allen Theologen sämtlich und sonderlich unterschrieben, in welchen die eigentliche, rechte Meinung mit kurzen, runden Worten, so am genauesten mit Christi Wort, und den Sakramentierern (so des vergangenen Jahres aufgerichtete FormuIam Concordiae, das ist, die vorermeldeten Artikel der Einigkeit, zu ihrem Vorteil also gedeutet haben, dass mit dem Brot nicht anderer Weise als mit dem Wort des Evangelii der Leib Christi samt allen seinen Guttaten dargereicht, und durch die sakramentliche Einigkeit nichts anderes als die geistliche Gegenwärtigkeit des Hern Christi durch den Glauben soll gemeint sein) alle Ausflucht und Schlupflöcher verstopft worden, nämlich, dass Brot und Wein im Abendmahl sei der wahrhaftige Leib und Blut Jesu Christi, welcher gereicht und empfangen werde nicht allein von frommen, sondern auch von bösen Christen.

Es erklärt und bestätigt auch solche Meinung Doktor Luther weitläufiger aus Gottes Wort im Großen Katechismo, da also geschrieben steht: "Was ist nun das Sakrament des Altars? Antwort: Es ist der wahre Leib und Blut Christi, in und unter dem Brot und Wein, durch Christus' Wort uns Christen befohlen zu essen und zu trinken." Und bald danach: "Das Wort, sag' ich, ist das, das dies Sakrament macht und unterscheidet, dass es nicht lauter Brot und Wein, sondern Christi Leib und Blut ist und heißt." Und bald danach: "Aus dem Wort kannst du dein Gewissen stärken und sprechen: Wenn hunderttausend Teufel samt allen Schwärmern herfahren: Wie kann Brot und Wein Christi Leib und Blut sein. so weiß ich, dass alle Geister und Gelehrten auf einen Haufen nicht so klug sind als die göttliche Majestät im kleinen Fingerlein. Nun steht hier Christi Wort: Nehmet, esset, das ist mein Leib; trinket alle daraus, das ist das neue Testament in meinem Blut usw. Da bleiben wir bei und wollen sie ansehen, die ihn meistern und anders machen werden, denn er geredet hat. Das ist wohl wahr: wenn du das Wort davontust oder ohne Wort ansiehest, so hast du nichts denn lauter Brot und Wein; wenn sie aber dabei bleiben, wie sie sollen und müssen, so ist's laut derselben wahrhaftig Christus' Leib und Blut. Denn wie Christus' Mund redet und spricht, also ist es, als der nicht lügen oder trügen kann.

"Daher ist nun leicht zu antworten aus allerlei Fragen, damit man sich jetzt bekümmert, als diese ist: ob auch ein böser Priester könne das Sakrament handeln und geben, und was mehr dergleichen ist. Denn da schließen wir und sagen: Obgleich ein Bube das Sakrament nimmt oder gibt, so nimmt er das rechte Sakrament, das ist Christus' Leib und Blut, ebensowohl, als der es aufs allerwürdigste handelt; denn es ist nicht gegründet auf Menschenheiligkeit, sondern auf Gottes Wort. Und wie kein Heiliger auf Erden, ja kein Engel im Himmel das Brot und Wein zu Christi Leib und Blut machen kann, also kann's auch niemand ändern noch wandeln, ob es gleich mißbraucht wird.

"Denn um der Person oder Unglaubens willen wird das Wort nicht falsch, dadurch es ein Sakrament und eingesetzt worden ist. Denn er spricht nicht: Wenn ihr glaubt oder würdig seid, so habt ihr meinen Leib und Blut, sondern: ‘Nehmet, esset und trinket, das ist mein Leib und Blut'; item, ‘Solches tut' (nämlich das ich jetzt tü, einsetze, euch gebe und nehmen heiße). Das ist so viel gesagt: Du seiest würdig oder unwürdig, so hast du hier seinen Leib und Blut aus Kraft dieser Worte, so zum Brot und Wein kommen. Solches merke und behalte nur wohl; denn aus den Worten steht all unser Grund, Schutz und Wehr wider alle Irrtümer und Verführung, so je kommen sind und noch kommen mögen."

Bisher der Große Katechismus, in welchem die wahre Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi im heiligen Nachtmahl aus Gottes Wort befestigt, und dasselbige nicht allein aus die Gläubigen und Würdigen, sondern auch auf die Ungläubigen und Unwürdigen verstanden wird.

Dieweil aber dieser hocherleuchtete Mann in Geist gesehen, dass etliche ihn nach seinem Tode werden wollen verdächtig machen, als ob er von jetztgedachter Lehre und andern christlichen Artikeln abgewichen, hat er seinem großen Bekenntnis nachfolgende Protestation angehängt:

"Weil ich sehe, dass des Rottens und Irrens je länger, je mehr wird, und kein Aushören ist des Tobens und Wütens des Satans, damit nicht hinfort bei meinem Leben oder nach meinem Tode deren etliche zukünftig sich mit mir behelfen und meine Schriften, ihre Irrtümer zu stärken, fälschlich führen möchten, wie die Sakraments= und Taufschwärmer anfangen zu tun, so will ich mit dieser Schrift vor Gott und aller Welt meinen Glauben von Stück zu Stück bekennen, daraus ich gedenke zu bleiben bis in den Tod, darinnen (das mir Gott helfe) von dieser Welt zu scheiden und vor unsers Hern Jeu Christi Richterstuhl zu kommen; und so jemand nach meinem Tode würde sagen: Wo D. Luther jetzt lebte, würde er diesen oder diese Artikel anders lehren und halten, denn er hat ihn nicht genugsam bedacht: dawider sage ich jetzt als dann und dann als jetzt, dass ich von Gottes Gnaden alle diese Artikel habe aufs fleißigste bedacht, durch die Schrift und wieder herdurch oftmals gezogen und so gewiß dieselben wollte verfechten, als ich jetzt hab' das Sakrament des Altars verfochten. Ich bin nicht trunken noch unbedacht; ich weiß, was ich rede, fühle auch wohl, was mir's gilt auf des Hern Christi Zukunft am Jüngsten Gericht. Darum soll mir niemand Scherz oder lose Teiding daraus machen. Es ist mir Ernst; denn ich kenne den Satan von Gottes Gnaden ein großes Teil; kann er Gottes Wort verkehren und verwirren, was sollte er nicht tun mit meinen oder eines andern Worten?" Tom. 2, Wit. Ger., fol. 243.

Auf solche Protestation setzt Lutherus seliger unter andern Artikeln auch diesen: "Ebenso rede ich (spricht er) auch und bekenne das Sakrament des Altars, dass daselbst wahrhaftig der Leib und Blut im Brot und Wein werde mündlich gessen und getrunken, obgleich die Priester, so es reichem, oder die, so es empfangen, nicht glaubten oder sonst mißbrauchten. Denn es steht nicht aus Menschen Glauben oder Unglauben, sondern auf Gottes Wort und Ordnung; es wäre denn, dass sie zuvor Gottes Wort und Ordnung ändern und anders deuten, wie die jetzigen Sakramentsfeinde tun, welche freilich eitel Brot und Wein haben; denn sie haben auch die Worte und eingesetzte Ordnung Gottes nicht, sondern dieselbigen nach ihrem eigenen Dünkel verkehrt und verändert." Fol. 245.

Es hat auch D. Luther, welcher ja die rechte eigentliche Meinung der Augsburgischen Konfession vor andern verstanden und beständiglich bis an sein Ende dabei geblieben und verteidigt, unlängst vor seinem Tode in seinem letzten Bekenntnis seinen Glauben von diesem Artikel mit großem Eifer in nachfolgenden Worten wiederholt, da er also schreibt: "Ich rechne sie alle in einen Kuchen, das ist, für Sakramentierer und Schwärmer, wie sie auch sind, die nicht glauben wollen, dass des Hern Brot im Abendmahl sei sein rechter, natürlicher Leib, welchen der Gottlose oder Judas ebensowohl mündlich empfängt als St. Petrus und alle Heiligen; wer das, sage ich, nicht glauben will, der lasse mich nur zufrieden und hoffe bei mir nur keiner Gemeinschaft; da wird nichts anders aus." Tom. 2. Wit. Ger., fol. 252.

Aus diesen Erklärungen kann ein jeder Verständiger, so die Wahrheit und Frieden liebhat, besonders aber aus D. Luthers, als des vornehmsten Lehrers der Augsburgischen Konfession, Erklärung, was der Augsburgischen Konfession eigentliche Meinung und Verstand in diesem Artikel allezeit gewesen sei, ungezweifelt vernehmen.

Denn dass neben den Reden Christi und St. Pauli: Das Brot im Abendmahl ist der Leib Christi oder die Gemeinschaft des Leibes Christi, auch die Formen "unter dem Brot", "mit dem Brot", "im Brot" gebraucht, ist die Ursache, dass hierdurch die papistische Transsubstantiation verworfen und des unverwandelten Wesens des Brotes und des Leibes Christi sakramentliche Vereinigung angezeigt würde; gleichwie diese Rede Verbum caro factum est: "Das Wort ist Fleisch worden", durch gleichstimmende Reden: "Das Wort wohnet in uns"; item: "In Christo wohnet die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig"; item: "Gott war mit ihm"; item: "Gott war in Christo", und dergleichen, wiederholt und erklärt wird, nämlich dass nicht das göttliche Wesen in die menschliche Natur verwandelt, sondern die beiden unverwandelten Naturen persönlich vereinigt seien. Wie denn eben dieses Gleichnis viel vornehme alte Lehrer: Iustinus, Cyprianus, Augustinus, Leo, Gelasius, Chrysostomus und andere, von den Worten des Testaments Christi: "Das ist mein Leib", brauchen: dass, gleichwie in Christo zwei unterschiedliche, unverwandelte Naturen unzertrennlich vereinigt seien, also im heiligen Abendmahl die zwei Wesen, das natürliche Brot und der wahre natürliche Leib Christi, in der geordneten Handlung des Sakraments allhier auf Erden zusammen gegenwärtig seien. Wiewohl solche Vereinigung des Leibes und Blutes Christi mit Brot und Wein nicht eine persönliche Vereinigung, wie beider Naturen in Christo, sondern wie sie D. Luther und die unsern in den vielgedachten Artikeln der Vergleichung Anno 1536 und sonst sacramentalem unionem, das ist, eine sakramentliche Vereinigung, nennen; damit sie anzeigen wollen, dass, ob sie schon die formas: in pane, sub pane, cum pane, das ist, diese unterschiedene Weise zu reden: "im Brot", "unter dem Brot", "mit dem Brot", auch brauchen, dennoch die Worte Christi eigentlich, und wie sie lauten, angenommen und in der Proposition, das ist, in den Worten des Testaments Christi: Hoc est corpus meum, "das ist mein Leib", nicht eine figuratam praedicationem. Sondern inusitatem nicht für eine figürliche, verblümte Rede oder Deutelei verstanden haben; wie Justinus spricht: "Dieses empfahen wir nicht als ein gemein Brot und gemeinen Trank, sondern gleichwie Jeus Christus, unser Heiland, durchs Wort Gottes Fleisch worden, auch Fleisch und Blut um unserer Seligkeit willen gehabt, also glauben wir, dass die durchs Wort und Gebet von ihm gesegnete Speise des Hern Jeu Christi Fleisch und Blut sei." Wie denn D. Luther auch in seinem großen und sonderlich im letzten Bekenntnis vom Abendmahl eben die Form zu reden, welche Christus im ersten Abendmahl gebraucht, mit großem Ernst und Eifer verteidigt.

Dieweil denn D. Luther der vornehmste Lehrer der Kirchen, so sich zur Augsburgischen Konfession bekennen, zu halten, als dessen ganze Lehre, Summa und Inhalt in den Artikeln vielermeldeter Augsburgischer Konfession verfaßt und dem Kaiser Karolo V, übergeben : so kann und soll mehrgedachter Augsburgischer Konfession eigentlicher Verstand und Meinung aus keines andern denn aus D. Luthers Lehre und Streitschriften eigentlicher und besser genommen werden.

Wie denn eben diese jetzterzählte Meinung auf den einigen, festen, unbeweglichen und unzweifelhaftigen Fels der Wahrheit, aus den Worten der Einsetzung im heiligen göttlichen Wort, gegründet und von den heiligen Evangelisten und Aposteln und ihren Dißipeln und Zuhörern also verstanden, gelehrt und fortgepflanzt worden.

Denn dieweil unser Her und Heiland Jeus Christus, von welchem, als unserm einigen Lehrmeister, dieser ernste Befehl vom Himmel herab allen Menschen gegeben wird, Luk. 9: Hunc audite, "Den sollt ihr hören", welcher nicht ein schlechter Mensch oder Engel, auch nicht allein wahrhaftig, weise und mächtig, sondern die ewige Wahrheit und Weisheit selbst und allmächtiger Gott ist, der gar wohl weiß, was und wie er reden soll, und kann auch alles dasjenige, was er redet und verheißt, kräftiglich ausrichten und ins Werk setzen, wie er spricht Luk. 21: "Himmel und Erde müssen vergehen, aber meine Worte müssen nicht vergehen"; item Matth. 28: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden";

Dieweil nun vieler wahrhaftige, allmächtige Her, unser Schöpfer und Erlöser Jesus Christus, nach dem letzten Abendmahl, da er jetzt sein bitter Leiden und Sterben für unsere Sünden anfängt, zu der traurigen letzten Zeit, mit großem Bedacht und Ernst in Einsetzung dieses hochwürdigen Sakraments, welches bis ans Ende der Welt mit großer Reverenz und Gehorsam gebraucht werden und ein stetes Gedächtnis seines bitteren Leidens und Sterbens und aller seiner Guttaten, eine Versiegelung des neuen Testaments, ein Trost aller betrübten Herzen und stetes Band und Vereinigung der Christen mit ihrem Haupt Christo und unter sich selbst sein sollte, diese Worte in Stiftung und Einsetzung des heiligen Abendmahls von dem gesegneten und dargereichten Brot gesprochen hat: "Nehmet hin und esset; das ist mein Leib, der für euch gegeben wird", und von dem Kelch oder Wein: "Das ist mein Blut des neuen Testaments, welches für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden":

So sind wir ja schuldig, diese des ewigen, wahrhaftigen und allmächtigen Sohnes Gottes, unsers Hern, Schöpfers und Erlösers Jeu Christi, Worte nicht als verblümte, figürliche, fremde Reden anders zu deuten und auszulegen, wie es unserer Vernunft gemäß scheint, sondern die Worte, wie sie lauten, in ihrem eigentlichen, klaren Verstand mit einfältigem Glauben und schuldigem Gehorsam anzunehmen und uns durch keine Einrede oder menschlich Widersprechen, aus menschlicher Vernunft gesponnen, wie lieblich sie auch der Vernunft scheinen, davon abwenden lassen.

Wie Abraham, da er Gottes Wort von Aufopferung seines Sohnes hörte, ob er wohl Ursache genug gehabt zu disputieren, ob die Worte (dieweil sie nicht allein wider alle Vernunft und wider das göttliche und natürliche Gesetz, sondern auch wider den hohen Artikel des Glaubens vom verheißenen Samen Christo, der von Isaak sollte geboren werden, öffentlich streiten) nach dem Buchstaben oder mit einer leidlichen oder sanften Glossa sollten zu verstehen sein; dennoch, wie er zuvor, als ihm die Verheissung von dem gebenedeiten Samen aus Isaak gegeben wird (wiewohl es seiner Vernunft unmöglich scheint), Gott die Ehre der Wahrheit gibt und aus das aIlergewisseste bei sich geschlossen und geglaubt hat, dass Gott, was er verheißt, solches auch tun kann: also versteht und glaubt er auch aIlhier Gottes Wort und Befehl einfältig und schlecht, wie sie nach dem Buchstaben lauten, und lässt es Gottes AIlmächtigkeit und Weisheit befohlen sein, welche er weiß, dass sie viel mehr Weisen und Wege hat, die Verheissung des Samens aus Isaak zu erfüIlen, als er mit seiner blinden Vernunft begreifen kann:

Also soIlen wir auch mit aller Demut und Gehorsam unsers Schöpfers und Erlösers deutlichen, festen, klaren und ernsten Worten und Befehl ohne allen Zweifel und Disputation, wie es sich mit unserer Vernunft reime oder möglich sei, einfältig glauben. Denn dieser Her solche Worte geredet hat, welcher die unendliche Weisheit und Wahrheit selbst ist uns aIles, was er verheißt, gewißlich auch ins Werk setzen und voIlbringen kann.

Nun zeugen aIle Umstände der Einsetzung des heiligen Abendmahls, dass diese Worte unsers Hern und Heilandes Jeu Christi, so an sich selbst einfältig, deutlich, klar, fest und unzweifelhaftig sind, anders nicht denn in ihrer gewöhnlichen, eigentlichen und gemeinen Deutung können und sollen verstanden werden. Denn dieweil Christus diesen Befehl über Tisch und ob dem Nachtmahl tut, ist ja kein Zweifel, dass er von rechtem, natürlichem Brot und von natürlichem Wein, auch von mündlichem Essen und Trinken redet, dass keine Metaphora, das ist, eine Veränderung des Verstandes, im Wort: "Brot" sein kann, als, dass der Leib Christi ein geistlich Brot oder eine geistliche Speise der Seele sei. So verwahrt es auch Christus selbst, dass keine Metonymia, das ist, gleichergestalt auch keine Veränderung des Verstandes im Wort "Leib" sei, und dass er nicht von einem Zeichen seines Leibes oder von einem bedeuten oder figürlichem Leib oder von der Kraft seines Leibes und Wohltaten, die er mit Ausopferung seines Leibes erworben hat, redet, sondern von seinem wahren, wesentlichen Leib, den er für uns in den Tod gegeben, und von seinem wahren, wesentlichen Blut, das er für uns am Stamm des Kreuzes zur Vergebung der Sünden vergossen hat.

Nun ist ja kein so treuer und gewisser Ausleger der Worte Jeu Christi denn eben der Her Christus selbst, der seine Worte und sein Herz und Meinung am besten versteht und dieselben zu erklären am weisesten und verständigsten ist, welcher allhier, als in Stiftung seines letzten WiIlens und Testaments und stets währenden Bündnisses und Vereinigung (wie sonsten in aIlen Artikeln des Glaubens und aIler andern Bundes= und Gnadenzeichen oder Sakramente Einsetzung, als der Beschneidung, der mancherlei Opfer im alten Testament, der heiligen Taufe), nicht verblümte, sondern ganz eigentliche, einfältige, unzweifelhaftige und klare Worte gebraucht und, damit ja kein Mißverstand einfaIlen könne, mit den Worten: "Für euch gegeben, für euch vergossen" deutlicher erklärt; lässet auch seine Jünger in dem einfältigen, eigentlichen Verstand bleiben und befiehlt's ihnen, dass sie alle Völker also lehren sollen, alles das zu halten, was er ihnen, den Aposteln, befohlen hat.

Derhalben auch alle drei Evangelisten, Matth. 26; Mark 14; Luk. 22, und St. Paulus, der nach der Himmelfahrt Christi dasselbe empfangen, 1 Kor. 11, einhelliglich und mit einerlei Worten und Silben viele hellen, klaren, festen und wahrhaftigen Worte Christi: "Das ist mein Leib" ganz aus einerlei Weise von dem gesegneten und dargereichten Brot ohne alle Deutung und Ënderung wiederholen. Ist darum kein Zweifel, dass auch vom andern Teil des Sakraments diese Worte Lucä und Pauli: "Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut", keine andere Meinung können haben, denn die St. Matthäus und Markus geben: "Das" (nämlich, das ihr aus dem Kelch mündlich trinkt) "ist mein Blut des neuen Testaments", dadurch ich dies mein Testament und neuen Bund, nämlich die Vergebung der Sünden, mit euch Menschen ausrichte, versiegele und bekräftige.

So ist auch diese Wiederholung, Bestätigung und Erklärung der Worte Christi, die St. Paulus 1 Kor. 10 tut, als ein sonderliches helles Zeugnis der wahren, wesentlichen Gegenwärtigkeit und Austeilung des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl mit allem Fleiß und Ernst zu betrachten, da er also schreibt: "Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?" Daraus wir klärlich lernen, dass nicht allein der Kelch, den Christus im ersten Abendmahl gesegnet, und nicht allein das Brot, welches Christus gebrochen und ausgeteilt hat, sondern auch, das wir brechen und segnen, sei die Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi, also dass alle die, so dies Brot essen und aus dem Kelch trinken, wahrhaftig empfangen und teilhaftig werden des wahren Leibes und Blutes Christi. Denn wo der Leib Christi nicht wahrhaftig und wesentlich, sondern allein nach seiner Kraft und Wirkung gegenwärtig das Brot nicht eine Gemeinschaft des Leibes, sondern des Geistes, Kraft und Guttaten Christi müssen genennet werden, wie die Apologia. Und so Paulus allein von der geistlichen Gemeinschaft des Leibes Christi durch den Glauben redete, wie die Sakramentierer diesen Spruch verkehren, so würde er nicht sagen, das Brot, sondern der Geist oder Glaube wäre die Gemeinschaft des Leibes Christi. Nun sagt er, das Brot sei die Gemeinschaft des Leibes Christi, dass alle, die des gesegneten Brotes genießen, auch des Leibes Christi teilhaftig werden: so muss er ja nicht von geistlicher, sondern von sakramentlicher oder mündlicher Nießung des Leibes Christi, die den frommen und gottlosen Christen gemein ist, reden.

Wie auch die Ursache und Umstände derselben ganzen Predigt St. Pauli ausweisen, dass er die, so vom Götzenopfer aßen und mit heidnischem Teufelsdienst Gemeinschaft hatten und gleichwohl auch zum Tisch des Hern gingen und des Leibes und Blutes Christi teilhaftig wurden, abschreckt und warnt, dass sie nicht ihnen selbst zum Gericht und Verdammnis den Leib und Blut Christi empfangen. Denn weil alle, die des gesegneten und gebrochenen Brotes im Abendmahl teilhaftig werden, auch mit dem Leib Christi Gemeinschaft haben, so muss ja St. Paulus nicht von der geistlichen Gemeinschaft mit Christo reden, die niemand mißbrauchen kann, und davor man auch niemand warnen soll.

Derhalben auch unsere lieben Väter und Vorfahren, als Lutherus und andere reine Lehrer Augsburgischer Konfession, diesen Spruch Pauli mit solchen Worten erklären, dass er zum allerbesten mit den Worten Christi übereinstimmt, da sie also schreiben: Das Brot, das wir brechen, ist der ausgeteilte Leib Christi oder der gemeine Leib Christi, unter die geteilet, so das gebrochene Brot empfangen.

Bei dieser einfältigen, gegründeten Erklärung dieses herrlichen Gezeugnis, 1 Kor. 10, bleiben wir einträchtiglich und verwundern uns billig, dass etliche so kühn sind, dass sie diesen Spruch, den sie selbst vorhin den Sakramentierern entgegengesetzt, jetzund für einen Grund ihres Irrtums, dass im Abendmahl der Leib Christi allein geistlich genossen werde, anziehen dürfen: Panis est communicatio corporis Christi. hoc est, id, quo sit societas cum corpore Christi (quod est ecclesia), seu est medium, per quod fideles unimur Christo, sicut verbum evangelii fide apprehensum est medium, per quod Christo spiritualiter unimur et corpori Christi, quod est ecclesia, inserimur. Welches zu deutsch also lautet: Das Brot ist die Gemeinschaft des Leibes Christi, das ist, es ist das, dadurch wir Gemeinschaft haben mit dem Leib Christi, welcher ist die Kirche; oder es ist das Mittel, dadurch wir Gläubigen vereinigt werden mit Christo, gleichwie das Wort des Evangelii, wenn es mit Glauben ergriffen wird, ist ein Mittel, dadurch wir mit Christo geistlich vereinigt und dem Leib Christi, welcher ist die Kirche, einverleibt werden.

Denn dass nicht allein die gottseligen, frommen und gläubigen Christen, sondern auch die unwürdigen, gottlosen Heuchler, als Judas und seine Gesellen, so keine geistliche Gemeinschaft mit Christo haben und ohne wahre Buße und Bekehrung zu Gott zum Tisch des Hern gehen, auch den wahren Leib und Blut Christi mündlich im Sakrament empfangen und sich mit ihrem unwürdigen Essen und Trinken am Leib und Blut Christi schwerlich versündigen, lehrt St. Paulus ausdrücklich 1 Kor. 11: "Wer unwürdig von diesem Brot isset und von dem Kelch des Hern trinket, der" versündigt sich nicht allein am Brot und Wein, nicht allein an Zeichen oder symbolis und Figur des Leibes und Blutes, sondern "wird schuldig am Leib und Blut des Hern Jeu Christi", welchen er allda gegenwärtig verunehrt, mißbraucht und schändet, gleichwie die Juden, welche sich mit der Tat wirklich an dem Leibe Christi vergriffen und ihn erwürgt haben, inmaßen die alten christlichen Väter und Kirchenlehrer diesen Spruch einhellig also verstanden und erklärt haben.

So ist nun zweierlei Essen des Fleisches Christi, eines geistlich, davon Christus Joh. 6 vornehmlich handelt, welches nicht anders als mit dem Geist und Glauben in der Predigt und Betrachtung des Evangelii ebensowohl als im Abendmahl geschieht und für sich selbst nütz und heilsam und aIlen Christen zu aIlen Zeiten zur Seligkeit nötig ist, ohne welche geistliche Nießung auch das sakramentliche oder mündliche Essen im Abendmahl nicht allein unheilsam, sondern auch schädlich und verdammlich ist.

Solch geistlich Essen aber ist nichts anderes als der Glaube, nämlich, Gottes Wort (darin uns Christus, wahrer Gott und Mensch samt aIlen Guttaten, die er uns mit seinem Fleisch, für uns in Tod gegeben, und mit seinem Blut, für uns vergossen, erworben hat, nämlich Gottes Gnade, Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit und ewiges Leben, vorgetragen wird) hören, mit Glauben annehmen und uns selbst züignen und aus diesen Trost, dass wir einen gnädigen Gott ist ewige Seligkeit um des Hern Jeu Christi willen haben, uns mit gewisser Zuversicht und Vertrauen festiglich verlassen und in aIler Not und Anfechtung halten.

Das andere Essen des Leibes Christi ist mündlich oder sakramentlich, da im heiligen Abendmahl der wahre, wesentliche Leib und Blut Christi von aIlen, die das gesegnete Brot und Wein im Abendmahl essen und trinken (von den Gläubigen zu einem gewissen Pfand und Versicherung, dass ihnen gewißlich ihre Sünden vergeben sind und Christus in ihnen wohne und kräftig sei, von den Ungläubigen aber zu ihrem Gericht und Verdammnis), auch mündlich empfangen und genossen wird, wie die Worte der Einsetzung Christi ausdrücklich lauten, da er über Tisch und ob dem Nachtmahl seinen Jüngern natürlich Brot und natürlichen Wein reicht, welche er seinen wahren Leib und sein wahres Blut nennt und dabei sagt: "Esset und trinket"; so kann ja solcher Befehl vermöge der Umstände nicht anders als von dem mündlichen Essen und Trinken, aber nicht aus grobe, fleischliche, kapernaitische, sondern aus übernatürliche, unbegreifliche Weise, verstanden werden, dazu nachmals der andere Befehl noch ein anderes und geistliches Essen setzt, da der Her Christus weiter spricht: "Solches tut zu meinem Gedächtnis", da er den Glauben erfordert.

Derhalben alle alten christlichen Lehrer nach diesen Worten der Einsetzung Christi und St. Pauli Erklärung ausdrücklich und mit der ganzen heiligen christlichen Kirche einträchtig lehren, dass der Leib Christi nicht aIlein geistlich mit dem Glauben, welches auch außerhalb des Sakraments geschieht sondern auch mündlich, nicht aIlein von gläubigen frommen, sondern auch von unwürdigen, ungläubigen, falschen und bösen Christen, empfanget werde; welche hier zu erzählen zu lang, und deswegen den christlichen Leser in der unsern ausführliche Schriften um geliebter Kürze willen gewiesen haben wolIen.

Daraus erscheint, wie unbiIlig und giftig die Sakramentschwärmer (Theodorus Beza) des Hern Christi, St. Pauli und der ganzen Kirche spotten die diese mündliche und der Unwürdigen Nießung duos pilos caudae equinae et commentum, cuius vel ipsum Satanam pudeat, wie auch die Lehre von der Majestät Christi excrementum Satanae, quo diabolus sibi ipsi et hominibus illudat, genennet haben, das ist, so erschrecklich davon reden, dass sich auch ein frommer Christ schämen soIle, dasselbe zu verdolmetschen.

Es muss aber mit Fleiß erklärt werden, welch da seien die Unwürdigen Gäste dieses Abendmahls nämlich die ohne wahre Reue und Leid über ihr Sünden und ohne wahren Glauben und guten Vorsatz, ihr Leben zu bessern, zu diesem Sakrament gehen und ihnen selbst das Gericht, das ist, zeitliche und ewige Strafen, mit ihrem unwürdigen mündlichen Essen des Leibes Christi auf den Hals laden und am Leib und Blut Christi schuldig werden.

Denn die schwachgläubigen, blöden, betrübten Christen, die von wegen der Größe und Menge ihrer Sünden von Herzen erschrocken sind und gedenken, dass sie in dieser ihrer großen Unreinigkeit dieses edlen Schatzes und Guttaten Christi nicht wert seien und ihre Schwachheit des Glaubens empfinden und beklagen und von Herzen begehren, dass sie mit stärkerem, freudigerem Glauben und reinem Gehorsam Gott dienen möchten, die sind die rechten, würdigen Gäste, für welche dies hochwürdige Sakrament vornehmlich eingesetzt und verordnet ist; wie Christus spricht Matth. 11: "Kommet her zu mir aIle, die ihr mühselig und beladen seid; ich wiIl euch erquicken"; item Matth. 9: "Die Gesunden bedürfen keines Arztes, sondern nur die Kranken"; item 2 Kor. 11: "Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig"; item Röm. 14: "Nehmet den Schwachen im Glauben auf; denn Gott hat ihn aufgenommen." Denn: "wer an den Sohn Gottes glaubet", es sei mit einem starken oder schwachen Glauben, "der hat das ewige Leben", Joh. 3.

Und stehet die Würdigkeit nicht im großer oder kleiner Schwachheit oder Stärke des Glaubens, sondern im Verdienst Christi, welches der kleingläubige betrübte Vater, Mark. 9, ebensowohl geneußt als Abraham, Paulus und andere, so einen freudigen, starken Glauben haben.

Das sei von der wahren Gegenwärtigkeit und zweierlei Nießung des Leibes und Blutes Christi, so entweder mit dem Glauben geistlich oder auch mündlich beide von Würdigen und Unwürdigen geschieht, bis hieher geredet.

Dieweil auch von der Konsekration und von der gemeinen Regel, dass nichts Sakrament sei außer dem eingesetzten Gebrauch, Mißverstand und Spaltung zwischen etlichen der Augsburgischen Konfession Lehrern eingefallen sind, haben wir auch von dieser Sache uns brüderlich und einträchtig miteinander auf nachfolgende Meinung erklärt, nämlich: dass die wahre Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl nicht schaffe einiges Menschen Wort oder Werk, es sei das Verdienst oder Sprechen des Dieners oder das Essen und Trinken oder Glaube der Kommunikanten, sondern solches aIles soIle aIlein des aIlmächtigen Gottes Kraft und unsers Hern Jeu Christi Wort, Einsetzung und Ordnung zugeschrieben werden.

Denn die wahrhaftigen und aIlmächtigen Werke Jeu Christi, welche er in der ersten Einsetzung gesprochen, sind nicht aIlein im ersten Abendmahl kräftig gewesen, sondern währen, gelten, wirken und sind noch kräftig, dass in aIlen Orten, da das Abendmahl nach Christi Einsetzung gehalten und seine Worte gebraucht werden, aus Kraft und Vermögen derselben Worte, die Christus im ersten Abendmahl gesprochen, der Leib und Blut Christi, wahrhaftig gegenwärtig, ausgeteilt und empfangen wird. Denn Christus selbst, wo man seine Einsetzung hält und seine Worte über dem Brot und Kelch spricht und das gesegnete Brot und Kelch austeilt, durch die gesprochenen Worte, aus Kraft der ersten Einsetzung, noch durch sein Wort, welches er da wiIl wiederholt haben, kräftig ist; wie Chrysostomus spricht (in Serm. de Pass.) in der Predigt von der Passion: "Christus richtet diesen Tisch selbst zu und segnet ihn; denn kein Mensch das vorgesetzte Brot und Wein zum Leib und Blut Christi macht, sondern Christus selbst, der für uns gekreuzigt ist. Die Worte werden durch des Priesters Mund gesprochen, aber durch Gottes Kraft und Gnade, durch das Wort, da er spricht: ‘Das ist mein Leib', werden die vorgestalten Elemente im Abendmahl gesegnet. Und wie diese Rede: ‘Wachset und vermehret euch und erfüIlet die Erde', nur einmal geredet, aber aIlezeit kräftig ist in der Natur, dass sie wächst und sich vermehrt, also ist auch diese Rede einmal gesprochen, aber bis auf diesen Tag und bis an seine Zukunft ist sie kräftig und wirkt, dass im Abendmahl der Kirche sein wahrer Leib und Blut gegenwärtig ist."

Und Lutherus, Tom. 6. Ien. foI. 99: "Solch sein Befehl und Einsetzung vermag und schafft, dass wir nicht schlecht Brot und Wein, sondern seinen Leib und Blut darreichen und empfangen, wie seine Worte lauten: ‘Das ist mein Leib' usw, ‘Das ist mein Blut' usw.; dass nicht unser Werk oder Sprechen, sondern der Befehl und Ordnung Christi das Brot zum Leib und den Wein zum Blut macht vom Anfang des ersten Abendmahls bis an der Welt Ende und durch unsern Dienst und Amt täglich gereicht wird."

Item, Tom. 3. Ien., foI. 446: "Also hie auch, wenn ich gleich über aIle Brote spreche: ‘Das ist Christi Leib', würde freilich nichts daraus folgen ; aber wenn wir seiner Einsetzung und Heißung nach im Abendmahl sagen: ‘Das ist mein Leib', so ist's sein Leib, nicht unsers Sprechens oder Thetelworts halben, sondern seines Heißens halben, dass er uns also zu sprechen und zu tun geheißen hat und sein Heißen und Tun an unser Sprechen gebunden hat."

Nun sollen die Worte der Einsetzung in der Handlung des heiligen Abendmahls öffentlich vor der Versammlung deutlich und klar gesprochen oder gesungen und keineswegs unterlassen werden, damit dem Befehl Christi: "Das tut." Gehorsam geleistet und der Zuhörer Glaube vom Wesen und Frucht dieses Sakraments (Von der Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi, von Vergebung der Sünden und aIlen Guttaten, so uns durch Christi Tod und Blutvergießen erworben und im Testament Christi geschenkt sind) durch Christi Worte erweckt, gestärkt und vergewissert, und die Elemente des Brotes und Weines in Brauch (dass uns damit Christi Leib und Blut zu essen und zu trinken gereicht werde), geheiligt oder gesegnet werden; wie Paulus spricht: "Der gesegnete Kelch, den wir segnen"; welches ja nicht anders denn durch Wiederholung und Erzählung der Worte der Einsetzung geschieht.

Aber dieser Segen oder die Erzählung der Worte der Einsetzung Christi (wo nicht die ganze Aktion des Abendmahls, wie die von Christo geordnet, gehalten wird, als, wenn man das gesegnete Brot nicht austeilt, empfängt und geneußt, ausopfert oder umträgt) macht aIlein kein Sakrament, sondern es muss der Befehl Christi: "Das tut." (welches die ganze Aktion oder Verrichtung dieses Sakraments, dass man in einer christlichen Zusammenkunft Brot und Wein nehme, segne, austeile, empfange, esse, trinke und des Hern Tod dabei verkündige, zusammenfaßt) unzertrennt und unverrückt gehalten werden, wie uns auch St. Paulus die ganze Aktion des Brotbrechens oder Austeilens und Empfangens vor Augen steIlt 1 Kor, 10.

Diese wahrhaftige christliche Lehre vom heiligen Abendmahl zu erhalten und vielerlei abgöttische Mißbräuche und Verkehrung dieses Testaments zu meiden und auszutilgen, ist diese nützliche Regel und Richtschnur aus den Worten der Einsetzung genommen: Nihil habet rationem sacramenti extra usum a Christo institutum oder extra actionem divinitus institutam (das ist wenn man die Stiftung Christi nicht hält, wie er's geordnet hat, ist es kein Sakrament), welche mitnichten zu verwerfen, sondern nützlich in der Kirche Gottes kann und soIl getrieben und erhalten werden. Und heißet aIlhier usus oder actio, das ist, Gebrauch oder Handlung, vornehmlich nicht den Glauben, auch nicht allein die mündliche Nießung, sondern die ganze äußerliche, sichtbare: von Christo geordnete Handlung des Abendmahls: die Konsekration oder Worte der Einsetzung, die Austeilung und Empfangung oder mündliche Nießung des gesegneten Brotes und Weines, Leibes und Blutes Christi; außer welchem Gebrauch, wenn das Brot in der papistischen Messe nicht ausgeteilt, sondern aufgeopfert oder eingeschlossen, umgetragen und anzubeten vorgesteIlt, ist es für kein Sakrament zu halten; gleich als das Taufwasser, wenn es die Glocken zu weihen oder den Aussatz zu heilen gebraucht oder sonst anzubeten vorgesteIlt würde, kein Sakrament oder Taufe ist; denn solchen papistischen Mißbräuchen diese Regel anfänglich entgegengesetzt und von D. Luthero selbst, Tom. 4, Ien., erklärt ist.

Daneben aber müssen wir auch dieses erinnern, dass die Sakramentierer diese nütze und nötige Regel hinterlistig und böslich zur Verleugnung der wahren, wesentlichen Gegenwärtigkeit und mündlichen Nießung des Leibes Christi, so alIhier auf Erden beide von Würdigem und Unwürdigen zugleich geschieht, verkehren und aus den usum fidei, das ist, aus den geistlichen und innerlichen Gebrauch des Glaubens, deuten, als wäre es den Unwürdigen kein Sakrament, und geschähe die Nießung des Leibes Christi allein geistlich durch den Glauben, oder als machte der Glaube den Leib Christi im heiligen Abendmahl gegenwärtig, und derhalben die unwürdigen, ungläubigen Heuchler den Leib Christi nicht gegenwärtig empfingen.

Nun macht unser Glaube das Sakrament nicht, sondern allein unsers aIlmächtigen Gottes und Heilandes Jeu Christi wahrhaftiges Wort und Einsetzung, welches stets kräftig ist und bleibt in der Christenheit, und durch die Würdigkeit oder Unwürdigkeit des Dieners oder, der es empfängt, Unglauben nicht ausgehoben oder unkräftig gemacht wird; gleichwie das Evangelium, ob es schon die gottlosen Zuhörer nicht glauben, dennoch nichtsdestoweniger das wahre Evangelium ist und bleibt, allein dass es in den Ungläubigen zur Seligkeit nicht wirkt. Also die, so das Sakrament empfangen, sie glauben oder glauben nicht, so bleibt Christus nichtsdestoweniger in seinen Worten wahrhaftig, da er sagt: "Nehmet, esset, das ist mein Leib", und wirkt solches nicht durch unsern Glauben, sondern durch seine AIlmächtigkeit.

Derhalben es ein schädlicher unverschämter Irrtum ist, dass etliche als listiger Verkehrung dieser gewöhnlichen Regel unserm Glauben, als der allein den Leib Christi gegenwärtig mache und genieße, mehr als der AIlmächtigkeit unsers Hern und Heilands Jeu Christi zuschreiben.

Was dann der Sakramentierer aIlerlei vermeinte Gründe und nichtige Gegenargumente von den wesentlichen und natürlichen Eigenschaften eines menschlichen Leibes, von der Himmelfahrt Christi, von seinem Abschied aus dieser Welt und dergleichen anlangt, weil solche aIlzumal gründlich und ausführlich mit Gottes Wort durch D, Luther in seinen Streitschristen: "wider die himmlischen Propheten"; item, "Dass diese Worte: ‘Das ist mein Leib' usw. noch feststehen"; desgleichen in seinem großen und kleinen "Bekenntnis vom heiligen Abendmahl" und andern seinen Schriften widerlegt und nach seinem Tode nichts Neues durch die Rottengeister vorgebracht, woIlen wir den christlichen Leser um geliebter Kürze wiIlen in dieselben gewiesen und uns daraus gezogen haben.

Denn dass wir uns durch keine menschlichen klugen Gedanken, was für einen Schein und Ansehen sie immermehr haben mögen, nicht wollen, können noch soIlen abführen lassen von dem einfältigen, deutlichen und klaren Verstand des Wortes und Testaments Christi aus fremde Meinung, anders denn wie sie lauten, sondern gehörtermaßen einfältig verstehen und glauben, sind unsere Gründe, darauf wir in dieser Sache je und allwege nach erregtem Zwiespalt von diesem Artikel gestanden, diese, wie D. Luther dieselben gleich anfangs wider die Sakramentierer mit nachfolgenden Worten gesetzt hat: "Meine Gründe, darauf ich stehe in solchem Stück, Sind diese:

  1. " Der erste ist dieser Artikel unsers Glaubens: Jeus Christus ist wesentlicher, natürlicher, wahrhaftiger, völIiger Gott und Mensch in einer Person, unzertrennt und ungeteilt.

  2. " Der andere, dass Gottes rechte Hand aIlenthalben ist.

  3. " Der dritte, dass Gottes Wort nicht falsch ist oder Lügen.

  4. " Der vierte, dass Gott mancherlei Weise hat und weiß, etwa an einem Ort zu sein, und nicht allein die einige, da die Schwärmer von gaukeln, welche die philosophi IocaIem oder räumliche nennen."

Item: "Christus' einiger Leib hat dreierlei Weise oder aIle drei Weisen, etwa zu sein:

"Erstlich die begreifliche, leibliche Weise, wie er auf Erden leiblich ging, da er Raum gab und nahm, nach seiner Größe. Solche Weise kann er noch brauchen, wenn er wiIl, wie er nach der Auferstehung tate und am Jüngsten Tage brauchen wird, wie Paulus sagt 1 Tim. 6: welchen wird zeigen zu seiner Zeit derselbige Gott. Und Kol. 3: ‘Wenn Christus, euer Leben, sich Offenbaren wird.' Auf solche Weise ist er nicht in Gott oder bei dem Vater noch im Himmel, wie der toIle Geist träumt; denn Gott ist nicht ein leiblicher Raum oder Stätte. Und hierauf gehen die Sprüche, so die Geister führen, wie Christus die Welt verlasse und zum Vater gehe.

"Zum andern die unbegreifliche, geistliche Weise, da er keinen Raum nimmt noch gibt, sondern durch aIle Kreatur fährt, wo er wiIl, wie mein Gesicht (dass ich grobes Gleichnis gebe) durch Luft, Licht oder Wasser fährt und ist und nicht Raum nimmt noch gibt; wie Klang oder Ton durch Luft oder Wasser oder Brett und Wand fährt und ist und auch nicht Raum nimmt noch gibt; item, wie Licht und Hitze durch Luft, Wasser, Glas, KristaI und dergleichen fährt und ist und auch nicht Raum gibt noch nimmt; und dergleichen viel mehr. Solcher Weise hat er gebraucht, da er aus verschlossenem Grabe fuhr und durch verschlossene Tür kam, und im Brot und Wein im Abendmahl, und, wie man glaubt, da er von seiner Mutter geboren ward.

"Zum dritten die göttliche, himmlische Weise, da er mit Gott eine Person ist, nach welcher freilich aIle Kreaturen ihm gar viel durchläuftiger und gegenwärtiger sein müssen, denn sie sind nach der andern Weise. Denn so er nach derselben andern Weise kann also sein in und bei den Kreaturen, dass sie ihn nicht fühlen, rühren, messen noch begreifen, wieviel mehr wird er nach dieser hohen dritten Weise in aIlen Kreaturen wunderlich sein, dass sie ihn nicht messen noch begreifen, sondern vielmehr, dass er sie vor sich hat gegenwärtig, misset und begreift. Denn du musst dies Wesen Christi, so er mit Gott eine Person ist, gar weit, weit außer den Kreaturen setzen, so weit, als Gott draußen ist, wiederum so tief und nahe in aIlen Kreaturen setzen, als Gott darinnen ist. Denn er ist eine unzertrennte Person mit Gott; wo Gott ist, da muss er auch sein, oder unser Glaube ist falsch. Wer wiIl aber sagen oder denken, wie solches zugehe? Wir wissen wohl, dass es also sei, dass er in Gott, außer aIlen Kreaturen, und mit Gott eine Person ist, aber wie es zugehe, wissen wir nicht; es ist über Natur und Vernunft, auch aIler Engel im Himmel, allein Gott bewußt und bekannt. Weil es denn uns unbekannt und doch wahr ist, so soIlen wir seine Worte nicht eher leugnen, wir wissen denn zu beweisen gewiß, dass Christus' Leib allerdings nicht möge sein, wo Gott ist, und dass solche Weise zu sein falsch sei; welches die Schwärmer soIlen beweisen, aber sie werden's lassen.

"Ob nun Gott noch mehr Weisen habe und wisse, wie Christus' Leib etwa sei, wiIl ich hiemit nicht verleugnet, sondern angezeigt haben, wie grobe Hempel unsere Schwärmer sind, dass sie Christus' Leib nicht mehr denn die erste, begreifliche Weise zugeben; wiewohl sie auch dieselbige nicht können beweisen, dass sie wider unsern Verstand sei. Denn ich's in keinem Weg leugnen wiIl, dass Gottes Gewalt nicht soIlte so viel vermögen, dass ein Leib zugleich an vielen Orten sein möge, auch leiblicher, begreiflicherweise. Denn wer wiIl's beweisen, dass Gott solches nicht vermag? Wer hat seiner Gewalt ein Ende gesehen? Die Schwärmer denken wohl also, Gott vermöge es nicht; aber wer wiIl ihrem Denken glauben? Womit machen sie solches Denken gewiß?" Bis daher Lutherus.

Aus welchen Worten D. Luthers auch dies klar ist, in was Verstande das Wort "geistlich" in unsern Kirchen von diesem Handel gebraucht wird. Denn dieses Wort "geistlich" heißt den Sakramentierern anders nichts denn die geistliche Gemeinschaft, wenn durch den Glauben im Geist Christo dem Hern die Rechtgläubigen einverleibt und wahrhaftige geistliche Glieder seines Leibes werden.

Wenn aber D. Luther oder wir dies Wort: "geistlich" in diesem Handel gebrauchen, verstehen wir dadurch die geistliche, übernatürliche, himmlische Weise, nach welcher Christus bei dem heiligen Abendmahl gegenwärtig nicht allein in den Gläubigen Trost und Leben, sondern auch in den ungläubigen das Gericht wirkt, dadurch wir die kapernaitischen Gedanken von der groben, fleischlichen Gegenwärtigkeit verwerfen, welche unsern Kirchen durch die Sakramentierer über aIles unser öffentlich vielfältig Bezeugen zugemessen und ausgedrungen wird; in welchem Verstande wir auch reden, dass der Leib und Blut Christi im heiligen Abendmahl geistlich empfangen, gessen und getrunken werde, obwohl solche Nießung mit dem Munde geschieht, die Weise aber geistlich ist.

Also ist unser Glaube in diesem Artikel von der wahren Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi im heiligen Abendmahl auf des wahrhaftigen, aIlmächtigen Gottes, unsers Hern und Heilandes Jeu Christi, Wahrheit und AIlmächtigkeit gebaut; welche Gründe unsern Glauben in aIlen Anfechtungen dieses Artikels halben zu stärken und zu befestigen und dagegen aIle der Sakramentierer Gegenwürfe und Einreden, wie annehmlich und scheinlich sie der Vernunft immer sein mögen, umzustoßen und zu widerlegen) stark und fest genug sind, darauf sich auch ein christlich Herz sicher und fest lehnen und verlassen kann.

Demnach verwerfen und verdammen wir mit Herzen und Mund als falsch, irrig und verführerisch aIle Irrtümer, so dieser obgeletzten und in Gottes Wort gegründeten Lehre ungemäß, zuwider und entgegen sind, als:

  1. Erstlich die papistische Transsubstantiation, da gelehrt wird, dass das konsekrierte oder gesegnete Brot und Wein im heiligen Abendmahl seine Substanz und Wesen ganz und gar verlieren und in die Substanz des Leibes und Blutes Christi verwandelt werden, also dass allein die bloße Gestalt des Brotes und Weines, oder accidentia sine subiecto, übrigbleiben; unter welcher Gestalt des Brotes der Leib Christi (das doch nicht mehr Brot, sondern ihrem Vorgeben nach sein natürlich Wesen verloren ) auch außerhalb der Handlung des Abendmahls, wenn das Brot in das Sakramenthäuslein eingeschlossen oder zum Schauspiel und anzubeten umhergetragen wird, gegenwärtig sei; denn nichts Sakrament sein kann außer Gottes Befehl und geordnetem Brauch, dazu es in Gottes Wort eingesetzt ist, wie droben angezeigt worden.

  2. Desgleichen verwerfen und verdammen wir aIle andern papistischen Mißbräuche dieses Sakraments, als, den Greuel der Opfermesse fur die Lebendigen und Toten.

  3. Item, dass den Laien nur eine Gestalt des Sakraments wider den öffentlichen Befehl und Einsetzung Christi gereicht wird, wie dieselben papistischen Mißbräuche in unserer Kirchen gemeinen Konfession und Apologia, Schmalkaldischen Artikeln und andern der unsern Schriften ausführlich mit Gottes Wort und der alten Kirche Zeugnissen widerlegt worden.

Dieweil aber in dieser Schrift wir vornehmlich allein von der wahren Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi wider die Sakramentierer, deren etliche sich unter der Augsburgischen Konfession Namen in diese Kirchen unverschämt eindringen, unser Bekenntnis und Erklärung zu tun vorgenommen, so woIlen wir auch der Sakramentierer Irrtümer vornehmlich alIhier setzen und erzählen, damit unsere Zuhörer, dass sie sich davor hüten und vorsehen können, zu verwarnen.

Demnach verwerfen und verdammen wir mit Mund und Herzen als falsch, irrig und verführerisch aIle sakramentierischen Opiniones und Lehren, so dieser obgesetzten und in Gottes Wort gegründeten Lehre ungemäß, zuwider und entgegen sind:

  1. Als, wenn sie vorgeben, dass die Worte der Einsetzung nicht einfältig in ihrer eigentlichen Bedeutung, wie sie lauten, von der wahrem, wesentlichem Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl verstanden, sondern durch tropos oder figürliche Deutung alle einen anderm, neuen, fremden Verstand gezogen werden soIlen; wie wir hiermit aIle solche sakramentierischen Opiniones und ihnen selbst widerwärtigen Meinungen, wie vielfältig und mancherlei dieselben auch seien, verwerfen.

  2. Item, dass die mündliche Nießung des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl geleugnet und dagegen gelehrt wird, dass der Leib Christi im Abendmahl allein geistlich, durch den Glauben, genossen werde, also dass unser Mund im Abendmahl nur aIlein Brot und Wein empfange.

  3. Gleichfalls auch, da gelehrt wird, dass Brot und Wein im Abendmahl nicht mehr sein soIlen als Kennzeichen, dadurch die Christen untereinander zu erkennen; oder

  4. Dass sie nur Bedeutungen, Gleichnisse und Anbildungen des weit abwesenden Leibes Christi seien, dergestalt, dass, gleichwie Brot und Wein unsers Leibes äußerliche Speise ist, also sei auch der abwesende Leib Christi mit seinem Verdienst unserer Seele geistliche Speise.

  5. Oder, dass sie nicht mehr als Wahrzeichen, Gedenkzeichen des abwesenden Leibes Christi seien, durch welche Zeichen, als durch ein äußerliches Pfand, wir versichert werden soIlten, dass der Glaube, der sich vom Abendmahl abwendet und über aIle Himmel steigt, droben ja so wahrhaftig des Leibes und Blutes Christi teilhaftig werde, als so wahr wir im Abendmahl mit dem Munde die äußerlichen Zeichen empfangen; und dass also die Versicherung und Bekräftigung unsers Glaubens im Abendmahl geschehe allein durch die äußerlichen Zeichen und nicht durch den wahrhaftigen, gegenwärtigen und uns überreichten Leib und Blut Christi.

  6. Oder, dass im Abendmahl dem Glauben allein die Kraft, Wirkung und Verdienst des weit abwesenden Leibes Christi ausgeteilt werde, und wir also seines abwesenden Leibes teilhaftig werden; und dass auf diese jetzt erzählte Weise unio sacramentalis, das ist, sakramentliche Vereinigung, zu verstehen sei de analogia signi et signati, das ist, wie Brot und Wein mit dem Leib und Blut Christi ein Gleichnis haben.

  7. Oder, dass der Leib und Blut Christi anders nicht denn aIlein geistlich, durch den Glauben, empfangen und genossen werde.

  8. Item, da gelehrt wird, dass Christus von wegen seiner Himmelfahrt mit seinem Leibe also an einem gewissen Ort im Himmel begriffen und umfangen sei, dass er mit demselben bei uns im Abendmahl, welches nach der Einsetzung Christi auf Erden gehalten wird, wahrhaftig und wesentlich nicht gegenwärtig sein könne oder woIle, sondern sei so weit oder fern davon, als Himmel und Erde voneinander ist; wie etliche Sakramentierer den Text Act. 3: Oportet Christum coelum accipere, das ist: "Christus muss dem Himmel einnehmen", vorsätzlich und böslich zur Bestätigung ihres Irrtums verfälscht haben und anstatt desselben gesetzt: Oportet Christum coelo capi, das ist: "Christus muss vom oder im Himmel also eingenommen oder umschrieben und begriffen werden", dass er bei uns auf Erden keinerlei Weise mit seiner menschlichen Natur sein könnte oder woIle.

  9. Item, dass Christus die wahre, wesentliche Gegenwärtigkeit seines Leibes und Blutes in seinem Abendmahl nicht habe verheißen noch leisten können oder woIlen, weil die Natur und Eigenschaft seiner angenommenen menschlichen Natur solches nicht leiden noch zugeben könne.

  10. Item, da gelehrt wird, dass nicht allein die Worte und AIlmächtigkeit Christi, sondern der Glaube den Leib Christi im heiligen Abendmahl gegenwärtig mache; daher von etlichen die Worte der Einsetzung in der Handlung des Abendmahls unterlassen werden. Denn obwohl die papistische Konsekration, in welcher dem Sprechen als dem Werk des Priesters die Kraft zugemessen wird, als mache dasselbe ein Sakrament, biIlig gestraft und verworfen wird, so können oder soIlen doch die Worte der Einsetzung in der Handlung des Abendmahls in keinem Weg ausgelassen werden, wie solches in vorgehender Erklärung angezeigt ist.

  11. Item, dass die Gläubigen den Leib Christi vermöge der Worte der Einsetzung Christi bei dem Brot und Wein des Abendmahls nicht suchen, sondern vom Brot des Abendmahls mit ihrem Glauben im Himmel an das Ort gewiesen werden, da der Her Christus mit seinem Leibe sei, dass sie daselbst sein genießen soIlen.

  12. Wir verwerfen auch, so gelehrt wird, dass die Ungläubigen und unbußfertigen, bösen Christen, die allein den Namen Christi tragen, aber den rechten, wahrhaftigen, lebendigen und seligmachenden Glauben nicht haben, im Abendmahl nicht den Leib und Blut Christi, sondern allein Brot und Wein empfangen. Und weil allein zweierlei Gäste bei dieser himmlischen Mahlzeit gefunden, würdige und unwürdige, verwerfen wir auch, wenn ein solcher Unterschied unter den unwürdigen gemacht wird, dass die gottlosen Epikurer und Spötter Gottes Worts, so in der äußerlichen Gemeinschaft der Kirche sind, nicht den Leib und das Blut Christi zum Gericht im Brauch des heiligen Abendmahls: sondern allein Brot und Wein empfangen.

  13. Also auch, da gelehrt wird, dass die Würdigkeit nicht allein in wahrem Glauben, sondern auf der Menschen eigener Bereitung stehe.

  14. Desgleichen auch, da gelehrt wird, dass auch die Rechtgläubigen, so einen rechten, wahrhaftigen, lebendigen Glauben haben und behalten, und aber vorgesetzter eigener genugsamer Bereitung mangeln, dies Sakrament zum Gericht als die unwurdigen Gäste empfangen könnten.

  15. Item, da gelehrt wird, dass die Elemente, sichtiglichen species oder Gestalten des gesegneten Brotes und Weines, angebetet soIlen werden. Dass aber Christus selber, wahrer Gott und Mensch, so im Abendmahl wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig, in wahrem Gebrauch desselben soIle im Geist und in der Wahrheit wie auch an allen andern Orten, sonderlich da seine Gemeinde versammelt, angebetet werden, kann und wird niemand leugnen, er sei denn ein arianischer Ketzer.

  16. 16. Wir verwerfen und verdammen auch aIle vorwitzigen, spöttischen, lästerlichen Fragen und Reden, so auf grobe, fleischliche, kapernaitische Weise von den übernatürlichen himmlischen Geheimnissen dieses Abendmahls vorgebracht werden.

Anderer und mehr antitheses oder verworfene Gegenlehren sind in vorgehender Erklärung gestraft und verworfen worden, welche wir geliebter Kürze halben alIhier nicht wiederholen woIlen; und was noch über das andere mehr verdammliche opiniones oder irrige Meinungen sind, können aus der obgesetzten Erklärung leichtlich genommen und namhaft gemacht werden; denn wir aIles, was der obgesetzten und in Gottes Wort wohlgegründeten Lehre ungemäß, zuwider und entgegen ist, verwerfen und verdammen.

VIII. Von der Person Christi.

Es hat sich auch ein Zwiespalt zwischen den Theologen Augsburgischer Konfession von der Person Christi zugetragen, welche doch nicht erst unter ihnen angefangen, sondern ursprünglich von den Sakramentierern herführt.

Denn nachdem D. Luther wider die Sakramentierer die wahre wesentliche Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Jeu Christi im Abendmahl aus den Worten der Einsetzung mit beständigem Grund erhalten, ist ihm von den Zwinglianern vorgeworfen: wenn der Leib Christi zumal im Himmel und auf Erden im heiligen Abendmahl gegenwärtig sei, so könnte es kein rechter, wahrhaftiger menschlicher Leib sein; denn solche Majestät allein Gottes eigen, deren der Leib Christi nicht fähig sei.

Als aber D. Luther solches widersprochen und gewaltig widerlegt, wie seine Lehre und Streitschriften vom heiligen Abendmahl ausweisen, zu welchen wir uns hiermit öffentlich sowohl als zu seinen Lehrschriften bekennen, haben nach seinem Tode etliche Theologen Augsburgischer Konfession sich zwar noch nicht öffentlich und ausdrücklich zu den Sakramentierern von des Hern Abendmahl bekennen woIlen; aber doch eben dieselben Grundfesten von der Person Christi, dadurch die Sakramentierer die wahre, wesentliche Gegenwärtigkeit des Leibes und Blutes Christi aus seinem Abendmahl wegzuräumen sich unterstanden, geführt und gebraucht, dass nämlich der menschlichen Natur in der Person Christi nichts soIle zugeschrieben werden, was über oder wider ihre natürliche, wesentliche Eigenschaft sei, und haben darüber D. Luthers Lehre und aIle diejenigen, so derselben als Gottes Wort gemäß folgen, mit Bezichtigung fast aIler alten ungeheuren Ketzereien beschwert.

Diesen Zwiespalt christlich, vermöge Gottes Worts, nach Anleitung unsers einfältigen christlichen Glaubens zu erklären und durch Gottes Gnade gänzlich hinzulegen, ist unsere einheIlige Lehre, Glaube und Bekenntnis, wie folgt:

Wir glauben, lehren und bekennen, obwohl der Sohn Gottes eine sonderliche, unterschiedene, ganze göttliche Person und also wahrer, wesentlicher, vöIliger Gott mit Vater und dem Heiligen Geist von Ewigkeit gewesen, dass er gleichwohl, da die Zeit erfüIlt, auch menschliche Natur in Einigkeit seiner Person angenommen, nicht also, dass nun zwei Personen oder zwei Christus wären, sondern dass Christus Jeus nunmehr in einer Person zumal wahrhaftiger ewiger Gott sei, vom Vater von Ewigkeit geboren, und ein wahrhaftiger Mensch, von der hochgelobten Jungfrau Maria geboren, wie geschrieben steht Röm. 9: "Aus welchen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über aIles, gelobet in Ewigkeit."

Wir glauben, lehren und bekennen, dass nunmehr in derselben einigen, unzertrennten Person Christi zwei unterschiedliche Naturen seien, die göttliche, so von Ewigkeit, und die menschliche, so in der Zeit in Einigkeit der Person des Sohnes Gottes angenommen, welche zwei Naturen nimmermehr in der Person Christi weder getrennt noch miteinander vermischt, oder eine in die andere verwandelt, sondern eine jede in ihrer Natur und Wesen in der Person Christi in aIle Ewigkeit bleibt.

Wir glauben, lehren und bekennen auch, wie gemeldete beide Naturen in ihrer Natur und Wesen unvermischt und unabgetilgt bleiben, dass also auch eine jede ihre natürlichen, wesentlichen Eigenschaften behalte und in aIle Ewigkeit nicht von sich lege, noch einer Natur wesentliche Eigenschaften der andern Natur wesentliche Eigenschaften nimmermehr werden.

Also glauben, lehren und bekennen wir, dass allmächtig sein, ewig, unendlich, aIlenthalben zumal natürlich, das ist, nach Eigenschaft der Natur und ihres natürlichen Wesens, für sich selbst gegenwärtig sein, aIles wissen sind wesentliche Eigenschaften der göttlichen Natur, welche der menschlichen Natur wesentliche Eigenschaften in Ewigkeit nimmermehr werden.

Hinwiederum ein leiblich Geschöpf oder Kreatur sein, Fleisch und Blut sein, endlich und umschrieben sein, leiden, sterben, auf und ab fahren, von einem Ort zu dem andern sich bewegen, Hunger, Durst, Frost, Hitze leiden und dergleichen, sind Eigenschaften der menschlichen Natur, welche der göttlichen Natur Eigenschaften nimmermehr werden.

Wir glauben, lehren und bekennen auch, dass nunmehr, nach der Menschwerdung, nicht eine jede Natur in Christo für sich selbst also bestehe, dass eine jede eine sonderbare Person sei oder mache, sondern dass sie also vereinbart seien, dass sie eine einige Person machen, in welcher zugleich persönlich ist und besteht beide die göttliche und die angenommene menschliche Natur, also dass nunmehr, nach der Menschwerdung, zu der ganzen Person Christi gehöre nicht aIlein seine göttliche, sondern auch seine angenommene menschliche Natur, und dass, wie ohne seine Gottheit, also auch ohne seine Menschheit die Person Christi oder Filii Dei incarnati, das ist, des Sohnes Gottes, der Fleisch an sich genommen und Mensch worden, nicht ganz sei; daher Christus nicht zwei unterschiedene, sondern eine einige Person ist, unangesehen, dass zwei unterschiedliche Naturen in ihrem natürlichen Wesen und Eigenschaften unvermischt an ihm erfunden werden.

Wir glauben, lehren und bekennen auch, dass die angenommene menschliche Natur in Christo nicht aIlein ihre natürlichen wesentlichen Eigenschaften habe und behalte, sondern dass sie darüber durch die persönliche Vereinigung mit der Gottheit und hernach durch die Verklärung oder Glorifikation erhöht sei zur Rechten der Majestät, Kraft und Gewalt über aIles, was genannt kann werden, nicht aIlein in dieser, sondern auch in künftiger Welt.

Soviel nun diese Majestät belangt, zu welcher Christus nach seiner Menschheit erhoben, hat er solches nicht erst empfangen, als er von den Toten erstanden und gen Himmel gefahren, sondern da er im Mutterleib empfangen und Mensch worden, und die göttliche und menschliche Natur miteinander persönlich vereinigt worden. Welche persönliche Vereinigung doch nicht also zu verstehen, wie etliche dieselbe Unrecht auslegen, als soIlten beide Naturen, die göttliche und menschliche, miteinander vereinigt sein, wie zwei Bretter zusammengeleimet, dass sie realiter, das ist, mit der Tat und Wahrheit, ganz und gar keine Gemeinschaft miteinander haben soIlten. Denn solches ist Nestorii und Samosateni Irrtum und Ketzerei gewesen, welche, wie Suidas und Theodorus presbyter Rethenensls bezeugen, gelehrt und gehalten haben duvo fuvsei" ajkoinwnhvtou" pro;" eJauta;" pantavpasin hoc est, naturas omni modo incommunicabiles esse, das ist, dass die Naturen ganz und gar keine Gemeinschaft miteinander haben, dadurch die Naturen voneinander abgesondert und also zwei Christus gemacht, dass ein anderer sei Christus und ein anderer Gott das Wort, so in Christo wohnt.

Denn also schreibt Theodorus presbyter Paulus quidam iisdem, quibus Manes temporibus, Samosatenus quidem ortu, sed Antiochiae Syriae antlstes, Dominum impie dixit nudum fuisse homlnem, in quo Deus Verbum sicut et in singulis prophetis habitavit, ac proinde duas naturas separatas et citra omnem prorsus inter sie communionem ln Christo esse. quasi alius sit Christus, alius Deus Verbum in ipso habitans. Das ist: Es hat eben zur selben Zeit, da Manes der Ketzer auch gelebt, einer mit Namen Paulus, der wohl seiner Geburt nach ein Samosatener, aber ein Vorsteher zu Antiochia in Syrien gewesen, gottlos gelehrt, dass der Her Christus nur ein purlauterer Mensch gewesen, in welchem Gott das Wort habe gewohnt wie in einem jeden Propheten; daher er auch gehalten, dass die göttliche und menschliche Natur voneinander getrennt und abgesondert, und dass sie in Christ allerdings keine Gemeinschaft miteinander haben, gleich als wenn ein anderer wäre Christus und ein anderer Gott das Wort, so in ihm wohnt.

Wider diese verdammte Ketzerei hat die christliche Kirche je und aIlwege einfältig geglaubt und gehalten, dass die göttliche und menschliche Natur in der Person Christi also vereinigt, dass sie eine wahrhaftige Gemeinschaft miteinander haben, dadurch die Naturen nicht in ein Wesen, sondern, wie D. Luther schreibt, in eine Person gemengt ; inmaßen um solcher persönlichen Vereinigung und Gemeinschaft willen die alten Lehrer der Kirche vielfältig, vor und nach dem Chalcedonischen Konzilio, das Wort mixtio, "Vermischung", in gutem Verstand und Unterschied gebraucht (wie deshalben viele Zeugnisse der Väter, wo vonnöten, angezogen werden möchten, welche auch vielfältig in der unsern Schriften zu finden) und die persönliche Vereinigung und Gemeinschaft mit dem Gleichnis animae et corporis und ferrl candentis (das ist, eines feurigen Eisens, des Leibes und der Seele) erklärt. Denn Leib und Seele wie auch Feuer und Eisen nicht per phrasin oder modum loquendi oder verbaliter, das ist, dass es nur eine Weise zu reden und bloße Worte sein soIlte, sondern vere und realiter, das ist, mit der Tat und Wahrheit, Gemeinschaft miteinander haben, und gleichwohl dadurch keine confusio oder exaequatio naturarum, das ist, einige Vermischung oder Vergleichung der Naturen, eingeführt, als, wenn aus Honig und Wasser ein Met gemacht, welcher kein Unterschieden Wasser oder Honig mehr, sondern ein gemengter Trank ist, da es sich denn mit der göttlichen und menschlichen Natur Vereinigung in der Person Christi viel anders hält. Denn es viel eine andere, höhere und unaussprechlichere Gemeinschaft und Vereinigung ist zwischen der göttlichen und menschlichen Natur in der Person Christi, um welcher Vereinigung und Gemeinschaft willen Gott ist Mensch und Mensch ist Gott, dadurch doch weder die Naturen noch derselben Eigenschaften miteinander vermischt werden, sondern es behält eine jede Natur ihr Wesen und Eigenschaften.

Um dieser persönlichen Vereinigung willen, welche ohne solche wahrhaftige Gemeinschaft der Naturen nicht gedacht werden noch sein kann, hat nicht die bloße menschliche Natur für der ganzen Welt Sünde gelitten, deren Eigenschaft ist leiden und sterben, sondern es hat der Sohn Gottes selbst wahrhaftig, doch nach der angenommenen menschlichen Natur, gelitten und ist (Vermöge unsers einfältigen christlichen Glaubens) wahrhaftig gestorben, wiewohl die göttliche Natur weder leiden noch sterben kann; wie D. Luther solches in seinem großen Bekenntnis vom heiligen Abendmahl wider die gotteslästerliche alloeosin Zwinglii (da er gelehrt, dass eine Natur für die andere genommen und verstanden werden soIle), die er als des Teufels Larven bis in Abgrund der HölIe verdammt, ausführlich erklärt hat.

Der Ursache denn die alten Kirchenlehrer beide Worte koinwniva und e{nwsi", communio et unio, das ist, "Gemeinschaft" und: "Vereinigung", in Erklärung dieses Geheimnisses zusammengesetzt und eins durch das andere erklärt haben, Irenäus. Iib. IV. cap. 37; Athanasius in EpistoIa ad Epictetum; Hilarius De Trinltate, Iib. IX; Basilius et Nyssenus in Theodoreto; Damascenus, Iib. III, cap. 419.

Um dieser persönlichen Vereinigung und Gemeinschaft willen der göttlichen und menschlichen Natur in Christo glauben, lehren und bekennen wir auch Vermöge unsers einfältigen christlichen Glaubens, was gesagt wird von der Majestät Christi nach seiner Menschheit zur Rechten der aIlmächtigen Kraft Gottes, und was derselben anhanget; welches alles nichts wäre noch bestehen könnte, wo diese persönliche Vereinigung und Gemeinschaft der Naturen in der Person Christi nicht realiter, das ist, mit der Tat und Wahrheit, bestünde.

Um dieser persönlichen Vereinigung und Gemeinschaft willen der Naturen hat Maria, die hochgelobte Jungfrau, nicht einen purlauteren Menschen, sondern einen solchen Menschen, der wahrhaftig der Sohn Gottes des AIlerhöchsten ist, geboren, wie der Engel zeugt; welcher seine göttliche Majestät auch in Mutterleibe erzeigt, dass er von einer Jungfrau unverletzt ihrer Jungsrauschaft geboren ; darum sie wahrhaftig Gottes Mutter und gleichwohl eine Jungfrau geblieben ist.

Daher hat er auch aIle seine Wunderwerke gewirkt und solche seine göttliche Majestät nach seinem GefaIlen, wann und wie er gewoIlt, und also nicht erst aIlein nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt, sondern auch im Stand seiner Erniedrigung, geoffenbart; als, auf der Hochzeit in Kana Galilää; item, da er zwölf Jahre alt gewesen, unter den Gelehrten; item im Garten, da er mit einem Worte seine Feinde zu Boden geschlagen; desgleichen im Tode, da er nicht schlecht wie ein anderer Mensch gestorben, sondern mit und in seinem Tode die Sünde, Tod, Teufel, HölIe und ewige Verdammnis überwunden, das menschliche Natur aIlein nicht vermocht hätte, wenn sie nicht mit der göttlichen Natur also persönlich vereinigt und Gemeinschaft gehabt hätte.

Daher hat auch die menschliche Natur die Erhöhung nach der Auferstehung von den Toten über alle Kreaturen im Himmel und auf Erden, welche nichts anderes ist, denn dass er Knechtsgestalt ganz und gar von sich gelegt und gleichwohl die menschliche Natur nicht abgelegt, sondern in Ewigkeit behält und in die völIige Posseß und Gebrauch der göttlichen Majestät, nach der angenommenen menschlichen Natur, eingesetzt ; welche Majestät er doch gleich in seiner Empfängnis auch in Mutterleibe gehabt, aber, wie der Apostel zeugt, sich derselben geäußert und, wie D. Luther erklärt, im Stand seiner Erniedrigung heimlichgehalten und nicht aIlezeit, sondern wann er gewoIlt, gebraucht hat.

Jetzund aber, nachdem er nicht schlecht wie ein anderer Heiliger gen Himmel, sondern, wie der Apostel zeugt, über aIle Himmel gefahren, auch wahrhaftig aIles erfüIlt und aIlenthalben nicht allein als Gott, sondern auch als menschgegenwärtig regiert von einem Meer zum andern und bis an der Welt Ende, wie die Propheten weissagen und die Apostel bezeugen, dass er aIlenthalben mit ihnen gewirkt und ihr Wort bestätigt habe durch nachfolgende Zeichen; doch solches nicht aus eine irdische Weise zugangen, sondern, wie D. Luther erklärt, nach Art göttlicher Rechten, welche kein gewisser Ort im Himmel, wie die Sakramentierer ohne Grund der Heiligen Schrift vorgeben, sondern anderes nichts denn die aIlmächtige Kraft Gottes ist, die Himmel und Erde erfüIlt, in welche Christus nach seiner Menschheit realiter, das ist, mit der Tat und Wahrheit, sine confusione et exaequatione naturarum (das ist, ohne Vermischung und Vergleichung beider Naturen in ihrem Wesen und wesentlichen Eigenschaften) eingesetzt worden; aus welcher mitgeteilten Kraft vermöge der Worte seines Testaments er mit seinem Leib und Blut im heiligen Abendmahl, dahin er uns durch sein Wort gewiesen, wahrhaftig gegenwärtig sein kann und ist; das sonst keinem Menschen möglich, dieweil kein Mensch solchergestalt mit der göttlichen Natur vereinigt und in solche göttliche, allmächtige Majestät und Kraft durch und in der persönlichen Vereinigung beider Naturen in Christo eingesetzt, wie Jeus, der Sohn Marien, in dem die göttliche und menschliche Natur miteinander persönlich Vereinigt, also dass in Christo: "alle FüIle der Gottheit leibhaftig wohnet", Kol. 2, und in solcher persönlichen Vereinigung eine solch hohe, innerliche, unaussprechliche Gemeinschaft haben, darüber sich auch die Engel verwundern und, solche zu schauen, wie St. Petrus bezeugt, ihre Lust und Freude haben, wie solches aIles ordentlich hernach etwas weitläuftiger soIl erklärt werden. Ps. 93; Sach. 9; Mark. 16; 1 Petr. 1.

Aus diesem Grunde, inmaßen hievor angezeigt und die unio personalis erkläret, das ist, welchergestalt die göttliche und menschliche Natur in der Person Christi miteinander vereinigt, dass sie nicht allein die Namen gemein, sondern auch mit der Tat und Wahrheit unter sich selbst, ohne aIle Vermischung oder Vergleichung derselben in ihrem Wesen, Gemeinschaft haben, fleußt auch her die Lehre de communlcatione idiomatum, das ist, von wahrhaftiger Gemeinschaft der Eigenschaften der Naturen, davon hernach weiter gesagt werden soIl.

Denn weil es wahrhaftig also, quod propria non egrediantur sua subiecta, das ist, dass eine jede Natur ihre wesentlichen Eigenschaften behalte, und dieselben nicht von der Natur abgesondert, in die andere Natur wie Wasser aus einem Gefäß in das andere ausgegossen werden, so könnte auch keine Gemeinschaft der Eigenschaften nicht sein noch bestehen, wenn obgehörte persönliche Vereinigung oder Gemeinschaft der Naturen in der Person Christi nicht wahrhaftig wäre, welches nach dem Artikel von der heiligen Dreifaltigkeit das größte Geheimnis im Himmel und auf Erden ist, wie Paulus sagt: "Kündlich groß ist dies gottselige Geheimnis, dass Gott geoffenbaret ist im Fleisch", 1 Tim. 3. Denn weil der Apostel Petrus mit klaren Worten bezeugt, dass auch wir, in welchen Christus aIlein aus Gnaden wohnt, um solches hohen Geheimnisses willen in Christo: "teilhaftig werden der göttlichen Natur", was muss denn das für eine Gemeinschaft der göttlichen Natur sein, davon der Apostel redet, dass: "in Christo aIle FüIle der Gottheit leibhaftig wohne", also dass Gott und Mensch eine Person ist. Weil aber hoch daran gelegen, dass diese Lehre de communicatlone idiomatum, das ist, von Gemeinschaft der Eigenschaften beider Naturen, mit gebührendem Unterschied gehandelt und erklärt werde (denn die propositiones oder praedicationes, das ist, wie man von der Person Christi, von derselben Naturen und Eigenschaften redet, haben nicht aIle einerlei Art und Weise, und wenn ohne gebührenden Unterschied davon geredet wird, so wird die Lehre verwirrt und der einfältige Leser leichtlich irregemacht), soIl nachfolgender Bericht mit Fleiß vermerkt werden, welcher um besseren und einfältigen Berichts willen wohl in drei Hauptpunkte gefaßt werden mag.

Als erstlich, weil in Christo zwei unterschiedliche Naturen an ihrem natürlichen Wesen und Eigenschaften unverwandelt und unvermischt sind und bleiben, und aber der beiden Naturen nur eine einige Person ist, so wird dasselbe, was gleich nur einer Natur Eigenschaft ist, nicht der Natur allein, als abgesondert, sondern der ganzen Person, welche zugleich Gott und Mensch ist (sie werde genennet Gott oder Mensch), zugeschrieben.

Aber in hoc genere, das ist, in solcher Weise zu reden, folgt nicht, was der Person zugeschrieben wird, dass dasselbe zugleich beider Naturen Eigenschaft sei, sondern wird unterschiedlich erklärt, nach welcher Natur ein jedes der Person zugeschrieben wird. Also ist Gottes Sohn geboren aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, Röm. 1. Item, Christus ist getötet nach dem Fleisch und hat für uns gelitten im oder am Fleisch, l Petr. :3 und 4.

Weil aber unter den Worten (da gesagt wird, es werde der ganzen Person zugeschrieben, was einer Natur eigen ist) die heimlichen und öffentlichen Sakramentierer ihren schädlichen Irrtum verbergen, dass sie wohl die ganze Person nennen, aber gleichwohl nur bloß die eine Natur darunter verstehen und die andere Natur gänzlich ausschließen, als hätte die bloße menschliche Natur für uns gelitten, wie denn D. Luther in seinem großen Bekenntnis vom heiligen Abendmahl von des Zwingels alloeosis geschrieben, wolIen wir D. Luthers eigene Worte hie setzen, damit die Kirche Gottes wider solchen Irrtum zum besten verwahrt werden möge. Seine Worte lauten also:

"Das heißt Zwingel alloeosin, wenn etwas von der Gottheit Christi gesagt wird, das doch der Menschheit zusteht, oder wiederum. Als Luk. 24: ‘Mußte nicht Christus leiden und also zu seiner Herrlichkeit eingehen?' Hie gaukelt er, dass ‘Christus' für.die menschliche Natur genommen werde. Hüte dich, hüte dich, sage ich, vor der aIIoeosis. Sie ist des Teufels Larve; denn sie richtet zuletzt einen solchen Christum zu, nach dem ich nicht gern wollte ein Christ sein, nämlich, dass Christus hinfort nicht mehr sei noch tü mit seinem Leiden und Leben denn ein anderer schlechter Heiliger. Denn wenn ich das glaube, dass aIlein die menschliche Natur für mich gelitten hat, so ist mir der Christus ein schlechter Heiland, so bedarf er wohl selbst eines Heilandes. Summa, es ist unsäglich, was der Teufel mit der alloeosis sucht."

Und bald hernach: "Ob die ist Wettermacherin, die Frau Vernunft, der alloeosis Großmutter, sagen würde: Ja, die Gottheit kann nicht leiden noch sterben, sollst du antworten: Das ist wahr; aber dennoch, weil Gottheit und Menschheit in Christo eine Person ist, so gibt die Schrift um solcher persönlichen Einigkeit willen auch der Gottheit aIles, was der Menschheit widerfährt, und wiederum. Und ist auch also in der Wahrheit; denn das musst du ja sagen, die Person (zeiget Christum) leidet, stirbt; nun ist die Person wahrhaftiger Gott, darum ist recht geredet: Gottes Sohn leidet. Denn obwohl das eine Stück (dass ich so rede), als die Gottheit, nicht leidet, so leidet dennoch die Person, welche Gott ist, am andern Stück, als an der Menschheit; denn in der Wahrheit ist Gottes Sohn für uns gekreuzigt, das ist, die Person, die Gott ist; denn sie ist, sie (sage ich), die Person, ist gekreuzigt nach der Menschheit."

Und abermals bald hernach: "Wo die alloeosis soIl bestehen, wie sie Zwingel führt, so wird Christus zwei Personen müssen sein, eine göttliche und eine menschliche, weil er die Sprüche vom Leiden aIlein aus die menschliche Natur zeucht und aIlerdings von der Gottheit wendet. Denn wo die Werke geteilt und gesondert werden, da muss auch die Person zertrennt werden, weil aIle Werke oder Leiden nicht den Naturen, sondern der Person zugeeignet werden. Denn die Person ist's, die aIles tut und leidet, eines nach dieser Natur, das andere nach jener Natur; wie das aIles die Gelehrten wohl wissen. Darum halten wir unsern Hern Christum für Gott und Mensch in einer Person, non confundendo naturas nec dividendo personam, dass wir die Natur nicht mengen und die Person auch nicht trennen."

Item D. Luther "Von den Conciliis und Kirchen": "Wir Christen müssen wissen, wo Gott nicht mit in der Wage ist und das Gewicht gibt, so sinken wir mit unserer Schüssel zu Grunde. Das meine ich also: wo es nicht soIlte heißen: Gott ist für uns gestorben, sondern aIlein ein Mensch, so sind wir verloren. Aber wenn Gottes Tod und Gott gestorben in der Wagschüssel liegt, so sinkt er unter, und wir fahren empor als eine leichte, ledige Schüssel; aber er kann auch wohl wieder emporfahren oder aus seiner Schüssel springen. Er könnte aber nicht in der Schüssel sitzen, er müßte uns gleich ein Mensch werden, dass es heißen könnte: Gott gestorben, Gottes Marter, Gottes Blut, Gottes Tod. Denn Gott in seiner Natur kann nicht sterben; aber nun Gott und Mensch vereinigt ist in einer Person, so heißet's recht Gottes Tod, wenn de Mensch stirbt, der mit Gott ein Ding oder eine Person ist." Bis daher Lutherus.

Daraus offenbar, dass es unrecht geredet sei, wenn gesagt oder geschrieben wird, dass hievor gesetzte Reden: "Gott hat gelitten, Gott ist gestorben", aIlein praedicatio verbalis, das ist, aIlein bloße Worte nicht mit der Tat also sei. Denn unser einfältiger christlicher Glaube weiset's aus, dass der Sohn Gottes, so Mensch worden, für uns gelitten, gestorben und mit seinem Blute uns erlöst habe.

Zum andern, was anlangt die Verrichtung des Amtes Christi, da handelt und wirkt die Person nicht in, mit, durch oder nach einer Natur aIlein, sondern in, nach, mit und durch beide Naturen, oder, wie das Concilium Chalcedonense redet, eine Natur wirkt mit Gemeinschaft der andern, was einer jeden Eigenschaft ist. Also ist Christus unser Mittler, Erlöser, König, Hoherpriester, Haupt, Hirte usw. nicht nach einer Natur aIlein, es sei die göttliche oder die menschliche, sondern nach beiden Naturen; wie diese Lehre anderswo ausdrücklich gehandelt wird.

Zum dritten aber ist noch viel ein anderes, wenn davon gefragt, geredet oder gehandelt wird, ob denn die Naturen in der persönlichen Vereinigung in Christo nichts anderes oder nicht mehr denn nur aIlein ihre natürlichen, wesentlichen Eigenschaften haben; denn dass sie dieselben haben und behalten, ist oben gemeldet.

Was nun die göttliche Natur in Christo anlangt, weil bei Gott keine Veränderung ist, Jak. 1, ist seiner göttlichen Natur durch die Menschwerdung an ihrem Wesen und Eigenschaften nicht ab= oder zu oder für sich dadurch weder gemindert noch gemehrt.

Was aber anlangt die angenommene Menschliche Natur in der Person Christi, haben wohl; etliche streiten wolIen, dass dieselbe auch in der persönlichen mit der Gottheit Vereinigung anders und mehr nicht habe denn nur allein ihr natürlichen, wesentlichen Eigenschaften, nach welchen sie ihren Brüdern aIlenthalben gleich ist, und dass derwegen der menschlichen Natur in Christo nichts soIle noch könne zugeschrieben werden, was über oder wider ihre natürlichen Eigenschaften sei wenngleich der Schrift Zeugnisse dahin lauten. Aber dass solche Meinung falsch und unrecht sei, ist aus Gottes Wort so klar, dass auch ihre eigenen Mitverwandten nunmehr solchen Irrtum strafen und verwerfen. Denn die Heilige Schrift und die alten Väter aus der Schrift zeugen gewaltig, dass die menschliche Natur in Christo darum und daher, weil sie mit der göttlichen Natur in Christo persönlich vereinigt, als sie nach abgelegter knechtischer Gestalt und Erniedrigung glorifiziert und zur Rechten der Majestät und Kraft Gottes erhöht, neben und über ihre natürlichen, wesentlichen, bleibenden Eigenschaften auch sonderliche, hohe, große, übernatürliche, unerforschliche, unaussprechliche, himmlische praerogativas und Vorzüge an Majestät, Herrlichkeit, Kraft und Gewalt über alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser, sondern auch in der künftigen Welt, empfangen habe; dass also die menschliche Natur in Christo zu den Wirkungen des Amtes Christi auf ihr Maß und Weise mit gebraucht werde und auch ihre efficaciam, das ist, Kraft und Wirkung, habe nicht allein aus und nach ihren natürlichen wesentlichen Eigenschaften, oder allein soferne sich das Vermögen derselben erstreckt, sondern vornehmlich aus und nach der Majestät, Herrlichkeit, Kraft und Gewalt, welche sie durch die persönliche Vereinigung, Glorifikation und Erhöhung empfangen hat. Und dies können oder dürfen auch nunmehr fast die Widersacher nicht leugnen, allein dass sie disputieren und streiten, dass es nur erschaffene Gaben oder finitae qualitates sein sollen wie in den Heiligen, damit die menschliche Natur in Christo begabt und geziert, und dass sie nach ihren Gedanken und aus ihren eigenen argumentationibus oder Beweisungen abmessen und ausrechnen wollen, was die menschliche Natur in Christo ohne derselben Abtilgung fähig oder nicht fähig könne oder solle sein.

Aber der beste, gewisseste und sicherste Weg in diesem Streit ist dieser, nämlich was Christus nach seiner angenommenen menschlichen Natur durch die persönliche Vereinigung, Glorifikation oder Erhöhung empfangen habe, und was seine angenommene menschliche Natur über die natürlichen Eigenschaften ohne derselben Abtilgung fähig sei, dass solches niemand besser oder gründlicher wissen könne denn der Her Christus selber; derselbe aber hat solches, soviel uns in diesem Leben davon zu wissen vonnöten in seinem Wort offenbart. Wovon wir nun in der Schrift in diesem Falle klare, gewisse Zeugnisse haben, das sollen wir einfältig glauben und in keinem Wege dawider disputieren, als könnte die menschliche Natur in Christo desselben nicht fähig sein.

Nun ist das wohl recht und wahr was von den erschaffenen Gaben, so der menschlichen Natur in Christo gegeben und mitgeteilt, dass sie dieselben an oder für sich selbst habe, gesagt wird. Aber dieselben erreichen noch nicht die Majestät, welche die Schrift und die alten Väter aus der Schrift der angenommenen menschlichen Natur in Christo zuschreiben.

Denn lebendig machen, alles Gericht und alle Gewalt haben im Himmel und auf Erden, alles in seinen Händen haben, alles unter seinen Füßen unterworfen haben, von Sünden reinigen usw. Und nicht erschaffene Gaben, sondern göttliche, unendliche Eigenschaften, welche doch nach Aussage der Schrift dem Menschen Christo gegeben und mitgeteilt und, Joh. 5 und 6; Matth. 28; Dan. 7; Joh. 3 und 13; Matth. 11; Eph. 1; Hebr. 2; 1 Kor. 15; Joh. 1.

Und dass solche Mitteilung nicht per phrasin aut modum loquendi. das ist, allein mit Worten von der Person allein nach der göttlichen Natur, sondern nach der angenommenen menschlichen Natur zu verstehen sei, beweisen drei starke, unwiderlegliche Argumente und nachfolgende Gründe:

  1. Zum ersten ist ein einhellige Regel der ganzer alten rechtgläubigen Kirche: was die Heilige Schrift zeugt, das Christus in der Zeit empfangen habe, dass er dasselbe nicht nach der göttlichen (nach welcher er alles von Ewigkeit hat), sondern die Person ratione et respectu humanae naturae, das ist, nach der angenommenen menschlichen Natur, dasselbe in der Zeit empfangen habe.

  2. Zum andern zeugt die Schrift klärlich Joh. 5 und 6, dass die Kraft, lebendig zu machen und das Gericht zu halten, Christo gegeben sei darum, dass er des Menschen Sohn ist, und wie er Fleisch und Blut hat.

  3. Zum dritten sagt die Schrift nicht allein insgemein von der Person des Menschensohnes, sondern deutet auch ausdrücklich aus seine angenommene menschliche Natur, 1 Joh. 1: "Das Blut Christi reiniget uns von allen Sünden", nicht allein nach dem Verdienst, welches am Kreuz einmal verrichtet, sondern Johannes redet an demselben Ort davon, dass uns im Werk oder Handlung der Rechtfertigung nicht allein die göttliche Natur in Christo, sondern auch sein Blut (per modum efficaciae, das ist, wirklich) reinigt uns von allen Sünden. Also Joh. 6 ist das Fleisch Christi eine lebendigmachende Speise, wie daraus auch das Ephesinum Concilium geschlossen hat, dass das Fleisch Christi die Kraft habe, lebendig zu machen; wie von diesem Artikel andere viel herrliche Zeugnisse der alten rechtgläubigen Kirche anderswo angezogen sind.

Dass nun Christus nach seiner menschlichen Natur solches empfangen, und der angenommenen menschlichen Natur in Christo solches gegeben und mitgeteilt sei, sollen und müssen wir nach der Schrift glauben. Aber wie droben gesagt, weil die beiden Naturen in Christo also vereinigt, dass sie nicht miteinander vermischt oder eine in die andere verwandelt, auch eine jede ihre natürlichen, wesentlichen Eigenschaften behält, also dass einer Natur Eigenschaften der andern Natur Eigenschaften nimmermehr werden, muss diese Lehre auch recht erklärt und mit Fleiß wider alle Ketzereien verwahrt werden.

Indem wir denn nichts Neues von uns selber erdenken, sondern nehmen an und erholen die Erklärungen, so die ist rechtgläubige Kirche aus gutem Grunde der Heiligen Schrift hiervon gegeben hat, nämlich dass solche göttliche Kraft, Leben, Gewalt, Majestät und Herrlichkeit der angenommenen menschlichen Natur in Christo gegeben sei, nicht also, wie der Vater dem Sohn nach der göttlichen Natur sein Wesen und alle göttlichen Eigenschaften von Ewigkeit mitgeteilt hat, daher er eines Wesens mit dem Vater und Gott gleich ist; denn Christus ist allein nach der göttlichen Natur dem Vater gleich, aber nach der angenommenen menschlichen Natur ist er unter Gott; daraus offenbar, dass wir keine confusionem. exaequationem. abolitionem, das ist, keine Vermischung, Vergleichung oder Abtilgung der Naturen in Christo machen; so ist auch die Kraft, lebendig zu machen, nicht also in dem Fleisch Christi wie in seiner göttlichen Natur, nämlich als eine wesentliche Eigenschaft.

Es ist auch solche Kommunikation oder Mitteilung nicht geschehen durch eine wesentliche oder natürliche Ausgießung der Eigenschaften der göttlichen Natur in die menschliche, also dass Christus Menschheit solche für sich selbst und von dem göttlichen Wesen abgesondert hätte, oder als hätte dadurch die menschliche Natur in Christo ihre natürlichen, wesentlichen Eigenschaften gar abgelegt und wäre nunmehr entweder in die Gottheit verwandelt oder derselben mit solchen mitgeteilten Eigenschaften in und für sich selbst worden, oder dass nunmehr beider Naturen einerlei oder ja gleiche natürliche wesentliche Eigenschaften und Wirkungen sein sollten. Denn solche und dergleichen irrige Lehren sind in den alten bewährten conciliis aus Grund der Schrift billig verworfen und verdammt. Nullo enim modo vel facienda vel admittenda est aut conversio aut confusio aut exaequatio sive naturarum in Christo sive essentialium proprietatum. Das ist: Denn auf keinerlei Weise soll gehalten oder zugelassen werden Verkehrung, Vermischung oder Vergleichung der Naturen in Christo oder derselben wesentlichen Eigenschaften.

Wie wir denn auch die Worte realis communicatio oder realiter kommuniziert, das ist, die Mitteilung oder Gemeinschaft, so mit der Tat und Wahrheit geschieht, niemals von einer physica communicatione vel essentiali transfusione, (das ist, von einer wesentlichen, natürlichen Gemeinschaft oder Ausgießung, dadurch die Naturen in ihrem Wesen und derselben wesentlichen Eigenschaften vermengt, wie etliche solche Worte und Reden arglistig und boshaftig, die reine Lehre damit verdächtig zu machen, wider ihr eigen Gewissen verkehrt haben; sondern allein der verbali communicationi, das ist, dieser Lehre entgegengesetzt haben, da solche Leute vorgegeben, dass es nur eine phrasis und modus loquendi, das ist, mehr nicht denn bloße Worte, Titel und Name sei, daraus sie auch so hart gedrungen, dass sie von keiner andern Gemeinschaft wissen wollen. Derwegen zu wahrhaftiger Erklärung der Majestät Christi wir solche Worte (de reali communicatione) gebraucht und damit anzeigen wollen, dass solche Gemeinschaft mit der Tat und Wahrheit, doch ohne alle Vermischung der Naturen und ihrer wesentlichen Eigenschaften, geschehen sei.

So halten und lehren wir nun mit der alten, rechtgläubigen Kirche, wie dieselbe diese Lehre aus der Schrift erklärt hat, dass die menschliche Natur in Christo solche Majestät empfangen habe nach Art der persönlichen Vereinigung; nämlich, weil die ganze Fülle der Gottheit in Christo wohnt, nicht wie in andern heiligen Menschen oder Engeln, sondern leibhaftig, als in ihrem eigenen Leibe, dass sie mit aller ihrer Majestät, Kraft, Herrlichkeit und Wirkung in der angenommenen menschlichen Natur freiwillig (wann und wie er will) leuchtet, in, mit und durch dieselbe seine göttliche Kraft, Herrlichkeit und Wirkung beweist, erzeigt und verrichtet, wie die Seele im Leibe und das Feuer in einem glühenden Eisen tut (denn durch solche Gleichnisse, wie4 droben auch vermeldet, hat die ganze alte Kirche diese Lehre erklärt); solches ist zur Zeit der Niedrigung verborgen und hinterhalten worden, aber jetzund nach abgelegter knechtischer Gestalt geschieht solches völlig, gewaltig und öffentlich vor allen Heiligen im Himmel und Erden, und werden auch wir in jenem Leben solche seine Herrlichkeit von Angesicht zu Angesicht schauen, Joh. 17.

Also ist und bleibt in Christo nur eine einige göttliche Allmächtigkeit, Kraft, Majestät und Herrlichkeit, welche allein der göttlichen Natur eigen ist; dieselbe aber leuchtet, beweist und erzeigt sich völlig, aber doch freiwillig, in, mit und durch die angenommene erhöhte menschliche Natur in Christo. gleichwie in einem glühenden Eisen nicht zweierlei Kraft zu leuchten und zu brennen ist, sondern die Kraft zu leuchten und zu brennen ist des Feuers Eigenschaft; aber weil das Feuer mit dem Eisen vereinigt, so beweiset's und erzeiget's solche seine Kraft zu leuchten und zu brennen in, mit und durch das glühende Eisen, also dass auch das glühende Eisen daher und durch solche Vereinigung die Kraft hat zu leuchten und zu brennen, ohne Verwandlung des Wesens und der natürlichen Eigenschaften des Feuers und Eisens.

Derwegen verstehen wir solche Zeugnisse der Schrift, so von der Majestät reden, die welcher die Menschliche Natur in Christo erhöht ist, nicht also, dass solche göttliche Majestät, welche der göttlichen Natur des Sohnes Gottes eigen ist, in der Person des Menschensohnes schlecht nur allein nach seiner göttlichen Natur zugeschrieben soll werden, oder dass dieselbe Majestät in der menschlichen Natur Christi allein dergestalt sein sollte, dass seine menschliche Natur von derselben allein den bloßen Titel und Namen, per phrasin et modum loquendi, das ist, allein mit Worten, aber mit der Tat und Wahrheit ganz und gar keine Gemeinschaft mit ihr haben sollte. Denn aus solche Weise (weil Gott ein geistlich, unzertrennt Wesen und demnach allenthalben und in allen Kreaturen ist, und in welchen er ist, sonderlich aber in den Gläubigen und Heiligen wohnt, daselbst solche seine Majestät mit und bei sich hat) auch mit Wahrheit gesagt werden möchte, dass in allen Kreaturen, in welchen Gott ist, sonderlich aber in den Gläubigen und Heiligen, in welchen Gott wohnt, alle Fülle der Gottheit leibhaftig wohne, alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen, alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben werde, weil ihnen der Heilige Geist, der alle Gewalt hat, gegeben wird; dergestalt denn zwischen Christo nach seiner menschlichen Natur und den andern heiligen Menschen kein Unterschied gemacht, und also Christus seiner Majestät, so er vor allen Kreaturen als ein Mensch oder nach seiner menschlichen Natur empfangen hat, beraubt. Denn sonst keine Kreatur, weder Mensch noch Engel, sagen kann oder soll: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden"; so doch Gott mit aller Fülle seiner Gottheit, die er allenthalben bei sich hat, in den Heiligen ist, aber nicht leibhaftig in ihnen wohnt oder persönlich mit ihnen vereinigt ist wie in Christo. Denn aus solcher persönlichen Vereinigung kommt's, dass Christus auch nach seiner menschlichen Natur spricht Matth. 28: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden." Item Joh. 13: "Da Christus wußte, dass ihm der Vater alles in seine Hand gegeben hatte." Item Kol. 2: "In ihm wohnet die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig." Item: "Mit Preis und Ehren hast du ihn gekrönt und hast ihn gesetzt über die Werke deiner Hände; alles hast du untertan zu seinen Füßen. In dem, dass er ihm alles hat untertan, hat er nichts gelassen, das ihm nicht untertan sei", Hebr. 2, "ausgenommen, der ihm alles untertan hat", 1 Kor. 15.

Wir glauben, lehren und bekennen aber keineswegs eine solche Ausgießung der Majestät Gottes und aller derselben Eigenschaften in die menschliche Natur Christi, dadurch die göttliche Natur geschwächt oder etwas von dem ihren einem andern übergebe, das sie nicht für sich selbst behielte, oder dass die menschliche Natur in ihrer Substanz und Wesen gleiche Majestät empfangen haben sollte, von der Natur und Wesen des Sohnes Gottes abgesondert oder unterschieden, als wenn aus einem Gefäß in das andere Wasser, Wein oder Öl gegossen würde. Denn die menschliche Natur wie auch keine andere Kreatur weder im Himmel noch auf Erden solchergestalt der Allmächtigkeit Gottes fähig ist, dass sie für sich selbst ein allmächtig Wesen würde oder allmächtige Eigenschaften an und fur sich selbst hätte, dadurch die menschliche Natur in Christo geleugnet und in die Gottheit ganz und gar verwandelt, welches unserm christlichen Glauben, auch aller Propheten und Apostel Lehre zuwider.

Sondern wir glauben, lehren und bekennen, dass Gott der Vater seinen Geist Christo, seinem geliebten Sohn, nach der angenommenen Menschheit, also gegeben (darum er denn auch Messias, das ist, der Gesalbte, genennet wird, dass er nicht mit dem Maß wie die andern Heiligen desselben Gaben empfangen habe. Denn aus Christo dem Hern nach seiner angenommenen menschlichen Natur (weil er nach der Gottheit mit dem Heiligen Geist eines Wesens ist): "ruhet der Geist der Weisheit und des Verstandes, des Rats, der Stärke und der Erkenntnis", Jes. 11 und 61, nicht also, dass er daher, als ein Mensch, nur etliche Dinge wußte und vermöchte, wie andere Heilige durch Gottes Geist, welcher allein erschaffene Gaben in ihnen wirkt, wissen und vermögen; sondern, weil Christus nach der Gottheit die andere Person in der heiligen Dreifaltigkeit ist und von ihm wie auch vom Vater der Heilige Geist ausgeht und also sein und des Vaters eigener Geist ist und bleibt in alle Ewigkeit, von dem Sohne Gottes nicht abgesondert, so ist Christo nach dem Fleisch, so mit dem Sohne Gottes persönlich vereinigt ist, die ganze Fülle des Geistes (wie die patres sagen) durch solche persönliche Vereinigung mitgeteilt, welche sich freiwillig mit aller Kraft darin, damit und dadurch beweist und erzeigt, dass er nicht nur etliches wisse und etliches nicht wisse, etliches vermöge und etliches nicht vermöge, sondern er weiß und vermag alles, auf welchen der Vater ohne Maß den Geist der Weisheit und Kraft ausgegossen, dass er als Mensch durch solche persönliche Vereinigung alle Erkenntnis, alle Gewalt mit der Tat und Wahrheit empfangen hat. Und also sind alle Schätze der Weisheit in ihm verborgen, also ist ihm alle Gewalt gegeben, und er ist gesetzt zur Rechten der Majestät und Kraft Gottes. Und aus den Historien ist wissentlich, dass zur Zeit des Kaisers Valentis unter den Arianern eine sonderliche Sekte gewesen, welche Agnöten genennet und worden, darum dass sie gedichtet haben, dass der Sohn, des Vaters Wort, wohl alles wisse, aber seine angenommene menschliche Natur sei vieler Dinge unwissend; wider welche auch Gregorius Magnus geschrieben hat.

Um dieser persönlichen Vereinigung und daraus erfolgenden Gemeinschaft willen, so die göttliche und menschliche Natur in der Person Christi mit der Tat und Wahrheit miteinander haben, wird Christo nach dem Fleisch zugelegt, das sein Fleisch seiner Natur und Wesen nach für sich selbst nicht sein und außerhalb dieser Vereinigung nicht haben kann, dass sein Fleisch nämlich eine wahrhaftige, lebendigmachende Speise und sein Blut ein wahrhaftig lebendigmachender Trank ist; wie die zweihundert patres des Ephesini Concilii bezeugt haben: carnem Christi esse vivificam seu vivificatricem, das ist, dass Christus' Fleisch ein lebendigmachend Fleisch sei; daher auch dieser Mensch allein und sonst kein Mensch weder im Himmel noch auf Erden mit Wahrheit sagen kann Matth. 18: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." Item Matth. "Ich bin allezeit bei euch bis an der Welt Ende."

Welche Zeugnisse wir auch nicht also verstehen, dass bei uns in der christlichen Kirche und Gemeinde allein die Gottheit Christi gegenwärtig sei, und solche Gegenwärtigkeit Christum nach seiner Menschheit in keinem Wege gar nichts angehen sollte, dergestalt denn Petrus, Paulus und alle Heiligen im Himmel, weil die Gottheit, so allenthalben ist, in ihnen wohnt, auch bei uns auf Erden wären, welches doch allein von Christo und sonst keinem andern Menschen die Heilige Schrift bezeugt: sondern wir halten, dass durch diese Worte die Majestät des Menschen Christi erklärt werde, die Christus nach seiner Menschheit zur Rechten der Majestät und Kraft Gottes empfangen, dass er nämlich auch noch, und mit derselben seiner angenommemen menschlichen Natur gegenwärtig sein könne und auch sei, wo er will, und sonderlich, dass er bei seiner Kirche und Gemeinde auf Erden als Mittler, Haupt, König und Hoherpriester (nicht halb oder die Hälfte allein, sondern die ganze Person Christi, zu welcher gehören beide Naturen, die göttliche und menschliche) gegenwärtig sei, nicht allein nach seiner Gottheit, sondern auch nach und mit seiner angenommen menschlichen Natur, nach welcher er unser Bruder ist und wir Fleisch sind vom seinem Fleisch und Bein von seinem Bein; wie er des zu gewisser Versicherung und Vergewiss ung sein heilig Abendmahl eingesetzt hat, dass er auch nach der Natur, nach welcher er Fleisch und Blut hat, bei uns sein, in uns wohnen, wirken und kräftig sein will.

Aus solchen beständigen Grund hat D. Luther seliger auch von der Majestät Christi nach seiner menschlichen Natur geschrieben.

In der großen Bekenntnis vom Abendmahl schreibt er von der Person Christi also: "Nun er aber ein solcher Mensch ist, und außer diesem Menschen kein Gott ist, so muss folgen, dass er auch nach der dritten, übernatürlichen Weise sei und sein möge allenthalben, wo Gott ist, und alles durch und durch voll Christus sei, auch nach der Menschheit, nicht nach der ersten, leiblichen, begreiflichen Weise, sondern nach der übernatürlichen, göttlichen Weise." Tom. 2, Wit. Ger., Fol. 191.

"Denn hie musst du stehen und sagen Christus nach der Gottheit, wo er ist, da ist er eine natürliche göttliche Person und ist auch natürlich und persönlich daselbst, wie das wohl beweist seine Empfängnis im Mutterleibe. Denn sollte er Gottes Sohn sein, so musste er natürlich und persönlich im Mutterleibe sein und Mensch werden. Ist er nun natürlich und persönlich, wo er ist, so muss er daselbst auch Mensch sein; denn es sind nicht zwei zertrennte Personen, sondern eine einige Person: wo sie ist, da ist sie die einige unzertrennte Person, und wo du kannst sagen: Hie ist Gott, da musst du auch sagen: So ist Christus der Mensch auch da und wo du einen Ort zeigen würdest, da Gott wäre und nicht der Menschen, so wäre die Person schon zertrennt, weil ich alsdann mit der Wahrheit könnte sagen: Hie ist Gott, der nicht Mensch ist und noch nie Mensch worden.

"Mir aber des Gottes nicht. Denn hieraus wollte folgen, dass Raum und Stätte die zwei Naturen voneinander sonderten und die Personen zertrenmten, so doch der Tod und alle Teufel sie nicht könnten trennen noch voneinander reißen. Und es sollte mir ein schlechter Christus bleiben, der nicht mehr denn an einem einzelnen Ort zugleich eine göttliche und menschliche Person wäre, und an allen andern Orten müßte er allein ein bloßer abgesonderter Gott und göttliche Person sein ohne Menschheit. Nein, Gesell, wo du mir Gott hinsetzest, da musst du mir die Menschheit mit hinsetzen; sie lassen sich nicht sondern und voneinander trennen; es ist eine Person worden und scheidet die Menschheit nicht von sich."

Im Büchlein von den letzten Worten Davids, welches D. Luther kurz vor seinem Tode geschrieben, sagt er also: "Nach der andern, zeitlichen, menschlichen Geburt ist ihm auch die ewige Gewalt Gottes gegeben, doch zeitlich und nicht von Ewigkeit her. Denn die Menschheit Christi ist nicht von Ewigkeit gewesen wie die Gottheit, sondern wie man zählt und schreibt, ist Jeus, Mariä Sohn, dies Jahr 1543 Jahre ist; aber von dem Augenblick an, da Gottheit und Menschheit ist vereinigt in einer Person, da ist und heißt der Mensch, Mariä Sohn, allmächtiger, ewiger Gott, der ewige Gewalt hat und alles geschaffen hat und erhält, per communicationem idiomatum, darum dass er mit der Gottheit eine Person und auch rechter Gott ist. Davon redet er Matth. 11: ‘Alles ist mir vom Vater übergeben'; und Matthäi am letzten: ‘Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.' Welchem ‘mir'? Mir Jesu von Nazareth, Marien Sohn, und Mensch geboren; von Ewigkeit hab' ich sie vom Vater, ehe ich Mensch ward; aber da ich Mensch ward, hab' ich sie zeitlich empfangen nach der Menschheit und heimlich gehalten bis auf meine Auserstehung und Auffahrt, so es hat sollen offenbart und erklärt werden, wie St. Paulus Röm. 1 spricht: ‘Er ist erkläret und erweiset ein Sohn Gottes kräftiglich.' Johannes nennt es verkläret, Joh. 17." Tom. 5, Ger. Wit., Fol. 545.

Dergleichen Zeugnisse werden in D. Luthers Schriften, besonders aber im Buch: "Dass diese Worte noch fest stehen" Und in der großen Bekenntnis vom heiligen Abendmahl gefunden, auf welche Schriften als wohlgegründete Erklärungen der Majestät Christi zur Rechten Gottes und seines Testaments wir uns um kürze willen in diesem Artikel so wohl als im heiligen Abendmahl, inmaßen hiervor gemeldet, gezogen haben wollen.

Darum wir es für einen schädlichen Irrtum halten, da Christo nach seiner Menschheit solche Majestät entzogen, dadurch den Christen ihr höchster Trost genommen, den sie in vorangezeigter Verheissung von der Gegenwärtigkeit und Beiwohnung ihres Hauptes, Königs und Hohenpriesters haben, der ihnen versprochen hat, dass nicht allein seine bloße Gottheit bei ihnen sein werde, welche gegen uns arme Sünder wie ein verzehrendes Feuer gegen dürre Stoppeln ist, sondern Er, Er, der Mensch, der mit ihnen geredet hat, der alle Trübsale in seiner angenommenen menschlichen Natur versucht hat, der auch daher mit uns, als mit Menschen und seinen Brüdern, ein Mitleiden haben kann, der wolle bei uns sein in allen unsern Nöten, auch nach der Natur, nach welcher er unser Bruder ist und wir Fleisch von seinem Fleisch sind.

Derhalben verwerfen und verdammen wir einhellig mit Mund und Herzen alle Irrtümer, so der vorgesetzten Lehre nicht gemäß als den prophetischen und apostolischen Schriften, den reinen Symbolis und unserer christlichen Augsburgischen Konfession zuwider:

  1. Als, da von jemand geglaubt oder gelehrt werden sollte, dass die menschliche Natur um der persönlichen Vereinigung willen mit der göttlichen vermischt oder in dieselbe verwandelt worden sein sollte.

  2. Item, dass die menschliche Natur in Christo auf solche Weise wie die Gottheit als ein unendlich Wesen, aus wesentlicher Kraft, auch Eigenschaft ihrer Natur allenthalben gegenwärtig sei.

  3. Item, dass die menschliche Natur in Christo der göttlichen Natur an ihrer Substanz und Wesen oder an derselben wesentlichen Eigenschaften exäquiert und gleich worden sei.

  4. Item, dass die Menschheit Christi in alle Orte des Himmels und der Erde räumlich ausgespannt sei, welches auch der Gottheit nicht soll zugemessen werden. Dass aber Christus durch seine göttliche Allmacht mit seinem Leibe, den er gesetzt hat zu der Rechten der Majestät und Kraft Gottes, gegenwärtig sein könne, wo er will, sonderlich da er solche seine Gegenwärtigkeit, als im heiligen Abendmahl, in seinem Wort versprochen, das kann seine Allmacht und Weisheit wohl verschaffen ohne Verwandlung oder Abtilgung seiner wahren menschlichen Natur.

  5. Item, dass die bloße menschliche Natur Christi für uns gelitten und uns erlöst habe, mit welcher der Sohn Gottes im Leiden gar keine Gemeinschaft gehabt.

  6. Item, dass Christus allein nach seiner Gottheit bei uns auf Erden bei dem gepredigten Wort und rechtem Brauch der heiligen Sakramente gegenwärtig sei, und solche Gegenwärtigkeit Christi seine angenommene menschliche Natur ganz und gar nichts angehe.

  7. Item, dass die angenommene menschliche Natur in Christo mit der göttlichen Kraft, Gewalt, Weisheit, Majestät und Herrlichkeit ganz und gar keine Gemeinschaft mit der Tat und Wahrheit, sondern allein den bloßen Titel und Namen gemein habe.

Diese Irrtümer und alle, so der obgesetzten Lehre zuwider und entgegen, verwerfen und verdammen wir als dem reinen Wort Gottes, der heiligen Propheten und Apostel Schriften und unserm christlichen Glauben und Bekenntnis zuwider und vermahnen alle Christen (dieweil Christus ein Geheimnis in der Heiligen Schrift genennet wird, darüber alle Ketzer den Kopf zerstoßen), dass sie nicht vorwitzigerweise mit ihrer Vernunft in solchen Geheimnissen grübeln, sondern mit den lieben Aposteln einfältig glauben, die Augen der Vernunft zuschließen und ihren Verstand in den Gehorsam Christi gefangennehmen und sich dessen trösten und also ohne Unterlaß freuen, dass unser Fleisch und Blut in Christo so hoch zu der Rechten der Majestät und allmächtigen Kraft Gottes gesetzt. So werden wir gewißlich in aller Widerwärtigkeit beständigen Trost finden und vor schädlichem Irrtum wohl bewahrt bleiben.

IX. Von der Höllenfahrt Christi.

Und weil auch bei den alten christlichen Kirchenlehrern sowohl als bei etlichen unter den unsern ungleiche Erklärung des Artikels von der Höllenfahrt Christi gefunden, lassen wir es gleichergestalt bei der Einfalt unsers christlichen Glaubens bleiben, darauf uns D. Luther in der Predigt zu Torgau im Schloß, so Anno 33 usw. von der Höllenfahrt Christi gehalten, gewiesen hat, da wir bekennen: "Ich glaube an den Hern Christum, Gottes Sohn, gestorben, begraben und zur Hölle gefahren." In welchem denn, als unterschiedliche Artikel, die Begräbnis und Höllenfahrt Christi unterschieden, und wir einfältig glauben, dass die ganze Person, Gott und Mensch, nach der, den Teufel überwunden, der Hölle Gewalt zerstört und dem Teufel alle seine Macht genommen habe. Wie aber solches zu gangen, sollen wir uns mit hohen, spitzigen Gedanken nicht bekümmern; denn dieser Artikel ebensowenig als der vorhergehende (wie Christus zur Rechten der allmächtigen Kraft und Majestät Gottes gesetzt) mit Vernunft und fünf Sinnen sich begreifen lässt, sondern will allein geglaubt und an dem Wort gehalten sein. So behalten wir den Kern und dass uns und alle, die an Christum glauben, weder Hölle noch Teufel gefangennehmen noch schaden können.

X. Von Kirchengebräuchen, so man Adiaphora oder Mitteldinge nennt.

Von Zeremonien und Kirchengebräuchen, welche in Gottes Wort weder geboten noch verboten sind, sondern guter Meinung in die Kirche eingeführt werden um guter Ordnung und Wohlstands willen, oder sonst christliche Zucht zu erhalten, ist gleichermaßen ein Zwiespalt unter etlichen Theologen Augsburgischer Konfession entstanden, da der eine Teil gehalten, dass man auch zu der Zeit der Verfolgung und im Fall der Bekenntnis, wenn die Feinde des heiligen Evangelii sich gleich mit uns in der Lehre nicht vergleichen, dennoch mit unverletztem Gewissen etliche gefallene Zeremonien, so an ihm selbst Mitteldinge und von Gott weder geboten noch verboten, aus der Widersacher Dringen und Erfordern wiederum aufrichten, und man sich also mit ihnen in solchen adiaphoris oder Mitteldingen wohl vergleichen möge. Der andere Teil aber hat gestritten, dass zur Zeit der Verfolgung im Fall der Bekentniss, sonderlich wenn die Widersacher damit umgehen, dass sie entweder durch Gewalt und Zwang oder hinterlistigerweise die reine Lehre unterdrücken und ihre falsche Lehre in unsere Kirche gemächlich wieder einschieben mögen, solches, wie gesagt, auch im Mitteldingen mit unverletztem Gewissen und ohne Nachteil der göttlichen Wahrheit keineswegs geschehen könnte.

Diesen Streit zu erklären und durch Gottes Gnade endlich hinzulegen, geben wir dem christlichen Leser hiervon diesen einfältigen Bericht.

Nämlich, wenn solche Dinge unter dem Titel und Schein der äußerlichen Mitteldinge vorgegeben werden, welche (ob ihnen gleich eine andere Farbe angestrichen würde) dennoch im Grunde wider Gottes Wort sind, dass dieselben nicht als freie Mitteldinge gehalten, sondern als von Gott verbotene Dinge gemieden sollen werden; wie auch unter die rechten freien adiaphora oder Mitteldinge nicht sollen gerechnet werden solche Zeremonien, die den Schein haben oder, dadurch Verfolgung zu vermeiden, den Schein vorgeben wollten, als wäre unsere Religion mit der papistischen nicht weit voneinander, oder wäre uns dieselbe ja nicht hoch entgegen, oder wenn solche Zeremonien dahin gemeint, also erfordert oder aufgenommen, als ob damit und dadurch beide widerwärtigen Religionen verglichen und ein Korpus worden, oder wiederum ein Zutritt zum Papsttum und ein Abweichen von der reinen Lehre des Evangelii und wahren Religion geschehen oder gemächlich daraus erfolgen sollte.

Denn in diesem Fall soll und muss gelten, das Paulus schreibt 2 Kor.6: "Ziehet nicht am fremden Joch; Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Darum gehet aus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Her" usw.

Gleichfalls sind das auch nicht rechte adiaphora oder Mitteldinge, wenn es unnütze, närrische Spektakel sind, so weder zu guter Ordnung, christlicher Dißiplin oder evangelischem Wohlstand in der Kirche nützlich.

Sondern was rechte adiaphora oder Mitteldinge (wie die vor erklärt) sind, glauben, lehren und bekennen wir, dass solche Zeremonien an ihnen und für sich selbst kein Gottesdienst, auch kein Teil desselben, sondern von solchen gebührlich unterschieden werden sollen, wie geschrieben steht: "Vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebote sind", Matth. 15.

Demnach glauben, lehren und bekennen wir, dass die Gemeinde Gottes jedes Ortes und jeder Zeit derselben Gelegenheit nach guten Fug, Gewalt und Macht habe, dieselben ohne Leichtfertigkeit und Ërgernis ordentlicher und gebührlicherweise zu ändern, zu mindern und zu mehren, wie es jederzeit zu guter Ordnung, christlicher Dißiplin und Zucht, evangelischem Wohlstand und zur Erbauung der Kirche am nützlichsten, förderlichsten und besten angesehen wird. Wie man auch den Schwachen im Glauben in solchen äußerlichen Mitteldingen mit gutem Gewissen weichen und nachgeben könne, lehrt Paulus Röm. 14 und beweist es mit seinem Exempel Act 16 und 21; 1 Kor 9.

Wir glauben, lehren und bekennen auch, dass zur Zeit der Bekenntnis, da die Feinde Gottes Worts die reine Lehre des heiligen Evangelii begehren unterzudrücken, die ganze Gemeinde Gottes, ja ein jeder Christenmensch, besonders aber die Diener des Worts als die Vorsteher der Gemeinde Gottes schuldig seien, vermöge Gottes Worts die Lehre und was zur ganzen Religion gehört, frei öffentlich nicht allein mit Worten, sondern auch im Werk und mit der Tat zu bekennen; und dass alsdann in diesem Fall auch in solchen Mitteldingen den Widersachern nicht zu weichen, noch leiden sollen, ihnen dieselben von den Feinden zur Schwächung des rechten Gottesdienstes und Pflanzung und Bestätigung der Abgötterei mit Gewalt oder hinterlistig aufdringen zu lassen; wie geschrieben steht Gal. 5: "So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und lasset euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen." Item Gal. 2: "Da etliche falsche Brüder sich mit eingedrungen und neben eingeschlichen waren, zu verkundschaften unsere Freiheit, die wir haben in Christo Jeu, dass sie uns gefangennehmen, wichen wir denselbigem nicht eine Sünde untertan zu sein, aus dass die Wahrheit des Evangelii bei uns bestünde." Und redet Paulus an demselben Ort von der Beschneidung, welche zu der Zeit ein frei Mittelding war, 1 Kor. 7, auch in geistlicher Freiheit sonst von Paulo gebraucht ward, Act. 16. Da aber die falschen Apostel zur Bestätigung ihrer falschen Lehre (als wären die Werke des Gesetzes zur Gerechtigkeit und Seligkeit vonnöten) die Beschneidung erforderten und mißbrauchten, da spricht Paulus, dass er nicht eine Stunde habe weichen wollen, auf dass die Wahrheit des Evangelii bestünde.

Also weicht Paulus und gibt den Schwachen nach in Speise und Zeit oder Tagen, Röm. 14. Aber den falschen Aposteln, die solches als nötige Dinge aufs Gewissen legen wollten, will er auch in solchen an ihm selbst freien Mitteldingen nicht weichen, Kol. 2: "Lasset euch niemand Gewissen machen über Speise, Trank oder über bestimmte Feiertage!" Und da Petrus und Barnabas in solchem Fall etwas nachgaben, straft sie.Paulus öffentlich, als die in dem nicht richtig nach der Wahrheit des Evangelii wandelten, Gal. 2.

Denn hier ist es nicht mehr um die äußerlichen Mitteldinge zu tun, welche ihrer Natur und Wesen nach für sich selbst frei sind und bleiben und demnach kein Gebot oder Verbot leiden mögen, dieselben zu gebrauchen oder zu unterlassen, sondern es ist erstlich zu tun um den hohen Artikel unsers christlichen Glaubens; wie der Apostel zeugt Gal. 2: "auf dass die Wahrheit des Evangelii bestehe", welche durch solchen Zwang oder Gebot verdunkelt und verkehrt wird, weil solche Mitteldinge alsdann zur Bestätigung falscher Lehre, Aberglaubens und Abgötterei und zur Unterdrückung reiner Lehre und christlicher Freiheit entweder öffentlich erfordert oder doch dazu von den Widersachern mißbraucht und also ausgenommen werden.

Desgleichen ist's auch zu tun um den Artikel der christlichen Freiheit, welchen zu erhalten der Heilige Geist durch den Mund des heiligen Apostels seiner Kirche, wie jetzt gehört, so ernstlich befohlen hat. Denn sobald derselbe geschwächt und Menschengebote mit Zwang der Kirche als nötig ausgedrungen werden, als wäre Unterlassung derselben Unrecht und Sünde, ist der Abgötterei der Weg schon bereitet, dadurch nachmals Menschengebote gehäuft und für einen Gottesdienst, nicht allein den Geboten Gottes gleichgehalten, sondern auch über dieselben gesetzt werden.

So werden auch durch solch Nachgeben und Vergleichen in äußerlichen Dingen, da man zuvor in der Lehre nicht christlich vereinigt, die Abgöttischen in ihrer Abgötterei gestärkt, dagegen die Rechtgläubigen betrübt, geärgert und in ihrem Glauben geschwächt, welches beides ein jeder Christ bei seiner Seelen Heil und Seligkeit zu meiden schuldig ist; wie geschrieben steht: "Wehe der Welt der Ërgernis halben." Item: "Wer den Geringsten ärgert deren, die an mich glauben, dem wäre besser, dass ihm ein Mühlstein an seinem Hals hinge, und er ersäufet würde im Meer, da es am tiefsten ist", Matth. 18.

Sonderlich aber ist zu bedenken, das Christus sagt: "Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater", Matth. 10.

Dass aber solches je und allwege der vornehmsten Lehrer der Augsburgischen Konfession Glaube und Bekenntnis von solchen Mitteldingen gewesen, in deren Fußtapfen wir getreten, und durch Gottes Gnade bei solchem ihrem Bekenntnis gedenken zu verharren, weisen nachfolgende Zeugnisse aus, so aus den Schmalkaldischen Artikeln gezogen, welche Anno 37 usw, gestellt und unterschrieben worden.

Aus den Schmalkaldischen Artikeln.

Anno 1537 usw.

Die Schmalkaldischen Artikel (Von der Kirche) sagen hiervon also: "Wir gestehen ihnen" (den päpstischen Bischöfen): "nicht, dass sie die Kirche seien, und wollen es auch nicht hören, was sie uns unter dem Namen der Kirche gebieten und verbieten. Denn es weiß, Gott Lob, ein Kind von sieben Jahren, was die Kirche sei, nämlich die Heiligen, Gläubigen und die Schäflein, die ihres Hirten Stimme hören." Und kurz zuvor (Von der Weihe und Vokation): "Wenn die Bischöfe rechte Bischöfe wollten sein und sich der Kirche und des Evangelii annehmen, so möchte man ihnen das um der Liebe und Einigkeit willen (doch nicht aus Not) lassen gegeben sein, dass sie uns und unsere Prediger ordinierten und konfirmierten, doch hintangesetzt alle Larven und Gespenst unchristlichen Wesens oder Gepränges. Nun sie aber nicht rechte Bischöfe sind oder auch nicht sein wollen, sondern weltliche Herren und Fürsten, die weder predigen noch lehren noch taufen noch kommunizieren noch einiges Werk oder Amt der Kirche treiben wollen, dazu diejenigen, die zu solchem Amt berufen, vertreiben, verfolgen und verdammen, so muss dennoch die Kirche um ihretwillen nicht ohne Diener bleiben."

Und unter dem Artikel von des Papsts Primat oder Herrschaft sagen die Schmalkaldischen Artikel also: "Darum, sowenig wir den Teufel selbst für einen Herrn oder Gott anbeten können, so wenig können wir auch seinen Apostel, den Papst oder Antichrist, in seinem Regiment zum Haupt oder Herrn leiden; denn Lügen und Mord, Leib und Seele zu verderben ewiglich, das ist sein päpstisch Regiment eigentlich."

Und in der Schrift von der Gewalt und Obrigkeit des Papsts, welche den Schmalkaldischen Artikeln angehängt und von den damals anwesenden Theologen auch mit eigenen Händen unterschrieben, stehen diese Worte: "Niemand soll die Kirche beschweren mit eigenen Satzungen, sondern hie soll es also heißen, dass keines Gewalt noch Ansehen mehr gelte denn das Wort Gottes."

Und bald danach: "Weil nun dem also ist, sollen alle Christen auf das fleißigste sich hüten, dass sie solcher gottlosen Lehre, Gotteslästerung und unbilliger Täuberei sich nicht teilhaftig machen, sondern sollen vom Papst und seinen Gliedern oder Anhang als von des Antichrists Reich weichen und es verfluchen, wie Christus befohlen hat: ‘Hutet euch vor den falschen Propheten'; und Paulus gebeut, dass man falsche Prediger meiden und als einen Greuel verfluchen soll. Und 2 Kor. 6 spricht er: ‘Ziehet nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen; denn was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis?'

"Schwer ist es, dass man von so viel Landen und Leuten sich trennen und eine sondere Lehre führen will; aber hie steht Gottes Befehl, dass jedermann sich soll hüten und nicht mit denen einhellig sein, so unrechte Lehre führen oder mit Wüterei zu erhalten gedenken."

So hat auch D. Luther in einem sonderlichen Bedenken, was man von den Zeremonien insgemein und insonderheit von Mitteldingen halten soll, tom 3 Ien. fol. 523, ausführlich die Kirche Gottes erinnert, inmaßen auch Anno 30 usw. geschehen, wie in tom. 5 Ien. deutsch zu finden.

Aus welcher Erklärung jedermänniglich Verstehen kann, was einer christlichen Gemeinde und jedem Christenmenschen, insonderheit zur Zeit des Bekenntnisses, besonders den Predigern mit unverletztem Gewissen in Mitteldingen zu tun oder zu lassen, damit Gott nicht erzürnt, die Liebe nicht verletzt, die Feinde Gottes Worts nicht gestärkt noch die Schwachgläubigen verärgert werden.

  1. Demnach verwerfen und verdammen wir als unrecht, wenn Menschengebote für sich selbst als ein Gottesdienst oder Stück desselben gehalten werden.

  2. Wir verwerfen und verdammen auch als unrecht, wenn solche Gebote mit Zwang als notwendig der Gemeinde Gottes aufgedrungen werden.

  3. Wir verwerfen und verdammen auch als unrecht derer Meinung, so da halten, dass man zur Zeit der Verfolgung den Feinden des heiligen Evangelii (das zum Abbruch der Wahrheit dient) in dergleichen Mitteldingen möge willfahren oder sich mit ihnen vergleichen.

  4. Gleichfalls halten wir auch für strafwürdige Sünde, wo zur Zeit der Verfolgung entweder in Mitteldingen oder in der Lehre, und was sonst zur Religion gehört, um der Feinde des Evangelii willen im Werk und mit der Tat dem christlichen Bekenntnis zuwider und entgegen etwas gehandelt wird.

  5. Wir verwerfen und verdammen auch, wenn solche Mitteldinge dergestalt abgeschafft werden, als sollte es der Gemeinde Gottes nicht freistehen, jeder Zeit und Orts, derselben Gelegenheit nach, wie es der Kirche am nützlichsten, sich eines oder mehr in christlicher Freiheit zu gebrauchen.

Solchergestalt werden die Kirchen von wegen Ungleichheit der Zeremonien, da in christlicher Freiheit eine weniger oder mehr derselben hat, einander nicht verdammen, wenn sie sonst in der Lehre und allen derselben Artikeln, auch rechtem Gebrauch der heiligen Sakramente miteinander einig, nach dem wohlbekannten Spruch: Dissonantia ieiunii non dissolvit consonantiam fidei, "Ungleichheit des Fastens soll die Einigkeit des Glaubens nicht trennen".

XI. Von der ewigen Vorsehung und Wahl Gottes.

Wiewohl unter den Theologen Augsburgischer Konfession noch gänzlich keine öffentliche, ärgerliche und weitläuftige Zwiespaltung von der ewigen Wahl der Kinder Gottes vorgefallen, jedoch, nachdem dieser Artikel an andern Orten in ganz beschwerlichen Streit gezogen und auch unter den unsern etwas davon erregt worden, dazu von den Theologen nicht allewege gleiche Reden geführt, derhalben, vermittelst göttlicher Gnade auch künftiglich bei unsern Nachkommen, soviel an uns, Uneinigkeit und Trennung in solchem vorzukommen, haben wir desselben Erklärung auch hierher setzen wollen, aus dass männiglich wissen möge, was auch von diesem Artikel unsere einhellige Lehre, Glaube und Bekenntnis sei. Denn die Lehre von diesem Artikel, wenn sie aus und nach dem Vorbilde des göttlichen Wortes geführt, man nicht kann noch soll für unnütz oder unnötig, viel weniger für ärgerlich oder schädlich halten, weil die Heilige Schrift des Artikels nicht an einem Ort allein etwa ungefähr gedenkt, sondern an vielen Orten denselben gründlich handelt und treibt. So muss man auch um Mißbrauchs oder Mißverstandes willen die Lehre des göttlichen Wortes nicht unterlassen oder verwerfen, sondern eben derhalben, allen Mißbrauch und Mißverstand abzuwenden, soll und muss der rechte Verstand aus Grund der Schrift erklärt werden. Und steht demnach die einfältige Summa und Inhalt der Lehre von diesem Artikel aus nachfolgenden Punkten.

Erstlich ist der Unterschied zwischen der ewigen Vorsehung Gottes und ewigen Wahl seiner Kinder zu der ewigen Seligkeit mit Fleiß zu merken. Denn praescientia vel praevisio dies ist, dass Gott alles vorher sieht und weiß, ehe es geschieht, welches man die Vorsehung Gottes nennt) geht über alle Kreaturen, gute und böse, dass er nämlich alles zuvor sieht und weiß, was da ist oder sein wird, was da geschieht oder geschehen wird, es sei gut oder böse, weil vor Gott alle Dinge, sie seien vergangen oder zukünftig, unverborgen und gegenwärtig sind. Wie geschrieben steht Matth. 10: "Kauft man nicht zween Sperlinge um einen Pfennig? Noch fällt derselben keiner auf die Erde ohne euren Vater." Und Ps. 139: "Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und waren alle Tage auf dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, und derselben keiner da war," Item Jes.37: "Ich kenne deinen Auszug und Einzug und dein Toben wider mich."

Die ewige Wahl Gottes aber vel praedestinatio, das ist, Gottes Verordnung zur Seligkeit, geht nicht zumal über die Frommen und Bösen, sondern allein über die Kinder Gottes, die zum ewigen Leben erwählt und verordnet sind, ehe der Welt Grund gelegt ward; wie Paulus spricht Eph 1: "Er hat uns erwählet in Christo Jeu und verordnet zur Kindschaft."

Die Vorsehung Gottes (praescientia) sieht und weiß zuvor auch das Böse, aber nicht also, dass es Gottes gnädiger Wille wäre, dass es geschehen sollte; sondern was der verkehrte, böse Wille des Teufels und der Menschen vornehmen und tun werde und wolle, das sieht und weiß Gott alles zuvor und hält seine praescientia, das ist, Vorsehung, auch in den bösen Händeln oder Werken ihre Ordnung, dass von Gott dem Bösen, welches Gott nicht will, sein Ziel und Maß gesetzt wird, wie fern es gehen und wie lang es währen solle, wann und wie er's hindern und strafen wolle; welches doch alles Gott der Her also regiert, dass es zu seines göttlichen Namens Ehre und seiner Auserwählten Heil gereichen, und die Gottlosen darob zuschanden werden müssen.

Der Anfang aber und Ursache des Bösen ist nicht Gottes Vorsehung (denn Gott schafft und wirkt das Böse nicht, hilft und befördert's auch nicht), sondern des Teufels und der Menschen böser, verkehrter Wille; wie geschrieben steht Hos. 13: "Isräl, du bringest dich in Unglück; aber dein Heil siehet allein bei mir." Item: "Du bist nicht ein Gott, dem gottlos Wesen gefalle", Ps 5.

Die ewige Wahl Gottes aber sieht und weiß nicht allein zuvor der Auserwählten Seligkeit, sondern ist auch aus gnädigem Willen und Wohlgefallen Gottes in Christo Jeu eine Ursache, so da unsere Seligkeit, und was zu derselben gehört, schafft, wirkt, hilft und befördert; daraus auch unsere Seligkeit also gegründet ist, dass: "die Pforten der Hölle nichts dawider vermögen sollen"; wie geschrieben steht: "Meine Schafe wird mir niemand aus meiner Hand reißen." Und abermals: "und es wurden gläubig, soviele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren." Matth. 16; Joh. 10; Act. 13.

Dieselbe ewige Wahl oder Verordnung Gottes zum ewigen Leben ist auch nicht also bloß in dem heimlichen, unerforschlichen Rat Gottes zu betrachten, als hielte solche nicht mehr in sich oder gehörte nicht mehr dazu, wäre auch nicht mehr dabei zu bedenken, denn dass Gott zuvor ersehen, welche und wie viele selig, welche und wie viele verdammt sollten werden, oder dass er allein solche Musterung gehalten: Dieser soll selig, jener soll verdammt werden; dieser soll beständig bleiben, jener soll nicht beständig bleiben.

Denn daraus nehmen und fassen ihrer viele seltsame, gefährliche und schädliche Gedanken, entweder Sicherheit und Unbußfertigkeit oder Kleinmütigkeit und Verzweiflung daher zu verursachen und zu stärken, dass sie in beschwerliche Gedanken fallen und reden: Weil Gott seine Auserwählten zur Seligkeit vorsehen hat, ehe der Welt Grund gelegt ward, Eph 1, und Gottes Vorsehen nicht fehlen noch von jemand gehindert oder geändert werden kann, Jes. 14; Röm. 9; bin ich denn zur Seligkeit vorsehen, so kann mir's daran nicht schaden, ob ich gleich ohne Buße allerlei Sünde und Schande treibe, Wort und Sakrament nicht achte, weder mit Buße, Glauben, Gebet oder Gottseligkeit mich bekümmere, sondern ich werde und muss doch selig werden, denn Gottes Vorsehung muss geschehen; bin ich aber nicht vorsehen, so hilft es doch nicht, wenn ich mich gleich zum Worte hielte, Buße täte, glaubte usw., denn Gottes Vorsehung kann ich nicht hindern oder ändern.

Und solche Gedanken fallen auch wohl gottseligen Herzen ein, wenn sie gleich aus Gottes Gnade Buße, Glauben und guten Vorsatz haben dass sie gedenken: Wenn du aber nicht von Ewigkeit zur Seligkeit vorsehen bist, so ist's doch alles umsonst, und sonderlich wenn sie auf ihre Schwachheit sehen und aus die Exempel derer, so nicht verharrt, sondern wieder abgefallen sind.

Wider diesen falschen Wahn und Gedanken soll man nachfolgenden klaren Grund, der gewiß ist und nicht fehlen kann, setzen, nämlich: Weil alle Schrift, von Gott eingegeben, nicht zur Sicherheit und Unbußsertigkeit, sondern zur Strafe, Züchtigung und Besserung dienen soll, 2 Tim. 3; item, weil alles in Gottes Wort darum uns vorgeschrieben ist, nicht dass wir dadurch in Verzweiflung getrieben sollen werden, sondern dass wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben, Röm. 15: so ist ohne allen Zweifel in keinem Wege das der gesunde Verstand oder rechte Gebrauch der Lehre von der ewigen Vorsehung Gottes, dass dadurch entweder Unbußsertigkeit oder Verzweiflung verursacht oder gestärkt werden. So führt auch die Schrift diese Lehre nicht anders denn also, dass sie uns dadurch zum Wort weist, Eph 1; 1 Kor. 1, zur Buße vermahnt, 2 Tim. 3, zur Gottseligkeit anhält, Eph 1; Joh. 15, den Glauben stärkt und unserer Seligkeit uns vergewissert, Eph 1; Joh. 10; 2 Thess. 2.

Derwegen, wenn man von der ewigen Wahl oder vom der Prädestination und Verordnung der Kinder Gottes zum ewigen Leben recht und mit Frucht gedenken oder reden will, soll man sich gewöhnen, dass man nicht von der bloßen, heimlichen, verborgenen, unausforschlichen Vorsehung Gottes spekuliere, sondern wie der Rat, Vorsatz und Verordnung Gottes in Christo Jeu, der das rechte, wahre Buch des Lebens ist, durch das Wort uns geoffenbart wird, nämlich, dass die ganze Lehre vom dem Vorsatz, Rat, Willen und Verordnung Gottes, belangend unsere Erlösung, Beruf, Gerecht= und Seligmachung, zusammengefaßt werde; wie Paulus also diesen Artikel handelt und erklärt Röm. 8; Eph 1, wie auch Christus in der Parabel Matth. 22, nämlich, dass Gott in seinem Vorsatz und Rat verordnet habe.

  1. Dass wahrhaftig das menschliche Geschlecht erlöst und mit Gott versöhnt sei durch Christum, der uns mit seinem unschuldigen Gehorsam, Leiden und sterben Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und das ewige Leben verdient habe.

  2. Dass solch Verdienst und Wohltaten Christi durch sein Wort und Sakrament uns sollen vorgetragen, dargereicht und ausgeteilt werden.

  3. Dass er mit seinem Heiligen Geist durch das Wort, wenn es gepredigt, gehört und betrachtet wird, in uns wolle kräftig und tätig sein, die Herzen zu wahrer Buße bekehren und im rechten Glauben erhalten.

  4. Dass er alle die, so in wahrer Buße durch rechten Glauben Christum annehmen, gerecht machen, sie zu Gnaden, zur Kindschaft und Erbschaft des ewigen Lebens annehmen wolle.

  5. Dass er auch, die also gerechtfertigt, heiligen wolle in der Liebe, wie St. Paulus Eph. 1 sagt.

  6. Dass er sie auch in ihrer großen Schwachheit wider Teufel, Welt und Fleisch schützen und auf seinen Wegen regieren und führen, da sie straucheln, wieder ausrichten, in Kreuz und Anfechtung trösten und erhalten wolle.

  7. Dass er auch in ihnen das gute Werk, so er angefangen hat, stärken, mehren und sie bis ans Ende erhalten wolle, wo sie an Gottes Wort sich halten, fleißig beten, an Gottes Güte bleiben und die empfangenen Gaben treulich brauchen.

  8. Dass er endlich dieselben, so er erwählt, berufen und gerecht gemacht hat, auch im ewigen Leben ewig selig und herrlich machen wolle.

Und hat Gott in solchem seinem Rat, Vorsatz und Verordnung nicht allein insgemein die Seligkeit bereitet, sondern hat auch alle und jede Personen der Auserwählten, so durch Christum sollen selig werden, in Gnaden bedacht, zur Seligkeit erwählt, auch verordnet, dass er sie auf die Weise, wie jetzt gemeldet, durch seine Gnade, Gaben und Wirkung dazu bringen, helfen, fördern, stärken und erhalten wolle.

Dieses alles wird nach der Schrift in der Lehre von der ewigen Wahl Gottes zur Kindschaft und ewigen Seligkeit begriffen, soll auch darunter verstanden und nimmer ausgeschlossen noch unterlassen werden, wenn man redet von dem Vorsatz, Vorsehung, Wahl und Verordnung Gottes zur Seligkeit. Und wenn also nach der Schrift die Gedanken von diesem Artikel gefaßt werden, so kann man sich durch Gottes Gnade einfältig darein richten.

Es gehört auch dies zu fernerer Erklärung und heilsamem Brauch der Lehre von der Vorsehung Gottes zur Seligkeit: weil allein die Auserwählten selig werden, deren Namen geschrieben stehen im Buch des Lebens, wie man das wissen, woraus und wobei erkennen könne, welche die Auserwählten sind, die sich dieser Lehre zum Trost annehmen können und sollen.

Und hiervon sollen wir nicht urteilen nach unserer Vernunft, auch nicht nach dem Gesetz oder aus einigem äußerlichen Schein; auch sollen wir uns nicht unterstehen, den heimlichen, verborgenen Abgrund göttlicher Vorsehung zu forschen, sondern auf den geoffenbarten Willen Gottes achtgeben. Denn: "er hat uns offenbaret und wissen lassen das Geheimnis seines Willens und hat dasselbige hervorgebracht durch Christum, dass es geprediget werden", Eph 1; 2 Tim. 1.

Dasselbe aber wird uns also geoffenbart, wie Paulus spricht Röm 8: "Die Gott versehen, erwählet und verordnet hat, die hat er auch berufen." Nun beruft Gott nicht ohne Mittel, sondern durch das Wort, wie er denn befohlen hat, zu predigen Buße und Vergebung der Sünden. Dergleichen bezeugt auch St. Paulus, da er geschrieben: "Wir sind Botschafter an Christus' Statt, und Gott vermahnet durch uns: Lasset euch versöhnen mit Gott!" 2 Kor. 5. Und die Gäste, welche der König zu seines Sohnes Hochzeit haben will, lässt er durch seine ausgesandten Diener berufen, Matth. 22, etliche zur ersten, etliche zur andern, dritten, sechsten, neunten, auch wohl zur elften Stunde, Matth. 20.

Derhalben, wenn wir unsere ewige Wahl zur Seligkeit nützlich betrachten wollen, müssen wir in alle Wege steif und fest darüber halten, dass, wie die Predigt der Buße, also auch die Verheissung des Evangelii universalis, das ist, über alle Menschen gehe, Luk. 24. Darum Christus befohlen hat, zu predigen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völker. Denn Gott hat die Welt geliebet und derselben seinen Sohn gegeben, Joh. 3. Christus hat der Welt Sünde getragen, Joh. 1: sein Fleisch gegeben für der Welt Leben, Joh. 6; sein Blut ist die Versöhnung für der ganzen Welt Sünde, 1 Joh. 2. Christus spricht: Kommet alle zu mir, die ihr beladen seid, ich will euch erquicken, Matth. 11. Gott hat alles beschlossen unter dem Unglauben, als dass er sich aller erbarme, Röm 11. Der Her will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass sich jedermann zur Buße kehre, 2 Petr. 3: Er ist aller zumal ein Her, reich über alle, die ihn anrufen, Röm. 10. Die Gerechtigkeit kommt durch den Glauben an Christum zu allen und aus alle, die glauben, Röm 3. Das ist der Wille des Vaters, dass alle, die an Christum glauben, das ewige Leben haben sollen, Joh. 6 Also ist Christus Befehl, dass insgemein allen, denen Buße gepredigt wird, auch diese Verheissung des Evangelii soll vorgetragen werden, Luk.24; Mark.16.

Und solchen Beruf Gottes, so durch die Predigt des Worts geschieht, sollen wir für kein Spiegelfechten halten, sondern wissen, dass dadurch Gott seinen Willen offenbart, dass er in denen, die er also beruft, durchs Wort wirken wolle, dass sie erleuchtet, bekehrt und selig werden mögen. Denn das Wort, dadurch wir berufen werden, ist ein Amt des Geistes, das den Geist gibt oder dadurch der Geist gegeben wird, 2 Kor. 3, und eine Kraft Gottes, selig zu machen, Röm. 1. Und weil der Heilige Geist durchs Wort kräftig sein, stärken, Kraft und Vermögen geben will, so ist Gottes Wille, dass wir das Wort annehmen, glauben und demselben folgen sollen.

Daher werden die Auserwählten also beschrieben Joh. 10: "Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben." Und Eph. 1: "Die nach dem Vorsatz verordnet sind zum Erbteil", die hören das Evangelium, glauben an Christum, beten und danken, werden geheiligt in der Liebe, haben Hoffnung, Geduld und Trost im Kreuz, Röm. 8; und ob dies alles gleich sehr schwach in ihnen ist, haben sie doch Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit, Math. 5.

Also: "gibt der Geist Gottes den Auserwählten Zeugnis, dass sie Kinder Gottes sind; und da sie nicht wissen, was sie beten sollen, wie sichs gebührt, vertritt er sie mit unaussprechlichem Seufzen", Röm. 8.

So zeugt auch die Heilige Schrift, dass Gott, der uns berufen hat, so getreu sei, wenn er das gute Werk in uns angefangen hat, dass er's auch bis ans Ende erhalten und vollführen wolle, wo wir uns nicht selbst von ihm abkehren, sondern das angefangene Wesen bis ans Ende fest behalten, dazu er denn seine Gnade verheißen hat, 1 Kor. 1; Phil. 1; 2 Petr. 3; Hebr. 3.

Mit diesem geoffenbarten Willen Gottes sollen wir uns bekümmern, demselben folgen und uns desselben befleißigen, weil der Heilige Geist durchs Wort, dadurch er uns beruft, Gnade, Kraft und Vermögen dazu verleiht, und den Abgrund der verborgenen Vorsehung Gottes nicht forschen, wie Luk. 13 geschrieben, da einer fragt: "HErr, meinest du, dass wenig selig werden?" antwortet Christus: "Ringet ihr danach, dass ihr durch die enge Pforte eingehet." Also spricht Lutherus: "Folge du der Epistel zu'n Römern in ihrer Ordnung, bekummere dich zuvor mit Christo und seinem Evangelio, dass du deine Sünde und seine Gnade erkennest, danach mit der Sünde streite, wie Paulus vom ersten bis ins achte Kapitel lehrt; danach, wenn du im achten Kapitel in Anfechtung unter Kreuz und Leiden kommen wirst, das wird dich lehren im neunten, zehnten und elften Kapitel die Vorsehung, wie tröstlich die sei" usw.

Dass aber: "viele berufen sind und wenige auserwählt", kommt nicht daher, das es mit Gottes Beruf, so durchs Wort geschieht die Meinung haben sollte, als spräche Gott: Ëußerlich, durchs Wort, berufe ich euch wohl alle, denen ich mein Wort gebe, zu meinem Reich, aber im Herzen meine ich's nicht mit allen, sondern nur mit etlichen wenigen; denn es ist meine Wille, dass der größte Teil von denen, so ich durchs Wort berufe, nicht sollen erleuchtet und bekehrt werden, sondern verdammt sein und bleiben, ob ich mich gleich durchs Wort im Beruf anders gegen sie erkläre. Hoc enim esset Deo contradictorias voluntates affingere. Das ist, solchergestalt würde gelehrt, dass Gott, der doch die ewige Wahrheit ist, selbst zuwider sein sollte; so doch Gott solche Untugend, da man sich eines Dinges erklärt und ein anderes im Herzen gedenkt und meint, auch an Menschen straft, Ps. 5 und 12. Dadurch uns auch der nötige, tröstliche Grund gänzlich ungewiß und zunichte gemacht, da wir täglich erinnert und vermahnt werden, dass wir allein aus Gottes Wort, dadurch er mit uns handelt und uns beruft, lernen und schließen sollen, was sein Wille gegen uns sei; und was uns solches zusagt und verheißt, dass wir das gewiß glauben und daran nicht zweifeln sollen.

Derhalben auch Christus die Verheissung des Evangelii nicht allein lässt insgemein vortragen, sondern dieselbe durch die Sakramente, die er als Siegel der Verheissung angehängt, Gläubigen insonderheit bestätigt.

Darum behalten wir auch, wie die Augsburgische Konfession articulo 11. sagt, die Privatabsolution und lehren, dass es Gottes Gebot sei, dass wir solcher Absolution glauben und für gewiß halten sollen, dass wir so wahrhaftig, wenn wir dem Wort der Absolution glauben, Gott versöhnt werden, als hätten wir eine Stimme vom Himmel gehört, wie die Apologia diesen Artikel erklärt; welcher Trost uns ganz und gar genommen, wenn wir nicht aus dem Beruf, der durchs Wort und durch die Sakramente geschieht, von Gottes willen gegen uns schließen sollten.

Es würde uns auch der Grund umgestoßen und genommen, dass der Heilige Geist bei dem gepredigten, gehörten, betrachteten Wort gewißlich gegenwärtig und dadurch kräftig sein und wirken wolle. Derhalben hat's die Meinung in keinem Wege, davon hievor Meldung geschehen, dass nämlich diejenigen die Auserwählten sein sollten, wenn sie gleich das Wort Gottes verachten, von sich stoßen, lästern und verfolgen, Matth. 22, Act. 13, oder wenn sie es hören, ihre Herzen verstocken, Hebr. 4, dem Heiligen Geist widerstreben, Act. 7, ohne Buße in Sünden verharren, Luk. 14, an Christum nicht wahrhaftig glauben, Mark. 16, nur einen äußerlichen Schein führen, Matth. 7 und 22, oder außer Christo andere Wege zur Gerechtigkeit und Seligkeit suchen, Röm. 9. Sondern wie Gott in seinem Rat verordnet hat, dass der Heilige Geist die Auserwählten durchs Wort berufen, erleuchten und bekehren, und dass er alle die, so durch rechten Glauben Christum annehmen, gerecht und selig machen wolle, also hat er auch in seinem Rat beschlossen, dass er diejenigen, so durchs Wort berufen werden, wenn sie das Wort von sich stoßen und dem Heiligen Geist, der in ihnen durchs Wort kräftig sein und wirken will, widerstreben und darin verharren, sie verstocken, verwerfen und verdammen wolle. Und also sind viele berufen und wenige auserwählt.

Denn wenig nehmen das Wort an und folgen ihm; der größte Haufe verachtet das Wort und will zu der Hochzeit nicht kommen. Solcher Verachtung des Wortes ist nicht die Ursache Gottes Vorsehung, sondern des Menschen verkehrter Wille, der das Mittel und Werkzeug des Heiligen Geistes, so ihm Gott durch den Beruf vorträgt, von sich stößt oder verkehrt und dem Heiligen Geist, der durchs Wort kräftig sein will und wirkt, widerstrebt; wie Christus spricht: "Wie oft habe ich dich versammeln wollen, und du hast nicht gewollt." Matth. 23.

Also: "nehmen ihrer viele das Wort mit Freuden an, aber danach fallen sie wieder ab", Luk. 8. Die Ursache aber ist nicht, als wollte Gott ihnen, in welchen er das gute Werk angefangen, die Gnade zur Beständigkeit nicht geben; denn das ist wider St. Paulum, Phil. 1; sondern die Ursache ist: weil sie sich mutwillig von dem heiligen Gebot wieder abwenden, den Heiligen Geist betrüben und verbittern, in den Unflat der Welt sich wieder einsteckten, dem Teufel die Herberge des Herzens wieder schmücken, mit welchen das letzte ärger wird denn das erste, 2 Petr. 2; Luk. 11; Hebr. 10.

Und so fern ist uns das Geheimnis der Vorsehung in Gottes Wort geoffenbart, und wenn wir dabei bleiben und uns daran halten, so ist es gar eine nützliche, heilsame, tröstliche Lehre; denn sie bestätigt gar gewaltig den Artikel, dass wir ohne alle unsere Werke und Verdienst, lauter aus Gnaden, allein um Christus' willen gerecht und selig werden. Denn vor der Zeit der Welt, ehe wir gewesen sind, ja ehe der Welt Grund gelegt, da wir ja nichts Gutes haben tun können, sind wir nach Gottes Vorsatz aus Gnaden in Christo zur Seligkeit erwählt, Röm. 9; 2 Tim. 1. Es werden auch dadurch alle opiniones und irrige Lehren von den Kräften unsers natürlichen Willens ernieder= gelegt, weil Gott in seinem Rat vor der Zeit der Welt bedacht und verordnet hat, dass er alles, was zu unserer Bekehrung gehört, selbst mit der Kraft seines Heiligen Geistes durchs Wort in uns schaffen und wirken wolle.

Es gibt auch also diese Lehre den schönen, herrlichen Trost, dass Gott eines jeden Christen Bekehrung, Gerechtigkeit und Seligkeit so hoch ihm angelegen sein lassen und es so treulich damit gemeint, dass er, ehe der Welt Grund gelegt, darüber Rat gehalten und in seinem Vorsatz verordnet hat, wie er mich dazu bringen und darin erhalten wolle; item, dass er meine Seligkeit so wohl und gewiß habe verwahren wollen, weil sie durch Schwachheit und Bosheit unsers Fleisches aus unsern Händen leichtlich könnte verloren oder durch List und Gewalt des Teufels und der Welt daraus gerissen und genommen werden, dass er dieselbe in seinem ewigen Vorsatz, welcher nicht fehlen oder umgestoßen werden kann, verordnet und in die allmächtige Hand unsers Heilandes Jeu Christi, daraus uns niemand reißen kann, zu bewahren gelegt hat, Joh. 10; daher auch Paulus sagt Röm. 8: "Weil wir nach dem Vorsatz Gottes berufen sind, wer will uns denn scheiden von der Liebe Gottes in Christo?"

Es gibt auch diese Lehre in Kreuz und Anfechtungen herrlichen Trost, nämlich dass Gott in seinem Rat vor der Zeit der Welt bedacht und beschlossen habe, dass er uns in allen Nöten beistehen, Geduld verleihen, Trost geben, Hoffnung wirken und einen solchen Ausgang verschaffen wolle, dass es uns seliglich sein möge. Item, wie Paulus dies gar tröstlich handelt Röm. 8, dass Gott in seinem Vorsatz vor der Zeit der Welt verordnet habe, durch was Kreuz und Leiden er einen jeden seiner Auserwählten gleich wollte machen dem Ebenbilde seines Sohnes, und dass einem jeden sein Kreuz zum besten dienen solle und müsse, weil sie nach dem Vorsatz berufen sind; daraus Paulus für gewiß und ungezweifelt geschlossen, dass weder Trübsal noch Angst, weder Tod noch Leben usw. uns scheiden können von der Liebe Gottes in Christo Jesu.

Es gibt auch dieser Artikel ein herrlich Zeugnis, dass die Kirche Gottes wider alle Pforten der Hölle sein und bleiben werde, und lehrt auch, welches die rechte Kirche Gottes sei, dass wir uns an dem großen Ansehen der falschen Kirche nicht ärgern, Röm. 9. Es werden auch aus diesem Artikel mächtige Vermahnungen und Warnungen genommen, als Luk. 7: "Sie verachten Gottes Rat wider sich selbst." Luk. 14: "Ich sage euch, dass der Männer keiner mein Abendmahl schmecken wird." Item: "Viele sind berufen, aber wenige auserwählet." Item: "Wer Ohren hat zu hören, der höre", und: "Sehet zu, wie ihr höret!" Also kann die Lehre von diesem Artikel nützlich, tröstlich und seliglich gebraucht werden.

Es muss aber mit sonderem Fleiß Unterschied gehalten werden zwischen dem, was in Gottes Wort ausdrücklich hiervon offenbart oder nicht geoffenbart. Denn über das, davon bisher gesagt, so hiervon in Christo offenbart, hat Gott von diesem Geheimnis noch viel verschwiegen und verborgen und allein seiner Weisheit und Erkenntnis vorbehalten, welches wir nicht erforschen noch unsern Gedanken hierin folgen, schließen oder grübeln, sondern uns an das geoffenbarte Wort halten sollen; welche Erinnerung zum höchsten vonnöten.

Denn damit hat unser Vorwitz immer viel mehr Lust sich zu bekümmern als mit dem, das Gott uns in seinem Wort davon offenbart hat, weil wir's nicht zusammenreimen können, welches uns auch zu tun nicht befohlen ist.

Also ist daran kein Zweifel, dass Gott gar wohl und aufs allergewisseste vor der Zeit der Welt zuvor ersehen habe und noch wie, welche von denen, so berufen werden, glauben oder nicht glauben werden; item, welche von den Bekehrten beständig, welche nicht beständig bleiben werden; welche nach dem Fall wiederkehren, welche in Verstockung fallen werden. So ist auch die Zahl, wie viele derselben beiderseits sein werden, Gott ohne allen Zweifel bewußt und bekannt. Weil aber solches Geheimnis Gott seiner Weisheit vorbehalten und uns im Wort davon nichts offenbart, viel weniger solches durch unsere Gedanken zu erforschen uns befohlen, sondern ernstlich davon abgehalten hat, Röm. 11, sollen wir mit unsern Gedanken nicht folgern, schließen noch darin grübeln, sondern uns an sein geoffenbartes Wort, darauf er uns weiset, halten.

Also weiß auch Gott ohne allen Zweifel und hat einem jeden Zeit und Stunde seines Berufs, Bekehrung bestimmt; weil aber uns solches nicht geoffenbart, haben wir Befehl, dass wir immer mit dem Wort anhalten, die Zeit aber und Stunde Gott befehlen sollen, Act. 1.

Gleichfalls, wenn wir sehen, dass Gott sein Wort an einem Ort gibt, am andern nicht gibt, von einem Ort hinwegnimmt, am andern bleiben lässt; item, einer wird verstockt, verblendet, in verkehrten Sinn gegeben, ein anderer, so wohl in gleicher Schuld, wird wiederum bekehrt usw.; in diesen und dergleichen Fragen setzt uns Paulus ein gewisses Ziel, wie fern wir gehen sollen, nämlich dass wir bei einem Teil erkennen sollen Gottes Gericht. Denn es sind wohlverdiente Strafen der Sünden, wenn Gott an einem Lande oder Volk die Verachtung seines Wortes also straft, dass es auch über die Nachkommen geht, wie an den Juden zu sehen; dadurch Gott den Seinen an etlichen Landen und Personen seinen Ernst zeigt, was wir alle wohl verdient hätten, würdig und wert wären, weil wir uns gegen Gottes Wort übel verhalten und den Heiligen Geist oft schwerlich betrüben; auf dass wir in Gottesfurcht leben und Gottes Güte ohne und wider unser Verdienst an und bei uns, denen er sein Wort gibt und lässt, die er nicht verstockt und verwirft, erkennen und preisen.

Denn weil unsere Natur durch die Sünde verderbt, Gottes Zorn und der Verdammnis würdig und schuldig, so ist uns Gott weder Wort, Geist oder Gnade schuldig; und wenn er's aus Gnaden gibt, so stoßen wir es oft von uns und machen uns unwürdig des ewigen Lebens, Act. 13. Und solch sein gerechtes, wohlverschuldetes Gericht lässt er schauen an etlichen Ländern, Völkern und Personen, auf dass wir, wenn wir gegen ihnen gehalten und mit ihnen verglichen, desto fleißiger Gottes lautere, unverdiente Gnade an den Gefäßen der Barmherzigkeit erkennen und preisen lernen.

Denn denen geschieht nicht unrecht, so gestraft werden und ihrer Sünden Sold empfangen; an den andern aber, da Gott sein Wort gibt und erhält, und dadurch die Leute erleuchtet, bekehrt und erhalten werden, preist Gott seine lautere Gnade und Barmherzigkeit, ohne ihr Verdienst.

Wenn wir so fern in diesem Artikel gehen, so bleiben wir auf der rechten Bahn, wie geschrieben steht Hoseä 13: "Isräl, dass du verdirbest, die Schuld ist dein; dass dir aber geholfen wird, das ist lauter meine Gnade."

Was aber in dieser Disputation zu hoch und aus diesen Schranken laufen will, da sollen wir mit Paulo den Finger auf den Mund legen, gedenken und sagen: "Wer bist du, Mensch, der du mit Gott rechten willst?"

Denn dass wir in diesem Artikel nicht alles ausforschen und ausgründen können noch sollen, bezeugt der hohe Apostel Paulus, welcher, da er von diesem Artikel aus dem offenbarten Wort Gottes viel disputiert, sobald er dahin kommt, dass er anzeigt, was Gott von diesem Geheimnis seiner verborgenen Weisheit vorbehalten, drückt er's nieder und schneidet's ab mit nachfolgenden Worten: "O welch eine Tiefe des Reichtums, beide der Weisheit und Erkenntnis Gottes. Wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege. Denn wer hat des Hern Sinn erkannt?" nämlich außer und über dem, was er in seinem Wort uns offenbart hat.

Demnach soll diese ewige Wahl Gottes in Christo und nicht außerhalb oder ohne Christum betrachtet werden. Denn "in Christo", zeugt der heilige Apostel Paulus, "sind wir erwählet, ehe der Welt Grundfeste geleget war", wie geschrieben steht: "Er hat uns geliebet in dem Geliebten." Solche Wahl aber wird offenbar vom Himmel durch das gepredigte Wort, da der Vater spricht: "Das ist mein lieber Sohn, an dem ich ein Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören" und Christus spricht: "Kommet zu mir alle, die ihr beschweret seid; ich will euch erquicken." Und vom Heiligen Geist sagt Christus: "Er wird mich verklären und euch erinnern alles, was ich euch gesagt habe." Dass also die ganze heilige Dreifaltigkeit, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, alle Menschen auf Christum weisen als auf das Buch des Lebens, in dem sie des Vaters ewige Wahl suchen sollen. Denn das ist von Ewigkeit bei dem Vater beschlossen: wen er wolle selig machen, den wolle er durch Christum selig machen, wie er selber spricht: "Niemand kommt zum Vater denn durch mich"; und abermals: "Ich bin die Tür; so jemand durch mich eingehet, der wird selig werden." Eph 1; Luk. 3; Matth. 11; Joh. 16. 14. 10.

Christus aber, als der eingeborne Sohn Gottes, der in des Vaters Schoß ist, hat uns der Vater Willen und also auch unsere ewige Wahl zum ewigen Leben verkündigt, nämlich da er sagt : "Tut Buße und glaubet dem Evangelio; denn das Reich Gottes ist nahe herbeikommen." Item, er sagt: "Das ist der Wille des, der mich gesandt hat, dass, wer den Sohn siehet und glaubet an ihn, habe das ewige Leben," und abermals: "Also hat Gott die Welt geliebet" usw. Mark. 1; Joh. 3.

Diese Predigt, will der Vater, dass alle Menschen hören und zu Christo kommen sollen, die auch Christus nicht von sich treibt, wie geschrieben steht: "Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen", Joh. 6.

Und auf dass wir zu Christo mögen kommen, wirkt der Heilige Geist durch das Gehör des Wortes den wahrhaftigen Glauben, wie der Apostel zeugt, da er spricht: "So kommt nun der Glaube aus dem Gehör Gottes Worts", wenn dasselbe lauter und rein gepredigt wird, Röm. 10.

Derhalben, welcher Mensch selig werden will, der soll sich selber nicht bemühen oder plagen mit den Gedanken von dem heimlichen Rat Gottes, ob er auch zum ewigen Leben erwählt und verordnet sei, damit der leidige Satan fromme Herzen pflegt anzufechten und zu vexieren. Sondern sie sollen Christum hören, welcher ist das Buch des Lebens und der ewigen Wahl Gottes zum ewigen Leben aller Kinder Gottes; der bezeugt allen Menschen ohne Unterschied, dass Gott wolle, das alle Menschen zu ihm kommen, die mit Sünden beschwert und beladen sind, auf dass sie erquickt und selig werden.

Nach dieser seiner Lehre sollen sie von ihren Sünden abstehen, Buße tun, seiner Verheissung glauben und sich ganz und gar auf ihn verlassen; und weil wir das aus eigenen Kräften von uns selbst nicht vermögen, will solches, nämlich Buße und Glauben, der Heilige Geist in uns wirken durchs Wort und durch die Sakramente. Und dass wir solches mögen vollführen, darin verharren und beständig bleiben, sollen wir Gott um seine Gnade anrufen, die er uns in der heiligen Taufe zugesagt hat, und nicht zweifeln, er werde uns dieselbe vermöge seiner Verheissung mitteilen; wie er versprochen hat Luk. 11: "Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um Brot, der ihm einen Stein dafür biete; oder so er um ein Ei bittet, der ihm einen Skorpion dafür biete? So denn ihr, die ihr arg seid, könnet euren Kindern Gutes geben, viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten."

Und nachdem der Heilige Geist in den Auserwählten, die gläubig worden sind, wohnt als in seinem Tempel, der in ihnen nicht müßig ist, sondern treibt die Kinder Gottes zum Gehorsam der Gebote Gottes, sollen die Gläubigen gleichergestalt auch nicht müßig sein, noch viel weniger dem Treiben des Geistes Gottes sich widersetzen, sondern in allen christlichen Tugenden, in aller Gottseligkeit, Bescheidenheit, Mäßigkeit, Geduld, brüderlicher Liebe sich üben und allen Fleiß tun, dass sie ihren Beruf und Erwählung festmachen, damit sie desto weniger daran zweifeln, je mehr sie des Geistes Kraft und Stärke in ihnen selbst befinden. Denn der Geist Gottes den Auserwählten Zeugnis gibt, dass sie Gottes Kinder sind, Röm 8. Und ob sie gleich etwan in so tiefe Anfechtung geraten, dass sie vermeinen, sie empfinden seine Kraft des inwohnenden Geistes Gottes mehr, und sagen mit David Ps. 31: "Ich sprach in meinem Zagen: Ich bin von deinen Augen verstoßen", so sollen sie doch wiederum mit David darauf sagen, unangesehen, was sie in ihnen selbst befinden, wie denn gleich folgt, ibidem: "Dennoch hörest du meines Flehens Stimme, da ich zu dir schrie."

Und weil unsere Wahl zum ewigen Leben nicht aus unserer Frömmigkeit oder Tugend, sondern allein auf Christus' Verdienst und gnädigen Willen seines Vaters gegründet ist, der sich selbst nicht verleugnen kann, weil er in seinem Willen und Wesen unwandelbar ist: derhalben, wenn seine Kinder aus dem Gehorsam treten und straucheln, lässt er sie durchs Wort wieder zur Buße rufen, und will der Heilige Geist dadurch in ihnen zur Bekehrung kräftig sein; und wenn sie in wahrer Buße durch rechten Glauben sich wieder zu ihm bekehren, will er das alte Vaterherz immer erzeigen allen denen, die sich ob seinem Wort fürchten und von Herzen wieder zu ihm bekehren; wie geschrieben steht Jer.3: "Wenn sich ein Mann von seinem Weibe scheiden lässt, und sie zeucht von ihm und nimmt einen andern Mann, darf er sie auch wieder annehmen? Ist's nicht also, dass das Land verunreiniget würde? Du aber hast mit viel Buhlern gehuret; doch komm wieder zu mir, spricht der Her."

Dass aber gesagt wird Joh. 6, "niemand komme zu Christo, der Vater ziehe ihn denn", ist recht und wahr. Aber der Vater will das nicht tun ohne Mittel, sondern hat dazu sein Wort und Sakramente als ordentliche Mittel und Werkzeuge verordnet; und ist weder des Vaters noch des Sohnes Wille, dass ein Mensch die Predigt seines Wortes nicht hören oder verachten und auf das Ziehen des Vaters ohne Wort und Sakramente warten solle. Denn der Vater zeucht wohl mit der Kraft seines Heiligen Geistes, jedoch, seiner gemeinen Ordnung nach, durch das Gehör seines heiligen göttlichen Wortes als mit einem Netze, dadurch die Auserwählten aus dem Rachen des Teufels gerissen werden, dazu sich ein jeder armer Sünder verfügen, dasselbe mit Fleiß hören und an dem Ziehen des Vaters nicht zweifeln soll; denn der Heilige Geist will mit seiner Kraft bei dem Wort sein und dadurch wirken; und das ist das Ziehen des Vaters.

Dass aber nicht alle die, so es gehört, glauben und derhalben so viel desto tiefer verdammt werden, ist nicht die Ursache, dass ihnen Gott die Seligkeit nicht gegönnt hätte, sondern sie selbst sind schuldig dran, die solchergestalt das Wort gehört, nicht zu lernen, sondern dasselbe allein zu verachten, zu lästern und zu schänden, und dass sie dem Heiligen Geist, der durchs Wort in ihnen wirken wollte, widerstrebt haben, wie es eine Gestalt zur Zeit Christi mit den Pharisäern und ihrem Anhang gehabt. So unterscheidet der Apostel mit sonderem Fleiß das Werk Gottes, der allein Gefäße der Ehre macht, und das Werk des Teufels ist des Menschen, der sich selbst aus Eingebung des Teufels, und nicht Gottes, zum Gefäß der Unehre gemacht hat. Denn also steht geschrieben Röm. 9: "Gott hat mit großer Geduld getragen die Gefäße des Zorns, die da zugerichtet sind zur Verdammnis, auf dass er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er bereitet hat zur Seligkeit."

Da denn der Apostel deutlich sagt, Gott habe die Gefäße des Zorns mit großer Geduld getragen, und sagt nicht, er habe sie zu Gefäßen des Zorns gemacht; denn da es sein Wille gewesen wäre, hätte er keiner großen Geduld dazu bedörfet. Dass sie aber bereitet sind zur Verdammnis, daran sind der Teufel und die Menschen selbst, und nicht Gott, schuldig.

Denn alle Bereitung zur Verdammnis ist vom Teufel und Menschen, durch die Sünde, und ganz und gar nicht von Gott, der nicht will, dass ein Mensch verdammt werde: wie sollte er denn einen Menschen zur Verdammnis selbst bereiten? Denn wie Gott nicht ist eine Ursache der Sünde, also ist er auch keine Ursache der Strafe, der Verdammnis, sondern die einige Ursache der Verdammnis ist die Sünde; denn: "der Sünde Sold ist der Tod". Und wie Gott die Sünde nicht will, auch keinen Gefallen an der Sünde hat, also will er auch nicht in Tod des Sünders, hat auch keinen Gefallen über ihrer Verdammnis; denn er "will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass sich jedermann zur Buße bekehre", 2 Petr. 3; wie geschrieben steht Ezech. 18 und 33: "Ich habe keinen Gefallen am Tode des Sterbenden. So wahr, als ich lebe, will ich nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe." Und St. Paulus bezeugt mit lauteren Worten, dass aus den Gefäßen der Unehre Gefäße der Ehre durch Gottes Kraft und und Wirken mögen, da er also schreibt 2 Tim. 2: "So nun jemand sich reiniget von solchen Leuten, der wird ein geheiliget Faß sein, zu Ehren, dem Hausherrn bräuchlich, und zu allen guten Werken bereitet." Denn wer sich reinigen soll, der muss zuvor unrein und demnach ein Gefäß der Unehre gewesen sei. Aber von den Gefäßen der Barmherzigkeit sagt er klar, dass der Her selbst sie bereitet habe zur Herrlichkeit, welches er nicht sagt von den Verdammten, die sich selbst (und nicht Gott) zu Gefäßen der Verdammnis bereitet haben.

Es ist auch mit Fleiß zu bedenken: wenn Gott Sünde mit Sünden, das ist, diejenigen, so bekehrt gewesen, von wegen folgender ihrer Sicherheit, Unbußfertigkeit und mutwilligen Sünden, hernach mit Verstockung und Verblendung straft, dass solches nicht dahin gezogen werden solle, als wäre es Gottes wohlgefälliger Wille niemals gewesen, dass solche Leute zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und selig würden. Denn es ist beides Gottes offenbarter Wille:Erstlich, dass Gott alle, so Buße tun und an Christum glauben, zu Gnaden aufnehmen wolle.Zum andern, dass er auch die, so sich mutwillig von dem heiligen Gebot abwenden und in den Unflat der Welt wieder einflechten, 2 Petr. 2, dem Satan das Herz schmücken, Luk. 11, den Heiligen Geist schänden, Hebr. 10, strafen wolle, und da sie drin verharren, dass sie verstockt, verblendet und ewig verdammt sollen werden.

Demnach auch Pharao (von dem geschrieben steht: "Eben darum habe ich dich erwecket, dass meine Kraft an dir erscheine und mein Name verkündiget würde in allen Landen") nicht darum zugrund gangen, dass Gott ihm die Seligkeit nicht gegönnt haben sollte, oder sein wohlgefälliger Wille gewesen wäre, dass er sollte verdammt und verloren werden; denn Gott will nicht, dass jemand verloren werde, hat auch keinen Gefallen am Tode des Sünders, sondern will, dass er sich bekehre und lebe, Ezech. 33.

Dass aber Gott Pharaos Herz verhärtet, dass nämlich Pharao immer fort und fort sündigt, und je mehr er vermahnt, je verstockter er wird, das ist eine Strafe seiner vorgehenden Sünde und greulichen Tyrannei gewesen, die er an den Kindern Isräl viel und mancherlei, ganz unmenschlich und wider das Anklagen seines Herzens geuebt hat. Und weil ihm Gott sein Wort predigen und seinen Willen verkündigen ließ, und aber Pharao sich mutwillig stracks wider alle Vermahnung und Warnung auflehnte, hat Gott die Hand von ihm abgezogen, und ist also das Herz verhärtet und verstockt, und hat Gott sein Gericht an ihm erzeigt; denn er anders nichts denn des höllischen Feuers schuldig war. Wie denn der heilige Apostel das Exempel Pharaos auch anders nicht einführt, denn hiermit die Gerechtigkeit Gottes zu erweisen, die er über die Unbußfertigen und Verächter seines Wortes erzeigt, keineswegs aber dahin gemeint noch Verstanden, dass Gott ihm oder einigem Menschen die Seligkeit nicht gönnete, sondern also in seinem heimlichen Rat zur ewigen Verdammnis verordnet, dass er nicht sollte können oder mögen selig werden.

Durch diese Lehre und Erklärung von der ewigen und seligmachenden Wahl der auserwählten Kinder Gottes wird Gott seine Ehre ganz und völlig gegeben, dass er aus lauter Barmherzigkeit in Christo, ohne alle unser Verdienst oder gute Werke uns selig mache, nach dem Vorsatz seines Willens, wie geschrieben steht Eph. 1: "Er hat uns verordnet zur Kindschaft gegen ihn selbst durch Jeum Christum nach dem Wohlgefallen seines Willens, zu Lob seiner Herrlichkeit und Gnade, durch welche er uns hat angenehm gemacht in dem Geliebten." Darum es falsch und unrecht, wenn gelehrt wird, dass nicht allein die Barmherzigkeit Gottes und anerheiligste Verdienst Christi, sondern auch in uns eine Ursache der Wahl Gottes sei, um welcher willen Gott uns zum ewigen Leben erwählt habe. Denn nicht allein, ehe wir etwas Gutes getan, sondern auch, ehe wir geboren werden, hat er uns in Christo erwählt, ja, ehe der Welt Grund gelegt war, und: "auf dass der Vorsatz Gottes bestünde nach der Wahl, ward zu ihm gesagt, nicht aus Verdienst der Werke, sondern aus Gnaden des Berufers, also: Der Größte soll dienstbar werden dem Kleineren". Wie denn geschrieben steht: "Ich habe Jakob geliebet, aber Esau habe ich gehasset", Röm. 9; Gen. 25; Mal. 1.

Desgleichen gibt diese Lehre niemand Ursache weder zur Kleinmütigkeit noch zu einem frechen, wilden Leben, wenn die Leute gelehrt werden, dass sie die ewige Wahl in Christo und seinem heiligen Evangelio, als in dem Buch des Lebens, suchen sollen, welches keinen bußfertigen Sünder ausschleußt, sondern zur Buße und Erkenntnis ihrer Sünden und zum Glauben an Christum alle armen, beschwerten und betrübten Sünder lockt und ruft und den Heiligen Geist zur Reinigung und Erneurung verheißt und also den allerbeständigsten Trost den betrübten, angefochtenen Menschen gibt, dass sie wissen, dass ihre Seligkeit nicht in ihrer Hand stehe (sonst würden sie dieselbe viel leichtlicher, als Adam und Eva im Paradies geschehen, ja alle Stunden und Augenblicke verlieren), sondern in der gnädigen Wahl Gottes, die er uns in Christo geoffenbart hat, aus des Hand uns niemand reißen wird, Joh. 10; 2 Tim. 2.

Demnach, welcher die Lehre von der gnädigen Wahl Gottes also führt, dass sich die betrübten Christen derselben nicht trösten können, sondern dadurch zur Verzweiflung verursacht, oder die Unbußfertigen in ihrem Mutwillen gestärkt werden, so ist ungezweifelt gewiß und wahr, dass dieselbe Lehre nicht nach dem Wort und Willen Gottes, sondern nach der Vernunft und Anstiftung des leidigen Teufels getrieben werde.

Denn, wie der Apostel zeugt Röm. 15, "alles, was geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, auf dass wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben". Da uns aber durch die Schrift solcher Trost und Hoffnung geschwächt oder gar genommen, so ist gewiß, dass sie wider des Heiligen Geistes Willen und Meinung verstanden und ausgelegt werde.

Bei dieser einfältigen, richtigen, nützlichen Erklärung, die in Gottes offenbartem Willen beständigen guten Grund hat, bleiben wir, fliehen und meiden alle hohen, spitzigen Fragen und Disputationes; und was diesen einfältigen, nützlichen Erklärungen zuwider ist, das verwerfen und verdammen wir.

Und so viel von den zwiespaltigen Artikeln, die unter den Theologen Augsburgischer Konfession nun viel Jahre disputiert, darin sich etliche geirrt, und darüber schwere controversiae, das ist, Religionsstreite, entstanden.

Aus welcher unserer Erklärung Freund und Feind und also männiglich klar abzunehmen, um zeitlichen Friedens, Ruhe und Einigkeit wissen etwas der ewigen, unwandelbaren Wahrheit Gottes (wie auch solches zu tun in unserer Macht nicht steht) zu begeben, welcher Friede und Einigkeit, da sie wider die Wahrheit und zur Unterdrückung derselben gemeint, auch keinen Bestand haben würde; noch viel weniger gesinnet, Verfälschung der reinen Lehre und öffentliche verdammte Irrtümer zu schmücken und zu decken; sondern zu solcher Einigkeit herzliche Lust und Liebe tragen und dieselbe unsers Teils nach unserm äußersten vermögen zu befördern von Herzen geneigt und begierig, durch welche Gott seine Ehre unverletzt, der göttlichen Wahrheit des heiligen Evangelii nichts begeben, dem wenigsten Irrtum nichts eingeräumt, die armen Sünder zu wahrhaftiger, rechter Buße gebracht, durch den Glauben aufgerichtet, im neuen Gehorsam gestärkt und also allein durch das einige Verdienst Christi gerecht und ewig selig werden.

XII. Von andern Rotten und Sekten. so sich niemals zu der Augsburgischen Konfession bekennet.

Was aber die Sekten und Rotten belangt, die sich zur Augsburgischen Konfession nie bekannt, und derselben in dieser unserer Erklärung nicht ausdrücklich Meldung geschehen, als da sind Wiedertäufer, Schwenckfeldianer, neue Arianer und Antitrinitarier, deren Irrtümer einhellig von allen Kirchen Augsburgischer Konfession verdammt worden: haben wir derselben der Ursachen in dieser Erklärung nicht insonderheit und vornehmlich Meldung tun wollen, dieweil auf diesmal allein das gesucht.

Nachdem unser Gegenteil mit unverschämtem Munde vor geben und in aller Welt unsere Kirchen und derselben Lehrer ausgerufen, dass nicht zwei Prädikanten gefunden, die in allen und jeden Artikeln der Augsburgischen Konfession einig, sondern dermaßen untereinander zerrissen und zertrennt, dass sie selbst nicht mehr wissen, was die Augsburgische Konfession und derselben eigentlicher Verstand sei, haben wir nicht mit kurzen bloßen Worten oder Namen uns zusammen bekennet, sondern von allen vorgefallenen Artikeln, so allein unter den Theologen Augsburgischer Konfession disputiert und angefochten, eine lautere, helle, unterschiedliche Erklärung tun wollen, auf dass männiglich sehen möge, dass wir solches alles nicht arglistigerweise verschlahen oder verdecken oder uns allein zum Schein vergleichen, sondern der Sache mit Grund helfen und unsere Meinung also hievon dartun wollen, dass auch unsere Widersacher selbst bekennen müssen, dass wir in solchem allem bei dem rechten, einfältigen, natürlichen und eigentlichen Verstand der Augsburgischen Konfession bleiben; bei welcher wir auch durch Gottes Gnade begehren standhaftig bis an unser Ende zu verharren und, soviel an unserm Dienst gelegen, nicht zusehen noch stille schweigen wollen, dass derselben zuwider etwas in unsere Kirchen und Schulen eingeführt werde, darin uns der allmächtige Gott und Vater unsers Hern Jeu Christi zu Lehrern und Hirten gesetzt hat.

Damit uns aber nicht stillschweigend oberzählter Rotten und Sekten verdammte Irrtümer zugemessen werden (welche mehrerenteils an den Orten und sonderlich zu der Zeit heimlich, wie solcher Geister Art ist, eingeschlichen, da dem reinen Wort des heiligen Evangelii nicht Platz noch Raum gegeben, sondern alle desselben rechtschaffenen Lehrer und Bekenner verfolgt worden, und die tiefe Finsternis des Papsttums noch regiert und die armen einfältigen Leute, so des Papsttums öffentliche Abgötterei und falschen Glauben greifen müssen, in ihrer Einfalt leider angenommen, was nach dem Evangelio genannt und papstisch war), haben wir nicht unterlassen können, uns dawider auch öffentlich vor der ganzen Christenheit zu bezeugen, dass wir mit derselben Irrtümern, es seien ihrer viel oder wenig, weder Teil noch Gemein haben, sondern solche allezumal als unrecht und ketzerisch, der heiligen Propheten und Apostel Schriften, auch unserer christlichen und in Gottes Wort wohlgegründeten Augsburgischen Konfession zuwider verwerfen und verdammen.

Irrige Artikel der Wiedertäufer.

Als nämlich der Wiedertäufer irrige, ketzerische Lehre, die weder in der Kirche noch in der Polizei noch in der Haushaltung zu dulden und zu leiden, da sie lehren:

  1. Dass unsere Gerechtigkeit vor Gott nicht allein auf dem einigen Gehorsam und Verdienst Christi, sondern in der Erneurung und unserer eigenen Frömmigkeit stehe, in welcher wir vor Gott wandeln; welche sie das mehrere Teil auf eigene sonderliche Satzungen und selbsterwählte Geistlichkeit, wie auf eine neue Möncherei, setzen.

  2. Dass die Kinder, so nicht getauft, vor Gott nicht Sünder, sondern gerecht und unschuldig seien und also in ihrer Unschuld ohne die Taufe, deren sie nicht bedürfen, selig werden. verleugnen und verwerfen also die ganze Lehre von der Erbsünde, und was derselben anhängig.

  3. Dass die Kinder nicht sollen getauft werden, bis sie zu ihrem Verstand kommen und ihren Glauben selbst bekennen können.

  4. Dass der Christen Kinder darum, weil sie von christlichen und gläubigen Eltern geboren, auch ohne und vor der Taufe heilig und Gottes Kinder seien, auch der Ursache der Kinder Taufe weder hochhalten noch befördern, wider die ausgedrückte Worte der Verheissung, die sich allein auf die erstrecken, welche den Bund halten und denselben nicht verachten, Gen. 17.

  5. Dass dies keine rechte christliche Versammlung noch Gemeinde sei, in der noch Sünder gefunden werden.

  6. Dass man keine Predigt hören noch besuchen soll in den Tempeln, darin zuvor päpstische Messen gelesen worden.

  7. Dass man nichts mit den Kirchendienern, so das heilige Evangelium vermöge Augsburgischer Konfession predigen und der Wiedertäufer Irrtum strafen, zu schaffen haben, ihnen auch weder dienen noch etwas arbeiten, sondern als die Verkehrer Gottes Worts fliehen und meiden solle.

  8. Dass die Obrigkeit kein gottseliger Stand im neuen Testament sei.

  9. Dass ein Christenmensch mit gutem, unverletztem Gewissen das Amt der Obrigkeit nicht tragen könne.

  10. Dass ein Christ mit unverletztem Gewissen das Amt der Obrigkeit in zufälligen Sachen wider die Bösen nicht brauchen noch derselben Untertanen ihre Gewalt anrufen mögen.

  11. Dass ein Christenmensch mit gutem Gewissen keinen Eid vor Gericht schwören noch mit Eid seinem Landesfürsten oder Oberherrn die Erbhuldigung tun könne.

  12. Dass die Obrigkeit mit unverletztem Gewissen die Übeltäter am Leben nicht strafen könne.

  13. Dass ein Christ mit gutem Gewissen nichts Eigenes behalten noch besitzen könne, sondern schuldig sei, dasselbe in die Gemeinde zu geben.

  14. Dass ein Christ mit gutem Gewissen kein Gastgeber, Kaufmann oder Messerschmied sein könne.

  15. Dass Eheleute um des Glaubens willen sich voneinander scheiden und eins das andere Verlassen und mit einem andern, das seines Glaubens ist, sich verehelichen möge.

  16. Dass Christus sein Fleisch und Blut nicht von Maria der Jungfrau angenommen, sondern vom Himmel mit sich gebracht.

  17. Dass er auch nicht wahrer, wesentlicher Gott sei, sondern nur mehr und höhere Gaben und Herrlichkeit denn andere Menschen habe.

Und dergleichen andere Artikel mehr; wie sie denn untereinander in viel Haufen zerteilt, und einer mehr, der andere weniger Irrtümer hat, und also ihre ganze Sekte im Grunde anders nichts denn eine neue Möncherei ist.

Irrige Artikel der Schwenkfeldianer.

Desgleichen, da die Schwenckfeldianer vorgeben:

  1. Erstlich, dass alle die keine Erkenntnis des regierenden Himmelskönigs Christi haben, die Christum nach dem Fleisch oder seine angenommene Menschheit für eine Kreatur halten, und dass das Fleisch Christi durch die Erhöhung alle göttlichen Eigenschaften also angenommen, dass er an Macht, Kraft, Majestät, Herrlichkeit dem Vater und dem ewigen Wort allenthalben in Grad und Stelle des Wesens gleich, also dass einerlei Wesen, Eigenschaft, Wille und Glorie beider Naturen in Christo sei, und dass Christi Fleisch zu dem Wesen der heiligen Dreifaltigkeit gehöre.

  2. Dass der Kirchendienst, das gepredigte und gehörte Wort, nicht sei ein Mittel, dadurch Gott der Heilige Geist den Menschen lehre, seligmachende Erkenntnis Christi, Bekehrung, Buße, Glauben, neuen Gehorsam in ihnen wirke.

  3. Dass das Taufwasser nicht sei ein Mittel, dadurch Gott der Her die Kindschaft versiegele und die Wiedergeburt wirke.

  4. Dass Brot und Wein im heiligen Abendmahl nicht Mittel seien, dadurch Christus seinen Leib und Blut austeile.

  5. Dass ein Christenmensch, der wahrhaftig durch den Geist Gottes wiedergeboren, das Gesetz Gottes in diesem Leben vollkommen halten und erfüllen könne.

  6. Dass keine rechte christliche Gemeinde sei, da kein öffentlicher Ausschluß oder ordentlicher Prozeß des Bannes gehalten werde,

  7. Dass der Diener der Kirche andere Leute nicht nützlich lehren oder rechte, wahrhaftige Sakramente reichen könne, der nicht für seine Person wahrhaftig verneuert, gerecht und fromm sei.

Irrige Artikel der neuen Arianer.

Item, da die neuen Arianer lehren, dass Christus nicht ein wahrhaftiger, wesentlicher, natürlicher Gott, eines ewigen göttlichen Wesens mit Gott dem Vater, sondern allein mit göttlicher Majestät unter und neben Gott dem Vater gezieret sei.

Irrige Artikel der neuen Antitrinitarier.

  1. Item, da etliche Antitrinitarier die alten, bewährten Symbola,Nicaenum et Athanasianum, beide was die Meinung und Worte belangt, verwerfen und verdammen und lehren, dass nicht ein einig, ewig, göttlich Wesen sei des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes; sondern wie drei unterschiedliche Personen seien, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, also habe auch eine jede Person ihr unterschiedlich und von andern Personen abgesondert Wesen, die doch entweder alle drei, als sonst drei Unterschiedene und in ihrem Wesen abgesonderte Menschen, gleicher Gewalt, Weisheit, Majestät und Herrlichkeit seien, oder am Wesen und Eigenschaften ungleich.

  2. Dass allein der Vater wahrer Gott sei.

Diese und dergleichen Artikel allzumal, und was denselben anhängt und daraus folgt, verwerfen und verdammen wir als unrecht, falsch, ketzerish dem Wort Gottes, den drei Symbolis, der Augsburgischen Konfession und Apologia, den Schmalkaldischen Artikeln und Katechismis Lutheri zuwider; vor welchen sich alle frommen Christen hüten wollen und sollen, als lieb ihnen ihrer Seelen Heil und Seligkeit ist.

Derwegen wir uns vor dem Angesicht Gottes und der ganzen Christenheit, bei den jetztlebenden und so nach uns kommen werden, bezeugt haben wollen, dass diese jetztgetane Erklärung von allen vorgesetzten und erklärten streitigen Artikeln, und kein anderes, unser Glaube, Lehre und Bekenntnis sei, in welchem wir auch durch die Gnade Gottes mit unerschrockenem Herzen vor dem Richterstuhl Jeu Christi erscheinen und deshalb Rechenschaft geben, dawider auch nichts heimlich noch öffentlich reden oder schreiben wollen, sonder vermittelst der Gnade Gottes dabei gedenken zu bleiben: haben wir wohlbedächtig, in Gottes Furcht und Anrufung uns mit eignen Hände unterschrieben